Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Restmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Diese Mittel sind für sozial benachteiligte Kinder eingeplant gewesen, und gerade diese Gruppe profitiert besonders von den Angeboten der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Dann würden diese Bundesmittel doch noch ihren Zweck erfüllen und nicht zur Finanzierung unnötiger SPD-Wahlgeschenke herhalten müssen.

Die Debatten der letzten Monate waren nicht nur von den Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit gekennzeichnet. Gleich zu Jahresbeginn erschütterte uns alle der tragische Tod der kleinen Chantal. Die Beratungen im Sonderausschuss Chantal haben deutlich gemacht, welche zentrale Funktion der Allgemeine Soziale Dienst, kurz der ASD, der Jugendämter hat. Damit diese engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit machen können und ihren gesetzlichen Auftrag überhaupt erfüllen können, müssen die Rahmenbedingungen dafür stimmen. Wenn ich das Gutachten des renommierten Jugendhilfeexperten Prof. Dr. Schrapper oder die Brandbriefe der Jugendamtsleitung lese, dann entsteht bei mir der Eindruck, dass die Rahmenbedingungen hier eben nicht stimmen. Die neue Computersoftware JUS-IT steckt noch voller Fehler, und viele Mitarbeiter kommen mit ihr nicht zurecht.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch nicht un- ser Problem!)

Die Fluktuation ist nach wie vor hoch, und Stellenbesetzungen dauern zu lange, wenn es überhaupt geeignete Bewerber gibt. Es sind schon einige richtige Schritte eingeleitet worden, etwa die Höhergruppierung der ASD-Mitarbeiter, die Einführung der Jugendhilfeinspektion, die Vorbereitung eines Qualitätsmanagements, und ein Personalbemessungssystem ist auch schon angekündigt worden. Das begrüßen wir als FDP-Fraktion ausdrücklich, aber – wie so oft – die Umsetzung dauert.

Wir Liberale sind deshalb der Meinung, dass ein Sofortprogramm notwendig ist, um die Handlungsfähigkeit des ASD in dieser Stadt sicherzustellen. Die Situation in den einzelnen Abteilungen ist sehr unterschiedlich, und die Abteilungen wissen selbst am besten, was sie am dringendsten brauchen, ob es ein Coaching ist, eine weitere Schulung für JUS-IT, Honorarkräfte, die Protokoll führen, oder Patenschaften und Tandemprogramme für neue Mitarbeiter. Diese Unterstützung sollte von den ASD-Abteilungen selbst eingefordert werden können. Ein Zukunftsfonds Jugendhilfe, wie in unserem Antrag benannt, aus dem bei Bedarf entsprechende Mittel abgefordert werden können, kann hier helfen. Nach einer Übergangszeit könnten die vom Senat eingeleiteten Maßnahmen Wirkung zeigen, denn die Entlastung des ASD, da sind wir uns alle einig, ist ein wichtiger Schritt, um den explosionsartigen Anstieg der Ausgaben bei den Hilfen zur Erziehung einzudämmen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! In dieser Stadt gibt es aber nicht nur Sorgenkinder, sondern auch viele positive Entwicklungen. Hamburg ist eine wachsende Stadt, und es werden entgegen dem bundesweiten Trend nicht weniger, sondern mehr Kinder. Deshalb haben sich in den letzten zehn Jahren die Ausgaben für den Kita-Bereich ebenfalls nahezu verdoppelt. Diese Mehrausgaben sind für uns alle eine gute Nachricht.

(Beifall bei Jan Quast und Ekkehard Wy- socki, beide SPD)

Danke, Herr Quast.

Es gibt mehr Plätze und damit eine frühe Bildungsbeteiligung für viele Kinder, eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Hamburg, der auf alle qualifizierten Fachkräfte angewiesen ist. Heute besuchen viel mehr Kinder die Kita als noch vor zehn Jahren, und die Zahl der Kinder im Krippenbereich hat sich sogar verdreifacht. Sie alle profitieren von frühkindlicher Bildung. Für viele Kinder ist der Besuch einer Krippe ein dringend notwendiger Beitrag zur Verbesserung ihrer Startchancen ins Leben und zur Sprachförderung. Bildung beginnt eben nicht erst mit der Einschulung, sondern schon spielerisch bei den Kleinsten. Die steigenden Zahlen bedeuten aber auch, dass das unter liberaler Regierungsbeteiligung eingeführte Kita-Gutscheinsystem funktioniert.

(Beifall bei der FDP – Jan Quast SPD: Mei- nen Sie den Admiral?)

Herr Quast, ob es der Admiral eingeführt hat oder sonst wer, ist egal, denn die Sache ist gut und deswegen kann man sie immer wieder loben.

(Beifall bei der FDP)

Schon lange ist Hamburg beim Krippenausbau Spitzenreiter unter allen westdeutschen Bundesländern. Dies wurde nicht zuletzt durch die von der schwarz-gelben Bundesregierung zur Verfügung gestellten Mittel ermöglicht.

(Beifall bei der FDP)

Diese Mittel wurden natürlich dankend in Hamburg ausgeschöpft und in den Krippenausbau investiert, und das ist auch gut so.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Bei aller Freude über diese Zahlen fällt aber eines auf. Es geht immer nur um Zahlen, Plätze und Quoten, das Wort Qualität taucht jedoch in diesem Zusammenhang fast gar nicht auf. Genau darauf aber sollten wir uns jetzt konzentrieren, nämlich auf die Verbesserung der Qualität.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin mir sicher, dass in den meisten Kitas tolle Arbeit geleistet wird und die Erzieher und Erzieherinnen ihr Bestes geben, aber genau darüber wird geschwiegen. Ich wiederhole deshalb die Forderung, die ich letztes Jahr an dieser Stelle vorgebracht habe: Wir brauchen endlich einen Kita-TÜV und die Veröffentlichung der Ergebnisse.

(Beifall bei der FDP)

Dass er in Arbeit sei, Herr Scheele, habe ich jetzt ein paarmal gehört, aber es müssen Ihren Worten auch Taten folgen in dem Bereich.

(Robert Bläsing FDP: Wer gackert, muss auch legen!)

Qualität in Kitas setzt voraus, dass man gut ausgebildete Fachkräfte hat; sie werden auch händeringend gesucht. Deshalb haben wir als FDP-Fraktion zusätzlich ein Modellprojekt für die duale Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher vorgeschlagen, welches in Baden-Württemberg mittlerweile erfolgreich gestartet ist.

Es ist richtig, wenn auf den Bereich Familie, Kinder und Jugend ein Schwerpunkt des Haushalts gelegt wird, aber die Prioritäten müssen ebenfalls richtig gesetzt werden. Daran, liebe SPD, fehlt es in Ihrem Haushalt gewaltig. Stimmen Sie deshalb unseren Haushaltsanträgen zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Jan Quast SPD: Wenn das so einfach wäre!)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! DIE LINKE tritt für eine solidarische und soziale Stadt ein. Soziale Gerechtigkeit gilt für uns von Geburt an, und der Sozialhaushalt unserer Stadt ist aus meiner Sicht ein zentraler Baustein für die Realisierung dieses Grundwertes. Deswegen ist für mich die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik eine Herzensangelegenheit. Ich möchte in einigen Punkten die Grundsätze unserer Kita-Politik darstellen.

Erstens: Wir sind für Ganztagsplätze für alle Kinder spätestens ab dem ersten Lebensjahr, unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: Perspektivisch sind wir für Gebührenfreiheit. Frühkindlicher Bildung muss langfristig der gleiche Stellenwert wie Schule beigemessen werden.

Drittens: Wir brauchen qualifizierte Fachkräfte, die unter angemessenen Bedingungen dafür sorgen können, dass Kinder ordentlich gefördert werden. Das ist eine langfristige Perspektive. Deswegen beginnen wir mit der Verbesserung im Kita-Bereich bei den Kindern, bei denen es am nötigsten ist.

(Finn-Ole Ritter)

Vor diesem Hintergrund haben wir gemeinsam mit dem Landeselternausschuss, den Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden eine Volksinitiative gestartet, damit Hamburg in der Kita-Politik gut aufgestellt ist. Die SPD hat die gemeinsame Forderung von uns und der Initiative aufgegriffen.

(Robert Bläsing FDP: So war das also!)

Aus unserer Sicht bedeutet dies, dass linke Politik und der Druck Wirkung zeigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Darüber bin ich zufrieden und ich unterstütze die mit dem Landeselternausschuss gebildeten Vereinbarungen.

Wir haben vor diesem Hintergrund allerdings auch einen Antrag auf Freistellung aller Mindestzahler von Kita-Gebühren gestellt. Die hohen Schulden der Eltern bei den Kitas, besonders in sozial benachteiligten Stadtteilen – Sie haben das in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage von mir lesen können –, bestätigen unsere Forderungen, endlich die Gebührenfreiheit für Geringverdiener und Hartz-IV-Empfänger einzuführen. Das fordert übrigens auch die Arbeitsgemeinschaft Freier Wohlfahrtsverbände, die zusammengeschlossenen Verbände von Kita-Trägern. Wenn der Senat nicht will, dass Kinder im schlimmsten Fall abgemeldet werden oder Gerichtsvollzieher vor den Türen der Eltern stehen und dass Kinder nicht ausgegrenzt werden, dann muss er endlich dafür sorgen, dass diese Kinder beitragsfrei die Kitas besuchen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher steht Ihnen auch unser Antrag zur Verfügung, damit die SPD das zumindest unterstützen kann. Ich hoffe, dass Sie das auch in nicht allzu ferner Zukunft übernehmen können.

Zum Antrag der GRÜNEN. Ihr Antrag ist für mich handwerklich schlecht und nicht durchdacht. Dass die Umsetzung ab dem 1. Januar 2013 gelten soll, zeigt, dass es nicht ernst gemeint ist, sondern dass der Antrag nur Aufmerksamkeit erregen soll.

Zum Antrag der CDU. Dass die Qualität der frühkindlichen Bildung gegen die Gebührenfreiheit ausgespielt wird, meine lieben CDU-Kollegen, ist unsozial, und deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Was mich bei diesem Haushalt besonders freut, ist die Situation der Kinder ohne Aufenthaltsstatus. Dass die SPD sich jetzt etwas bewegt, damit Kinder von Eltern ohne Aufenthaltsgenehmigung Zugang zu den Kitas bekommen, bestätigt unsere Arbeit und die Arbeit der Bündnispartner in diesem Bereich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Barbara Ni- truch SPD)

Dass Sie unsere Forderungen, die wir seit 2009 stellen, endlich aufgreifen, ist schön, aber man merkt Ihrem Antrag auch an, dass Sie das nur widerwillig tun. Wir alle wissen um die Situation der Familien ohne Aufenthaltsgenehmigung. Die bürokratischen Hürden, die Sie aufbauen, sind in der Praxis nur für die wenigsten der betroffenen Familien zu überwinden. Ich frage mich, wie eine Mutter, die zehn Stunden arbeitet, ihr Kind nach fünf Stunden von der Kita abholen soll. Hier müssen alle Hamburger Kinder gleichberechtigt behandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Bereitstellung der Mittel und der Kita-Plätze sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Deshalb hoffe ich, dass wir mit der SPD in den nächsten Tagen darüber sprechen können, dass dies weiter fortgeführt wird.

Ich komme zu der offenen Kinder- und Jugendarbeit, auf die viele Vorrednerinnen und Vorredner eingegangen sind. Für uns sind die offene Kinderund Jugendarbeit und die Familienförderung ein Eckpfeiler der sozialen Infrastruktur. Es sind Einrichtungen, in denen besonders Kinder und Jugendliche und ihre Familien aus sozial benachteiligten Stadtteilen Hilfe erhalten. Diese Einrichtungen ermöglichen selbstbestimmte Freizeitgestaltung. Sie sind beitragsfrei und freiwillig. Hier finden Kinder und Jugendliche Möglichkeiten, sich zu entfalten. Diese Einrichtungen sind schon jetzt unterfinanziert. Im Rahmen von ganztägiger Bildung und Betreuung und der Sozialraumorientierung in den Stadtteilen kommt für diese Einrichtungen noch zusätzliche Arbeit hinzu. Weshalb der SPD-Senat nun auf die Idee kommt, bei diesen Trägern, diesen tragenden Säulen, noch 3,5 Millionen Euro zusätzlich zu kürzen, ist immer noch unbegreiflich.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Die schichten um!)