Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Des Weiteren ist der medizinische Dienst in Nostorf gesichert für die dort untergebrachten Menschen, sodass unserer Ansicht nach nichts einer Fortsetzung dieses Vertrags mit Mecklenburg-Vorpommern über diese Erstaufnahmeeinrichtung entgegensteht.

(Beifall bei der SPD)

Selbstverständlich führten die Neuverhandlungen zu anderen Abrechnungsmodalitäten. Bisher wurden weitgehend die variablen Kosten, also Kosten pro untergebrachte Person, von Hamburg übernommen, und die Fixkosten blieben weitestgehend beim Land Mecklenburg-Vorpommern. Das ändert sich jetzt insofern, als Hamburg auch für die Fixkosten für 200 Plätze aufkommen muss. Das ist unserer Ansicht nach nicht zu vermeiden. Und es ist nicht möglich, Mecklenburg-Vorpommern etwas aufzubürden, was wir in Anspruch nehmen, ohne dann auch zu einer gewissen Kompensationszahlung zu kommen. Diese Mehrbedarfe werden ebenfalls, wie die Mehrbedarfe bei der Einbürgerungsstelle, aus dem Einzelplan 9.2 finanziert und sind bis zum Jahr 2016 sichergestellt.

Das alles bedarf einer gewissen Eilbedürftigkeit aus dem einfachen Grund, ich erwähnte es vorhin schon, da der Vertrag mit Mecklenburg-Vorpommern zum 30. September ausläuft. Bis dahin brauchen wir eine Regelung, wie diese Unterkunft in der Erstaufnahme fortgesetzt werden kann. Daher ist unsere Bitte, diesem Antrag heute zuzustimmen. Wir werden, nachdem wir diese Sache heute beschlossen haben, das an den Haushaltsausschuss federführend und an den Innenausschuss mitberatend nachträglich überweisen, sodass dann alle Fragen, die möglicherweise offen sein könnten, gestellt und geklärt werden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, bei dieser Debatte müssen wir sehr deutlich unterscheiden zwischen dem, was es zum einen inhaltlich zu besprechen gibt – und da ist der Konsens in diesem Hause wahrscheinlich deutlich größer als geahnt oder gehofft –, auf der anderen Seite müssen wir aber auch darüber reden, was es hier an formalen Fehlern gibt und vor allen Dingen auch über die Beteiligung des Parlaments sprechen.

Herr Dr. Schäfer machte es eben ein wenig by the way, ich will daher gern die Zahlen einmal explizit nennen. Die Mehrbedarfe für die Bereiche der Einbürgerungen betragen im Jahre 2012 105 000 Euro, in 2013 421 000 Euro, in 2014 465 000 Euro und in 2015 509 000 Euro. Das setzt sich dann in den Summen so nett weiter fort. Bei den Mehrbedarfen für die Erstunterbringung in Nostorf sind es zunächst 1,6 Millionen Euro, und sie werden auf gut 2 Millionen Euro pro Jahr weiter ansteigen. Das sind erhebliche Summen, die wir zu bewegen haben. In einem Parlament haben wir den richtigen und guten Brauch, solche Summen im Haushaltsausschuss zu besprechen. Dass der Senat nicht in der Lage gewesen ist, zum richtigen Zeitpunkt eine solche Drucksache einzubringen, ist kein wirklicher Beleg für gutes Regieren.

(Beifall bei der CDU)

Insbesondere auch der Punkt – und das kann ich Ihnen nicht ersparen, verehrter Kollege Herr Dr. Dressel –, die Sitzungen des Haushaltsausschusses zum Innenetat zu benutzen und, nachdem alle Kollegen aus dem Innenbereich schon weg sind, gegen 22.30 Uhr zu sagen, wir könnten bei der Sitzung in zwei Tagen mal eben eine Selbstbefassung beschließen, ist weder dem Ernst des Themas noch diesem Parlament angemessen. Das müssen Sie ganz deutlich akzeptieren.

(Dr. Martin Schäfer)

(Beifall bei der CDU)

Deshalb wird sich meine Fraktion heute bei dieser Abstimmung enthalten. Wir sind nicht der Auffassung, dass eine nachträgliche Überweisung bei einem Finanzvolumen, wie wir es hier vorfinden, der angemessene Weg ist. Nichtsdestotrotz akzeptieren wir, dass wir vor allen Dingen für den Bereich der Einbürgerung Lösungen brauchen. Aber Sie werden auch akzeptieren müssen, dass Sie dieses demnächst mit einer vernünftigen Drucksache machen müssen und dass Sie sich den kritischen Fragen, insbesondere der Kollegen aus dem Haushaltsbereich, stellen müssen, denn das, was Sie eben so nebenbei angemerkt haben, die Verlagerung von Fixkosten und Ähnliches, wird gerade die Finanzhüter dieses Hauses in besonderem Maße interessieren. Wir Innenpolitiker mögen vielleicht manchmal etwas lockerer darüber hinweggehen, weil es uns um die Sache geht. Aber die finanziellen Aspekte sind bisher nicht ausreichend geklärt und sie müssten deutlich hinterfragt werden.

Ich will aber auch noch einmal deutlich etwas zur Unterbringung in Nostorf sagen. Letztendlich finden Sie gerade meine Fraktion durchaus an Ihrer Seite, denn diejenigen, die dieses Verfahren begonnen haben, waren wir. Wir haben im Rahmen einer gemeinsamen Koalition mit unserem damaligen Koalitionspartner gesagt, wir beenden es dann. Das ist im Rahmen einer Kompromissfindung nicht ungewöhnlich. Ich muss aber auch sagen, dass ich damals in Nostorf gern weitergemacht hätte, aber die Frage der Unterbringung von Familien ist und bleibt kritisch. Bei allem Verständnis und bei aller Liebe, verehrte Kollegen der SPD-Fraktion, ein paar kleine Bildungspflästerchen helfen nicht wirklich, diese Frage zu lösen. Diese Unterbringung ist dafür da, um in der Regel alleinstehende Männer und Frauen unterzubringen, aber sie ist nicht die richtige Lösung für Familien. Und das werden Sie auch weiterhin besser lösen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie uns heute erzählen, das alles sei doch kein Problem, weil wir nur über drei Monate redeten, dann werden Sie sich in den nächsten Wochen und Monaten daran gewöhnen müssen, dass wir Sie in dieser Frage beim Wort nehmen, denn die Situation, das haben Sie selbst eben angeführt, Herr Dr. Schäfer, ist eine andere. Wir haben zurzeit nämlich erhebliche Zuwachszahlen im Bereich der Asylbewerber. Wir können überhaupt nicht einschätzen, ob wir mit den Kapazitäten, die wir haben, auch in der Erstaufnahme richtig auskommen. Und es wird leider sehr schnell so sein, dass wir neben der Erstaufnahme erleben werden, dass es schwierig ist, die Nachfolgeunterbringung zu schaffen, und dann haben wir Überhänge. Dann darf es nicht passieren, dass Familien mit Kindern mehr

als ein Vierteljahr in dieser Unterbringung untergebracht sind.

(Arno Münster SPD: Wird auch nicht!)

Diesen Standard werden Sie vertreten müssen, für diesen Standard werden Sie sich verantworten müssen. Ich hoffe, Ihr Wort gilt dann auch noch. Wir werden uns auf jeden Fall bei der Drucksache enthalten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Schäfer, es handelt sich nicht um einen Zufall, dass die Drucksache so aussieht, wie sie aussieht. Es geht auch mitnichten um Zeitnot. Sie hatten eineinhalb Jahre Zeit, solange regieren Sie ungefähr, sich darauf einzustellen, ob und wie Sie die Unterbringung in Nostorf fortführen wollen. Wir wissen seit der Sommerpause schon, dass der Vertrag gemeinsam weiterentwickelt wird. Und dass Sie jetzt auf diese Art und Weise die Drucksache, vor allem in dieser Kombination, einbringen, finde ich unlauter. Das halte ich an der Stelle sogar für ein schwaches Wort.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Die Kombination, Menschen einerseits aus der Stadt fernzuhalten und sich andererseits mit einer Einbürgerungsinitiative noch einmal selbst zu beweihräuchern, ohne dass es zu einer sachlichen Darstellung der Situation kommt, finde ich wirklich schwer erträglich. Es gibt in dieser Drucksache kleine, dezente Hinweise.

Die Zahl der Einbürgerungen ist gestiegen. Beginnen wir mit 2008, da gab es 2800 Einbürgerungen, 2010 gab es schon 5295, und jetzt steigt die Zahl zum Glück weiter, sie stagniert zwar fast, aber sie steigt. Das ist ein Erfolg. Aber welchen Anteil dieses Briefeschreiben hat, ist schwer zu ermitteln. Es kann etwas bewirkt haben, hat aber vor allem etwas bewirkt, das Sie mit einem Satz beschreiben, den ich einmal zitiere:

"Es sprechen inzwischen auch vermehrt Interessenten erneut vor, denen im Zuge vorangegangener Beratungen von einer Antragstellung abgeraten worden war."

Was für ein Wunder, das ist doch ein völlig logischer Effekt, eine völlig undifferenzierte Kampagne. Alle Menschen werden angeschrieben, weil sie eine bestimmte Anzahl von Jahren hier sind. Sie denken, sie haben einen Brief des Bürgermeisters bekommen und können nun eingebürgert werden. Das ist schlicht und einfach Vortäuschung von Tatsachen. Es verunsichert die Menschen

(Kai Voet van Vormizeele)

mehr, und es löst nicht eines der strukturellen Probleme, die wir in dieser Stadt bei der Einbürgerung von Menschen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

An keiner Stelle findet man in dieser Drucksache einen Hinweis darauf, dass die strukturellen Hindernisse, die Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche irgendwie als Problem erkannt werden. Auch an anderer Stelle diskutieren Sie nicht wirklich darüber, welches die Hemmnisse für die Einbürgerung sind und welche man abbauen muss. Stattdessen findet sich bei Ihnen die Erkenntnis, dass es mehr Anträge gibt, also gibt es auch mehr Arbeit. Das stimmt, und dafür brauchen wir auch mehr Stellen, das ist richtig. Aber wir wollen, dass die Stellschrauben an der richtigen Stelle bewegt werden und nicht dadurch, dass eine Briefmarke auf einen Brief geklebt und der dann abgeschickt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Cansu Öz- demir DIE LINKE)

Sie relativieren natürlich auch selbst den Erfolg Ihrer Kampagne. Vielleicht reden wir, nicht nur aus formalen Gründen, sondern vor allem aus politischen und inhaltlichen Gründen, dann in den Ausschüssen darüber.

Ich sagte, dass ich die Kombination mit dem Wegschicken der Flüchtlinge für die ersten Monate des Aufenthalts aus Hamburg unlauter finde. Man konnte kaum deutlicher darstellen, dass hier Menschen in Kategorien eingeteilt werden. Die einen sollen hier bleiben und eingebürgert werden, die anderen dagegen sollen erst einmal sofort weg. Machen Sie sich und uns doch nichts vor. Die Zahl der Flüchtlinge, die in die zentrale Erstaufnahme gehen, und die Zahl der Flüchtlinge, die im weiteren Aufenthalt hier bleiben werden, sind relativ identisch. Wir werden Plätze für die Folgeunterbringung brauchen in der Stadt. Und Sie sollten vielleicht versuchen, mit uns darüber zu streiten und mit allen zu streiten, die im Parlament sitzen. Wir brauchen diese Plätze. Es ist eine Scheinlösung, wenn Sie sagen, jetzt gehen die erst einmal alle nach Nostorf/Horst, dann können wir in Ruhe suchen. Diese Menschen kommen wieder und wir brauchen die Plätze hier.

(Beifall bei den GRÜNEN – Arno Münster SPD: Nichts anderes hat Herr Schäfer ge- sagt!)

Vielleicht hätten Sie doch besser lesen sollen, Herr Münster. Herr Schäfer hat versucht, das zu sagen, die Drucksache sagt aber leider etwas anderes.

Die Drucksache hat nämlich auch diesen Stil der Verallgemeinerung und der undifferenzierten Betrachtung. Sie stellen angesichts der Zahlen auf

Bundesebene Besorgnis dar, Sie benennen Analysen ohne Quelle. Die Anzahl der zugewiesenen Personen ist jedoch stabil. Wie kommen Sie jetzt plötzlich auf diese 270? Es sind sogar, wenn man den Vertrag liest, noch 170 dazugekommen. Im Übrigen gibt es noch diese hübsche Formulierung, dass nach Bedarf weitere Ausländergruppen dazugenommen werden könnten. Soll also die Folgeunterbringung zukünftig in den restlichen freien Plätzen, die Mecklenburg-Vorpommern noch hat, stattfinden oder wie geht es weiter? Das sind viele Fragen, wir haben zwei Ausschüsse. Wir werden dieser Drucksache nicht zustimmen.

Wir unterstützen die Einbürgerungskampagne; dafür gab es fünf Stellen, gerade eben noch im letzten Dreh von Schwarz-Grün eingerichtet. Aber was wir nicht unterstützen, ist, dass Sie Menschen, dass Sie Familien abgeben an ein anderes Bundesland, dass Sie sie aus Hamburg wegschicken und dass Sie weder die Verantwortung für Verpflegung, Versorgung, Traumatisierung, soziale Kontakte, für Kontakte zu Anwälten und Anwältinnen noch für die Integration in diese Gesellschaft übernehmen. Sie geben sie ab und da können wir nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Kaesbach.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal lassen Sie mich einiges Grundsätzliche zur Drucksache 20/5111 ausführen, da wir es bei diesem Papier doch mit einer ziemlich seltsamen Melange zu tun haben. Meine Vorgänger sind bereits darauf eingegangen, aber ich wiederhole das an dieser Stelle gern noch einmal.

Der Senat scheint sich bei der Erstellung der Drucksache gedacht zu haben, dass alles, was irgendwie mit Ausländern zu tun hat, wohl zusammenhängt, und dass dies in einer Drucksache zusammengerührt werden kann. Das ist fachlich einfach nicht angemessen, und was das Haushaltspolitische betrifft, gibt es in der Bürgerschaft schließlich ein bewährtes Verfahren für reguläre Haushaltsberatungen.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze CDU)

Dieses Verfahren einzuhalten ist zumindest hinsichtlich der Petiten 2, 3 und 4 geboten, um die noch zu klärenden Fragen im Haushaltsausschuss, wie gegebenenfalls auch im Fachausschuss, zu beraten. Bei Petitum 2 geht es um die Erstaufnahme in Nostorf/Horst und eine Verwaltungsvereinbarung und bei den Petiten 3 und 4 immerhin um Summen von einmal knapp 10 Millionen Euro und

(Antje Möller)

dann noch einmal von knapp einer halben Million Euro, jeweils für 2013 und 2014.

Dass die Angelegenheit Nostorf/Horst eilbedürftig ist, ist uns bekannt. Wie der Senat jedoch bereits selbst mitteilte, haben wir als Bürgerschaft den Zeitdruck nicht zu vertreten. An der FDP ist zumindest eine kurzfristig terminierte Beratung im Haushaltsausschuss nicht gescheitert.

(Dr. Andreas Dressel SPD und Jens Kerstan GRÜNE: Das stimmt!)

Wenn dem Senat wirklich daran gelegen wäre, das Thema Nostorf angesichts der von seiner Seite zu verantwortenden Verzögerungen konsensual zu klären, warum hat er dann eine Drucksache zur Abstimmung gestellt, die völlig unnötig Angelegenheiten vermischt, die sachlich kaum etwas miteinander zu tun haben? Ehrlich gemeint sind Ihre Appelle an uns also offenbar nicht.

(Beifall bei der FDP)