Hat sie uns vorhersehen lassen, welchen ruinösen Preiskampf die beiden größten Reedereien der Welt, auch zulasten Hapag-Lloyds, begonnen haben? Hat sie verhindert, dass der heutige Anteilswert mit 80 Prozent bewertet wird? Nein, das hat sie nicht.
Die Vereinbarung mit der TUI und innerhalb des Albert-Ballin-Konsortiums sieht Szenarien vor, die das finanzielle Risiko der Stadt einschränken und einen Ausstieg aus der Beteiligung unter Wahrung der Ziele des Engagements vorgeben. Wir halten daher eine befristete Aufstockung des Hamburger Anteils an der viertgrößten Reederei der Welt für vertretbar im Sinne einer guten und nachhaltigen Standortpolitik.
Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat sich von vornherein für intensive Beratungsmöglichkeiten eingesetzt, wenn auch in einem den Rahmenbedingungen geschuldeten, überschaubaren Zeitraum. Wir haben allein drei Sitzungen des Haushalts- und Wirtschaftsausschusses mit über 17 Stunden durchgeführt, Experten und den Senat befragt und die Drucksache intensiv beraten. Wir debattieren heute zum zweiten Mal im Plenum, und wir hatten die Möglichkeit, Vertragsunterlagen einzusehen. Heute werden wir den Senat auffordern, uns regelmäßig zu berichten, um das Verfahren weiter zu begleiten.
Nun nimmt das Verfahren aber erstaunliche Züge an. Während der GAL-Abgeordnete Jens Kerstan sich in seinen Rechten als Parlamentarier beschnitten fühlt
und erfolglos versucht hat, eine einstweilige Verfügung gegen die heutige Abstimmung beim Verfassungsgericht zu erwirken, will die CDU-Fraktion ganz darauf verzichten, ihre parlamentarischen
Rechte wahrzunehmen, und will nicht über die Vorlage des Senats abstimmen, sondern diese nur zur Kenntnis nehmen.
Ich halte die Begründung des Kollegen Kerstan zwar nicht für schlüssig, aber mir ist ein Abgeordneter lieber, der für seine Rechte kämpft, als eine Fraktion, die sich vor einer für Hamburg und den Hafen wichtigen Entscheidung drückt, weil sie intern total über diese Frage zerstritten ist.
Es ist keine Frage, der Erwerb weiterer Anteile an Hapag-Lloyd birgt Risiken in sich, aber auch der Nicht-Erwerb und Stillhalten ist mit erheblichen Risiken für Hamburg und die Metropolregion verbunden. Der weitere Anteilserwerb bietet aber auch Chancen für Hamburg und die Region.
Wir haben immer gesagt, dass das städtische Engagement bei Hapag-Lloyd nur ein zeitlich beschränktes ist. Dies wollen wir mit unserem Antrag unterstreichen. Eine Rückführung des staatlichen Engagements darf im Interesse der Stadt nur zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen erfolgen. Bis zum Ausstieg wollen wir uns regelmäßig berichten lassen.
Meine Damen und Herren! Wir werben um Ihre Zustimmung zum Senatsantrag. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, denn Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt haben einen Anspruch darauf, dass die Entscheidung über eine weitere Beteiligung an Hapag-Lloyd mit größtmöglicher Sorgfalt getroffen wird. Zur Klarstellung: Die Beteiligung der öffentlichen Hand unserer Stadt an privaten Unternehmen ist nicht der Regelfall, es ist die Ausnahme. Es müssen schon überragende Gründe vorliegen, die einen Einstieg oder, wie im vorliegenden Fall, eine Aufstockung einer staatlichen Beteiligung rechtfertigen. Ein Senat, der einen solchen Schritt gehen will, hat überzeugende Gründe für sein Handeln darzulegen und, das will ich gleich zu Anfang betonen, zu belegen. Dabei kommt es auf Transparenz an, auf Nachprüfbarkeit, aber eben auch auf die klare Übernahme von politischer Verantwortung.
Sie haben recht, Herr Quast, wir als größte Oppositionspartei in dieser Stadt haben uns dieser Verantwortung zu stellen und nach bestem Wissen und Gewissen zu prüfen,
ob unsere Zustimmung erforderlich und vertretbar ist. Dieser Verantwortung haben wir uns in den vergangenen Wochen gestellt, obwohl das Verfahren, auf das sich der Senat nach eigenem Bekunden auf massives Drängen der TUI eingelassen hat, eine vernünftige parlamentarische Befassung kaum ermöglicht hat.
Dennoch haben wir in den vergangenen Wochen versucht, die haushaltspolitisch relevanten Fragen, aber vor allem die standortpolitischen Fragen des vorgeschlagenen Deals für die Stadt, für den Hafen und für Hapag-Lloyd aufgrund der zur Verfügung gestellten Unterlagen zu bewerten. Letztlich ist und war nämlich die Beteiligung Hamburgs an Hapag-Lloyd auch nur zu rechtfertigen, wenn ein Unterlassen der Beteiligung eine Verlagerung Hapag-Lloyds aus Hamburg oder einen signifikanten Rückgang des Frachtvolumens für den Hamburger Hafen bedeuten würde.
Für diesen Fall haben wir in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass wir gemeinsam mit verantwortungsbewussten Hamburger Investoren das Notwendige tun, wenn es getan werden muss.
Aber was haben wir denn zu den standortpolitischen Fragen gehört in den letzten Wochen? Der Senat stützt in seiner ohnehin kargen Drucksache, mit heißer Nadel gestrickt, seine Begründung auf ein Gutachten, das in 2008 erstellt worden ist und die regionalwirtschaftlichen Konsequenzen eines vollständigen Verschwindens von Hapag-Lloyd aus der Stadt beleuchtet. Obwohl der Senat seit letztem Herbst weiß, dass die Frage des Andienungsrechts und die Verhandlungen darüber aktuell werden, hat er es nicht für nötig gehalten, neues, belastbares Material für die alternativen Szenarien, die hier zur Entscheidung stehen könnten, vorzulegen und erstellen zu lassen.
Dies zieht sich im Übrigen durch die ganzen Ausschussberatungen, und offensichtlich sind wir auf unterschiedlichen Veranstaltungen gewesen, Herr Quast. Immer da, wo es spannend wird, und immer da, wo es entscheidungsrelevant wird, haben Sie nichts vorlegen können, was belegbar und nachprüfbar gewesen wäre, sondern da hieß es immer, wir müssten Ihnen schon glauben, dass Sie das richtig eingeschätzt hätten.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war eine freiwillige Aktenvorlage! Sie haben sie nicht mal beantragt! – Gegenruf von Dietrich Wer- sich CDU: Vorsicht, Herr Dr. Dressel!)
und dann auch noch streng geheim – man konnte sich hierbei noch nicht einmal Notizen machen, lieber Herr Dressel – sind wir zu der Auffassung gelangt, dass eben anders als im Jahr 2008 eine akute Gefährdung der Verlagerung des Sitzes oder der wesentlichen Geschäftstätigkeit von Hapag-Lloyd nicht droht. Der Senat operiert hier mit hypothetischen Szenarien und kann Belege für eine akute oder konkrete Gefahr nicht vorlegen.
Vielmehr spielt der Senat bewusst herunter, dass die letzten Jahre der Beteiligung selbstverständlich genutzt wurden, um satzungsrechtliche Regelungen zu schaffen, die den Standort Hamburg für Hapag-Lloyd in der Breite sichern. Es gibt das 90-Prozent-Quorum. Es ist auch unbestritten, dass nach dem Auslaufen des Andienungsrechts das Albert-Ballin-Konsortium weiter eine Sperrminorität hat. Mehr noch, in den Gesellschaftervereinbarungen ist ausdrücklich mit der TUI vereinbart, dass Konsultationen stattzufinden haben, bevor die TUI ihre Anteile an einen Investor veräußert, und dass die Standortinteressen der Stadt Hamburg hierbei stets zu berücksichtigen sind.
Wenn aber die akute Gefahr einer Standortverlagerung nicht existiert und rein hypothetischer Natur ist, dann ist die Situation nicht vergleichbar mit 2008 und es ist unverantwortlich, an dieser Stelle Ängste zu schüren.
In diesem Zusammenhang ist Folgendes interessant: Den Wirtschaftssenator habe ich zu der Frage, wie denn die standortpolitischen Auswirkungen dieser Entscheidung zu bewerten sind, nicht ein einziges Mal gehört.
Ich habe im Übrigen nicht nur den Wirtschaftssenator nicht gehört, ich habe auch die übrigen in dieser Stadt wichtigen Beteiligten, die wir sonst immer bei wirtschaftspolitischen Fragen hören, nicht gehört, außer natürlich den Gewerkschaften aus
nachvollziehbaren Gründen. Insofern meinen wir, dass es dem Senat nicht gelungen ist, einen einzigen Zeugen oder Sachverständigen zu präsentieren, der die standortpolitischen Thesen, die dieser Drucksache zugrunde liegen, belegt hätte. Vielmehr war es so, dass der Senat Sachverständige aufgeboten hat – wenn man das überhaupt so nennen kann –, Sachverständige, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Entwicklung von Hapag-Lloyd haben.
Die Sachverständigen, die die Opposition hingegen aufgeboten hat, schätzen die Worst-Case-Einschätzungen des Senats im Falle einer Mehrheitsbeteiligung eines Konkurrenten weit weniger dramatisch ein und betonen vor allem, dass für das Frachtvolumen in Hamburg der Loco, die wirtschaftsgeografische Lage, die Qualität der Hafeninfrastruktur und die Hafenhinterlandanbindung von weit größerer Bedeutung sind als die Frage, wer Mehrheitseigner von Hapag-Lloyd ist. Diese These stützt im Übrigen auch der Steuerzahlerbund, der sich dazu in dieser Woche in einem Gutachten überzeugend geäußert hat.
Meine Damen und Herren! Die schnelle Umsetzung der Fahrrinnenanpassung, das ist etwas, worum sich der Senat kümmern sollte,