Protokoll der Sitzung vom 08.02.2012

Tatsache ist, dass wir die einzigen sind, die es geschafft haben, das Gespräch mit den Beteiligten vor Ort zu suchen und sie überhaupt ins Boot zu holen. Daran sind bisher alle Vorgängersenate gescheitert. Es ist schlichtweg falsch, wenn Sie sagen, dass geplant sei, dass die Reichsstraße lediglich von 9 bis 22 Uhr zu sperren oder zu ähnlichen Uhrzeiten. Das ist natürlich vollkommener Quatsch. Wenn Sie das so verkürzt sagen, ist es falsch, und ich hoffe, dass Sie es nicht absichtlich falsch gesagt haben, sondern einfach nur schlecht informiert sind.

(Beifall bei der SPD)

Es sind zum ersten Mal Gespräche geführt worden unter der Leitung von Staatsrat Rieckhof im Wilhelmsburger Bürgerhaus im Herbst letzten Jahres.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Gespräche schon, aber Ergebnisse fehlen!)

Dass dort natürlich unterschiedliche Interessen vertreten wurden von den Anwohnern, den Organisatoren der IBA und der igs und auch von der Wirt

schaft vor Ort, liegt in der Natur der Sache. Ohne jede Ausnahme sagten alle Wirtschaftsvertreter vor Ort, dass sie vollkommen überrascht seien und zum ersten Mal davon hörten. Sie fragten, warum keiner auf sie zugekommen sei, nicht heute, sondern im Herbst letzten Jahres.

Die Vorgängerregierung ist vielleicht überrascht gewesen, dass es 2013 eine IBA und eine igs gibt. Vielleicht ist sie auch überrascht gewesen, dass man keine Verlagerung der Reichsstraße bis dann erreicht, da bin ich ganz bei Ihnen. Aber diese Tatsache war für Leute, die schnell denken, vor drei Jahren klar, für die, die ganz langsam unterwegs sind, vor eineinhalb Jahren. Insofern müssen wir wieder einmal den Scherbenhaufen zusammenfegen, den die Vorgängerregierung uns hinterlassen hat.

(Antje Möller GAL: Kommt auch noch mal ein Argument?)

Das Argument kommt doch noch. Es gibt verschiedene Argumente von unterschiedlichen Seiten.

DIE LINKE kann sich jetzt einen weißen Fuß machen, die GAL nicht. Das Amt V, die Verkehrsbehörde, war in der letzten Legislaturperiode unter Ihrer Leitung. Sie haben es nicht geschafft, ein Gespräch mit der Wirtschaft vor Ort zu erreichen.

(Anja Hajduk GAL: Lächerlich!)

Jetzt ist es zum ersten Mal gelungen. Was wir heute in "Der Welt" lesen, ist ein ganz klarer Beleg dafür, wie die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abgewogen werden.

(Zuruf von Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

Hören Sie einmal einen Augenblick zu, Herr Kluth, Sie können sich gleich wieder melden.

Dieser Artikel in "Der Welt" zeigt, dass die Wirtschaft vor Ort um jede Stunde kämpft, die diese Straße weiter offen ist, um 9 Uhr, 10 Uhr oder 11 Uhr Sperrung, das ist deren Interesse. Die igs kämpft um jede Stunde, die diese Straße früher gesperrt werden soll. Und die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger haben erstens ein Interesse daran, dass die IBA und die igs ein Erfolg werden, nicht nur für Hamburg, sondern auch für Wilhelmsburg, und zweitens, dass die Belastungen nicht größer werden.

Wenn Sie sich ein bisschen mit den Details beschäftigt hätten, dann wüssten Sie auch, dass dort viel, viel größere Dinge in Planung und auch schon beschlossen sind. Deswegen kommt Ihr Antrag auch leider zu spät. Die parallele Straße zur Reichsstraße ist die Georg-Wilhelm-Straße, dazu parallel verläuft die Schmidts Breite. Die Verlängerung der Schmidts Breite zum Pollhornbogen – wir haben doch einige Verkehrsexperten von der GAL, die sich vielleicht noch äußern wollen – ist eine

Forderung, die im Stadtteil gefühlte 100 Jahre alt ist, aber tatsächlich ist sie erst 15 Jahre alt.

Irgendwann gab es einmal eine Regierung mit FDP-Beteiligung, da hätten Sie sich dessen annehmen können. Das war eine Forderung nur der Wirtschaft vor Ort, und daran sind Sie schon einmal gescheitert. Das einzig Positive an dieser unterschiedlichen Gefechtslage zwischen den drei unterschiedlichen Interessengruppen ist, dass wir jetzt eine Lösung finden können, die für die IBAund die igs-Dauer funktioniert. Man versinkt dann nicht im Verkehr, aber gleichzeitig werden diese Ausstellungen ein Erfolg. Wenn wir es richtig gut machen – und das werden wir –, dann werden wir dort Lösungen finden, die auch über die IBA und igs hinaus einen Beitrag dazu leisten, dass es mit dem Verkehr besser funktioniert.

Schauen Sie sich genau die Ecke Pollhornbogen/ Schmidts Breite an, Herr Kluth, dann werden Sie mir recht geben müssen, dass dies wegweisende Projekte sind, die den Verkehr vor Ort tatsächlich verbessern. Das bleibt bei Ihnen völlig unerwähnt, weil es Ihnen nur auf billige Polemik ankommt.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Ganz im Ge- gensatz zu Ihnen!)

Meine Damen und Herren! Wir lehnen den FDP-Antrag ab – ich zitiere –:

"Der Senat wird aufgefordert, […] eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zu den unter Punkt 1. geforderten Planungen und den darin genannten Einzelmaßnahmen anzustellen. Dabei sind insbesondere die voraussichtlichen Mehrkosten, die den Betroffenen, insbesondere der Hafenwirtschaft sowie den Logistik- und Fuhrunternehmen, durch temporäre Verkehrsbeschränkungen anlässlich der igs entstehen […] und die durch diese Maßnahmen erwarteten Mehrerlöse der igs 2013 gegenüberzustellen."

Für einen wissenschaftlichen Diskurs mag dies interessant sein, für praktische Politik ist es ungeeignet, und es ist viel zu spät, liebe FDP.

Wir lehnen den Antrag ab. Wir beantragen, dass uns der Senat im Mai informiert, was bei diesen Beteiligungsprozessen herauskommt. Ich werde nicht so tun, als würde ich die Stimmen in Wilhelmsburg von der Wirtschaft und der igs nicht aufnehmen und einfach blind irgendeiner Partei folgen. Wir werden die Gespräche weiterhin suchen. Wir werden dafür vor Ort gelobt ohne Ende.

(Heiterkeit bei der FDP – Christiane Schnei- der DIE LINKE: Ich höre die Gesänge bis hierher!)

Machen Sie sich lustig darüber, wenn man auf Bürger zugeht und mit ihnen spricht. Das ist offensichtlich Ihr Defizit in dieser Frage.

Wir werden dafür gelobt, dass wir überhaupt das Gespräch suchen, obwohl so viele unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Das ist keine einfache Situation. Und authentische Politik besteht auch darin zu sagen, dass man mit allen drei Beteiligten einen Kompromiss sucht. Das ist uns jetzt schon bei der Moderation gelungen, und es wird uns vom Ziel her erst recht gelingen.

Sie wollen es heute schon besser wissen, nämlich dass der Stau in Hamburg überall bestünde und dann käme noch die igs hinzu.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Der Senat hat nichts vorgelegt!)

Wollen Sie, dass das Projekt IBA/igs ein Erfolg für Hamburg wird? Ja oder nein? Wir schaufeln Millionen Euro von öffentlichen Geldern in dieses Projekt. Wir wollen, dass es über die Stadt hinaus auch einen Beitrag für das Standing der Stadt leistet. Und Sie kommen jetzt mit Ihren nicht einmal halb informierten Anträgen vor Ort, um uns ins Bockshorn zu jagen und einen wissenschaftlichen Diskurs über Nutzen und Kosten zu führen. Das ist vollkommen an der Realität vorbei.

Ich freue mich auf den Beitrag der CDU-Fraktion und hoffe, Sie nehmen davon Abstand, die Wilhelmsburger Reichsstraße ganz zu sperren, denn dann werden Sie die FDP wirklich voll auf Zinne bringen. Ich hoffe, dass wir in dieser Frage ein bisschen weg von der Polemik kommen und zu praktischen Lösungen vor Ort. Es ist dort schwer genug, alles unter einen Hut zu bringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Hakverdi. – Das Wort hat Herr Hesse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hakverdi, ich habe selten hier vorn so viel Unsinn gehört wie den, den Sie verbreitet haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Sie tatsächlich so überzeugt sind, dass die SPD vor Ort alles richtig macht, dass der FDP-Antrag so schlecht ist, warum lehnen Sie dann den FDP-Antrag nicht einfach ab und sagen: Klappe zu, Affe tot, das war's. Aber das tun Sie nicht. Stattdessen schreiben Sie den FDP-Antrag ab und bringen einen nahezu wortgleichen Antrag ins Parlament ein und misstrauen mit diesem Antrag Ihrem eigenen Senat, indem Sie vom Senat fordern, er möge doch bitte alles offenlegen, was gerade gemacht wird. Das ist alles andere als schlüssig, das ist purer Unsinn, was wir eben von Ihnen gehört haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

(Metin Hakverdi)

Wir reden hier auch nicht über einen Scherbenhaufen,

(Metin Hakverdi SPD: Die Reichsstraße ist nicht verlegt!)

lieber Kollege Hakverdi, wie Sie das eben dargestellt haben, sondern über zwei tolle Projekte. Wir reden über die IBA und über die igs, zwei Projekte, die von der CDU in den vergangenen Jahren maßgeblich vorangebracht worden sind, weil wir überzeugt sind, dass es Projekte mit Strahlkraft für unsere Stadt sind, weil es Projekte sind, die den Stadtteil Wilhelmsburg im Jahr 2013 kräftig aufwerten werden, weil es Projekte sind, die zu unserer Stadt passen. Deswegen stand die CDU-Fraktion hinter diesen Projekten, deswegen steht die CDUFraktion auch jetzt hinter den Projekten, und die CDU-Fraktion wird auch in Zukunft hinter diesen Projekten stehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir stehen auch zur Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße.

(Metin Hakverdi SPD: Wann?)

Es war gerade die Koalition zwischen CDU/CSU und FDP in Berlin, die für finanzielle Unterfütterung gesorgt hat. Nächstes Jahr ist Baubeginn für die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße. Wir sind weiterhin überzeugt – ich denke, das eint uns auch mit den Kollegen von den Grünen –, dass der Beteiligungsprozess, den wir in Bewegung gesetzt haben, die Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zur Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße, vollkommen richtig war. Bis zum Regierungswechsel hat es diesen Beteiligungsprozess gegeben.

(Metin Hakverdi SPD: Ha!)

Bis zum Regierungswechsel haben wir mit den Menschen vor Ort gesprochen,

(Metin Hakverdi SPD: Ach, die sagen aber was anderes!)

weil wir sowohl zu den beiden Großprojekten stehen wie auch zur Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße. Jetzt Legendenbildungen zu betreiben, lieber Kollege Hakverdi, ist total daneben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Kluth, ich habe mich trotzdem gewundert, warum die FDP-Fraktion einen Antrag zu diesen Punkten gestellt hat. Nach Ansicht der CDU-Fraktion hätten Sie die von Ihnen aufgeworfenen Fragen auch in einer Großen Anfrage stellen können. Für uns ist das, was die zuständige Fachbehörde macht, eine Selbstverständlichkeit. Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, erwarten wir eigentlich. Das wäre die Fortsetzung dessen, was Schwarz-Grün in der vorigen Legislaturperiode gemacht hat. Das sind für uns Selbstverständlichkeiten. Es gibt keinen Zweifel bei uns, so wie er bei Ihnen eben deut

lich wurde und auch im Antrag der SPD-Fraktion, dass die Fachbehörde auf dem richtigen Weg ist. Ich frage in dieser Debatte vielmehr, warum die SPD-Fraktion ihrem eigenen Senat nicht traut. Gutes Regieren heißt doch – und das sagt auch der Bürgermeister immer wieder gern –, den Bürger vor Ort einzubinden, das Parlament zu informieren.