Protokoll der Sitzung vom 16.08.2012

Das erste Argument: Die Begründung für den Gesetzentwurf ist schlicht falsch. Sie lautet nämlich, dass die Bettensteuer gebraucht werde, um Projekte und Vorhaben zu fördern und die Attraktivität Hamburgs auf nationaler und internationaler Ebene zu stärken. Dann werden in der Drucksache Beispiele genannt wie das Reeperbahnfestival, ELBJAZZ, Dockville oder die Lessing-Tage. Das sind alles tolle Veranstaltungen, aber alle Veranstaltungen wurden ohne die Bettensteuer durchgeführt, genauso wie Hamburg den Spitzenwert von fast 10 Millionen Touristen ohne Bettensteuer erreicht hat. Mit anderen Worten: Für die Attraktivität Hamburgs und ein Superangebot im Bereich der Kultur, der Musik und des Sports brauchen wir keine Bettensteuer, sondern wir brauchen die Kreativität und die Initiative von Hamburger Menschen und ihren Unternehmen.

(Beifall bei der FDP)

Zweites Argument: Der vorliegende Gesetzentwurf ist schlichtweg rechtswidrig. Er geht davon aus, dass betrieblich und privat veranlasste Übernachtungen gleichermaßen der Bettensteuer unterliegen. Der Gesetzentwurf geht auch davon aus, dass dies rechtmäßig sei. Genau zu dieser Frage hatte das Bundesverwaltungsgericht für den 11. Juli eine Grundsatzentscheidung angekündigt, und wir, die FDP-Fraktion, hatten den Senat daher aufgefordert, so vernünftig zu sein, mit der Einbringung des Gesetzes abzuwarten, bis diese Grundsatzentscheidung vorliegt und das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat. Der Senat war nicht so vernünftig und die Klatsche folgte auf dem Fuße. Nun sind wir mitten in einer parlamentarischen Beratung über einen Gesetzentwurf, von dem wir alle wissen, dass er in einem ganz wesentlichen Aspekt rechtswidrig ist.

Meine Damen und Herren! Verschiedene Städte und Gemeinden haben das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts daher zum Anlass genommen, sich insgesamt von der Bettensteuer zu verabschieden. Wir meinen, Hamburg sollte sich da anschließen, je eher, desto besser.

(Beifall bei der FDP)

Drittes Argument: Was muss ein Mitarbeiter an der Rezeption eines kleinen Pensionsbetriebs künftig tun, um die Bettensteuer beispielsweise einer vierköpfigen Familie zu ermitteln, die ein verlängertes Wochenende in Hamburg verbracht hat? Zunächst muss der Mitarbeiter die Gesamtrechnung um die Mehrwertsteuer bereinigen, dann um die Verpflegungsleistungen und dann um die Nebenleistungen, Minibar, Parkgebühren, TV und so weiter.

(Matthias Albrecht SPD: Das haben Sie ja gemacht, nicht wir!)

Den danach ermittelten Betrag muss er zunächst durch die Anzahl der Übernachtungstage dividieren und im Anschluss durch die Anzahl der Perso

nen pro Zimmer. Und bei diesem Betrag, den er dann mühsam ermittelt hat,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Da gibt es Ex- cel-Tabellen!)

muss er in das Gesetz schauen, muss den richtigen Steuerpauschalsatz herausfinden und, bezogen auf den einzelnen Reisenden, ausmultiplizieren,

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Und das muss er alles im Kopf rechnen!)

nämlich mit der Anzahl der Aufenthaltstage, mit der Anzahl der benutzten Zimmer und mit der Belegung pro Zimmer. Auf diese Weise wird dann die abzurechnende Bettensteuer ermittelt. Noch komplizierter wird es bei einer Pauschalreise. Wenn ich Ihnen das jetzt auch noch darstellen sollte, bräuchte ich allerdings weitere 15 Minuten und das will ich Ihnen nicht zumuten.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Wir haben den Senat gefragt, ob diese Berechnungsweise der Bettensteuer zutrifft.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Haben Sie ei- gentlich…)

Die Antwort, Herr Dressel, können Sie in der Drucksache 20/4677 nachlesen, sie lautet schlicht: Ja, es sei zutreffend.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Herr Dr. Kluth, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Dressel zu?

Mich wundern wirklich die Rechenkünste, diese Formel war eindrucksvoll, wie Sie sie dargelegt haben. Haben Sie auch einmal berechnet, wie eigentlich die Hotellerie in Hamburg von der Mehrwertsteuersenkung durch die FDP-mitgeführte Bundesregierung profitiert hat? Da wäre es einmal interessant, eine Gegenformel aufzumachen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Hat nichts mit dem Thema zu tun!)

Herr Dressel, da würde ich wirklich mit dem Kollegen Ritter sagen: Thema verfehlt.

(Beifall bei der FDP)

Das ist nicht nur eine relativ billige, sondern vor allen Dingen auch eine absehbare Schublade. Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, was erforderlich ist, um nach Ihrem Gesetzentwurf die Bettensteuer zu berechnen. Wir haben versucht, das einmal auf ei

ne Formel zu bringen. Insofern bin ich Ihnen für die Vorlage dankbar, Herr Dressel. Es ist die Bettenformel, der Berechnungsmechanismus, den Ihr Gesetz für die Bettensteuer vorsieht, bestätigt und zertifiziert durch den Senat in der Beantwortung meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage.

Meine Damen und Herren! Wir finden es unzumutbar, wir finden es völlig unverhältnismäßig und halten es für ein bürokratisches Monster.

(Beifall bei der FDP)

Viertes Argument: Der Gesetzentwurf schafft zusätzliche bürokratische Pflichten. Der vorliegende Gesetzentwurf folgt dem Prinzip Reglementieren und Abkassieren. Das war bislang eigentlich mehr etwas, das wir von den Kollegen der GAL gewöhnt waren und weniger von einer wirtschaftsfreundlich lackierten SPD; über das Abkassieren habe ich schon gesprochen.

Daneben werden aber nunmehr mit dem neuen Gesetz den Inhabern von Pensionen und Beherbergungsbetrieben auch gleich drei neue gesetzliche Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Anzeigepflichten auferlegt. Und die Ausfallhaftung, wenn ein Gast abreist, ohne seine Rechnung zu bezahlen, trägt nach Ihrem Gesetzentwurf auch der Unternehmer. Dies ist ebenfalls bestätigt durch den Senat in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drucksache 20/4677.

Und wenn es so kommt, wie es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommen muss, dann wird es noch eine vierte Pflicht geben, nämlich die Pflicht, den Gast jeweils danach auszufragen, ob seine Übernachtung privat oder beruflich veranlasst war. Auf welcher Grundlage der Gast verpflichtet sein sollte, diese Frage zu beantworten, steht in den Sternen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Gesetzestechnik der Hand- und Spanndienste. Das bedeutet, der Gesetzgeber definiert ein schönes Ziel, Förderung der Kultur, aber die Kosten der Umsetzung dieses Gesetzes werden den Bürgern und Unternehmen überlassen.

(Beifall bei der FDP)

Schließlich ein fünftes Argument: Das Gesetz ist eine Mogelpackung, denn nicht die vollen Einnahmen aus der Bettensteuer fließen in die Kultur-, Tourismusund Sportförderung, sondern nur, wenn Sie die Drucksache nachlesen, mindestens 50 Prozent. Der Rest versickert also im allgemeinen Haushalt.

Eine weitere Frage: Wie sollen die zu fördernden Projekte ausgewählt werden aus den Vorschlägen der zuständigen Fachbehörden? Da liegt es doch auf der Hand, was passieren wird, nämlich dass bislang aus dem Haushalt geförderte Projekte und Veranstaltungen zukünftig aus der Bettensteuer finanziert werden. Im Saldo ergibt sich dann aber

kein Mehrwert für die Sport- und Kulturförderung, sondern nur zusätzliche Belastungen für die Besucher unserer schönen Stadt und die Hamburger Tourismusunternehmen.

Daher der Appell der FDP-Fraktion an den Senat: Steigen Sie im Interesse der Attraktivität unserer Stadt aus der Bettensteuer aus, besser heute als morgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Dobusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kluth, nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass die Lage in Hamburg eine ganz besondere ist. Hier ist es nämlich tatsächlich gelungen, viele Vertreterinnen und Vertreter der ortsansässigen Hotellerie mit ins Boot zu holen, auch wenn Sie sich das als FDP-Mann vielleicht gar nicht vorstellen können. Hier gibt es gar nicht die Fundamentalopposition gegen bürokratische Monster, wie Sie sie jetzt als Schreckgespenst an die Wand zu werfen versuchen, ganz im Gegenteil. Es ist der Hotellerie vor Ort durchaus bewusst, inwiefern sie schon von diesen Mövenpick-Aktionen und so weiter profitiert hat und dass es da durchaus noch Möglichkeiten gibt zu agieren.

Wenn Sie bei der letzten Ausschusssitzung mit dabei waren, dann wissen Sie doch auch, dass sogar eine freiwillige Abgabe in Hamburg im Gespräch war, die letztendlich nur an der grundsätzlichen Verweigerung der europaweit organisierten Hotelketten gescheitert ist, aber nicht an der örtlichen Hotellerie. Ich weiß also wirklich nicht, ob Sie sich und Ihrer Fraktion einen Gefallen tun, wenn Sie vor diesem Hintergrund jetzt als eine Art edler Ritter der Hotellerie gerieren. Ich glaube, das haben die zurzeit überhaupt nicht nötig.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns bisher dagegen gestemmt, vorschnell auf vorgeblich ganz einfache Lösungen zu setzen, und das war auch gut so. Das hat sich nach dem vorliegenden Gerichtsurteil herausgestellt.

(Olaf Ohlsen CDU: Tatsächlich!)

Die CDU hat kürzlich noch behauptet, dass bereits in diesem Jahr einige Millionen Euro in Hamburg zur Verfügung gestanden hätten, wenn wir nur ganz einfach dem CDU-Modell gefolgt wären. Unsere Umsicht, vorzuarbeiten, aber nicht vorschnell zu handeln, hat sich jedoch als richtig herausgestellt. Wir haben Hamburg nämlich davor bewahrt, nicht in die peinliche Situation zu geraten, dass ein gerade erst beschlossenes Gesetz abgeändert und wieder einkassiert werden muss und Gelder auch noch zurückgezahlt werden müssten.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

(Katja Suding FDP: Herzlichen Glück- wunsch!)

Das war gutes Regieren, so, wie wir uns das vorgenommen haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden schnell, aber auch mit der nötigen Gründlichkeit, die Möglichkeiten ausloten, die uns die Richterinnen und Richter vorgegeben haben. Dabei werden wir, wie bislang, die Belange der Hotellerie mit berücksichtigen. Auch der überarbeitete Gesetzentwurf wird möglichst unbürokratisch und praktikabel ausgestattet sein. Genau deshalb wurde beispielsweise in dem bisherigen Vorschlag auch die Steuerhöhe in Pauschalen gestaffelt und nicht, wie einige vorgeschlagen hatten, in Prozenten, denn mit dieser in Hamburg bevorzugten Variante geht erheblich weniger Verwaltungsaufwand einher.

Die nun erforderliche Trennung zwischen Privatund Geschäftsreisenden stellt alle erst einmal vor eine neue Herausforderung, das stimmt. Aber ich bin mir sicher, dass sich auch hier in gewohnter, guter Zusammenarbeit und nach Anhörung entsprechender Sachverständiger praktikable und durchaus für alle Seiten akzeptable Lösungen finden lassen. Wir haben nämlich, dass hoffe ich zumindest, ein gemeinsames Ziel, die Erhöhung der Attraktivität Hamburgs vor allem im Hinblick auf das kulturelle Angebot für Touristinnen und Touristen einerseits, aber natürlich auch für die Hamburgerinnen und Hamburger.