Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Umsetzung des Kita-Sofortpakets hat der Senat im Sommer letzten Jahres den Verpflegungsanteil für das Mittagessen in den Kitas vollständig abgeschafft, den berühm

(Dora Heyenn)

ten 1 Euro pro Tag, der gezahlt wurde, wohlgemerkt gerade einmal ein Viertel der Kosten, die für das Mittagessen anfallen. Damit hat der Senat eines seiner vielen kostspieligen Wahlgeschenke eingelöst.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Wir als CDU haben damals als einzige politische Kraft in Hamburg vor kurzsichtigen Wohltaten gewarnt

(Finn-Ole Ritter FDP: Wir auch!)

und wegen der Abschaffung des Essensgeldes dem Kita-Sofortpaket die Zustimmung verweigert. Ich erinnere mich noch gut daran, wie das in der Debatte in diesem Hause verächtlich abgetan wurde.

Unsere politische Leitlinie war und ist der Ausbau der Kindertagesbetreuung. Die Verbesserung der Qualitätsstandards und der Betreuung der Kinder haben Vorrang vor sympathieträchtigen Beitragsentlastungen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich mir die aktuelle Diskussion so anschaue, die wir jetzt führen, dann sollten sich Senator Scheele und die SPD hieran ein gutes Beispiel nehmen, denn mittlerweile hat auch der Senat festgestellt, dass das Geld bei der angespannten Haushaltslage nicht reicht, um diese umfangreichen und kostspieligen Wahlgeschenke zu finanzieren. Jetzt wird versucht, das Geld für diese angebliche Wohltat still und heimlich, und zwar auf dem Rücken der Träger und auch der Kinder, wieder hereinzuholen. Die Träger sollen nun die SPD-Wahlgeschenke bezahlen.

"Der Senat ist dabei, eine Bruchlandung mit seinen Wahlgeschenken hinzulegen."

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GRÜNE)

Das Zitat kommt nicht von mir, es kommt von einem langjährigen Kollegen aus Ihrer Fraktion, Herr Dressel. Herr Werner Dobritz hat das am 21. September im "Hamburger Abendblatt" gesagt. Ich kann nur sagen, recht hat er. Und Senator Scheele entwickelt sich allmählich zum größten Bruchpiloten des SPD-Senats.

(Beifall bei der CDU)

Stets wurde verkündet, dass die Einlösung der Wahlversprechen und der Wahlgeschenke nicht zu Qualitätseinbußen führen würde. Doch jetzt wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, Vertragsbruch zu begehen, denn der Landesrahmenvertrag, der zwischen der Behörde und den Verbänden geschlossen wurde, gilt bis zum 1. Januar 2015.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Er konkretisiert die gesetzlichen Vorgaben und dient vor allen Dingen der Qualitätssicherung. Und wie jeder weiß, steigen die Kosten nicht nur für uns, für die Privathaushalte, sie steigen natürlich auch für die Kitas. Die Stromkosten nehmen zu, die Mieten steigen und nicht zuletzt steigen auch die Gehälter der Mitarbeiter für ihre gute Arbeit, die sie dort leisten. Um diesen Qualitätsstandard zu halten, sieht der Vertrag eine notwendige Anpassung der Entgelte vor, die die Kita-Träger dann über die Gutscheine erhalten. Vereinbart und errechnet wurde für dieses Jahr eine Steigerung von 2,1 Prozent, und dies ist in dem Vertrag auch zugesagt. Aber hiervon will die Behörde jetzt nichts mehr wissen, stattdessen wird von den Trägern eine dauerhaft niedrigere Vergütung gefordert.

Wie soll das konkret eingelöst werden? Bei der Konkretisierung zeigt sich der Senat sehr kreativ, nämlich kreativ zulasten der Qualität. Der Essensgeldzuschuss soll um 1 Euro pro Kind und Tag gekürzt werden. Das ist genau jener Euro, der den Eltern letztes Jahr vom Senat geschenkt wurde.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Woher nehmen Sie eigentlich Ihre ganzen Informationen?)

Das sage ich Ihnen gleich.

Es ist dreist, sich jetzt den 1 Euro pro Tag und Kind, den die Eltern letztes Jahr geschenkt bekommen haben, bei den Kita-Trägern und zulasten der Essensqualität wieder zurückholen zu wollen.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GRÜNE)

Es gibt einen Grundsatz, den der Senat beherzigen sollte, den schon alle Kinder kennen: Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen. So geht es jedenfalls nicht.

(Beifall bei der CDU)

Die Kreativität geht noch weiter. Es soll an den Personalkosten gespart werden. Man könnte erfahrene Kollegen durch jüngere ersetzen, denn die seien doch günstiger. Wir als CDU-Fraktion wollen, dass die Mitarbeiter für ihre wertvolle und anständige Arbeit auch vernünftig bezahlt werden, dass die Tarifsteigerungen auch von den Kita-Trägern bezahlt werden können und dass es an dieser Stelle keine Einbußen gibt.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GRÜNE und Finn-Ole Ritter FDP)

Aber nun erwartet der Senat Verständnis für diese Maßnahme. Aus der Sozialbehörde verlautete, als wir das alles aufgedeckt hatten, dass der Kita-Bereich von vielen zusätzlichen Millionenausgaben profitiert hätte und nun anerkennen müsse, dass die Stadt keine Schulden mehr machen könne. Aber ich sage ganz klar, dass das eine Täuschung der Wähler ist. Geschäftsgrundlage war und ist die Schuldenbremse, und die wurde zum 1. August

2009 eingeführt, also vor mehr als drei Jahren. Das heißt, der Senat hat in voller Kenntnis der finanzpolitischen Rahmenbedingungen zum einen das Essensgeld zum 1. August letzten Jahres abgeschafft und zum anderen auch noch die fünfstündige Kita-Grundbetreuung zum 1. August 2014 beschlossen. Das heißt, kostspielige Wahlgeschenke wurden eingelöst, obwohl die Vorgaben der Schuldenbremse längst bekannt waren und längst galten und eigentlich kein Geld mehr im Haushalt übrig war.

Zusammengefasst: Für die Kür gibt der Senat mit vollen Händen aus, und bei der Pflicht muss dann gespart werden, weil nichts mehr übrig ist. Das ist kein ordentliches Regieren, und das ist erst recht keine verantwortungsvolle Politik.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GRÜNE)

Während der Senat seinerseits diese Pläne öffentlich rechtfertigt, versucht die SPD-Fraktion wiederum, alles abzustreiten. Das ist wirklich bemerkenswert. In einer Pressemitteilung vom 18. September wird verkündet, was die Opposition in den letzten Tagen gesagt hätte, entspreche schlicht nicht der Wahrheit. Eine Kürzung der Sachkostenpauschale und infolgedessen eine Absenkung der Zuschüsse für das Mittagessen seien nicht geplant. Warum sind denn genau diese Vorschläge den Trägern unterbreitet worden und wieso finden dann jetzt Schlichtungsgespräche statt? Sie bezichtigen damit implizit die Wohlfahrtsverbände der Lüge. Ich erwarte schon von Senator Scheele, dass er heute einmal klarstellt, ob diese Gespräche stattgefunden haben oder nicht; so geht es jedenfalls nicht.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir das kurz zusammenfassen, bedeutet es, dass die SPD entweder nicht weiß, was der Senat tut, oder dass es sich umgekehrt verhält und der verzweifelte Versuch unternommen wird, diesen beabsichtigten Vertragsbruch zu decken. Beides wäre ein Desaster und beides wäre indiskutabel.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen mit dem Antrag, den wir heute eingebracht haben, dass der Senat sich vertragstreu verhält und sich hanseatisch als guter Vertragspartner erweist, das heißt, dass die geschlossenen Vereinbarungen bis zum Ende der Laufzeit und ohne Abstriche eingehalten werden. Wir fordern mit dem Antrag, dass der Essensgeldzuschuss von 4,50 Euro pro Tag und Kind nicht abgesenkt wird und er unangetastet bleibt. Wir wollen auch keine Absenkung der Personalentgelte, weil die Mitarbeiter wertvolle Arbeit leisten, die wir von ihnen verlangen, und dafür auch das gute Recht haben, anständig bezahlt zu werden. Die Kita-Träger müssen auch in die Lage versetzt werden, diese Gehaltssteigerungen zu zahlen, erst recht, wenn der Bürgermeister ansonsten durch die Stadt rennt

und überall sagt, die Mitarbeiter müssten anständig und gut bezahlt werden. Das gilt erst recht und in erster Linie für die Mitarbeiter in den Kitas.

Wir wünschen uns, dass die SPD und der Senat heute einmal Farbe bekennen und diese Angelegenheit geraderücken, und das, was Sie angerichtet haben, öffentlich diskutiert wird. – Danke.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GRÜNE)

Frau Thimm, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einen Kita-Schwindel hat es während der Regierungszeit der CDU und der GAL gegeben,

(André Trepoll CDU: Das kann ja keiner mehr hören!)

und zwar so schwerwiegend, dass eine erfolgreiche Volksinitiative daraus hervorging, so eindeutig, dass die frühere Senatorin Schnieber-Jastram am 13. April 2010 im "Hamburger Abendblatt" mit den Worten zitiert wird, adressiert an ihren Nachfolger Herrn Wersich – ich zitiere –:

"Es ist schwierig, in Koalitionsverhandlungen erst große Versprechen zu geben und dann einen Rückzieher zu machen."

Zitatende.

(Beifall bei der SPD – Christiane Blömeke GRÜNE: Das passt ja gut auf die SPD!)

Das war der Kita-Schwindel. Im Koalitionsvertrag von CDU und GAL wurde der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Kinder ab zwei Jahren vereinbart und eine verlässliche Betreuung von Kindern bis 14 Jahre, auch in den Ferienzeiten – Zitat: –

"Es soll geprüft werden, wie durch Anpassung der Gebührenstruktur Familien, die jetzt durch die Gebühren abgeschreckt werden, bewegt werden können, ihre Kinder in die frühe Förderung einer Kinderbetreuungseinrichtung zu geben."

Das ist nicht das Regierungsprogramm der SPD, was viele jetzt vielleicht denken könnten, das ist der Koalitionsvertrag von CDU und GAL. Und das Ergebnis ist: Sie haben in allen drei Punkten kläglich versagt.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben das Gegenteil dessen getan, was Sie versprochen hatten, man erinnere sich nur an die Gebührenerhöhung. Herr Wersich hatte hier für die Exekutive Verantwortung, und die damalige GAL-Fraktion mit Herrn Kerstan an der Spitze hat

(Christoph de Vries)