Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Dass die SPD nun lediglich den Verfassungsausschuss mit dem Thema befassen will und somit fachliche Fragen…

(Arno Münster SPD: Ist das nicht ge- wünscht?)

Ach so, ist richtig, der Verfassungsausschuss wird so bezeichnet, er beschäftigt sich natürlich auch mit den Bezirken.

(Dirk Kienscherf SPD: Umgekehrt! Der Be- zirksausschuss befasst sich auch mit Ver- fassung!)

Der Gesundheitsausschuss beschäftigt sich auch mit Verbraucherschutz, aber deswegen muss man nicht immer alles aufzählen.

Somit bleiben jedenfalls fachliche Fragen aus gesundheits- oder familienpolitischer Sicht vermutlich außen vor. Das finden wir bedauerlich. Trotzdem werden wir uns einer Diskussion natürlich nicht verweigern und stimmen der Überweisung an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu.

Unserer Ansicht nach sollten die verschiedenen Erfahrungen aus den Bezirken ausgewertet werden, ohne dass ein Kompetenzgerangel zwischen Stadt und Bezirken stattfindet. Die Ausführungen von Frau Domres gehen in dieselbe Richtung, insofern begrüßen wir das. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Land, auch in Hamburg, einen Trend zu immer neuen pauschalen Verboten. Sie werden sich nicht wundern, dass Liberale an dieser Stelle wachsam

(Anja Domres)

werden und aufpassen, dass es nicht übertrieben wird.

(Beifall bei der FDP)

Besonders bemerkenswert und vielleicht auch besorgniserregend ist daran, dass es dabei nicht um die Ahndung konkreten Fehlverhaltens – hier also das Werfen von Zigarettenkippen oder von Glasscherben – geht,

(Dietrich Wersich CDU: Nee, Prävention!)

sondern dass man jedes Mal zu einem abstrakten, also einem absoluten Verbot greift, anstatt sich darum zu kümmern, wo das konkrete Problem ist. Wir sind dagegen, für jede Gefahr ein abstraktes Verbot einzuführen. Das ist mit einem liberalen Rechtsstaat aus unserer Sicht nicht vereinbar.

(Beifall bei der FDP)

Ebenso falsch wäre es aber auch, ernsthafte und zum Teil schwerwiegende Gefahren nicht zu berücksichtigen. Deshalb muss aus Sicht der FDP in jedem Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Wir haben das schon einmal getan. Es gibt einige Argumente für ein einheitliches Verbot, zum Beispiel die erhebliche Gefahr, dass Kinder Zigarettenstummel verschlucken. Spielplätze sollen dafür da sein, dass Kinder sich unbeschwert bewegen und spielen und Eltern auch einmal Ruhe haben können.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach, dafür ist das! Das habe ich nie verstanden, als ich mit meinem Kind dahin gegangen bin!)

Möglicherweise ist es bei einigen von Ihnen nicht so, aber ich habe wesentlich mehr Zeit mit meinen Kindern auf Spielplätzen zugebracht, als manche von Ihnen im Parlament oder in den Ausschüssen; ich verstehe etwas davon.

Spielplätze sollen ein geschützter Raum sein, in dem sich Kinder möglichst ungefährdet bewegen können, und damit sind Zigarettenstummel und Ähnliches natürlich nicht zu vereinbaren. Hinzu kommt, dass in vielen Teilen Hamburgs ein Ausweichen nicht möglich ist. Es gibt eben nur einen Spielplatz in der Nähe, wenn es überhaupt einen gibt, und deshalb kann man keinem sagen, er müsse da ja nicht hingehen.

Ein weiterer Punkt ist nicht unwichtig: Erwachsene sollten eine Vorbildfunktion ausüben. Wenn Kinder von Nichtraucher-Eltern auf dem Spielplatz sehen, wie andere Eltern ständig rauchen oder auch Alkohol trinken, ist das, unabhängig von der konkreten Gefährdung, nicht gut für die Entwicklung der Kinder. Das alles sind aus unserer Sicht durchaus Gründe für ein solches Verbot. Es gibt aber auch Gründe gegen ein solches Verbot.

Erster Punkt: Es ist wahrscheinlich – zumindest mit vertretbarem finanziellem Aufwand – nicht möglich, dieses Verbot durchzusetzen und es besteht die Gefahr, dass ein solches Vollzugsdefizit zu einer

Schwächung des Ansehens unseres Rechtsstaats führt. Wenn wir immer mehr Vorschriften machen, deren Einhaltung nicht überwacht wird, macht das bei den Bürgern einen schlechten Eindruck.

Zweiter Punkt: Es besteht die Gefahr, dass Kinder rauchender Eltern zusätzlich gefährdet werden. Wenn diese Eltern nämlich aufgrund eines Verbots nicht mehr zum Spielplatz gehen, sondern zu Hause bleiben, bleiben die Kinder auch zu Hause und werden in der Wohnung dem Rauch ihrer Eltern ausgesetzt. Da wäre es doch allemal besser, wenn sie auf den Spielplatz gingen.

Dritter Punkt – es wurde schon erwähnt –: Eigentlich sind die Bezirke zuständig. Wir reden immer davon, dass wir Verantwortung auf die Bezirke übertragen wollen. Nun auf einmal bemüht sich die CDU, die Bezirke zu entmachten. Für die FDP gilt der Grundsatz: Im Zweifel sollen die Bezirke etwas entscheiden und nicht eine Pauschalregelung durch das Land erfolgen.

(Beifall bei der FDP)

Dies sind Argumente gegen ein solches Verbot.

Sie merken an meiner Aufzählung, dass es eine einfache Antwort auf diese Frage nicht gibt. Deshalb wäre es sinnvoll, darüber im Ausschuss zu beraten. Die FDP wird darum sämtlichen Überweisungsbegehren zustimmen und würde es sehr gut finden, wenn die SPD einer Expertenanhörung zustimmt, damit wir auf einer sinnvollen Grundlage arbeiten können.

(Beifall bei der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich habe mich schon gefragt, was sich die CDU dabei gedacht hat, als sie diesen Antrag gestellt hat.

(Glocke)

Verzeihen Sie, Frau Artus. – Frau Hajduk, Herr Tabbert, Frau Spethmann, ich erteile Ihnen jeweils einen Ordnungsruf wegen fortgesetzten Quatschens.

Fahren Sie bitte fort, Frau Artus.

– Danke schön, Frau Präsidentin.

Sie hatten zehn Jahre Zeit, sich um Sauberkeit auf Hamburgs Spielplätzen zu kümmern und haben nichts getan. Da frage ich mich schon, warum Sie jetzt einen Antrag dazu einreichen und das Thema für sich entdeckt haben. Das finde ich mehr als verwunderlich. Es erinnert mich auch fatal an den Antrag, den Sie vor einigen Monaten eingebracht

(Dr. Wieland Schinnenburg)

haben, in dem Sie fordern, dass Kinder zentral erfasst werden, die bei drogenabhängigen Eltern leben, und dass ein Screening ihrer Haare durchgeführt wird. Das geht irgendwie in die gleiche Richtung. Sie denken ordnungspolitisch; Sie gehen nicht mit gesundheitspräventionspolitischen Aspekten an das Thema heran. Aus meiner Sicht ist das ein reiner Schaufensterantrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sorgen sich in Wirklichkeit doch gar nicht um die Kinder, denn mit der in Ihrem Antrag formulierten Argumentation könnten Sie das Rauchen und Alkoholtrinken auch stadtweit verbieten lassen. Und genau deswegen bekommen Sie unsere Unterstützung hierfür nicht.

(Beifall bei der LINKEN und bei Annkathrin Kammeyer SPD)

40 Prozent aller Kinder wachsen in Haushalten auf, in denen geraucht wird. Kommt dann als nächstes das Rauchverbot für alle Privathaushalte? Das wäre nur konsequent.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP: Das ist ein liberaler Ansatz!)

In einem bestimmten Alter nehmen Kinder alles in den Mund, auch das, was auf der Straße liegt. Kommt also als nächstes auch eine Rauchverbotsforderung für die offene Straße? Ich rechne schwer damit, sehr geehrte Herren und Damen von der CDU.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gute Idee!)

ÖKO-TEST hat vor einigen Jahren eine Untersuchung gemacht, bei der sich herausstellte, dass eine der schlimmsten Verschmutzungen von Kinderspielplätzen der Kot von freilaufenden Katzen ist. Wollen Sie demnächst auch freilaufende Katzen verbieten? Ich erwarte Ihren Antrag dazu.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sind ganz neue Ideen!)

Dieser Antrag ist so ziemlich das Überflüssigste, was ich seit Monaten in der Bürgerschaft gesehen habe. Wir stimmen der Überweisung zu, aber das war es dann auch.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Die Aussagen des Senats und die Entwicklung in den Bezirken gehen doch in eine klare Richtung, da ist dieser Antrag schlichtweg unnötig.