Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns auch deswegen zusammenschließen, weil für die Perspektive des Klimaschutzes die Aussichten vom Bund ebenfalls nicht gerade erfreulich sind. Zurzeit sind nur 1,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr für die Gebäudesanierung vorgesehen. Wie Sie wissen, liegt das ganze Thema noch im Vermittlungsausschuss,

(Hans-Detlef Roock CDU: Überprüfen Sie doch mal Ihre Einschätzung dazu!)

der noch nicht entschieden hat. Dies ist nicht ausreichend. 1,5 Milliarden Euro sind nicht ausreichend, Herr Roock, um die Klimaschutzziele selbst der Bundesregierung zu erreichen, und deswegen sind Gutachter, Städte und Gemeinden und die Wohnungswirtschaft dafür, dass die KfW-Mittel aufgestockt werden.

(Heike Sudmann)

(Beifall bei der SPD)

Die Fördermittel dienen nicht zuletzt dazu, die Mietsteigerungen im Anschluss an energetische Modernisierungen abzudämpfen und für einen sozialverträglichen Ausgleich beim Klimaschutz zu sorgen.

Ich denke, wir sind uns einig, dass gerade die Großstadt Hamburg die Mittel der KfW braucht, weil diese Mittel dazu beitragen, dass die großen Wohnungsbestände zeitnah zu wirtschaftlichen Konditionen saniert werden können und damit nicht zuletzt auch die Klimaschutzziele Hamburgs erreicht werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass die heutige Debatte auch am Ende, wenn wir darüber abstimmen, zeigt, dass dies auch ein Weckruf aus Hamburg an die Bundesregierung ist. Lassen Sie uns gemeinsam die Bundesregierung an ihre Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung unserer Städte erinnern. Der Senat jedenfalls steht dazu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Senatorin. – Das Wort hat Herr Grote.

Nur ganz kurz. Herr Roock, Sie haben viel Unsinniges erzählt. Einen Punkt will ich Ihnen noch einmal erklären, weil Sie das eben eingefordert haben.

(Jörg Hamann CDU: Reine Arroganz, reine Arroganz!)

Es gibt eine Initiative der Bundesregierung, diese liegt im Vermittlungsausschuss. Und es stimmt, dass die Bundesregierung eine Idee hatte, was man bei der Sanierungsförderung tun könne. Was ist denn das für eine Idee gewesen? Steuererleichterungen sollen es richten, das ist das Rezept von Schwarz-Gelb. Sie haben nicht gesehen, und da weiß ich nicht, ob Sie nicht im Film sind, dass die Steuerausfälle Hamburg treffen, nicht den Bund.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist doch Quatsch!)

Was sind Sie denn für ein Hamburger, dass Sie so etwas befürworten? Selbstverständlich ist das so.

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock [CDU]: Und welche Einnahmen?)

Alle wissen, dass das kein geeignetes Modell ist. Alle Verbände sagen Ihnen, dass die Zuschussförderung wesentlich zielgenauer und besser als die Steuererleichterung ist.

(Hans-Detlef Roock CDU: Alle Verbände sa- gen was anderes!)

Sie wissen ganz genau, dass Steuererleichterungen jeden Hamburger Investor irgendwo auf der

Welt betreffen. Es wird überhaupt nicht zielgenau in Hamburg gefördert, sondern überall.

Der dritte Punkt ist, Sie senken die Sanierungsmittel von 2,2 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro ab,

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist so ein Un- fug!)

bevor Sie irgendein anderes geeignetes Instrument an den Start oder durch den Bundesrat gebracht haben. Das ist keine verantwortungsvolle Politik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Grote.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Die Abgeordneten Hesse und de Vries haben dem Präsidium angezeigt, dass Sie nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Wer möchte den Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 20/2395 in der Neufassung annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 67 auf, Drucksache 20/2363, ein Interfraktioneller Antrag: Strategische Neuausrichtung des Haushaltswesens.

[Interfraktioneller Antrag: Strategische Neuausrichtung des Haushaltswesens – Drs 20/2363 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Quast wünscht es und hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktionen der Bürgerschaft haben in den letzten Wochen zusammengesessen, mit dem Finanzsenator beraten und Eckpunkte für die Modernisierung des Hamburger Haushaltswesens vorgelegt. Nun sind Haushaltswesen und Haushaltsmodernisierung eher trockene Themen. Nur wenige vermögen dafür die Leidenschaft aufzubringen wie der Haushaltsdirektor, der seit Jahren engagiert die Haushaltsmodernisierung betreibt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es ist aber ein wichtiges Thema, und deswegen ist diese Debatte in dem turbulenten Umfeld, das wir heute haben, durchaus angemessen, denn es geht um ein zentrales Element der Steuerung der Ver

(Senatorin Jutta Blankau)

waltung durch die Politik, und es geht um das Budgetrecht des Parlaments.

Mit dem vorliegenden Antrag gewinnt der Prozess der Modernisierung des Haushaltswesens eine neue Qualität. Erstmals liegen von Senatsvertretern und Bürgerschaft gemeinsam formulierte, konkrete Eckpunkte vor, die den weiteren Modernisierungsweg vorgeben. Die Bürgerschaft übernimmt damit wieder eine aktive Rolle in diesem Prozess. Nur so kann sichergestellt werden, dass für alle Beteiligten zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Bürgerschaft bekennt sich mit diesem Antrag zur Doppik, zur kaufmännischen Rechnungslegung und zur Transparenz, die diese hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs, des Werteverzehrs und der eingegangenen Verpflichtungen beispielsweise für Pensionen schafft. Wir bleiben dabei, die Prinzipien der Doppik nicht nur als Grundlage der Haushaltsrechnungen nutzen zu wollen, sondern künftig auch für Haushaltsaufstellung und Bewirtschaftung. Der Weg zurück zur Kameralistik ist für niemanden im Haus eine Alternative.

Aber wir müssen Abstriche an dem machen, was bislang mit dem neuen Haushaltswesen in Hamburg verfolgt wurde, denn das System ist in seiner Komplexität an vielen Stellen nur noch von Experten nachzuvollziehen. Viele von uns haben das in den Haushaltsberatungen feststellen können. Unser Anspruch auf mehr Transparenz verlangt aber anderes.

Für die engagierte Arbeit am Projekt in der Finanzbehörde und in vielen Behördenprojekten sind wir sehr dankbar. Sie bleibt die Basis der Reform. Wir passen aber die Rahmenbedingungen so an, dass sie für Politik und Verwaltung machbar und vermittelbar sind.

Mit der strategischen Neuausrichtung des Haushaltswesens, deren Eckpunkte wir heute beschließen, schaffen wir einen modernen Produkthaushalt. Der Haushalt wird künftig in circa 250 Produktgruppen gegliedert. Auf der Ebene der Produktgruppen werden in neun Kontengruppen Kosten und Erlöse ermächtigt. Dies trägt dem Gedanken der Budgetierung Rechnung. Der immer noch große Handlungsspielraum, der der Verwaltung und dem Senat dadurch gegeben wird, wird aber auf eine vertretbare Größenordnung beschränkt. Anders als bislang möglich wird es keine Aufgabenbereiche geben, in denen global fast 5 oder sogar 10 Prozent des Haushaltsvolumens ermächtigt werden. Damit hatte die Bürgerschaft schon in der letzten Legislaturperiode Schwierigkeiten; ein gemeinsamer Antrag im letzten Herbst hatte das auch formuliert.

Die Produktgruppen orientieren sich an der Struktur der Verwaltung. Auch künftig bleibt klar, welche

Behörde und welches Amt wie viel Mittel zur Verfügung hat, und es bleibt klar, wer die Verantwortung zur Erledigung von Aufgaben hat. Wir setzen auf eine moderne Haushaltsführung, indem wir Personalbudgets künftig auf der Basis von Vollzeitäquivalenten steuern und nicht mehr an Hand von Stellenplänen. Wir setzen auf die flächendeckende Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, um Transparenz über Kosten und ein funktionierendes Controllingsystem zu erhalten. Auch künftig wird der Senat seine Vorhaben im Rahmen von Produktinformationen erläutern müssen. Für jede Produktgruppe müssen Leistungszwecke, Ziele, Kennzahlen und Kennzahlenwerte als Grundlage der Ermächtigung verbindlich dargestellt werden.

Was wir nicht wollen, ist ein Wust an Zielen und Kennzahlen. Wir wollen, dass sich der Haushaltsplan auf für Senat oder Bürgerschaft steuerungsrelevante Kennzahlen beschränkt.

(Beifall bei der SPD und bei Anja Hajduk GAL)

Gleichwohl bleiben wir dabei ambitioniert, denn wir setzen weiter auf wirkungsorientierte Kennzahlen, zumindest eine sollte jeder Einzelplan und Aufgabenbereich versuchen auszuweisen. Die Ziele und Kennzahlen zu definieren wird Aufgabe der Fachbehörden gemeinsam mit den Fachausschüssen sein, so haben wir es formuliert. Ich kann nur empfehlen, dass sich die Fachbehörden dieser Diskussion mit den Fachausschüssen bald stellen und die Diskussion frühzeitig beginnen. Ergebnis des heutigen Beschlusses wird sein, dass sich die Struktur des Haushaltswesens qualitativ weiterentwickelt. Das gilt für die Darstellung der Haushaltspläne, die Qualität der Erläuterungen und für das unterjährige Berichtswesen, an dem wir festhalten.

Mit dem vorliegenden Antrag stellen wir die Weichen für ein modernes Haushaltwesen neu, bürgerschaftskompatibler und verwaltungsfreundlicher. Gleichwohl sind noch nicht alle Fragen abschließend geklärt. Wichtige und akzeptanzbildende Entscheidungen wie zu Deckungsfähigkeiten und einer benutzerfreundlichen Darstellung des Haushaltsplan-Entwurfs und des Berichtswesens stehen noch aus. Wir setzen darauf, diese Fragen im Haushaltsausschuss im Dialog mit dem Senat zu einem befriedigenden Ergebnis zu führen. Die Bürgerschaft hat mit dem Antrag auch ihre Position zur weiteren Umstellung und zum weiteren Prozess dargelegt. Ein aufwendiges und intransparentes Nebeneinander von kameralem System, NHH und neuem Produkthaushalt wollen wir vermeiden.

(Beifall bei der SPD)

Unser Ziel ist es deshalb, die jetzt im NHH-System arbeitenden Behörden zuerst in den neuen doppischen Produkthaushalt zu überführen. Das ist aufwendig für die Betroffenen, aber die entscheidenden Grundlagen sind bereits gelegt. Ich weiß, dass

in den Behörden gute Leute mit der Modernisierung des Haushaltswesens befasst sind, die es schaffen können. Wir formulieren aber auch, dass Schul- und Kulturbehörde ebenfalls jetzt umstellen mögen. In beiden Behörden wird seit Jahren an der Haushaltsmodernisierung gearbeitet. Die Grundlagen sind vorhanden, dort gibt es gute Leute. Diese Chance sollte jetzt genutzt werden.