Nachhaltig wird man diese soziale Ausdifferenzierung in der Stadt und im Land nur dann überwinden können, wenn es uns gelingt, alle Menschen gleichberechtigt und unabhängig von ihrer Herkunft an Bildung teilhaben zu lassen. Das ist der wahre Hebel.
Wir wissen nämlich, wer arbeitslos wird, insbesondere, wer lange arbeitslos wird, hat meistens eine nicht ausreichende Qualifikation; manchmal kommt noch etwas anderes hinzu. Aber dieser Senat hat sich Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit, unabhängig von der sozialen Herkunft der Kinder und Jugendlichen, auf die Fahnen geschrieben. Das setzen wir um durch den Krippenausbau, durch den Kita-Ausbau, durch die ganztägige Betreuung an Schulen und durch die Jugendberufsagentur, die dazu führen sollen, dass, wenn das Elternhaus nicht helfen kann oder nicht so helfen kann, wie wir es uns wünschen, der Staat mit seinen Instrumenten zur Verfügung steht, um die Defizite, die mitgebracht wurden und die nicht erworben wurden, auszugleichen und dafür zu sorgen, dass alle Jugendlichen am Ende der zehnten Klasse der Stadtteilschule eine Ausbildung machen und nach der Ausbildung in ein Berufsleben einsteigen.
Herr Senator, alle in diesem Haus sind für Bildung, aber das Thema auf der Tagesordnung heißt "Umfairteilung".
Und dazu haben Sie noch wenig gesagt. Ich würde gern wissen: Halten Sie die Reformen der SPD-geführten Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die auch viele in dieser Partei im Nachhinein für richtig halten, für richtig oder für falsch?
Ich wusste nicht, dass das heute auf der Tagesordnung steht, aber ich sage Ihnen, dass der zentrale Punkt – und da, glaube ich, sind wir uns einig –, um nachhaltig die Ausdifferenzierung der Gesellschaft hinsichtlich Einkommen und Löhnen zu unterbinden, Bildung und die Teilhabe am Arbeitsmarktgeschehen für möglichst alle ist. Da helfen die Schritte des Senats, die ich eben vorgestellt und vorgeschlagen habe, und ich würde mich freuen, wenn dieses Haus uns auf diesem Wege unterstützen würde. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass dieses Thema sich in der Tat nicht so klassisch abspielt zwischen Opposition und Hamburger Regierung, sondern dass diese Thematik weiter greift.
Ich möchte als Erste Frau Wolff ansprechen für ihren Beitrag. Ich glaube, dass das Thema nicht damit beantwortet ist, auf die im europäischen Vergleich geringe Arbeitslosigkeit in Deutschland zu verweisen. Ich glaube dagegen, dass wir es mit einer Schere zu tun haben, die weiter auseinandergeht zwischen sehr Vermögenden und sehr vielen Leuten, die gar kein Vermögen haben und von denen ein großer Teil sich jeden Tag Sorgen um seine grundsätzliche Existenz machen muss.
Und das ist ein Unterschied, denn es gibt auch Erklärungen oder Wut und Desorientierung über die Situation, denn wir müssen zwei Krisen zusammendenken: die Finanzkrise und ihre Auswirkungen und darüber hinaus die besonders zugespitzte Gerechtigkeitskrise, die wir erleben. Die Menschen erleben es doch so, dass der Staat unheimlich viel Geld zur Bankenrettung ausgibt. In den letzten drei
Jahren hat sich die gesamte Verschuldung Deutschlands um ein Fünftel erhöht. 400 Milliarden Euro sind zu den 2000 Milliarden Euro dazugekommen in nur drei Jahren. Und gleichzeitig haben wir das Gefühl, der Staat ist derartig überschuldet, dass er viele wichtige Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Darauf muss Politik eine Antwort geben, nämlich wie wir mit dieser desolaten Situation der öffentlichen Schulden bei einem immens gestiegenen privaten Reichtum umgehen. Und wie gehen wir dann damit um, dass es empfindlich das Gerechtigkeitsempfinden der Gesellschaft stört? Dazu haben Sie keinen Satz gesagt.
Deswegen ist es wichtig, dass sich auch einmal eine CDU und eine FDP von altbackenen Sprüchen lösen, Herr Bläsing. Das ist altbacken und langweilig.
Ich will Ihnen Folgendes sagen. Sie müssen nicht das machen, was die GRÜNEN wollen, das wäre auch langweilig. Aber die GRÜNEN bringen morgen eine Vermögensabgabe in den Deutschen Bundestag ein, und das ist eine Vermögensabgabe, die so konzipiert ist, dass sie ausschließt, dass kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Substanz überhaupt davon erfasst werden. So etwas geht, wenn man das richtig konzipiert.
(Nikolaus Haufler CDU: Was ist denn mittel- groß? – Robert Bläsing FDP: Dann legen Sie es doch vor!)
Es wird morgen im Deutschen Bundestag vorgelegt. Setzen Sie sich doch einmal mit diesen Vorschlägen auseinander, statt reflexartig darauf zu verweisen, dass es Ihnen um die angeblich Fleißigen ginge. Ihnen geht es um die Leute, die gar nichts mehr tun müssen und bei denen das Geld einfach nur anwächst. Das ist das, was Ihnen einfällt.
Ich verzichte normalerweise gern auf solche Schärfe, aber wenn die FDP eine Gerechtigkeitsdiskussion, die die Mehrheit der Bevölkerung, auch eine Mehrheit der Wohlhabenden umtreibt, nur mit dem Wort Neiddebatte beantworten will, dann sind Sie gedanklich an dieser Stelle nicht aktiv genug. Deswegen sollten Sie sich einmal mit den Ursachen des Reichtums befassen, von dem wir reden.
Insofern möchte ich deutlich machen, dass wir bei der Steuerdiskussion immer auch die Effekte auf die wirtschaftliche Dynamik berücksichtigen müssen. Ich kann es selbst aus eigener Erfahrung aus der rot-grünen Bundesregierungszeit sagen: Wir haben einige Steuergesetze festgesetzt, die vielleicht ganz gut waren, aber wir haben auch einige gemacht, die nicht gut waren.
Dann reagiert man eben wieder, denn wenn man den Spitzensteuersatz zu stark abgesenkt hat, dann muss man ihn wieder erhöhen.
Oder man muss klügere Modelle der Besteuerung von besonders Vermögenden einführen, um den Staat zweckgebunden zu entschulden und ihn damit wieder arbeitsfähiger zu machen.
Es ist ebenso richtig, dass man natürlich auch in Hamburg Hausaufgaben machen muss. Ich finde es gut, Herr Scheele, dass Sie angekündigt haben, dass Sie nun mit dem Landesmindestlohngesetz nicht mehr lange zögern wollen. Wir haben zusammen mit der LINKEN etwas vorgelegt. Ich denke, man kann nicht Sie allein dafür verantwortlich machen, das wäre wirklich etwas sehr billig und schlichtweg falsch, dass wir hier Probleme im Zusammenhang mit Hamburgs öffentlichen Unternehmen haben. Wir wollen, dass diese Landesmindestlohninitiative noch in diesem Herbst zum Erfolg wird. Da können Sie dann auch auf unsere Unterstützung zählen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist gesagt worden, und ich will auf zwei Punkte eingehen, die zwei meiner Vorredner und Vorrednerinnen angesprochen haben.
Einmal zu Frau Wolff. Wenn jemand von der CDU nach all dem, was wir erlebt haben in Bezug auf die Mindestlohndebatte in unserem Land, nach vorne geht und derart über die Frage der Aufstocker spricht und sogar die Zahl falsch benennt, denn die 35 000 Menschen arbeiten nicht alle im öffentlichen Dienst,
die arbeiten in der ganzen Stadt – Sie haben davon gesprochen, man müsse richtig lesen, aber das müssen Sie auch einmal auf sich selbst bezie
hen – und so tut, als liege diese Verantwortung bei der Sozialdemokratie in Hamburg oder auch bei der Sozialdemokratie, die auf Bundesebene in der Opposition ist, dann sage ich Ihnen eines ganz deutlich: Wenden Sie sich an Ihre Kanzlerin und an die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag und sorgen Sie endlich dafür, dass die Aufstockermöglichkeit dadurch beseitigt wird, dass ein Mindestlohn eingeführt wird, der mindestens eine Untergrenze für alle Menschen mit sich bringt. Das wäre Ihre Aufgabe und das ist der richtige Ort dafür.
es gibt in diesem Bericht natürlich Statistiken. Aber hinter diesen Statistiken steckt die soziale Lebenslage von vielen Millionen Menschen in diesem Land. Und denen können Sie so etwas Scheinheiliges nicht erzählen.
Die wissen nämlich ganz genau, dass es notwendig ist – das sage ich auch als Gewerkschafter, weil Tarifverträge heute nicht mehr greifen –, als Gesetzgeber dort eine Unterlinie einzuziehen. Das müssen Sie auf jeden Fall jetzt einmal begreifen und entsprechend umsetzen.
Dann zu dem, Herr Bläsing, was Sie angesprochen haben. Sie haben nun schon ordentlich etwas abgekriegt, insofern tut es mir ein bisschen leid. Aber Sie sind über die Frage der Vermögensteuer einfach falsch und teilweise schlecht informiert.