Protokoll der Sitzung vom 29.02.2012

Mit einer Flexibilisierung der Kinderbetreuung und dem von uns geforderten Ausbau von 24-StundenKitas würde der Senat die Wartelisten verkürzen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheidend verbessern. Hier kann, hier muss Politik in Hamburg handeln.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dass sich der Hamburger Senat mit Frauen in der Verantwortungs- und Führungsposition schwertut, hat vor Kurzem eine Schriftliche Kleine Anfrage meiner Kollegin Katja Suding ergeben. Wie sieht es in der Hamburger Verwaltung mit Frauen in Führungspositionen aus? Der Frauenanteil unter den Referatsleitern beträgt zurzeit 39 Prozent, bei den Abteilungsleitern 30 Prozent und bei den Amtsleitungen nur noch 25 Prozent. Unter den Landesbetrieben sieht es bei einigen besonders schlecht aus: in der

Hamburgischen Münze etwa mit einem Anteil von 0 Prozent in Führungspositionen, bei HAMBURG WASSER mit 16 Prozent, bei Bäderland mit 14 Prozent oder bei der Hochbahn mit 21 Prozent. Auch die Hochschulen haben erheblichen Nachholbedarf. Lediglich 20 Prozent beträgt hier der Anteil weiblicher Führungskräfte.

Vor diesem Hintergrund mutet es schon absurd an, wenn Justizsenatorin Schiedek per Bundesratsinitiative eine Frauenquote unter DAX-Vorständen erzwingen will. Frau Schiedek und die anderen Senatsmitglieder sollten lieber ihre eigenen Hausaufgaben machen und sich zunächst einmal um eine erfolgreiche Frauenförderung im Hamburger Verantwortungsbereich kümmern, bevor sie neue bürokratische Gesetzgebungsverfahren anstoßen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich möchte zunächst positiv bemerken, dass zu einer frauenpolitischen Debatte drei männliche Abgeordnete geredet haben. Ich finde das gut, denn es ist ein Thema des gesamten Parlaments. Wir haben uns in der alten Wahlperiode immer mit denselben vier Kolleginnen hier getroffen, und das war manchmal, auch wenn wir uns weitgehend einig waren, ein bisschen ermüdend.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ihr scheint ja kei- nen Mann dafür zu haben!)

Herr Kluth, zum Gleichstellungsbericht möchte ich noch kurz erwähnen, dass ich auch finde, dass er auf Hamburg heruntergebrochen werden muss. Ich möchte aber durchaus erwähnen, wie es in der Frauenszene angekommen ist, dass dieser Gleichstellungsbericht von der zuständigen Bundesministerin nicht einmal persönlich entgegengenommen wurde. Das hat schon zu großem Missfallen geführt und ist als Nichtachtung der Interessen, die im Gleichstellungsbericht berechtigterweise vorgebracht sind, aufgefasst worden.

Da es in dieser Debatte heute schwerpunktmäßig um gute Arbeitsplätze für Frauen geht, lassen Sie mich zwei konkrete Beispiele aus Hamburg nennen, bei denen es darum geht, dass Frauen, die Arbeit haben, weiterhin gute Arbeit haben sollen. Das sind einmal die Beschäftigten von PFLEGEN & WOHNEN, denen ich an dieser Stelle solidarische Grüße senden möchte.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Die Arbeit in der Pflege ist ein bewundernswerter und wichtiger Einsatz für die Menschheit, und sie

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

ist verdammt schlecht bezahlt. Dass sie, die überwiegend weiblich sind, für gute und tarifliche Arbeitsbedingungen derzeit streiken, verdient Respekt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin längst nicht die einzige in der Bürgerschaft, auch in anderen Fraktionen gibt es viele, die die Betreiber der ehemaligen städtischen Pflegeheime auffordern, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und einen Tarifvertrag, der bereits im vergangenen Jahr ausgehandelt wurde, zu unterschreiben. Die Tarifverhandlungen, Herr Schwieger, werden, soweit ich weiß, übrigens seitens ver.di von einer Frau geführt.

Gleichsam möchte ich noch die Dresserinnen von Stage Entertainment erwähnen. Hamburg freut sich an den Musicals, die unter anderem im Operettenhaus aufgeführt werden. Die Leistungen, die hinter diesen tollen Aufführungen stecken, verdienen es aber auch, gut bezahlt zu werden. Deswegen stößt es auf unsere scharfe Kritik, dass nunmehr diejenigen, die die Kostüme schneidern und ausbessern, ausgelagert und schlechter bezahlt werden sollen. Hamburg braucht seine Musicals, und die Musicals brauchen gute Arbeit.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Abschließend möchte ich mich sehr für die Aufmerksamkeit bedanken. Machen Sie etwas Schönes am 8. März, gehen Sie demonstrieren, kaufen und verschenken Sie Rosen und Nelken, gehen Sie abends zu Veranstaltungen des Hamburger Frauenbündnisses.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei der GAL und bei Dorothee Martin und Dr. Isabel- la Vértes-Schütter, beide SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zum zweiten Thema vor.

Dann rufe ich das dritte Thema auf, angemeldet von der SPD-Fraktion:

SPD: Vernünftiger Weg, gründliche Planung: Ganztägige Bildung und Betreuung an Grundschulen

Wir haben noch 18 Minuten Redezeit in der Aktuellen Stunde. – Herr Holster, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Weiterentwicklung von ganztägiger Bildung geht voran. Endlich gibt es über 10 000 neue Betreuungsplätze für die Schülerinnen und Schüler unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Am 13. April 2011 haben wir schon einmal eine lebhafte Debatte über das Thema ganztägige Bildung geführt, und heute, zehn Monate später, zeigt sich konkret, was gutes Regieren bedeutet.

Erstens: Nicht nur die Kinder, deren Eltern berufstätig sind, sondern alle Grundschulkinder können das neue Angebot wahrnehmen.

Zweiten: Die Betreuung in der Kernzeit von 13 bis 16 Uhr ist von der ersten bis zur achten Klasse kostenlos.

(Beifall bei der SPD)

Drittens: Die Verhandlungen mit den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe konnten mit einem neuen Landesrahmenvertrag erfolgreich abgeschlossen werden.

Viertens: Zusätzlich wird ein pädagogisches Budget eingeführt, und wir setzen darauf, dass außerschulische Partner intensiv kooperieren können.

Fünftens: Jeder Schulstandort erhält zusätzlich ein Jahresbudget von 25 000 Euro. Bisher war es nicht möglich, dass Lehrer und Erzieher sich intensiv absprechen und ein gemeinsames, auf das Kind abgestimmtes Bildungskonzept entwickeln konnten. Hierfür gibt es jetzt zusätzliche Ressourcen.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiteres wichtiges Signal an die Eltern unserer Stadt ist, dass niemand mehr zahlt als in der bisherigen Hortbetreuung, weder für die Randzeiten von 6 bis 8 Uhr und von 16 bis 18 Uhr noch für die Ferienbetreuung.

Wichtige und verbesserte Rahmenbedingungen sind gesetzt. Es gibt jedoch noch viel Arbeit und auch kritische Punkte bei der Umsetzung der GBS. Ich möchte einige offen ansprechen.

Raum- und Bausituation: Hier fehlt ein Raum, dort ist noch eine Baustelle, häufig ist die Kantinenfrage noch nicht gelöst, und wir führen wahrscheinlich weiterhin, Frau von Berg, eine heftige Diskussion über Aufwärm- oder Produktionsküchen.

Außerdem müssen wir darüber diskutieren, ob sich in dieser Kooperation zwei gleichberechtigte Partner gegenüberstehen und wer das Sagen hat. Es darf nicht passieren, dass der Hortträger ein Angebot macht und die Schule schaut, ob ihr dieses Angebot passt. Das Ganze muss auf gleicher Augenhöhe zwischen Schule und Träger passieren.

Damit komme ich zu meinem dritten Kritikpunkt. Es müssen neue Konzepte entwickelt werden, und die Schulen müssen sich auf veränderte Rahmenbedingungen einlassen. Ich höre schon jetzt viele Lehrer sagen, auch zu Recht: Wieder ein Konzept entwickeln, wieder etwas Neues, wann können wir uns endlich auf unseren Unterricht konzentrieren? Das ist richtig, aber wir haben mit diesem Modell,

(Kersten Artus)

das von Schwarz-Grün angeschoben worden ist, die große Chance, flächendeckend ganztägige Bildung von der Grundschule bis zum Abitur einzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Bereits in meiner Rede vom 13. April habe ich gesagt, dass Beschleunigung nicht der richtige Weg ist. Alle Beteiligten wurden in den letzten Monaten intensiv in die Weiterentwicklung der ganztätigen Bildung einbezogen.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Zurückrudern und Nachgeben, sondern die Grundlage für vernünftiges Handeln und eine gründliche Planung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Scheuerl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gefreut, als ich dieses Thema auf der Tagesordnung gesehen habe, vor allem aber darüber, dass es ausgerechnet die SPD unter der Überschrift "Vernünftiger Weg, gründliche Planung" anmeldet.

Zur gründlichen Planung kurz drei Punkte. Interessant ist zunächst das Regierungsprogramm der SPD von 2011. Dort hieß es noch, dass es in der Übergangsphase zur ganztägigen Betreuung nicht zum Abbau von Qualität und Versorgung kommen darf. Was wir im Moment erleben, ist aber genau das. Die Eltern, deren Kinder sich im Moment in einer guten, professionellen Nachmittagsbetreuung in den Kitas und Horten befinden, erfahren bei den Angeboten in den GBS-Schulen erhebliche Nachteile, vom Fehlen vernünftiger Kantinen und Räume bis hin zu größeren Betreuungsgruppen. Hier liegt also bisher eine Verletzung des Regierungsprogramms der SPD vor.

Was Interessenten im Februar bekommen haben, ist eine teure Hochglanzbroschüre, die eilends vor einer Pressekonferenz von Senator Rabe zusammengestrickt wurde, als er sein Konzept vorgestellt hat. Was steht in dieser schicken Hochglanzbroschüre, die eine gründliche Planung natürlich nicht ersetzt? Wir lesen dort, dass die Evaluation der Umsetzung des GBS-Programms keine vernünftige Rücklaufquote hatte. Die Eltern haben sich kaum beteiligt, die Schüler trotz Aufforderung der Lehrer – es gab sechsseitige Fragebögen mit kleinen Smilies zum Ankreuzen – nur zu 27 Prozent. Deutlich wurde trotzdem, dass bei allen, die sich beteiligt haben, ein Thema ganz oben stand, weil es nicht vernünftig geplant worden ist, nämlich die Kantinenverpflegung. Mehr als die Hälfte der Kinder hat angegeben, nicht einmal satt zu werden, und das in den Kantinen der GBS-Schulen, die von

vorne und hinten gepampert wurden, um als Modellschulen herzuhalten.