Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

(Norbert Hackbusch)

der Bedeutung des Hafens für unseren Wirtschaftsraum so überzeugt sind. Jedenfalls gehe ich davon aus, denn anscheinend kann vielerorts nicht die Zeit abgewartet werden, die es braucht, ein tragfähiges Entwicklungspapier auf den Weg zu bringen, das langfristig in die Zukunft bis 2025 hineinreicht.

(Beifall bei der SPD)

Genau das entsteht gerade, und hier geht Qualität vor Schnelligkeit. Wir blicken auf einen sehr interessanten und konstruktiven Dialog- und Kommunikationsprozess zurück, der am vergangenen Montag, alles in sehr kurzen Zeiträumen, sein Finale beim 2. Hafengipfel hatte. Mein Wunsch war es, einen Dialog mit vielen Beteiligten – mit allen, wie es so heißt, Stakeholdern im Hafen –, nicht nur mit den Hafenbetreibern und der Hafenwirtschaft, sondern auch mit den Umweltverbänden und den Sozialverbänden zu führen, um hier das gebündelte Wissen, was insgesamt im Hafen vorhanden ist und genutzt werden kann, in diesen Diskussionsprozess einzubringen. Nicht nur ich bin der Ansicht, dass das sehr konstruktive Gespräche waren und auch alle späteren Äußerungen haben gezeigt, dass es ein großer Erfolg war, in der Form über den Hafen zu sprechen. Themen wie Hafenstrategie, Umschlagkapazitäten – ich will nicht auf die Einzelheiten eingehen, denn die werden Inhalt des Hafenentwicklungsplans sein –, Flächenstrategie und, mit besonderer Betonung, die Verkehrsplanung wurden äußerst konstruktiv und lösungsund konsensorientiert diskutiert.

Erstens die Hafenstrategie: Der Hafen besitzt ein langfristiges Wachstumspotenzial, das ist überhaupt keine Frage, in allen Wettbewerbsvergleichen mit den Häfen der Nordrange und dem immer wieder zitierten Hafen Rotterdam. Um im Wettbewerb weiter erfolgreich zu sein, muss das Profil des Hafens noch stärker auf den Begriff Wertschöpfung ausgerichtet werden. Egal, wie lange jetzt schon darüber geredet wurde, diese Wertschöpfung im Hamburger Hafen hat für die Gesamtbeschäftigung im Hafen, aber auch für den gesamten Wirtschaftraum eine ungemein große Bedeutung. Wertschöpfung kann man nur erzielen, wenn wir hochwertige Ansiedlungen, innovative Ansiedlungen wie aus dem Bereich der regenerierbaren Energien, in unsere zukünftige Hafenplanung einbeziehen. Das verstehen wir unter Wertschöpfung und industrieller Ansiedlung neben der Umschlagtätigkeit im Hamburger Hafen.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens die Verkehrsanbindung: Mit der Optimierung und dem Ausbau der Verkehrswege und der Transportketten steht und fällt der Erfolg des Hafens; das ist überhaupt keine Frage. In der gesamten Betrachtung werden wir weiter davon ausgehen müssen, wie wir hier ein Modal Split – sprich Straße, Schiene, Wasser – aufbauen können, das

eine optimale Nutzung unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten auf den Weg bringt.

Drittens der Hafen mitten in der Stadt: Es gibt keinen Hafen dieser Größenordnung, der so nahe an der Stadt liegt und mitten im Lebensraum angesiedelt ist. Das hat Vorteile, aber es hat auch seine Probleme. Aber wir wollen nicht von Problemen sprechen, sondern die Vorteile nutzen. Daher muss sich der Hafen als Stadthafen seiner ökologischen und sozialen Verantwortung stellen. Dies wird sich künftig noch deutlicher herausstellen und wir wollen versuchen, das zu einem wesentlichen und positiven Standortfaktor zu entwickeln.

Über die gerade angesprochenen Themen hinaus ergibt sich als Schlussfolgerung die Fortsetzung des Dialogs. Das soll kein aufgesetzter Kommunikations- und Dialogprozess sein. Wir wollen in einer veränderten und sich wandelnden Welt diesen Dialogprozess mit den Beteiligten auch in Zukunft fortsetzen, um einen Weg für das Gesamtwohl des Hamburger Hafens zu finden. Darunter fallen Umschlagtätigkeiten und Wertschöpfungen, aber auch ökologische Betrachtungen. Alle Teilnehmer waren davon sehr angetan und sind bereit, sich auch in Zukunft einzubringen und an der Hafenentwicklung mitzuarbeiten.

Zum weiteren Vorgehen. Bis zum Ende des Jahres wird die HPA im Auftrag meiner Behörde einen Entwurf für die Hafenentwicklungsplanung erarbeiten und Ihnen bis zum Ende des Jahres zur Abstimmung vorlegen. Es klang bereits an, das Thema Verkehr ist ein wesentliches Element in der gesamten Hafenentwicklungsplanung. Ein wichtiger Aspekt bei der Bewältigung der sogenannten Hinterlandverkehre und der Abwicklung der Warenströme ist die Stärkung der Binnenschifffahrt. Hamburg ist bekanntermaßen ein weltweit führender Standort für Reedereien, für Schiffsfinanzierung und viele schiffaffine Unternehmen. Diese Position soll in den nächsten Jahren gefestigt und weiter ausgebaut werden. Dabei spielt natürlich auch die rechtliche Rahmenbildung und Raumgestaltung eine wesentliche Rolle, ebenso wie die gesamte Gestaltung der Hinterlandverkehre.

Mit Blick auf das erklärte Ziel der Hamburger Senatspolitik, Klima- und Umweltschutz großzuschreiben, muss neben der Bahn – die Bahn ist jetzt schon das Haupttransportmittel – das Binnenschiff wesentlich stärker als bisher in die Transportketten einbezogen werden, und zwar unter ökologischen als auch unter Sicherheitsaspekten. Das ist ebenfalls ein Ergebnis des Dialogs, den wir geführt haben. Weiter hat das Binnenschiff als einziger Verkehrsträger noch deutlich ausbaufähige Kapazitäten, worauf heute schon hingewiesen wurde. Der Anteil der Binnenschifffahrt in Hamburg liegt unter 2 Prozent, in Rotterdam sind es 30 Prozent. Allerdings spielt da der Rhein eine unvergleichbare Rolle, diese Werte werden wir nie erreichen. Aber

(Senator Frank Horch)

wenn wir zu einer Verdoppelung oder zu Werten zwischen 5 bis 7 Prozent kämen, ist das Binnenschiff aus jedweder Sicht ein ungemein wichtiger Verkehrsträger. Aufgrund der positiven Öko-Bilanz für Binnenschiffe, die durch innovative Schiffstypen, völlige Neuentwicklungen und Antriebe noch deutlich verbessert werden kann, geht von diesem Verkehrsträger überhaupt keine oder nur eine geringe Klimagefährdung aus. Im Gegenteil, bei einer starken Nutzung werden negative Klimaauswirkungen deutlich minimiert. Diese Voraussetzungen haben dazu geführt, dass die Erhöhung des Binnenschifffahrtsanteils sowohl auf regionaler, auf nationaler aber auch auf der EU-Ebene nachdrücklich gefordert wird. Von Hamburger Seite aus werden wir uns beim Bund und bei der EU dafür einsetzen, das Binnenschiff stärker in die Verkehrsströme einzubeziehen.

Gleichwohl ist der Bund aufgefordert, seine Hausarbeiten zu machen. Wir haben, was den Ausbau der Wasserstraßen angeht – die seeseitigen, wie auch die Binnenwasserstraßen – erhebliche Forderungen an den Bund, denn bezüglich der Finanzierung gilt es, eine Herkulesaufgabe zu stemmen. Ich kann Ihnen versichern, wir Hamburger werden uns dafür stark machen und ich glaube, dass wir am Ende Erfolg haben werden. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zur Drucksache 20/1946.

Wer stimmt einer Überweisung dieser Drucksache an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien und zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache über den Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/1946 abstimmen.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das abgelehnt.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/1972 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 10 auf, Drucksache 20/1851, Unterrichtung durch die Präsidentin: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 29. September 2011, Flagge zeigen: "NEIN zu Gewalt an Frauen!"

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft:

Bürgerschaftliches Ersuchen vom 29. September 2011 Flagge zeigen: "NEIN zu Gewalt an Frauen!", Drs: 20/1528 – Drs 20/1851 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Dobusch, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg zeigt Flagge, Flagge für ein freies und selbstbestimmtes Leben von Frauen, gegen Diskriminierung und gegen Gewalt in jedweder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Zum ersten Mal wird am 25. November 2011, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, auch am Hamburger Rathaus die Flagge "Frei Leben – ohne Gewalt" von TERRE DES FEMMES gehisst werden.

(Beifall bei der SPD)

Dies wird ein weithin sichtbares Zeichen dafür sein, dass wir uns in der Freien und Hansestadt Hamburg gegen die tägliche Gewalt an Mädchen und Frauen hier und weltweit stellen. Wir sagen gemeinsam Nein zu Gewalt an Frauen.

(Beifall bei der SPD)

Bisher herrschte in diesem Haus immer großer Konsens darüber, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht toleriert werden kann und bekämpft werden muss.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ist immer noch so!)

Über das Wie waren wir uns natürlich nicht immer ganz einig,

(Finn-Ole Ritter FDP: Mit Flaggen 'raushän- gen ist es nicht getan!)

schon gar nicht, wenn es um die Ausrichtung auf Gender-Fragen ging. Da schaue ich natürlich nach rechts, aber die Kolleginnen und Kollegen wollen gerade nicht zurückschauen. Lassen Sie mich für meine Fraktion ausdrücklich festhalten, dass bei uns die Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einen sehr hohen Stellenwert hat.

(Finn-Ole Ritter FDP: Bei uns auch!)

Wir haben bereits in der vorigen Legislaturperiode versucht, einiges in Bewegung zu bringen, und tatsächlich wurden einige unserer Anregungen aufgegriffen. Das wollen wir jetzt fortführen.

Zwei Punkte will ich dabei herausstreichen, zum einen die Einrichtung eines Sonderdezernats Beziehungsgewalt bei der Staatsanwaltschaft zum 1. Januar 2011. Das war schon eine unserer Forderungen in unserem Antrag zur Entwicklung eines Aktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Das Einrichten dieses Sonderdezernats zeitigt bereits erste Erfolge.

(Senator Frank Horch)

Das Zweite, was ich herausstreichen will, ist die aktuelle, insgesamt natürlich überfällige Reform des Polizeirechts mit einem neu aufgenommenen Kontakt- und Näherungsverbot, ebenfalls eine Forderung von uns aus der vergangenen Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD)

Dies konnte jetzt umgesetzt werden. Bislang konnte die Polizei nur Wegweisungen durchsetzen, die es dem Täter untersagten, sich dem Wohnort des von Gewalt bedrohten Opfers zu nähern. Künftig kann die Polizei auch ohne zeitliche Verzögerung über ein Gerichtsverfahren, dass dazu oft auch noch eine psychologische Hürde darstellt, dem Täter verbieten, sich dem Opfer zu nähern, und zwar ganz gleich wo, am Arbeitsplatz genauso wie an der Wohnung. Das ist eine große Verbesserung des Schutzes der Frauen, die von Stalkern oder vom eigenen Ehemann verfolgt werden.

(Beifall bei der SPD)

Nichtsdestotrotz bleibt noch viel zu tun, bis Frauen und Mädchen tatsächlich wirksam und umfassend vor Gewalt geschützt sein werden. Ein wichtiger Schritt dabei ist es, Symbole zu setzen und Signale der Solidarität zu senden. Die Fahnenaktion von TERRE DES FEMMES mit Aktionen von Rumänien über Honduras bis nach Kenia läuft seit 2001, dieses Jahr übrigens mit dem Schwerpunkt Jungfernhäutchen. In vielen Familien nämlich wird der Zustand des Jungfernhäutchens der Tochter noch immer als Ehrensache angesehen. Zweifel an der Reinheit der Tochter können zu einer ernsthaften Bedrohung für deren Leben werden – Zwangsehen ist hier ein weiteres Stichwort, das zu erwähnen wäre, ich erinnere an den Fall Morzal O. Auch darum geht es bei den Aktionen, dass nämlich junge Frauen das Recht haben, selbstbestimmt zu leben, und es nicht sein darf, dass sie für ihre persönliche Freiheit das Leben riskieren. Dafür müssen wir uns einsetzen. Versuche, das zu unterlaufen, müssen wir mit aller Kraft verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Während im vergangenen Jahr die Fahne in Hamburg noch etwas verschämt an einem Justizgebäude gehisst wurde – unser Antrag auf Rathausbeflaggung war ja mit den Stimmen von CDU und GAL abgelehnt worden –, wird sie dieses Jahr sehr schön sichtbar über dem Rathaus wehen. Wie ich höre, werden sich übrigens mehrere Bezirksämter in Hamburg dieser Aktion anschließen, was ich sehr begrüße. Ich bin sehr stolz darauf, dass Hamburg sich unter einem SPD-geführten Senat einreiht in die lange Liste der deutschen Städte, die sich beteiligen, und hoffe, dass wir eine besondere Signalkraft entwickeln.

Lassen Sie mich noch einmal festhalten: Gewalt gegen Frauen ist kein Randthema. Fast jede dritte Frau erlebt bei einer Trennung Gewalt, Drohungen

und so weiter durch den früheren Partner, und jede vierte Frau erlebt in ihrem Leben mindestens einmal Gewalt durch ihren Lebenspartner mit häufig gravierenden Folgen für die leibliche und seelische Gesundheit. Das können und das wollen wir nicht einfach hinnehmen. Lassen Sie uns alle zusammen mit den Frauen in unserer Stadt und allen in der Sache Engagierten dafür kämpfen, dass alle Frauen in Hamburg, mit Migrationshintergrund oder ohne, junge und alte, mit oder ohne Behinderung, wirksam vor Gewalt geschützt werden und fest darauf vertrauen können, dass sie sich hier frei und selbstbestimmt entfalten und leben können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Wolff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dobusch, ich kann Ihnen versichern, dass dieses Thema bei allen Fraktionen – und ich glaube, ich kann hier für alle Fraktionen sprechen – einen sehr hohen Stellenwert hat. Uns etwas anderes zu unterstellen, ist nicht ganz richtig.