Zweiter Punkt: Wer Studiengebühren abschafft, schafft damit auch jeden Anreiz für die Hochschulen ab, mehr Studienplätze zu schaffen; das Ergebnis sehen wir. Die Kompensation, die Sie eingeführt haben, ist eben nicht dynamisch, sie ist – das wurde schon ausgeführt – anhand früherer Studentenzahlen berechnet worden. Die Hochschulen haben kein Interesse daran, mehr Studienplätze zu schaffen, ganz im Gegenteil, sie werden dafür bestraft, wenn Sie mehr Studienplätze schaffen. Das ist absolut kontraproduktiv.
Dritter Punkt: Die Abschaffung der Studiengebühren ist unsozial. Wenn Sie Studiengebühren abschaffen, finanzieren Arbeiter den Akademikern ihre Ausbildung. Das ist doch nicht sozial, das ist höchst unsozial.
Vierter Punkt: Eine gezielte Hilfe für ärmere Studierwillige ist doch besser als kostenloses Studium für alle. Anstatt gezielt Menschen zu helfen, die sich ein Studium nicht leisten können, verteilen Sie das Geld mit der Gießkanne. Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern.
Fünfter Punkt – das wurde nur angedeutet –: Herr Kühn, Sie mögen die Hoffnung haben, dass keine Kapazitätswirksamkeit eintritt; ich sage Ihnen, sie tritt ein. Wir werden es erleben – es passiert schon –, dass sich Studenten aufgrund dieser Gesetzesänderung einklagen. Wir werden mehr Studenten haben, ohne dass das Budget steigt, und damit eine reale Auszehrung der Hamburger Hochschulen. Das ist das Ergebnis der Abschaffung der Studiengebühren, wie Sie es gemacht haben.
Meine Damen und Herren! Herr Kühn, Sie wollen die Politik Ihrer Senatorin reparieren. Das ist durchaus ehrenhaft, aber Sie wissen ja: Bei einem Totalschaden hilft keine Reparatur mehr. Wir werden den Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben zwei Anträge auf der Tagesordnung. Vier Rednerinnen und Redner haben vor mir gesprochen, aber zu den Anträgen hat kaum einer etwas gesagt. Wir haben einen Rundumschlag zur Hochschulpolitik gehört, über das Pro und Kontra von Studiengebühren bis hin zur Wohnungssuche von Studierenden. Aber worum es eigentlich geht, dazu ist bisher kaum etwas gesagt worden; ich will das einmal versuchen.
"[…] alle Gruppen in den Entscheidungsprozess über die an der Hochschule beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung von Studium und Lehre einzubeziehen."
"[…] dass die an den Hochschulen erreichte Beteiligungskultur zwischen den Allgemeinen Studierendenausschüssen und den Hochschulleitungen auch in Zukunft bei allen Maßnahmen zur Verbesserung von Studium und Lehre […] in angemessener Weise sichergestellt wird."
Da geht es nicht um die Senatorin, Herr Schinnenburg, da geht es um die Beteiligungskultur der Studierenden. Sicherstellen heißt, so, wie es ist, soll es bleiben. Das kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen, denn in den letzten zehn Jahren wurden die Möglichkeiten der Hochschulmitglieder, sich an der Ausgestaltung zu beteiligen, drastisch beschnitten; das müssten Sie doch auch wissen. Das Bundesverfassungsgericht hat das Hamburgische Hochschulgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt, und warum? Weil maßgebliche Mitwirkungs- und Kontrollrechte nach Ansicht der Karlsruher Richter fehlen. Auch die Evaluation des Hamburgischen Hochschulgesetzes rügt die mangelnde Demokratie an den Hamburger Hochschulen, bezeichnet die Beteiligung der Fakultäten als unzureichend, bemängelt, dass selbst die Mitglieder des Akademischen Senats zu sehr auf Stellungnahme- und Mitwirkungsrechte reduziert würden und fordert eine Aufwertung und Neuordnung der sogenannten dritten Ebene unter den Fakultäten.
Wie sehen die Fakten aus? In Paragraf 91, Fakultätsrat, des Hamburgischen Hochschulgesetzes steht – ich zitiere –:
"In jeder Fakultät wird ein Fakultätsrat gewählt, in dem die Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer über die absolute Mehrheit der Sitze und Stimmen verfügt […]"
Zu den vier Gruppen gehören die Professoren, die Studierenden, das akademische Personal sowie das technische, das Bibliotheks- und das Verwaltungspersonal. Wir fordern eine echte Mitbestimmung,
und das bedeutet, dass keine Gruppe alle anderen überstimmen können darf. Das fordert auch die GEW. Das ist für uns echte Mitbestimmung, und davon sind wir in den Hamburger Hochschulen Lichtjahre entfernt.
(Beifall bei der LINKEN – Philipp-Sebastian Kühn SPD: Darum geht es hierbei aber nicht! Es tut mir leid, Sie haben das Thema verfehlt!)
Darum geht es, es geht um Beteiligungskultur. Das ist für uns Mitbestimmung und nicht so ein Krimskrams.
Auch die GRÜNEN reden in ihrem Antrag von mitbestimmen und mitentscheiden und warnen sogar vor einem Zurückdrängen studentischer Mitwirkungsmöglichkeiten, wenn die Studierenden bei der Verteilung der Kompensationsmittel nicht angemessen beteiligt werden. Und so sah die Beteiligung der Studierenden an der Entscheidung über die Verwendung der Studiengebühren aus. An der Universität Hamburg beispielsweise war sie von Fakultät zu Fakultät und selbst innerhalb der Fakultäten sehr unterschiedlich geregelt. Der AStA hat dann bemängelt, dass es an einer einheitlichen Struktur und Begründungen für die einzelnen Maßnahmen fehle und forderte eine bessere Transparenz ein.
Einige Beispiele aus den Fachbereichen. Beim Fachbereich Betriebswirtschaftslehre zum Beispiel war die Beteiligung an der Verteilung der Studiengebühren folgendermaßen: Dem Ausschuss für Lehre und Studium, der über die Verwendung von Studiengebühren im Fachbereich vorbereitend diskutiert, gehören vier studentische Vertreter an. Die finale Entscheidung trifft der Fachbereichsvorstand auf der Basis der Empfehlungen des Ausschusses, und dort ist ein Studierender stimmberechtigt. Im Fachbereich Sozialwissenschaften gehören dem neunköpfigen Ausschuss für Lehre, Studium und Studienreform wiederum vier Studierende an. Die endgültige Entscheidung trifft der Fachbereichsvorstand, und auch hier ist wieder ein Studierender beteiligt. In der Rechtswissenschaft gibt es nur eine Arbeitsgruppe, in der Studierende die Möglichkeit hatten, ihre Ideen bezüglich der Verwendung von Studiengebühren einzubringen. Und so ähnlich ist es beim UKE, der HAW und in der Koordinierungsgruppe der TUHH.
In all diesen institutionalisierten Gruppen können Studierende überstimmt werden, und ein Vetorecht gibt es in keiner Hochschule. Wenn ich die Anträge lese und die Diskussionen höre, dann wird immer
so getan, als ob die Studierenden die ganze Zeit über die Verwendung der Mittel entschieden hätten. Das ist aber überhaupt nicht der Fall, denn entschieden haben andere.
In der Großen Anfrage der SPD aus der letzten Legislaturperiode zur Verwendung der Studiengebühren ist Folgendes in Bezug auf die Universität Hamburg nachzulesen – ich zitiere –:
"Die Studiengebühren werden an der Universität Hamburg in drei Etats ("Aktionen") aufgeteilt: Aktion I 'Fakultätsübergreifende Maßnahmen auf zentraler Ebene' (15 Pro- zent)"
"Aktion II 'Einmalige fakultätsübergreifende Maßnahmen auf zentraler Ebene und einmalige Maßnahmen auf Fakultätsebene (15 Prozent),"
"Aktion III 'Maßnahmen auf Fakultätsebene' (65 Prozent). Weitere 5 Prozent werden für den zentralen Overhead einbehalten."
Kürzlich gab es ein Treffen des Universitätspräsidenten mit dem AStA über die Verwendung der Kompensationsmittel, weil Gott sei Dank die Studiengebühren weggefallen sind. Und der AStA wurde dann vom Unipräsidenten über die Vorentscheidung des Präsidiums informiert. Das Präsidium hat Folgendes bezüglich der Kompensationsmittel festgestellt: Erstens werden Mittel als Sicherheit zurückgestellt, zweitens bindet das dauerhaft beschäftigte Personal erhebliche Mittel, und drittens bleibt ein Restbetrag und über den kann dann entschieden werden.
In dem Gespräch wurde verdeutlicht, dass der unter drittens aufgeführte Restbetrag 15 Prozent von 20 Millionen Euro der Kompensationsmittel an der Uni Hamburg ausmacht. Diese Summe von 3 Millionen Euro, bezogen auf den Gesamthaushalt von 288 Millionen Euro, macht gerade einmal 1,04 Prozent aus. Wir von der LINKEN fordern echte Mitbestimmung, und zwar für den gesamten Etat und nicht nur für plus/minus 1 Prozent.
Auch in der Evaluation des Hamburgischen Hochschulgesetzes wird mehrfach gerügt, dass die Verteilung der Finanzmittel sowohl auf der zentralen Ebene als auch innerhalb der Fakultäten intransparent sei. Die Kriterien, nach denen die Mittelverteilung erfolgt, seien nicht hinreichend bekannt, und die Einzelfallentscheidungen würden teilweise überhaupt nicht kommuniziert.
zulegen, in dem die Mitbestimmungsrechte für alle Gruppen an den Hochschulen verankert werden; das wird allerhöchste Zeit.
Wir fordern den Senat auch auf, endlich das Personalvertretungsgesetz zu ändern, damit die Personalräte an den Hochschulen die Wirtschaftspläne nicht erst zu Gesicht bekommen, wenn sie im Haushaltsplan abgedruckt sind. DIE LINKE fordert eine Re-Demokratisierung der Hochschulen und kein Weitergewurschtel mit angemessenen Wirkungsmöglichkeiten. Wir lehnen die Anträge der SPD und der GRÜNEN ab.
Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der GRÜNEN Fraktion aus Drucksache 20/5605.
Wer den annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? –Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wer möchte diesen beschließen? – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das ist dann mehrheitlich so beschlossen worden.
Wir kommen zu Punkt 55, Drucksache 20/5499, Antrag der CDU-Fraktion: Gegen den Kita-Schwindel: keine Absenkung von Qualitätsstandards zur Finanzierung von Wahlversprechen – Senat muss Verträge mit Kita-Trägern einhalten.
[Antrag der CDU-Fraktion: Gegen den Kita-Schwindel: keine Absenkung von Qualitätsstandards zur Finanzierung von Wahlversprechen – Senat muss Verträge mit Kita-Trägern einhalten – Drs 20/5499 –]
Wir waren uns einig, dass diese Drucksache jetzt auf der Tagesordnung steht. Oder gibt es da Einwände? Dann machen wir weiter.
Die SPD-Fraktion möchte die Drucksache gern an den Kinder-, Familien- und Jugendausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr de Vries, bitte.