Meine Damen und Herren! Die Politik des SPD-Senats geht im Bereich Gesundheits- und Verbraucherschutz an die Substanz. Im Zuge einer schleichenden Sparpolitik wird die gewachsene Substanz Stück für Stück aufgezehrt. Der Blick für die langfristigen Folgen fehlt. Probleme und Verantwortung werden einseitig auf die Träger abgewälzt, und damit fügen Sie der Stadt langfristigen Schaden zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine eigenständige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz ist überflüssig, sie gehört abgeschafft.
Zu einem anderen Ergebnis, liebe SPD, kann man nur kommen, wenn Sie Herrn Senator Scheele nicht zutrauen, mit der EHEC-Krise fertigzuwerden. Wenn Sie dieser Meinung sind, dann wechseln Sie den Senator aus, aber schaffen Sie keinen bürokratischen Wasserkopf. Wir könnten 1 Million Euro einsparen, da wäre das Geld viel besser aufgehoben.
Liebe Damen und Herren vom Senat, Sie hätten auch etwas davon. Wenn Frau Prüfer-Storcks die Senatsbank verlässt, dann ist dort mehr Platz, und der arme Senator Neumann muss nicht den ganzen Tag stehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Die Ausgaben für Gesundheit und Verbraucherschutz steigen in den nächsten zwei Jahren an, 2013 um fast 5 Prozent, 2014 um fast 7 Prozent. Das liegt leider nicht daran, dass der SPD-Senat mehr für die gesundheitliche Vorsorge und den Verbraucherschutz unternimmt, sondern weil mehr Menschen gesetzliche Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Dies sind unter anderem Hilfen zur Pflege, der Maßregelvollzug und Eingliederungshilfen für Suchtkranke. Die Familienhebammenprojekte sollen ausgebaut und finanziell besser ausgestattet werden, aber dafür investiert Hamburg kein eigenes Steuergeld, sondern nutzt Bundesmittel. Lediglich das Klinische Krebsregister soll mit nennenswerten Ei
genmitteln ausgebaut werden. Ein guter Beitrag ist aber zu wenig, um den brennenden sozialpolitischen Themen Gesundheit und Pflege und dem Verbraucherschutz gerecht zu werden.
Ich kann zusammenfassen, dass Hamburg kein zusätzliches Geld in die gesundheitliche Prävention, den Ausbau gesundheitlicher Versorgungsstrukturen sowie in die bedarfsgerechte Unterstützung von gesundheitlich beeinträchtigten Menschen investiert, um diesen mehr Lebensqualität und Teilhabe zu ermöglichen. Das, sehr geehrte Herren und Damen, ist keine gute Bilanz für eine Partei, die soziale Gerechtigkeit proklamiert, und findet unsere allerschärfste Kritik.
So muss ich jetzt schon konstatieren, dass die SPD weder eine große Koalition braucht noch eine FDP, um schlechte Kompromisse bei der Verteilung von Steuergeldern zu vereinbaren, denn Sie vereinbaren diese ganz unproblematisch mit sich selbst. Die SPD hat ihren ersten eigenen Haushalt in Hamburg, nachdem sie zehn Jahre Opposition machen musste, nicht genutzt, um Pflöcke für mehr soziale Gerechtigkeit und eine Aufhebung der sozialen Spaltung einzuschlagen. Dass Sie diese Chance einer absoluten Mehrheit vertan haben, um mit Ihrer Gesundheitspolitik zu glänzen, ist unfassbar.
Gesundheit ist wohl der bedeutendste Indikator für den Zustand einer Gesellschaft. Wenn ich Sie frage, was Sie sich am meisten für sich persönlich wünschen, dann werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen: vor allem Gesundheit. Je älter Sie werden, desto bedeutsamer wird das für Sie sein. Darum kann die Links-Fraktion nicht verstehen, dass der Etat der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nicht ausgebaut werden soll, denn es fehlt doch überall. Es fehlt dem öffentlichen Gesundheitsdienst an Ärztinnen und Ärzten, es fehlt den Beratungsstrukturen an personellen und räumlichen Kapazitäten, es fehlt den vielen ehrenamtlich Engagierten an struktureller Unterstützung, es fehlen bedarfsgerechte Unterstützungen für pflegebedürftige Menschen, es fehlt an allen Ecken und Enden. Und dann legt die SPD auch noch einen Strick um den Hals bedeutsamer Einrichtungen dieser Stadt, der ihnen die Luft zum Atmen nimmt. Dies betrifft die Verbraucherzentrale, das Institut für Hygiene und Umwelt, Zuwendungsempfänger und freie Träger sowie die Suchtselbsthilfe. Die SPD setzt darauf, dass diese Einrichtungen sich Sponsoren suchen, Sachmittel reduzieren und Stellen weniger hochqualifiziert besetzen. Was die SPD einkalkuliert, sich aber nicht zu sagen traut, ist, dass diese Einrichtungen dann Lohndumping und Tarifflucht betreiben. Das will
die SPD nicht, sagen ihre Funktionsträgerinnen und -träger, aber die SPD verursacht es mit ihrer Haushaltsplanung.
Preis- und Tarifsteigerungen sollen künftig selbst erwirtschaftet werden, sagt die SPD. Beim Institut für Hygiene und Umwelt sollen Personalausgaben schrittweise durch Altersfluktuation und Aufgabenkritik abgebaut werden. Aber was ist eigentlich Aufgabenkritik? Nach meiner dreißigjährigen Berufserfahrung kommt dabei am Ende doch nichts anderes heraus als Überlegungen zur Steigerung der Selbstausbeutung und Arbeitsverdichtung. Das ist nicht stark und solidarisch, sondern unsozial.
Das, was Sie jetzt in das verbindliche Einladungswesen hineinstecken wollen, findet unsere Unterstützung ebenfalls nicht. Die Abgeordneten, die schon in der vorherigen Wahlperiode dabei waren, wissen, wie ausführlich wir uns mit dieser Thematik auch in einer Expertenanhörung beschäftigt haben und wie kritisch dieses Thema beurteilt wurde. Das ist eben keine Absicherung, um ausreichend Fürsorge für Kinder zu betreiben. Das verbindliche Einladungswesen stellt keinen richtigen Schritt dar und bedeutet fehlkalkuliertes Geld, das Sie einsetzen wollen. DIE LINKE hat einige Vorschläge benannt, die Zeichen setzen sollen. Für mehr soziale Gerechtigkeit setzen wir Zeichen der Solidarität. Wir wollen das Soziale stärken. So beantragt DIE LINKE, dass Verhütungsmittel ab 2013 in Hamburg für Bedürftige kostenlos abgegeben werden. Berlin macht das vor und ist damit erfolgreich. Die Familienplanung funktioniert bei ärmeren Menschen viel besser, und der Schutz vor infektiösen Krankheiten ist in höherem Maße gewährleistet. Das entlastet das Gesundheitssystem und Familien. Die SPDFraktion hat diesem schon einmal von uns eingebrachten Vorschlag im April 2010 zugestimmt. Wie verhält sich die SPD 20 Monate später? Ich fordere jetzt erneut Ihre Unterstützung.
Herr Dr. Dressel, der gerade leider nicht an seinem Platz ist, nennt das in seiner Presseerklärung alten Wein in neuen Schläuchen. Ich bin zusammengezuckt, als ich das gelesen habe. Ich finde diese Bewertung verantwortungslos.
(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GRÜNE – Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vorsitz.)
DIE LINKE beantragt außerdem, dass Pflegebedürftige Wohngeld bei stationärem Aufenthalt und einen Investitionskostenzuschuss bei der Tages
pflege bekommen. Das hat es in Hamburg schon einmal gegeben, aber der CDU/GAL-Senat hat es den Menschen weggenommen. Die SPD hat damals mit uns zusammen dagegen Dampf gemacht. Wie stimmen Sie heute? Setzen Sie ein Zeichen der sozialen Gerechtigkeit und entlasten Sie ältere und pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. Wir alle wissen, dass die Pflege unterfinanziert ist und dass die Menschen Hilfe brauchen. Ich verlasse mich nicht darauf, dass Sie ab Herbst 2013 vielleicht das gesamte Land regieren. Und selbst wenn, bin ich äußerst skeptisch, dass Sie mit diesem Kanzlerkandidaten den Pflegenotstand beseitigen werden, und die Hamburger SPD sollte das auch nicht tun.
DIE LINKE beantragt, der Suchtselbsthilfe weiterhin die Ausbildung von Gruppenleitungen teilzufinanzieren. Wir reden dabei über eine kleine Summe, circa 60 000 Euro. Das wäre ein kleiner Betrag für den Haushalt, aber eine große Hilfe für die ehrenamtlich Engagierten.
Dass Ihnen das weggenommen werden soll, ist unsozial, und es macht, selbst wenn ich Ihr Schuldenbremsen-Argument nachvollziehen wollen würde, den Kohl nicht fett. Wir sprechen hier über die Opfer schwerer Alkoholsucht, die in ihren Gruppen seit Jahren Halt finden. Wir sprechen über Gruppen, die zunehmend durch Suchtkranke mit Doppeldiagnosen belastet werden. Die Ausbildung der Gruppenleitungen ist ein aktiver Beitrag zur Gesundheitsförderung und entlastet das Gesundheitssystem in großer Höhe. Viele Selbsthilfeaktive benötigen dank dieser Gruppen nämlich nicht einmal eine weitere Therapie. Geben Sie sich einen Ruck und unterlassen Sie diese Kürzungen.
DIE LINKE beantragt, die Verbraucherzentrale zu stärken. Ihre institutionelle Förderung liegt weit hinter der in den anderen Bundesländern, trotz der 850 000 Euro, die weiterhin eingestellt werden sollen. Sehen Sie in andere Bundesländer, da sieht das ganz anders aus.
Die jetzt einkalkulierten Folgen der Nichtberücksichtigung der Tariferhöhungen bei den Gehältern sind: Einstellung des kollektiven Rechtsschutzes und Reduzierung des Beratungsangebots. Das wird arme Menschen treffen, das wird aber auch der ganzen Gesellschaft schaden, denn die Folgewirkungen werden sich auf die Ausgaben der Personenhaushalte auswirken. Ich fordere Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen.
DIE LINKE beantragt, das Institut für Hygiene und Umwelt weiterhin in vollem Umfang mit Geld und Personalmitteln auszustatten. Es erfüllt einen be
deutenden Auftrag, und ich kann nicht verstehen, dass Feuerwehr, Polizei und Schulen vom Personalabbau ausgenommen werden sollen, das Institut aber nicht. Nur weil es nicht so sichtbar ist? Geben Sie diesen Plan auf und statten Sie das Institut auch künftig vernünftig aus.
DIE LINKE beantragt, für die Senioren- und Seniorinnenarbeit mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das Seniorenmitwirkungsgesetz muss sich auch materiell auf Hamburgerinnen und Hamburger auswirken. Die Vor-Ort-Arbeit ist sehr wichtig. Ältere Menschen benötigen Anlaufpunkte, wo sie sich wohlfühlen, wo sie kompetente Ansprechpersonen haben, wo sie Beratung finden und wo ihnen die Möglichkeit gegeben wird teilzuhaben. Wir wollen den Bezirken mehr Geld zur Verfügung stellen, um dies zu gewährleisten. Die bisherigen Mittel reichen nicht, um den wachsenden Bedarfen gerecht zu werden. Der Landesseniorenbeirat hat relativ deutlich formuliert, dass er mit den derzeitigen Mitteln nicht richtig ausgestattet ist und mit den Mehraufgaben, die auf ihn zukommen, vielfach überfordert ist. Von daher ist es mehr als gerechtfertigt, dem Landesseniorenbeirat das Geld zur Verfügung zu stellen, das Sie ihm über das Seniorenmitwirkungsgesetz nicht gewähren.
Stimmen Sie also unseren Anträgen zu und zeigen Sie Flagge für mehr soziale Gerechtigkeit durch eine bessere gesundheitliche Versorgung in Hamburg.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass für die heutige Debatte ein Nebenschauplatz geschaffen werden musste, denn die tiefen Einschnitte, an denen Sie sich hätten abarbeiten können, gibt es in meinem Haushalt nicht.
Aber bei allem Verständnis, ich glaube, um Behördenzuschnitte bestimmen zu können, muss man Wahlen gewinnen.