Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Nun hat Frau Dr. Schaal das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Trotz alledem bleibe ich dabei, dass die Beteiligung an den Netzgesellschaften die Energiewende und den Klimaschutz voranbringen soll. Es ist auch gelungen, denn die zusätzlichen Vereinbarungen mit den Energieversorgern gehen weit über das hinaus, was man mit einer alleinigen Sperrminorität an den Netzgesellschaften erreichen könnte. Die Minderheitenbeteiligung an den Netzen hat dabei die strategische Funktion, die Energieversorger zur Umsetzung der Energiewende zu verpflichten und gleichzeitig das wirtschaftliche Risiko der Stadt klein zu halten; dazu ist einiges gesagt worden. In der Debatte um die Beteiligung an den Energienetzen geht es also nicht allein darum, ob die Stadt 100 Prozent kauft oder sich nur mit 25,1 Prozent an den Netzgesellschaften beteiligt, sondern darum, ob, wie und auch wann die Energiewende in Hamburg vorankommt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Niemand von uns hat gesagt, dass wir mit den Verträgen, die wir heute in erster Lesung ratifizieren, die Umsetzung der Energiewende schon als abgeschlossen ansehen. Wir haben mit unserem Zusatzantrag Hinweise darauf gegeben, wie die Energiewende weiterentwickelt werden kann. Uns geht es dabei vor allen Dingen um den Dialog. Aber wir haben jetzt einen Anfang gemacht, der die Basis dafür bildet, die Energiewende dann auch wirklich umzusetzen.

Im Rahmen einer Vertragsarchitektur mit Gesellschaftsbeteiligungs- und Konsortialverträgen mit den Energieversorgern Vattenfall und E.ON haben sich die Gesellschafter verpflichtet, das Energiekonzept für Hamburg umzusetzen. Vattenfall und

(Senatorin Jutta Blankau)

E.ON haben das unterschrieben. Das ist nicht selbstverständlich, denn sie haben damit auch die Rahmenbedingungen für das Konzept anerkannt, nämlich den Ausstieg der Bundesrepublik aus der Atomenergie.

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Chicago sage ich nur!)

Herr Dressel hat es bereits gesagt: Das Drumherum, was dabei auch noch zu hören und zu lesen ist, gefällt nicht allen, auch mir nicht. Aber man muss wahrscheinlich akzeptieren, dass es hier weniger um Energiepolitik als ums Geld geht.

Für uns ist das Kernstück der heute vorliegenden Verträge die Neuausrichtung der Fernwärme. Herr Kluth, Sie sagen, die Energiewende könne nur gelingen, wenn man sich um die Produktion kümmert. Die Neuausrichtung der Fernwärme umfasst auch die Produktion von Fernwärme. Hier geht es nämlich nicht nur um die Netze, sondern um die Produktion von Wärme und Strom. Und hier wird auf beiden Gebieten auch Geld verdient.

(Robert Heinemann CDU: Ja, von Herrn Schröder!)

Die Art und Weise, wie die Fernwärme hier produziert wird, ist für uns wichtig, denn es wird vereinbart, dass für die Befeuerung der Fernwärme eine hocheffiziente Gas-Dampfturbinen-Anlage mit Speichertechnologie eingesetzt wird und nicht Kohle in Wedel oder gar in Moorburg.

Meine Damen und Herren! Die SPD hat schon vor fünf Jahren gesagt, dass wir in Hamburg als Ersatz für Wedel ein Gaskraftwerk wollen und kein überdimensionales Kohlekraftwerk. Ich erinnere mich daran – Herr Kerstan schwatzt gerade –, dass die GAL meines Erachtens auch einmal auf dieser Schiene war.

(Jan Quast SPD: Früher, da waren die auch noch grün!)

Das Basisgutachten für den Masterplan Klimaschutz, das die vorige grüne Chefin der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Auftrag gegeben hat, bezeichnet die Ablösung der Steinkohle in der Fernwärmeversorgung als einen – Zitat –:

"[…] der wichtigsten Beiträge zur Verringerung der CO2-Emissionen in Hamburg."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Hört, hört!)

Das Gutachten wurde im Oktober 2010 vorgelegt. Ich finde das auch heute noch richtig. Die GAL will davon offensichtlich nichts mehr wissen, Herr Kerstan. Ich habe den Eindruck, Sie wollen nicht nur Ihren Namen ändern, sondern sich auch von früheren Überzeugungen lossagen.

(Beifall bei der SPD)

In unserem Zusatzantrag haben wir deutlich gemacht, dass wir uns nicht damit zufrieden geben,

nur den Vertrag abzusegnen, sondern auch Butter bei die Fische wollen. Wir wollen, dass die neue Fernwärmeversorgung zügig umgesetzt wird und die Standortentscheidung bis Mitte des Jahres nachvollziehbar und transparent getroffen wird, damit der Bau der Anlagen im Jahr 2014 beginnen kann. Natürlich bevorzugen wir als Hamburgerinnen und Hamburger schon allein aus technischen Gründen den Standort Stellingen, weil dann die Leitungsverluste bei der Wärmebereitstellung minimiert werden könnten.

Positiv ist aber, dass insgesamt Konsens darin besteht, die Fernwärme nördlich der Elbe zu erzeugen. Damit ist die umstrittene Moorburg-Trasse vom Tisch und wird auch wirtschaftlich überflüssig. Das ist für uns ein sehr wichtiger Teil der politischen Dividende und den können sich die Aktivisten der Initiative "Moorburgtrasse stoppen" durchaus auf die Fahnen schreiben.

Meine Damen und Herren! Mit Power-to-GasTechnologie und Wasserstofferzeugung – bisher stand immer nur die Verwendung im Vordergrund – werden neben Wärmespeichern auch weitere Speichertechnologien entwickelt. Energiespeicher sind für die Umsetzung der Energiewende notwendig, denn nur so können wir die rasant wachsenden erneuerbaren Energien auch effizient einsetzen. Bis jetzt ist in Hamburg und auch deutschlandweit in Bezug auf das Speichern nirgendwo etwas in Sicht. Hamburg übernimmt hier – Frau Senatorin Blankau hat es gesagt – eine Vorreiterrolle, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Der Zubau von dezentralen Blockheizkraftwerken und ihre Zusammenschaltung zu sogenannten virtuellen Kraftwerken macht große Kraftwerkseinheiten überflüssig. Dazu werden dann auch entsprechend die Netze ausgebaut, pro Jahr mit 160 Millionen Euro. Dadurch werden die Netze stärker und sie werden durch die Einführung von Smart Grids intelligenter gemacht.

Wir brauchen auch ein Wärme-Kälte-Konzept, das ist richtig. Wir wollen die industrielle Abwärme einbeziehen und erneuerbare Energien und Geothermie einbinden. Dabei werden auch zentrale Wärmeinseln eine Rolle spielen, denn bekanntlich ist nicht überall in dieser Stadt Fernwärme zu haben. Darüber wollen wir mit allen Akteuren am Markt reden, um die Wärmenutzung insgesamt effizienter zu machen.

Meine Damen und Herren! Bei der Umsetzung der Energiewende setzen wir auf Dialog, auch zur Weiterentwicklung des heute verabschiedeten Konzepts. Wir wollen nicht nur eine enge parlamentarische Begleitung der Umsetzung der Verträge, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen, und wir wollen einen externen Energiebeirat in dieser Stadt. Dort sollen Vertreterinnen und Ver

treter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, aus Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzverbänden vertreten sein. Wir wollen auch die Hochschulen einbinden, damit auch sie mit ihrem Know-how zur Energiewende beitragen, und, last but noch least, auch diejenigen, die das Ganze technisch umsetzen, nämlich Handwerk und Industrie.

Wir wollen, dass es in der Stadt zu einer Kooperation zwischen Energieversorgern, Ver- und Entsorgungsbetrieben, privaten und öffentlichen Unternehmen in diesem Bereich kommt und nicht zuletzt auch den Behörden. Neben E.ON und Vattenfall kommen dabei auch LichtBlick und HAMBURG ENERGIE für den Ausbau der erneuerbaren Energien ins Spiel. Auch die Stadtreinigung ist ein Energieerzeuger, das wird leicht vergessen, denn sie holt nicht nur den Müll ab und verbrennt ihn, sondern erzeugt auch ganz umweltfreundlich Gas. Das muss mit berücksichtigt werden und auch solche Unternehmen müssen in die Kooperation einbezogen werden. Mithilfe einer solchen Kooperation gilt es im gesamtstädtischen Interesse, Synergien zu heben, sich abzustimmen, die energie- und klimapolitischen Ziele in der Stadt zu besprechen und weiterzuentwickeln. Ein Konzept für eine derartige Kooperation soll der Senat uns vorlegen.

Meine Damen und Herren! Insgesamt verpflichten sich die beiden Partnerunternehmen zu einer deutlichen Reduzierung der CO2-Emissionen in der Hansestadt. So will E.ON seinen Treibhausgasausstoß bis 2015 gegenüber 2008 um 15 Prozent verringern und Vattenfall verspricht, seine CO2Emissionen bis 2020 im Vergleich zu heute um 27 Prozent zu reduzieren. Allein durch die neue Ausrichtung der Fernwärme kann das bewerkstelligt werden. Das kann Hamburg gut gebrauchen, um die Klimaziele zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

All die Möglichkeiten, die diese Verträge bieten, wurden von vielen Rednerinnen und Rednern ausgeblendet und das finde ich nicht richtig. Man muss sich das Gesamtwerk ansehen, alles andere ist demagogisch und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Dem FDP-Antrag folgen wir nicht. Die Unterlagen lagen vor; auch Unterlagen, die nicht allgemein einsichtig waren, lagen im Datenraum aus, darauf hat Herr Dressel hingewiesen. Zudem gehen wir davon aus, dass die Prüfergebnisse des Rechnungshofs vor dem Volksentscheid vorliegen. Dann haben alle die Möglichkeit, sich zu informieren, und das ist auch gut so. Der Volksentscheid findet bekanntlich zusammen mit der Bundestagswahl statt und bis dahin muss aus unserer Sicht für die Hamburgerinnen und Hamburger deutlich erkennbar sein, dass sich bei der Energiewende und der Umsetzung der Verträge etwas tut.

(Farid Müller GAL: Ist das Ihre einzige Hoff- nung?)

Darum drängen wir auch auf eine zügige Umsetzung der Vereinbarungen und wollen einen breiten Dialog darüber einleiten. Dazu bitten wir um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Überweisungsbegehren bezüglich der Drucksache 20/3883.

Wer stimmt einer Überweisung dieser Drucksache an den Umweltausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsbegehren nicht stattgegeben worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache.

Meine Damen und Herren! Wären Sie so freundlich und würden Sie der Abstimmung bitte Ihre Aufmerksamkeit schenken? Sie ist etwas kompliziert. Wir erleichtern es uns allen, wenn Sie zuhören.

Wir beginnen mit dem Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 20/3872 in der Neufassung. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun zum Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/3883. Diesen möchte die GAL-Fraktion buchstabenweise abstimmen lassen.

Wer möchte den Antrag aus dem Buchstaben A annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Buchstabe A angenommen.

Wer möchte sich dem Antrag aus dem Buchstaben B anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Buchstabe B angenommen.

Wer möchte dem Antrag aus dem Buchstaben C zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist angenommen.

Wer möchte dem Antrag aus dem Buchstaben D folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das angenommen.

Wer möchte den Antrag aus dem Buchstaben E beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch das beschlossen.

Wer möchte den Antrag aus dem Buchstaben F annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch das angenommen.

Schließlich zum gemeinsamen Bericht des Haushaltsausschusses und des Umweltausschusses aus Drucksache 20/3746.

Zunächst stelle ich fest, dass die in Ziffer 1 der Ausschussempfehlungen erbetene Kenntnisnahme erfolgt ist.