Protokoll der Sitzung vom 26.10.2011

Wir kommen sodann zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind fünf Themen angemeldet worden, und zwar von der FDP-Fraktion

Fehlende Transparenz – was versteckt der Senat vor dem Bürger?

von der Fraktion DIE LINKE

Schutzschirm für die Mieter/-innen, Mietenspirale stoppen!

von der SPD-Fraktion

Eurokrise und die Folgen – Verlässlichkeit für öffentliche Haushalte

von der CDU-Fraktion

SPD-Abwahlverfahren gegen Harburgs Bezirksamtsleiter – Gier der SPD nach Posten unerträglich

und von der GAL-Fraktion

Bescheidenheit ist keine Zier! Unifinanzierung gefährdet Studienplätze

Ich rufe nun das erste Thema auf. Wird das Wort gewünscht? – Herr Ritter, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir Liberalen stehen für Transparenz, eine Transparenz, die der Bürger von seiner Regierung erwarten kann. Genau daran hapert es

in Hamburg und besonders unter diesem Senat gleich in zweierlei Hinsicht.

Da ist zum einen der höchst kritikwürdige Umgang des Senats mit seinen Informationspflichten gegenüber der Bürgerschaft, also den gewählten Vertretern aller Hamburgerinnen und Hamburger. Ihnen das noch einmal in Erinnerung zu rufen, verehrter Herr Bürgermeister, verehrte Zweite Frau Bürgermeisterin, ist uns ein Anliegen.

Der Senat beantwortet Schriftliche Kleine Anfragen häufig extrem ausweichend, widerwillig oder teilweise gar nicht. Jüngst erlebten wir sogar den Fall, dass sich der Senat im Nachhinein wesentlich korrigieren musste und dann von einer Art Redaktionsversehen die Rede war. Dieses massiv intransparente Gehabe ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Selbst wenn die Anzahl der Anfragen hoch ist und nicht alle extrem inhaltsträchtig sind,

(Gabi Dobusch SPD: Selbsterkenntnis!)

hat der Senat die Pflicht, wahrheitsgemäß zu antworten. Sie alle wissen, dass dies von Hamburgs Verfassungsrichtern vor nicht allzu langer Zeit ausdrücklich bekräftigt worden ist. Deshalb muss das Auskunftsverhalten des Senats besser werden.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Allerdings fürchten wir, dass der Wille dazu überschaubar ist. Die mangelnde Bereitschaft des Senats, gegenüber dem Parlament, also gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern aller Hamburger, Rechenschaft abzulegen, manifestiert sich nämlich auch an anderer Stelle massiv, unter anderem in den Ausschüssen. Die Finanzplanung, um nur ein Beispiel zu nennen, wird zuerst den Vertretern der Presse vorgestellt; dem Parlament wird sie erst nach Intervenieren des Haushaltsausschusses als Tischvorlage zugänglich gemacht. Dazu passt der Titel des Artikels zum Regierungsstil unseres Ersten Bürgermeisters aus der Zeitung "Die Welt" vom Montag, – ich zitiere –:

"Scholz regiert wie König Olaf".

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir appellieren heute auch und gerade an die Kollegen der SPD. Auch eine Mehrheitsfraktion sollte sich nicht derartig die Butter vom Brot nehmen lassen, sonst läuft sie Gefahr, zum Abnickverein degradiert zu werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Heute geht es uns Liberalen aber noch um eine andere Art der Transparenz, dazu zwei Zitate:

"Open Data: Mehr statt weniger Transparenz!"

"Regelungen zum Informationszugang der Bürgerinnen und Bürger vereinheitlichen!"

Dies sind jeweils die Überschriften der Entschließungen der 21. beziehungsweise 19. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland. Die Forderungen sind schon ein paar Jahre alt, aktuell sind sie immer noch. Wir Liberalen wollen, dass das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz weiter verbessert wird.

(Beifall bei der FDP)

Hierzu werden wir in den kommenden Bürgerschaftssitzungen einen Antrag stellen. Auch weitere Initiativen, die Transparenz staatlichen Handelns fördern wollen, finden wir als FDP-Fraktion prüfens- und unterstützenswert. Fehlende Transparenz und geringe Bürgernähe schaffen ein Demokratiedefizit und führen zu einem Verlust an Vertrauen in staatliche Institutionen, Ämter und Behörden. Wirkliche Informationsfreiheit führt hingegen zu quantitativ wie qualitativ besserer Bürgerbeteiligung. Dies wollen wir Liberalen fördern.

(Beifall bei der FDP)

Herr Dressel, passen Sie auf, ich habe wieder gut recherchiert. In der Slowakei werden seit diesem Jahr nahezu alle Verträge, die von der öffentlichen Hand geschlossen werden, drei Monate vor Gültigkeit öffentlich zugänglich ins Internet gestellt. Dies dient primär dem Schutz vor Korruption und es eröffnet die Möglichkeit für indirekte Expertisen von außen durch das Vier-Augen-Prinzip. Was in Bratislava möglich ist, sollte auch in Hamburg gehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Man darf sich wohl zu Recht fragen, ob die Probleme mit Hamburgs Lieblingsbauprojekt, der Elbphilharmonie, genau so massiv aufgetreten wären, wenn die Verträge vorher einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewesen wären. Sinnvoll wäre ein solches Gesetz zudem für den Fall, dass Güter der Daseinsvorsorge privatisiert, zurückgekauft oder teilverstaatlicht werden sollen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die haben wir al- le ins Netz gestellt, die Gutachten!)

Herr Dressel, ich äußere mich gerade qualifiziert. Wir können das später noch einmal bilateral draußen besprechen.

Letzteres hat der Senat im Fall der Stromnetze auf Kosten der Steuerzahler und Stromkunden wohl tatsächlich vor. Da kann angesichts der Milliardenrisiken zusätzliche Kontrolle durch Bürgerinnen und Bürger sicher nicht schaden.

(Beifall bei der FDP)

Gern wird gegen Forderungen nach mehr Transparenz ins Feld geführt, die Verwaltung werde da

durch zu stark belastet. Wir Liberalen sind der Auffassung, dass die bisherige Zahl der Anfragen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes in Hamburg keineswegs Anlass zur Besorgnis gibt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ist Ihnen ist die Bedeutung des roten Lichts bekannt, das da blinkt?

– Das blinkt die ganze Zeit, ich habe mich schon gefragt, was das bedeutet.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Das blinkt immer etwa eine Viertelminute, bevor die Redezeit des Abgeordneten beendet ist. Dieses Ende ist nun mehr als erreicht, bitte noch einen sehr kurzen Schlusssatz.

Wir Liberalen werden dazu in Kürze Vorschläge machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)