Protokoll der Sitzung vom 22.11.2011

(Zurufe von der SPD)

Die Gesundheitssenatorin ist nach der EHEC-Krise praktisch abgetaucht. Bundespolitische Signale für den Gesundheitsstandort Hamburg sind bislang ausgeblieben. Herr Scholz, Sie sind eine Antwort darauf schuldig geblieben, warum die Gesund

heitsbehörde überhaupt mit einem Millionenaufwand verselbstständigt wurde.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: So ein Quatsch! In der Justiz macht die Senatorin zweifellos eine gute Figur und überzeugt damit, dass sie auch lan- ge Texte ohne zu stocken sicher ablesen kann. (Andy Grote SPD: Frechheit! – Arno Münster SPD: Was soll denn das? Das gehört sich nicht, so was! – Andy Grote SPD: Gut, dass Sie sich nichts aufgeschrieben haben!)

Aber ansonsten auch nach neun Monaten bis auf Ankündigungen: Fehlanzeige.

Wo wir schon beim Thema Ankündigungen sind – auch in der Wohnungsbaupolitik sind die Ankündigungen sehr viel größer als die Taten. Es gibt bislang so gut wie keine neuen Vorhaben, stattdessen werden die vorgefundenen Pläne abgearbeitet. Sie versuchen schon heute, mit Hilfe von Wortklaubereien die 24 000 neuen Wohnungen, die Sie ursprünglich in dieser Legislaturperiode bauen wollten, zu relativieren. Statt durchschnittlich 6000 Wohnungen heißt es nun, diese Zahl werde erst im vorletzten Jahr Ihrer Regierung erreicht, wobei fraglich ist, ob das wirklich neue Wohnungen sein werden oder ob Sie die Ersatzbauten einfach mitzählen.

Meine Damen und Herren! Hamburg braucht mehr Wohnungsbau,

(Andy Grote SPD: Dass Sie sich überhaupt trauen, das anzusprechen!)

darüber sind wir uns einig und das unterstützen wir. Aber wir unterstützen es nicht um jeden Preis. Wir fordern Qualität statt neuer Großsiedlungen und Hochhausphantasien und echte Zahlen statt Zahlentricks.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Es gibt nicht einen einzigen Haushaltsantrag von Ihnen dazu!)

Wenn wir den Wohnungsbau wirklich voranbringen wollen, dürfen wir nicht zulassen, dass Bauvorhaben durch den Eigensinn Weniger zu Fall gebracht werden.

(Andy Grote SPD: Zum Beispiel den Eigen- sinn der CDU in Harburg!)

Wir brauchen Mindestquoren in den Bezirken, damit Volksentscheide nicht zu Klientelentscheiden degenerieren. Ich frage mich, warum sich ein verbindlicher Volksentscheid nicht auf eine Beteiligung stützen sollte, mit der auch Mehrheiten in Parlamente gewählt werden. Lassen Sie uns über diese wichtige Frage gemeinsam mit allen Gruppen in der Stadt reden, damit das Gemeinwohl nicht unter die Räder kommt.

(Beifall bei der CDU)

Zum Abschluss komme ich auf einen Bereich zu sprechen, der mir ganz besonders am Herzen liegt und der für die Zukunft unserer Stadt von zentraler Bedeutung ist: der soziale Zusammenhalt und die Lebensbedingungen in unserer Stadt, insbesondere für die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. In den vergangenen Jahren wurde hier mit vielen Ideen viel Gutes bewirkt. Viele Menschen haben sich engagiert. Es wurden soziale Netzwerke geknüpft und Stadtteileinrichtungen verwirklicht, in denen sich Menschen generationsübergreifend füreinander einsetzen. Gerade durch die vielen kleinen Projekten in den Stadtteilen wurden Menschen aus ihrer Isolation geholt und in nachbarschaftliche Netzwerke eingebunden. Diese Arbeit wird, wenn es nicht schon in den vergangenen Wochen geschehen ist, im kommenden Jahr zerstört werden. Während für das Verschenken von Mittagessen in den Kitas 20 Millionen Euro da sind, erleben wir in vielen Teilen der Stadt einen sozialen Kahlschlag.

(Dirk Kienscherf SPD: Fragen Sie mal Frau von der Leyen!)

Schlimm sind das Vorgehen von Arbeits- und Sozialminister Scheele und das Versagen der SPD in den sozial besonders belasteten Stadtteilen. In Lurup und Steilshoop, Eidelstedt und Jenfeld, Wilhelmsburg und Harburg werden in diesen Tagen Hilfs- und Beschäftigungsangebote zerschlagen, die den Menschen teilweise schon seit Jahrzehnten Hoffnung und Sinn gegeben haben.

(Wolfgang Rose SPD: Heuchelei!)

Viele Menschen fühlen sich zu Recht in kaltherziger Weise ausgegrenzt und auf das Abstellgleis der Aussichtslosigkeit und Isolation geschoben.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie kürzen auf Bun- desebene die Mittel und stellen sich dann hier so hin!)

Das ist nicht alles nur die Schuld und Vorgabe der Bundesagentur, es ist in weiten Teilen eine ganz bewusste Entscheidung des Senators. Staatsnahe Arbeitsmarktträger in Großprojekten sind ihm offenbar lieber. Mit den Bedürfnissen der Menschen vor Ort in den Stadtteilprojekten kann er nichts anfangen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Um diesen Kahlschlag in Steilshoop komplett zu machen, stoppt Schulsenator Rabe den bereits in Auftrag gegebenen Neubau der Stadtteilschule am See und zerstört damit für viele Steilshooper die Hoffnung auf einen starken Bildungsstandort.

In dieser Situation will die SPD etwas retten und legt einen einmaligen Bezirksfonds mit 1 Million Euro auf. Aber wenn man sieht, woher das Geld dafür kommen soll, dann verschlägt es einem fast die Sprache: Die Löcher in der Stadtteilarbeit sollen ausgerechnet mit einer neunzigprozentigen

Kürzung der Förderungen von bürgerschaftlichem Engagement gestopft werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Passiert doch gar nicht real!)

Meine Damen und Herren! Diese neueste Idee der SPD ist geeignet, die soziale Infrastruktur in unserer Stadt noch stärker zu schädigen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die SPD kürzt bei der Ehrenamtsförderung und gibt unsere Pläne zum Ausbau von Freiwilligenagenturen in den Stadtteilen auf. Mit dieser kurzsichtigen Politik zerstören Sie das Fundament für eines der entscheidenden Zukunftsthemen unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU – Gabi Dobusch SPD: Das stimmt doch überhaupt nicht! – Dirk Kienscherf SPD: Das wissen Sie doch ganz genau, dass das nicht stimmt!)

Diese Situation bringt Senator Scheele natürlich in Not. Was macht er, um davon abzulenken? Natürlich teure Versprechungen. Kurzerhand verkündet er schon jetzt – trotz der großen Verunsicherung, ob die Konjunktur hält und der Euro stabil bleiben –, dass ab August 2014 eine tägliche Kita-Betreuung von fünf Stunden für alle kostenlos sein wird. Das sind kurz vor der nächsten Bürgerschaftswahl noch einmal 70 Millionen Euro, die dann eine neue Regierung schultern soll.

Sozialer Kahlschlag und teure Wahlversprechen, das zeigt nicht nur die mangelnde Lernfähigkeit der SPD, sondern das ist auch unverantwortlich gegenüber der Zukunft aller Kinder, die die Schuldenlast nicht mehr werden stemmen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Alleinherrschaft bringt Hamburg 2011 genauso wie von 1991 bis 1993 unter Voscherau nicht voran. Olaf Scholz hat die Herausforderungen der Finanzkrise, die einen neuen politischen Stil der finanziellen Zurückhaltung und Ehrlichkeit erfordert, schon vor der Wahl nicht erkannt und die Wähler mit teuren Wahlversprechungen geblendet. Nach der Wahl versagt der Senat in der zugespitzten europäischen Schuldenkrise auf ganzer Linie. Anstatt so schnell wie möglich keine neuen Schulden zu machen, schiebt die SPD die Lasten in die Zukunft und betreibt eine hemmungslose Neuverschuldung. Der Bürgermeister und sein Senat bleiben blass. Wir sehen ihn ohne Phantasie oder neue Ideen, stattdessen mutlos und entscheidungsscheu, immer auf der Hut, ja keine Fehler zu machen. Das reicht nicht, so wird Hamburg abgehängt. Hamburg kann mehr und Hamburg braucht mehr. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Dr. Dressel.

(Andy Grote SPD: Schlechter kann es nicht werden!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst, Frau Präsidentin, möchte ich Ihnen im Namen meiner Fraktion Dank aussprechen für die Worte, die Sie an uns alle gerichtet haben im Hinblick auf die bedrückenden Nachrichten der letzten Tage in Sachen Rechtsterrorismus. Wir wollen diesen Dank verbinden mit dem Dank an die vielen Engagierten in unserer Stadt, die diese dramatischen Erkenntnisse thematisiert haben. Ich möchte dabei auch Kazim Abaci nennen, ein Mitglied dieses Hauses, der mit seiner Organisation "Unternehmer ohne Grenzen" viel dazu beigetragen hat, dass die Veranstaltung am Wochenende stattfinden konnte.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Da kön- nen Sie auch mal den Flüchtlingsrat erwäh- nen!)

Es ist richtig, das hier so offen zu thematisieren, um Menschen aufzurütteln.

(Beifall bei der SPD)

Diese bedrückenden Erkenntnisse sollten dazu führen, dass wir nicht einfach zu unserem ritualisierten Schlagabtausch zurückkehren. Wir sollten gemeinsam bekennen, dass wir gegen den rechten Terror zusammenstehen. Wir sind dem Innensenator deshalb sehr dankbar, dass er alle relevanten Straftaten seit 1995 noch einmal auf Hinweise auf einen rechtextremistischen Hintergrund untersuchen lässt.

(Phyliss Demirel GAL: Das ist selbstver- ständlich!)

Trotzdem ist es notwendig, in diesem Rahmen zu betonen, dass das aufgearbeitet wird. Ich finde, es gehört dazu, das in dieser Debatte zu benennen.

(Beifall bei der SPD)

Es hat auch sehr wohl etwas mit den Haushaltsberatungen und den Haushaltsanträgen zu tun. Wenn Sie unsere 30 Anträge einmal durchsehen würden, dann würden Sie feststellen, dass die SPD-Fraktion schon lange, bevor diese schrecklichen Erkenntnisse offenbar wurden, gefordert hat, die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten in dieser Stadt

(Antje Möller GAL: Sie haben doch alles ge- kürzt!)

in einem echten Landesprogramm gegen Rechtsextremismus zu bündeln. Das ist überfällig und wir wollen es in diesen Haushaltsberatungen auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir in einer Generaldebatte auch einen Antrag aufgreifen, den wir als SPD-Fraktion einbringen

(Glocke)