Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Ich kann Ihnen heute zusagen – und dabei spreche ich für alle Schulpolitiker der SPD-Fraktion –, dass wir selbstverständlich darauf achten werden, dass unsere politischen Ziele wie die Verbesserung der Unterrichtsqualität, die Umsetzung der Inklusion und der Ausbau der Ganztagsschule in dieser neuen Umorganisation von Schulbau Hamburg ihre Berücksichtigung finden werden.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Das ist ja eine Kampfansage!)

Jetzt noch eine Bemerkung zu den Containern.

(Robert Heinemann CDU: Dreimal so viele wie vor einem Jahr!)

Haben Sie sich einmal angesehen, wie einige Schulklassen aussehen? Einige Schulgebäude sind so marode, dass bereits der Putz von den Wänden fällt. Und da bedeutet es doch wohl eine deutliche Verbesserung, einen Container aufzustellen.

(Dietrich Wersich CDU: Wird das jetzt die Dauerlösung?)

Die FDP-Fraktion hat absolut recht, wenn sie bemängelt, dass die Container 5 Prozent der Schulbauinvestitionen ausmachen, weil das Lernumfeld vernachlässigt wurde. Dieses Lernumfeld wurde 40 Jahre lang vernachlässigt. Nun packt die SPD die Sache an. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. von Berg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dem Bericht des Schulausschusses vom Februar 2011 ist zu entnehmen, – ich zitiere –:

"Der Ausschussvorsitzende stellte abschließend fest, die Senatsvertreterinnen und vertreter hätten zugesagt, dem Schulausschuss auch über den Wahlperiodenwechsel hinweg laufend und regelmäßig Bericht über den Schulbau und SBH zu erstatten."

Das war dem Ausschussvorsitzenden, dem jetzigen Senator, der heute leider wieder einmal nicht da ist, wohl wichtig zu Protokoll zu geben. Wie wir alle wissen, hat der Wechsel der Legislaturperiode bereits stattgefunden. Doch auf die Einlösung des

uns gegebenen Versprechens warten wir immer noch.

(Beifall bei der GAL und bei Robert Heine- mann CDU)

Stattdessen bekommen wir ein Papier zugeschickt, wonach eine Neuausrichtung vorgenommen werden soll. Dabei wird noch nicht einmal die Evaluation von SBH abgewartet, die, wie wir wissen, bei einem Marktforschungsinstitut in Auftrag gegeben wurde.

Dieses Papier enthält einen durchaus richtigen Gedanken, wie wir aus Gesprächen mit Schulleitungen wissen, nämlich die klare Trennung von Dienstleistung und Vermögen. Diese Trennung könnte für alle Schulen, die sich im Moment zumindest gefühlt in großer Abhängigkeit bewegen, nicht auf Augenhöhe kommunizieren zu können und nicht einbezogen zu werden, eine Verbesserung bedeuten. Es könnte eine Chance sein, Schulleitungen und Schulen wieder mehr Eigenständigkeit zu geben.

(Dietrich Wersich CDU: Aber sie werden doch nicht Eigentümer!)

Diese Trennung von Dienstleistung einerseits und Vermögen andererseits birgt die Chance in sich, auf den guten Erfahrungen mit dem Modell Hamburg Süd und GWG Gewerbe aufzubauen und die Schulen endlich wieder mit ins Boot zu holen und nicht mehr wie bisher auszubooten. Die Trennung könnte auch bewirken, dass endlich wieder schneller gearbeitet wird und dadurch natürlich auch weniger Geld ausgegeben wird. Sie könnte zudem bewirken, dass die offensichtliche Führungsschwäche der Senatoren, die Schulbau Hamburg augenscheinlich überhaupt nicht im Griff haben, wieder etwas ausgebügelt wird.

Soweit zu den Chancen, nun aber zu den Risiken und Nebenwirkungen. Beim Lesen des Papiers drängt sich der Eindruck auf, dass es zuallererst darum geht zu kürzen. Und zwar schafft man das relativ einfach, indem man das Mieter-VermieterModell so aufstellt, dass die Schulen, die einen Zuoder Neubau oder auch eine Sanierung bekommen haben, schlicht höhere Mieten bezahlen müssen. Diese Mieten werden sie sich dann allerdings nicht mehr leisten können.

Ich möchte den Aussagen von Herrn Holster etwas entgegensetzen und beziehe mich dabei auf Seite 6 des Papiers; da ist zu lesen – ich zitiere –:

"Mehrbedarfe erfordern also Einsparungen im Schulbudget an anderer Stelle. Von daher sind in Zukunft Budgets je Schulstandort erforderlich, die Mieten, Personal- und Sachkosten beinhalten."

Und das ist die entscheidende Stelle.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

(Lars Holster)

Damit kann die absurde Situation entstehen, dass Schulen gar keine baulichen Maßnahmen mehr wollen, weil sie, um ihrer pädagogischen Verantwortung gerecht zu werden, das Geld lieber für Personal einsetzen.

(Dietrich Wersich CDU: So verhindert man Mehrbedarf!)

Und das darf auf gar keinen Fall passieren.

(Beifall bei der GAL)

Unsere Befürchtung ist, dass durch das vorliegende Papier der enorme Sanierungsbedarf und Sanierungsstau, den es derzeit gibt – den Antworten auf unsere Große Anfrage zufolge an 270 Schulen mit etwa 150 000 Kindern –, nicht abgebaut wird und dass die Schulen weiterhin auf ihre überfällige Sanierung und die benötigten Zu- und Neubauten warten müssen. Und auf diese Gefahr wollen wir in diesem Plenum unbedingt hinweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU – Olaf Ohlsen CDU: Skandal!)

Frau von Treuenfels, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Schauspieler Gustav Knuth, der im Jahr 1946 Mitglied dieser Bürgerschaft war, hat Folgendes gesagt, das sehr gut in diese Debatte passt – ich zitiere –:

"Das Leben ist wie der Eiskunstlauf. Es besteht aus Pflicht und Kür, und oft fällt die Entscheidung bei der Pflicht."

Und damit sind wir beim Thema. Mit der Schulpolitik verhält es sich nämlich genauso. Die Pflicht des Staates, nämlich des Bundeslandes Hamburg, besteht hier zuallererst darin, das Funktionieren der grundlegenden Bedingungen für eine erfolgreiche Beschulung zu sichern. Erst danach können wir über die Kür oder über Strukturen oder auch Reformen diskutieren. Und genau das ist das Problem nach gut einem Jahr SPD-Regierung mit Ties Rabe an der Spitze der Schulbehörde: Die grundlegenden Bedingungen für Schule in Hamburg funktionieren immer weniger und immer schlechter.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Liste mit den Punkten, die das belegen, ist so lang wie deprimierend. Bei der grundlegenden Voraussetzung für erfolgreiche Schule überhaupt, den Gebäuden, herrscht in Sachen Erneuerung quasi Stillstand. Statt der von Ihnen – Herr Heinemann hat das schon erwähnt – für 2011 versprochenen und angekündigten 234 haben Sie ganze 26 Baumaßnahmen

durchgeführt. Auch von uns herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg.

(Beifall bei der FDP)

Weil Sie den Sanierungsstau in Höhe von 2 bis 3 Milliarden Euro nicht angehen und die Neubauvorhaben nicht vorantreiben, schreiben uns Schulleiter in ihren wahrscheinlich auch sanierungsbedürftigen Büros Brandbriefe mit der Bitte um dringende Hilfe wie jüngst in Harburg. Die ehemalige Schulsenatorin, Frau Goetsch, hat in unserer Stadt ein ungutes Erbe hinterlassen, das gebe ich zu. In der Erwartung nämlich, dass die Idee der Primarschule, der Einheitsschule gegen den Willen vieler Hamburger umgesetzt werden könnte, hat sie den schon damals bestehenden Sanierungsstau an den Schulen nicht behoben, wahrscheinlich um dann später alles in einem Aufwasch zu erledigen.

(Antje Möller GAL: Quatsch!)

Zum Glück ist die Primarschule nicht Realität geworden, der Sanierungsstau ist allerdings Realität geblieben. Anstatt diese Erblast aber zügig wegzuräumen, setzen Sie von der SPD jetzt auf die Inflation der Provisorien. 465 Container, verniedlicht als mobile Klassenräume bezeichnet, werden im kommenden Schuljahr für 2,5 Millionen Euro, das ist viel Geld, fast 10 000 Schüler beherbergen.

Meine Damen und Herren! Wie wenig die grundlegenden Pflichten erfüllt wurden, belegt schon das Papier, das Sie als Schulentwicklungsplan vorgelegt haben: ein SEPL ohne Antwort auf drängende Probleme, ohne Antworten auf die Frage der Finanzierung der dringenden Schulerneuerung und des erhöhten Raumbedarfs durch die Inklusion. Danach hieß es ausweichend, dass bis Ende März eine Prioritätenliste für den Schulbau vorgelegt werde. Aber bis heute gibt es nichts dergleichen. Die Pflicht ist wieder einmal unzureichend erfüllt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Stattdessen tüftelt Staatsrat Krupp mit oder ohne Wissen des zuständigen Senators ein Senatspapier zur Zukunft des Schulbaus aus. Und – dreimal dürfen Sie raten – es geht natürlich nicht um die Pflichtfrage, wie schnell und erfolgreich Schulen neu gebaut oder saniert werden können, sondern es geht um die Strukturen des Schulbaus in Hamburg, um Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Und – das ist uns besonders wichtig – Sie verdrehen in diesem Papier einfach ein Erfolgsprinzip, nämlich das der selbstverantworteten Schule. Wir Liberalen unterstützen und fordern, dass Schulen mit mehr Eigen- und Budgetverantwortung ihr Profil selbstverantwortet prägen. Aber das darf niemals zu einem Sparmodell degenerieren wie jetzt bei Staatsrat Krupp.

Zur Budgetverantwortung soll aus seiner Sicht auch noch die Raumkapazität gehören – und das

(Dr. Stefanie von Berg)

auf der Grundlage knapper Budgets, mit denen schon jetzt alle möglichen Ausgaben bestritten werden müssen. Ich zähle nur schnell auf, was jeder weiß: Etablierung der Stadtteilschule, Inklusion, Ausbau der Ganztagsbetreuung, Zentralabitur, Kooperation mit Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung, strenge Einhaltung der Klassenobergrenzen. All das bürden Sie den Schulen auf und schlagen jetzt auch noch vor, aus dem vorhandenen auch die Neu- beziehungsweise Umbauten selbst zu finanzieren. Selbst wenn Sie das nicht so akzeptieren, aber das kann am Ende natürlich genau darauf hinauslaufen, dass der Klassenraum den Lehrer ersetzt. Das kann nicht sein, das ist völlig inakzeptabel und wir Liberalen werden das nicht hinnehmen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Vielleicht ist ein Teil der Verantwortung für Stillstand und Misere im Hamburger Schulbau auch bei der CDU zu suchen, weil sie das ideologisch motivierte grüne Aussitzen der Probleme in Erwartung der großartigen Einheitsschule geduldet hat. Aber unabhängig davon fordern wir zusammen mit den Christdemokraten den SPD-Senat auf: Kümmern Sie sich endlich um die grundlegenden Probleme,

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)