Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Die in der aktuellen Diskussion, insbesondere von den Umweltverbänden und auch von der GAL, wiederholt vorgebrachte Forderung, nach alternativen Lösungen zum Fahrrinnenausbau zu suchen, geht nach meiner Überzeugung aufgrund der ganzen geleisteten Vorarbeit total ins Leere.

(Beifall bei der SPD)

Zum einen ist für den jetzt von uns geplanten Fahrrinnenausbau ein umweltverträgliches Ausbaukonzept der Elbe entwickelt worden, das durch umfangreiche Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen sicherstellt, dass in jedem Fall gravierende Umweltbeeinträchtigungen bis hin zum Totalverlust von Arten – wir haben schon darüber gesprochen – und Lebensräumen ausgeschlossen werden können. Insoweit ergibt sich für mich überhaupt keine weitere Notwendigkeit, nach alternativen Untersuchungsansätzen zu suchen.

(Beifall bei der SPD)

Zum anderen möchte ich zu bedenken geben, dass durch den Fahrrinnenausbau mit dem Seeschifffahrtsverkehr ein äußerst umweltfreundlicher Verkehrsträger in zunehmendem Maße gestärkt wird, der entscheidend dabei hilft, den deutlich umweltschädlicheren Straßengüterverkehr zu entlasten, besonders auf Hamburg bezogen.

(Beifall bei der SPD)

Denjenigen, die von uns eine weitere Reduzierung des Ausbaumaßes fordern, möchte ich entgegenhalten, dass wir im Rahmen der Planung des Fahrrinnenausbaus bereits alle diesbezüglichen Minderungsmaßnahmen total ausgeschöpft haben. Eine weitere Reduktion des Ausbaumaßes würde dazu führen, dass wir das wichtige Ziel der Containerschifffahrt – über die Größe will ich jetzt nicht sprechen –, allen Hamburg anlaufenden und vor allem auslaufenden Schiffen wirtschaftlich attraktive Zu

(Senator Frank Horch)

fahrts- und Auslaufbedingungen zu bieten, wie sie einem Welthafen wie Hamburg entsprechen, nicht einlösen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Das Gute ist, dass die EU unsere Auffassung teilt und uns die Alternativlosigkeit des Projekts und die überragende wirtschaftliche Bedeutung für unseren Standort mehrfach bescheinigt hat. Der Kommission vorzuwerfen, dies sei dem Druck von Wirtschaft und Politik geschuldet, finde ich schon etwas stillos.

Aber die Stellungnahme ist ein Etappenziel, nicht mehr und nicht weniger. Wir verfolgen gemeinsam mit dem Bund weiter unser Ziel, den amtlichen Planfeststellungsbeschluss zu erlangen. Nach unserer Auffassung wird er etwa im Frühjahr 2012 vorliegen und dann den sofortigen Beginn der Bauarbeiten gestatten. Dafür müssen wir aber weiterhin engagiert und mit Hochdruck unsere Hausaufgaben machen. Die Planfeststellungsbehörden berücksichtigen jetzt die EU-Stellungnahme und arbeiten sie bis zum Jahresende in den Entwurf des Planfeststellungsverfahrens ein. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes und unsere HPA bereiten die Ausschreibung der Bauarbeiten jetzt entsprechend vor. Die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg erhalten zum Jahresende den vollständigen Planfeststellungsbeschluss im Entwurf und werden um ihr Einvernehmen gebeten. Die Nachbarländer prüfen und treten mit dem Bund und Hamburg in Gespräche zur endgültigen Fassung ein. Diese Phase dauert mindestens drei Monate.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Was im Hinblick auf mögliche Klagen, Baustopps oder Eilverfahren zu erwarten ist, bewegt sich im rein spekulativen Bereich. Insofern kann ich Ihnen nur von den Dingen berichten, auf die ich Einfluss haben werde. Weil ich Optimist bin und weil ich weiß, dass der Senat, die Planfeststellungsbehörden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Behörde gute Arbeit leisten, ist es mein Ziel, die Ausbauarbeiten so rasch wie möglich zu beginnen und abzuschließen. Sie alle können uns dabei unterstützen. Machen Sie Werbung für das Projekt in Ihren Parteien, auch über die Bundesländergrenzen hinweg.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann Ihnen versichern, dass von der Realisierung nicht nur Hamburg, sondern auch unsere Nachbarländer in ganz entscheidendem Maße profitieren werden und am Ende in hohem Maße ganz Deutschland. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Rose.

(Hans-Detlef Roock CDU: Ich denke, Herr Rickmers sollte sprechen!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Elbvertiefung ist kein Selbstzweck, sondern eine Frage der Zukunftsfähigkeit des Hafens und somit eines der wichtigsten Themen Hamburgs. Und auch wenn wir hier im Haus zur Frage der Elbvertiefung unterschiedliche Auffassungen haben, so sind wir, glaube ich, insgesamt in dem Ziel einig, dass die Stärkung des Hafens eine wichtige Angelegenheit für Hamburg ist. Und dann reicht es eben nicht aus, unterschiedliche Meinungen zu haben und im Ziel einig zu sein, dann muss man auch konsequent für dieses Ziel eintreten und etwas dafür tun.

(Beifall bei der SPD)

Eines ist sicher und das ist allen bekannt: In der Schifffahrt und gerade in der Containerschifffahrt wird die Schiffsgröße in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Gerade auf der für den Hamburger Hafen wichtigen Ostwestroute werden wir in den kommenden Jahren eine deutliche Zunahme der Schiffsgrößen sehen. Das gilt unabhängig von der Frage, wie sich die Weltwirtschaft und der Hafen entwickeln. Der Trend geht zu großen Schiffen.

Wenn der Hamburger Hafen als einer der wichtigsten europäischen Häfen seine Position halten oder ausbauen will, müssen wir uns dieser Frage stellen. Für den Hafen, für Hamburg und für das Hamburger Umland ist dies von essenzieller Bedeutung. Und dabei kommt man um die Elbvertiefung nicht herum. Ich freue mich, dass mit der Entscheidung der EU eine weitere Hürde auf diesem langen Weg genommen ist. Dafür wurde lange gearbeitet und ich wünsche dem Senat, dass er diesen Erfolg jetzt dazu nutzen kann, das sehr schnell auch entsprechend umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso ist zu begrüßen, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung ihr Wohlwollen gegenüber diesem Projekt schon signalisiert hat. Ich hoffe, dass die Kollegen der CDU und der FDP bei ihren Kollegen in Niedersachsen ebenso für das Projekt werben, wobei ich weiß, dass dieses Thema in Niedersachsen natürlich keine reine Fachentscheidung, sondern eben auch ein Politikum ist. Das ist auch legitim, man darf politisieren und zuspitzen. Aber die Entscheidung muss nachher für die Menschen und die Arbeitsplätze in der Region getroffen werden und ich bitte die Kollegen, sich dafür einzusetzen. Nicht um der SPD einen Gefallen zu tun, sondern weil es um die Menschen in Hamburg geht, insbesondere um diejenigen, die ihren Arbeitsplatz im Hafen haben und die dort jeden Tag für uns alle eine sehr wichtige und schwere Arbeit machen.

(Senator Frank Horch)

(Beifall bei der SPD)

Die Bedenken, die geäußert werden, betreffen vorrangig die Wirtschaftlichkeit und den Umweltschutz. Die größten Vorbehalte sehe ich bei der Opposition in der Frage, was es kostet und ob es eigentlich wirtschaftlich ist. Es ist bei der Opposition immer beliebt, mit explodierenden Kosten und zukünftigen Hiobsbotschaften zu argumentieren. Das Schöne ist, dass man immer dann recht hatte, wenn es so kommt – und wenn nicht, dann erinnert sich hoffentlich keiner mehr daran.

Übrigens wird eine andere Frage in der Politik leider oft nicht gestellt, was es nämlich kostet, wenn wir es nicht machen. Diese Frage stellen Sie ganz offensichtlich nicht, aber diese Frage muss man auch beantworten. Und ich sage Ihnen, was es uns kosten wird, wenn die Elbvertiefung nicht kommt: Das kostet Schritt für Schritt Hamburg seinen Hafen und es kostet dann viele Tausend Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitsplätze und Hamburg viele Millionen Euro Steuereinnahmen. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann wirklich keiner von uns wollen.

(Beifall bei der SPD und bei Karin Prien und Dr. Walter Scheuerl, beide CDU)

Im Bereich Umweltschutz entzündet sich die Debatte vor allem am Schierlings-Wasserfenchel. Darüber mag mancher schmunzeln, aber es ist richtig, dass Umweltschutz im Kleinen anfängt, und hier sind schon eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen worden. Aber ich wundere mich manchmal, dass ein anderes Umweltargument gar keine Rolle spielt. Müsste ein Containerschiff mit einer Größe von 8000 TEU in Bremerhaven festmachen statt in Hamburg, dann brauchten wir an Land entweder 160 Güterzüge oder aber 6400 Lkws, um diesen Transport zu bewerkstelligen. Und von daher bleibt es dabei, dass der Wasserweg – auch bei der Elbvertiefung – der bei Weitem umweltfreundlichste Verkehrsweg ist. Umweltschutz kann man nicht nur mit plakativen Wortblasen betreiben, sondern man muss dafür auch ganz konkret die Konsequenzen ziehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

In diesem Sinne bitte ich die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen und natürlich auch den Senat, den eingeschlagenen Weg zu einem möglichst baldigen Baubeginn weiterzugehen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der CDU-Fraktion:

Sicherungsverwahrung in Jenfeld – PRKampagne statt langfristiger Lösung

Wird das Wort gewünscht? – Frau Spethmann, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was der Senat uns in Sachen Sicherungsverwahrung in den letzten Wochen geboten hat, ist ein Sicherheits- und PR-Chaos.

(Beifall bei der CDU)

Seit Mai dieses Jahres – und erst seit Mai – ist bekannt, dass es tatsächlich zwangsweise zu Entlassungen von hochgefährlichen Straftätern kommt, die nicht mehr in Haft, nämlich in Sicherungsverwahrung, behalten werden können. Mit diesem hochsensiblen Thema geht der Senat erst einmal so um, dass er monatelang gar nichts sagt. Im Rechtsausschuss wird alles vertagt, es wird nichts gemacht und dann wird urplötzlich zu wichtigen Gesprächen eingeladen. Es werden Abgeordnete und Pressevertreter eingeladen und die Mitbürger und die Betroffenen werden kurzfristig informiert. Das ist die neue Transparenz des Senats und das ist gutes Regieren à la SPD.

(Beifall bei der CDU – Karin Timmermann SPD: Das muss ausgerechnet von Ihnen kommen! – Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollten gar nicht informieren!)

Wir hatten eben, eine Stunde vor der Bürgerschaftssitzung, eine Sondersitzung des Rechtsausschusses zusammen mit dem Innen- und Sozialausschuss. Dort hat der Senat durch die drei Senatoren eingestanden, dass es ein Kommunikationschaos gegeben hat. Frau Schiedek bedauerte sehr, wie die Kommunikation gelaufen ist, und auch Herr Scheele sagte, das sei nicht besonders gut gelaufen. Das von sozialdemokratischen Senatoren zu hören, ist schon viel.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Was hier passiert ist, ist ein Desaster.

(Beifall bei der CDU)

Bei diesem hochsensiblen Thema wollte dieser Senat die Bürger einbinden. Das wurde toll gemacht: Ungefähr 50 Mitbürger haben Zettel erhalten und wurden zu einer Veranstaltung eingeladen, und zwar am Donnerstagabend für den nächsten Dienstag. Den Rest durften sie aus der Zeitung erfahren. Die Menschen im Umfeld wurden im Endeffekt vor vollendete Tatsachen gestellt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollten heim- lich unterbringen, Frau Spethmann!)

Die Veranstaltung in der Bundeswehrhochschule sah so aus, dass die Mitbürger nicht reden durften. Es wurde ihnen nur berichtet.

(Wolfgang Rose)

(Christiane Schneider DIE LINKE: Sie waren doch gar nicht da!)