Ich will einmal in Erinnerung rufen, dass wir erst vor knapp vier Monaten einen Interfraktionellen Antrag zum Volksabstimmungsgesetz beschlossen haben. In diesem Interfraktionellen Antrag haben wir unter anderem Folgendes gefordert – ich zitiere –:
"[…] im Rahmen möglicher Anpassungsbedarfe auch zu prüfen, ob zur Frage der Zulässigkeit eines Volksbegehrens – im Interesse einer frühzeitigen und größtmöglichen Rechtssicherheit für die am Volksabstimmungsverfahren Beteiligten – […] eine Regelung vorgesehen werden sollte, nach der der Senat bei erheblichen Zweifeln an der Zulässigkeit eines Volksbegehrens das Hamburgische Verfassungsgericht anzurufen hat."
Einvernehmlich haben wir uns darauf verständigt. Wir haben das Problem also schon erkannt und wollen das für die Zukunft auch lösen. Aber auch in diesem Fall, das ist meine feste Überzeugung, brauchen wir eine Lösung.
Wir sind bereits weiter im Verfahren, nach dem Begehren und vor dem Entscheid. Aber an der Sachlage hat sich überhaupt nichts geändert. Hier hilft uns unsere Verfassung. Die Hamburgische Verfassung erlaubt auch die Überprüfung vor dem Verfassungsgericht nach dem erfolgreichen Begehren, sogar nach einem erfolgreichen Volksentscheid. Artikel 50 Absatz 1 Satz 2 unserer Hamburger Verfassung bestimmt, dass Haushaltspläne nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein dürfen.
Dabei bedeutet die Aufnahme des Begriffs "Haushaltspläne" in den Ausschlusskatalog des Artikels 50 Absatz 1 Satz 2 Hamburgische Verfassung nicht, dass jegliche Kostenwirksamkeit von Volksinitiativen diese unzulässig macht, da andernfalls nur wenig Raum für die Volksgesetzgebung bliebe. Die Bürgerschaft hat die haushaltsrechtliche Gesamtschau. Uns obliegt die Beschlussfassung über
den Gesamthaushalt. Eine wesentliche Beeinträchtigung des Haushaltsrechts der Bürgerschaft soll mit dem Ausschlusskatalog des Artikels 50 Absatz 1 Satz 2 verhindert werden.
Bereits 2005 hat das Hamburgische Verfassungsgericht bei der Volksinitiative "VolXUNI" das Finanztabu klar formuliert. Wann greift eine Volksinitiative in das Haushaltsrecht ein? Ich sage es noch einmal klar: Nicht bereits dann, wenn nur Kosten ausgelöst werden, das liegt in der Natur der Sache, sonst wäre die Volksgesetzgebung fast obsolet. Aber damals ging es um 850 Millionen Euro, knapp 10 Prozent des Gesamthaushalts. Und schon da wurde klar vom Verfassungsgericht gesagt, dass eine solche Bindung verfassungswidrig und somit unwirksam sei.
Meine Damen und Herren! Auch ein Fünftel der Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft kann diese Überprüfung vor dem Verfassungsgericht beantragen. Warum haben wir nun diesen Antrag gestellt, den Senat aufzufordern, das Gericht anzurufen? Wir brauchen ein starkes Signal, und ein starkes Signal würde ausgehen, wenn eine Mehrheit in der Bürgerschaft den Senat auffordert, tätig zu werden. Es darf keine politische Opportunitätsentscheidung sein, es darf nicht den Hintergrund haben, dass es uns inhaltlich nicht in den Kram passt und wir deswegen das Gericht anrufen, sondern dieses muss getragen sein von unseren großen Sorgen und Bedenken hinsichtlich rechtlicher und finanzieller Auswirkungen für Hamburgs Haushalt.
Im Übrigen erwarten wir endlich auch einmal Aussagen der anderen Fraktionen zu den ungeklärten Rechtsfragen hinsichtlich des Finanztabus von Volksinitiativen. Die Überweisung an den Verfassungsausschuss ist bereits ein gutes Signal, das uns gegeben wurde. Es deutet offensichtlich darauf hin, dass es auch Zweifel in den Reihen der SPD-Fraktion gibt. Ich glaube, Regieren bedeutet, politische Verantwortung wahrzunehmen.
Der Senat darf sich nicht länger davor drücken, seine Verantwortung wahrzunehmen, nur um die Betreiber des Vorhabens nicht zu verärgern. Und deshalb erwartet die CDU-Fraktion heute endlich eine Aussage der Regierung zu diesem für die Stadt so enorm wichtigen Thema. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen schwierig nach dem Krimi, den wir eben erlebt haben, wieder zur normalen Tagesordnung zurückzukehren, aber wir machen es natürlich trotzdem. Wenn uns der heutige Tag eines lehrt, dann das, dass man nicht leichtfertig zum Verfassungsgericht gehen sollte. Deswegen muss auch diese Frage sehr wohl erwogen werden. Wir werden den Antrag überweisen, das ist auch schon vorher signalisiert worden. Ich möchte kurz einige Dinge inhaltlich dazu sagen.
Die Verfassung spricht die Klagemöglichkeiten bei Volksbegehren und Volksentscheiden an, verweist aber auf das Volksabstimmungsgesetz. Hierin stehen die näheren Bestimmungen, auch zur Frage von Fristen, zum Beispiel, wann man Klagen einreichen muss und was konkreter Klagegegenstand ist. So ist das immer bei solchen Fragestellungen. Dieses Gesetz sieht eben eine Klage nach der Volksinitiative vor. Der Kollege Wersich hat in der Drucksache 20/1000 auch den Senat noch einmal gefragt, wie es eigentlich damals gewesen sei nach dem noch bestehenden Gesetz. Es war so, dass am 20. Januar 2011 die Klagefrist abgelaufen ist nach Paragraf 26 des Volksabstimmungsgesetzes. Wenn man nun überlegt, wer am 20. Januar 2011 im Amt war, dann war es die CDU, und zwar allein, weil die GAL-Senatoren zu dem Zeitpunkt entlassen waren. Kollege Ahlhaus wird das noch erinnern,
in dieser Zeit war CDU pur das Motto. Und CDU pur hätte eigentlich bedeutet, dass man, völlig befreit von dem Ballast der GAL, bei dem Thema hätte sagen können, nun gehen wir zum Verfassungsgericht. Das wäre logisch gewesen, es ist nur seltsam, dass Sie es nicht gemacht haben.
Sie haben es nicht gemacht, als die gesetzlichen Möglichkeiten nach dem Volksabstimmungsgesetz noch bestanden haben, aus welchen Gründen auch immer. Herr Scheuerl, ich weiß nicht, ob Sie zu der Zeit schon nähere Kontakte zur CDU hatten, das können Sie vielleicht in Ihrem Beitrag noch ausführen. Aber aus irgendwelchen Gründen hat die CDU es damals nicht gemacht, als die gesetzlichen Möglichkeiten dafür bestanden haben; das ist das Problem.
Wir wollen uns an das Gesetz halten, wann Klagemöglichkeiten bestehen. Und wenn man meint, man hätte Klagemöglichkeiten, auch wenn man eigentlich keine hat – das haben wir bei Herrn Kerstan in diesen Tagen erlebt –, dann fliegt man sehr schnell beim Sievekingplatz aus der Kurve. Deswegen unser Hinweis, dass wir Zulässigkeitsbe
Dann kommen wir zu der Frage der Begründetheit, nämlich ob es in der Sache Aussicht auf Erfolg hat. In der Tat steht es – das ist in der Drucksache 20/1000 auch ausgeführt – bei den Behördenstellungnahmen 2:1. Die Finanzbehörde und die Senatskanzlei haben auch in der Zeit von CDU pur gesagt, dass es wohl verfassungsrechtlich bedenklich sei. Die BSU, auch in Zeiten von CDU pur, hat gesagt, dass man das wohl verfassungskonform erreichen könne. Das ist der Befund, und insofern ist es weder in die eine noch in die andere Richtung einfach.
Ich möchte einen Punkt ansprechen, den Herr Trepoll in seinen Ausführungen und seiner Pressemitteilung erwähnt hat. Sie verweisen immer auf dieses VolXUNI-Urteil von 2005. Das Problem ist aber, dass damals die Verfassung noch eine andere war.
Zu dem Zeitpunkt – Kollege Müller kann sich gut erinnern – stand noch drin, dass Haushaltsangelegenheiten nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein dürften. Dann gab es einen Kompromiss, bei dem alle mitgemacht haben. Es gab ein Einvernehmen in der Bürgerschaft, dass dort nicht mehr "Haushaltsangelegenheiten" stehen solle, sondern "Beschlüsse über den Haushalt". Insofern kann man hier die Maßstäbe, die 2005 galten, nicht einfach anlegen. Man kann nicht einfach behaupten, damals wurde gesagt, das sei verfassungswidrig, und das gilt dann für die Netz-Initiative 1:1. Das ist nicht so einfach. Deshalb können wir jetzt keinen Blankoscheck in die eine oder andere Richtung ausstellen, sondern das muss man im Ausschuss erörtern. Dies ist verfassungsrechtlich auf der Kippe, das sehe ich auch so, aber wir sollten trotzdem sauber bleiben bei der Frage, nach welchen Maßstäben man klagt, wann man klagt und wie man klagt.
Wir wollen eigentlich eher eine politische Diskussion darüber führen. Deswegen wollen wir bezüglich des Volksentscheids und der Netzverträge ein Rückabwicklungsrecht haben, wenn der Volksentscheid nicht so ausgeht, wie die SPD sich das vorstellt. Das heißt, wir wollen eher politisch diskutieren. Wenn Sie unbedingt klagen wollen und meinen, Sie hätten Gründe genug, das zu tun – wir haben eben dieses Gesetz im Ältestenrat auch die ganze Zeit über bemüht, Paragraf 26 Absatz 1, also ein Fünftel der Bürgerschaft, dies wäre dann die CDU –, dann sage ich: Seien Sie mutig, Herr Kerstan ist auch mutig gewesen am Montag. Er ist einfach vor Gericht gegangen. Tun Sie das, klagen Sie, die Möglichkeit haben Sie vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Sie können es auf einen Versuch ankommen lassen, aber so leichtfertig gehen wir
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion möchte, dass die Hamburgische Bürgerschaft den Senat auffordert, gegen die Volksinitiative für den Netzrückkauf der Energienetze beim Hamburger Verfassungsgericht Klage einzureichen. Wir Grüne haben grundsätzlich nichts dagegen, so etwas feststellen zu lassen. Wir haben uns gewundert, dass die Kollegen von der CDU das nicht getan haben, als Sie es gekonnt hätten, das wurde eben schon erwähnt.
Wir wundern uns auch, dass Sie jetzt nicht den Mut haben zu sagen, dass Sie es vor einem Jahr wegen des Wahlkampfes oder was auch immer aus dem Auge verloren hatten und es nun nicht mehr tun. Ich finde es nicht richtig, jetzt jemand anderen zu beauftragen, das zu tun, was man sich selbst aus irgendwelchen Gründen nicht traut. Wenn 20 Prozent der Abgeordneten die Möglichkeit haben, das zu tun, dann sollten sie es tun. Man kann immer sagen, dass man eine breitere Mehrheit möchte. Aber das Argument der breiteren Mehrheit verhindert politische Opportunität nicht richtig, auch eine Mehrheit kann politisch einseitig agieren.
Das liegt an sich im Wesen einer Demokratie. Wenn es verfassungsrechtliche Bedenken gibt, dann sind auch wir Abgeordnete aufgerufen, diese feststellen zu lassen, egal, wie das politisch dann aussehen mag. Deswegen arbeiten wir jetzt alle an einem Volksabstimmungsgesetz, dass zumindest der Senat dies in Zukunft in jedem Fall tun muss, wenn es solche Bedenken gibt, dann aber nicht in der Weise, dass wir Abgeordnete sagen können, wir überlegen uns das noch einmal. Genau das soll in Zukunft anders sein, jetzt ist es aber noch nicht so.
Vor diesem Hintergrund neigen wir sogar dazu, diesen Antrag ganz abzulehnen. Nun soll er überwiesen werden, dem wollen wir nicht zustimmen, weil wir glauben, dass in der Sache nichts mehr zu machen ist. Wie ein Verfassungsgericht das entscheidet, wissen wir nicht, das ist offen. Dazu gab es bereits in der 19. Wahlperiode eine Anhörung im Verfassungsausschuss. Also hat sich das Parlament nicht das erste Mal mit dieser Frage beschäftigt.
Ja, da gab es auch Leute, die Bedenken hatten. Aber es gab auch Experten, die das anders gesehen haben.
Es ist wegen des Haushalts ein durchaus wichtiges Thema auch für dieses Parlament. Herr Professor Bull hat dazu zum Beispiel ausgeführt, dass genau mit dieser Verfassungsänderung 2005…
Es handelte sich darum, dass vorher die Haushaltsangelegenheiten eine weitere Fassung hatten und das Stichwort Haushaltsplan eine bewusste Einengung war, damit andere Vorlagen nicht deswegen vor dem Verfassungsgericht scheitern, weil sie Haushaltswirkungen haben. Das heißt, das damalige Urteil zu den Studiengebühren ist überhaupt nicht heranzuziehen, sondern man muss davon ausgehen, dass die Verfassungsrichter sagen, der Gesetzgeber wollte bewusst mehr Volksentscheide mit Haushaltswirkung zulassen. Wie weit im konkreten Fall hier die Haushaltswirkung zu stark ist, können wir jetzt nicht abschließend beurteilen. Das müsste tatsächlich ein Verfassungsgericht noch einmal neu bewerten.
Aber der Argumentation, mit Bezug auf das Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts bezüglich der Studiengebühren, wo es um eine Haushaltswirkung von 850 Millionen Euro ging, zu sagen, diese 2 Milliarden Euro für den Netzrückkauf seien dann erst recht verfassungswidrig, kann man nicht folgen.
Wie auch immer ein Gericht nun entscheiden würde, Sie wollen es offenbar nicht mehr ausprobieren. Im Ausschuss wird es nicht weiter dazu kommen, die Sache zu klären. Da kann der Antrag nun herumliegen, auch wenn ich nicht besonders glücklich darüber bin. Wir können gern noch weiter darüber reden, aber er wird aus meiner Sicht keine Wirkung entfalten, außer die CDU hätte den Mut, das beim Verfassungsgericht klären zu lassen. Diesen Mut wünschen wir Ihnen.