Mehmet Yildiz

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Gedanke der Olympischen Spiele, Völkerverständigung und gegenseitiger Respekt, ist wichtiger denn je. Wenn wir uns den feigen Anschlag in Frankreich anschauen, die Pegida-Bewegung, die Kriege auf der Welt oder Flucht, dann ist dieser Gedanke sehr, sehr wichtig. Was aber aus dem olympischen Gedanken geworden ist, ist für die austragenden Städte nicht mehr hinnehmbar. Knebelverträge, Gigantismus, Korruption und Intransparenz prägen die Spiele heute. Daran haben die Reformen des IOC, die angeblich angestoßen worden sind, wenig geändert. Es gibt keine Angaben zum Thema Kosten, Unterstützung der Städte. Es ist unklar, wie die Verträge gestaltet werden, ob austragende Städte Beteiligungsrechte haben. Es wird von einem TV-Sender gesprochen, den das IOC selbst gründen will, aber gleichwohl sind die TV-Rechte von 2024 bis 2032 an einen
US-amerikanischen Sender für 8 Milliarden Dollar verkauft worden.
Ich will kurz an drei Beispielen darstellen, welche Form die Olympischen Spiele in den vergangenen Jahren hatten. Athen wurde mit 1,5 Milliarden Euro geplant, die Gesamtkosten betrugen schließlich etwa 15 Milliarden Euro. Peking hatte 14 Milliarden Euro geplant, es wurden 33 Milliarden Euro. Das viel gelobte London plante mit 5 Milliarden Euro, insgesamt mussten die Londoner und Londonerinnen 28 Milliarden Euro zahlen. Die Folgen von Olympia betreffen nicht nur die Kosten; Mieter wurden verdrängt, Umwelt und Verkehr wurden erheblich belastet. Bei einem Zuschlag für Hamburg wäre die ganze Stadt eine einzige Großbaustelle. Gehen wir nur von den konservativen Schätzungen aus, was mein lieber Kollege Norbert Hackbusch getan hat, und sprechen von 7,3 Milliarden Euro. Ich werde im Laufe meiner Rede erläutern, dass es doppelt oder dreimal so viel ist.
Ich möchte anhand einiger Punkte kurz zusammenfassen, was wir im Mai in der Bürgerschaft beschlossen haben oder was Sie beschlossen haben, da wir den Antrag nicht unterstützt haben. Erstens – ich zitiere aus Drucksache 20/11848 –:
"Untersuchung der Finanzierung: Kosten für die Kandidatur; Kostenschätzung für die Durchführung der Spiele."
Zitatende.
Bis jetzt haben wir keine Antwort.
Das Zweite betrifft die Transparenz hinsichtlich der Verträge und Auflagen für Hamburg – ich zitiere –:
"Darstellung der Auswirkungen der Vertragsbindungen der Freien und Hansestadt Hamburg durch das IOC, insbesondere auf die Bereiche […] der Nutzung des öffentlichen Raums […]."
Zitatende.
Keine Antwort.
Drittens: Alle Parteien waren einer Meinung – auch wenn DIE LINKE nicht zu den Antragstellern gehörte –, dass wir diesen Prozess begleiten und Bürgerinnen und Bürger daran beteiligen sollten. Das Ergebnis: Der Senat gibt eine Broschüre heraus, in der kein einziger kritischer Punkt erwähnt wird, sondern die ein lobenswertes Olympia mit Bildern darstellt. PR-Agenturen machen Veranstaltungen, und Unternehmen, die am Ende davon profitieren, sponsern sie. Statt mit Jubelveranstaltungen wie Licht-Shows oder dem Miniatur-Modell künstlich eine Stimmung für die Spiele zu schaffen, sollte man schauen, dass man die Olympischen Spiele für die Hamburgerinnen und Hamburger kritisch beleuchtet. Wenn man mit Menschen tatsächlich darüber spricht, welche Folgen Olympische Spiele für uns haben können, dann hört man, dass
sie nicht die zweite, dritte oder vierte Elbphilharmonie in Hamburg möchten. Die Menschen müssen von vornherein an diesem Prozess beteiligt werden, und zwar mit sachlichen, nicht nur einseitigen Informationen.
Wenn wir dann auch noch in den Medien lesen müssen "Für einmal Olympia bekäme man gerade einmal zwei Elbphilharmonien", dann kann man nur den Kopf schütteln, denn dieser kleine Spaß sollte uns anfangs 70 Millionen Euro kosten und hat uns 800 Millionen Euro gekostet, das ist mehr als zehnmal so viel. Nur, wenn man sich vorstellt, dass die Olympischen Spiele das Doppelte oder Dreifache kosten – die Erfahrung bis jetzt zeigt, dass jedes Spiel 180 Prozent teurer war als geplant –, dann müsste man die Hamburgerinnen und Hamburger darüber aufklären, was auf sie zukommt. Hier hätten Sie Klarheit schaffen müssen, anstatt dass die Handelskammer damit spekuliert oder Großunternehmen davon reden. Wie die Hafenwirtschaft darstellt, würde etwa der Umbau des Hafens 6 Milliarden Euro kosten; dazu kommt die Durchführung mit etwa 3 Milliarden Euro plus 8 Milliarden Euro für die Infrastruktur. Zusammengerechnet sind das 17 Milliarden Euro. Der Senat und Sie alle haben die Pflicht und die Aufgabe, den Hamburgerinnen und Hamburgern Rechenschaft abzugeben, anstatt dass man tagtäglich in den Medien Spekulationen hört.
Sie schaffen Tatsachen damit, dass der DOSB ohne Bürgerbeteiligung eine Meinungsumfrage macht und gleichzeitig im März entscheidet, welche bundesdeutsche Stadt sich für Olympia bewerben soll. Sie hätten es den Hamburgerinnen und Hamburgern schon vorher ermöglichen müssen zu entscheiden, ob sie Olympia überhaupt haben wollen oder nicht, dann bräuchte der DOSB dieses Tamtam nicht zu machen.
Meine Damen und Herren! Als dieser Alibi-Antrag auf eine Machbarkeitsstudie gemacht worden ist, haben wir von vornherein gesagt "Nicht mit uns", weil wir wussten, dass weder ein objektives Ergebnis noch eine ergebnisoffene Studie zustande kommen würde. Es wird einseitig dargestellt, und das Inakzeptable dabei ist, dass der Senat den dreiseitigen Antrag zur Beantwortung der Fragen an den DOSB schickt und der Bürgerschaft einen ganzen Satz als Antwort übermittelt. Das geht nicht. Es waren Fragen und der Senat hat die Aufgabe, diese Fragen zu beantworten.
Wenn wir darüber sprechen, dass der Senat eine Institution mit einem Kostenvoranschlag zu Olympia beauftragen soll, dann sagt er, dass er ohne
bürgerschaftlichen Beschluss keinen Cent ausgeben würde. Das finde ich auch richtig, aber dann höre ich tagtäglich Werbung, sehe gedruckte Broschüren und organisierte Unterstützung. Der Senat hat dazu natürlich das Recht, er hat auch das Recht über seinen Haushalt, aber dass man nur einseitig darüber berichtet, das geht nicht. Daher fordern wir Sie auf, erstens Kostentransparenz zu schaffen, und danach sollten die Hamburgerinnen und Hamburger durch Bürgerbeteiligung und mit einem Bürgerentscheid entscheiden können, ob sie Olympia haben wollen oder nicht. Hier geht es um ein Milliardenprojekt, während Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen um jeden Euro kämpfen. Es kann nicht sein, dass wir über 10, 15, 18 Milliarden Euro reden, ohne vorher Kostentransparenz zu schaffen. Das Gleiche haben Sie bei der Elbphilharmonie gemacht.
Sie alle, außer der LINKEN.
Sie haben Werbung für ein Leuchtturmprojekt gemacht. Am Ende sind aus diesen 70 Millionen Euro Festpreis 800 Millionen Euro geworden, und unsere Kinder und Jugendlichen, unsere Stadtteile und unsere Sozialprojekte leiden tagtäglich. Gestern war BEDO auf einer Veranstaltung. Er wollte für 200 Euro einen Workshop machen. Wegen Sparmaßnahmen wurde dieses Projekt gekürzt, wegen lächerlicher 200 Euro. Vergleichen Sie einmal 200 Euro mit 15 Milliarden Euro, dann viel Spaß.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einige Dinge möchte ich einfach nicht so stehen lassen.
Erstens: Herr Neumann, Sie sprachen davon, ohne Grundlage solle man nicht reden. Das sehe ich genauso, wie Sie es gesagt haben. Das war auch die Abmachung, aber Sie reden ohne irgendwelche Grundlagen über ein Thema. Feuer und Flamme, wir wollen Olympia – das ist eine einseitige Werbungsmache ohne jede Grundlage. Das gilt auch für Sie.
Zweitens: Das IOC hat Rio 1,3 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Das ist der einzige Punkt bei Olympischen Spielen, wo das IOC sich beteiligt. Das haben wir in unserer Studie dargestellt, und das sage ich auch in meinen Reden. Sie werfen uns vor, dass wir einseitig gegen Olympia sind. Zeigen Sie uns einmal eine Veranstaltung von Ihnen, zu der Sie Befürworter und Gegner geholt haben.
Wir haben im Rathaus Veranstaltungen mit 100, 150 Menschen ausgerichtet, wo Olympia-Befürworter und auch -Gegner dabei waren. Machen Sie das auch einmal.
Dazu sind Sie nicht in der Lage, weil Sie Tatsachen schaffen wollen und nur unter dem Motto "Wir wollen Olympia und sind Feuer und Flamme" darüber reden wollen. Aber wenn das richtig brennt und es darum geht, wer das löschen soll, dann müssen die Hamburger das alles zahlen.
Ja.
Das ist mir schon bewusst. Ich habe auch mit Herrn Seifert und NOlympia zu tun, aber unabhängig vom Glauben müssen alle Menschen in Hamburg mitgenommen werden. Das finde ich sehr wichtig. Sie sagen, Sie müssten uns nicht mitnehmen. Wir haben Tau
sende von Wählerinnen und Wählern, die dagegen sind, wenn wir unsere Mitgliederumfragen anschauen, und diese Menschen müssen Sie auch mitnehmen. Holen Sie auch einmal jemanden zu Ihren Veranstaltungen, der die Folgen in Athen, London und Peking oder auch die Folgen der Winterspiele in Sotschi darstellt und was das konkret für die Menschen bedeutet.
Wir haben uns im Vergleich zu Ihnen, bevor Olympia Ihr Thema war, sehr gut damit beschäftigt. Wir haben versucht, uns nach unseren Möglichkeiten auch damit zu befassen, welche Folgen Olympia in den letzten 50 Jahren für die austragenden Städte hatte. Sie kennen alle unsere Position dazu, und ich empfehle Ihnen noch einmal, unsere Broschüre, 29 Seiten, zu lesen.
Frau Kaesbach, Sie werfen uns vor, wir seien fahrlässig.
Was zurzeit passiert – das ist auch eine Feststellung von mir –, ist, dass Sie nicht einmal ein kritisches Wort zu Olympia sagen; das ist auch fahrlässig.
Ich wünsche mir, dass Sie sich als sportpolitische Sprecherin nicht nur unter dem Motto "Feuer und Flamme", sondern auch einmal kritisch mit diesem Thema befassen. Ich habe nichts dagegen, dass Sie darüber reden, aber wir sind der Auffassung, man sollte dies nicht nur einseitig tun, sondern man sollte mit offenen Karten spielen, damit man nicht am Ende sagen muss, das habe man sich so nicht gedacht.
Ich sage Ihnen einen Satz: Ich hoffe, dass in den nächsten neun Monaten nicht das geschieht, was ich hier vorhersage. Wenn die Ergebnisse des DOSB sich für Hamburg aussprechen, dann werden der Senat und die Bürgerschaft Folgendes formulieren: Der DOSB hat sich für Hamburg entschieden, und wir stehen in der Pflicht, dieser Aufgabe gerecht zu werden. – Ende meines Zitats. Ich glaube schon, dass das der Realität entsprechen wird. Sie spielen nicht mit offenen Karten, sondern Sie machen nur einseitige Werbung für eine Sache, womit Sie die Hamburgerinnen und Hamburger täuschen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sport ist nicht nur Fußball, Basketball oder sonst eine Wettkampfdisziplin, vielmehr ist Sport ein Ort der Begegnung und des Kennenlernens. Sport trägt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, fördert die Solidarität und unterstützt nebenbei auch noch die Gesundheit.
In unserem Antrag geht es uns um fünf Kernthemen; eine Gegenfinanzierung haben wir dargelegt. Wir wollen den Umbau der Großspielfelder in Kunstrasenplätze. Wir wollen, dass die Mittel für das wichtige Programm "Ab ins Wasser – aber sicher!" erhöht und die geförderten Schwimmstunden verdoppelt werden. Zudem wollen wir, dass die Vereinsgruppen "Integration durch Sport" und "Inklusion Sport", die wir für sehr wichtig halten, nicht nur 50 000 Euro bekommen, sondern gerecht finanziert werden. Und schließlich wollen wir das Programm "Kids in die Clubs" ausweiten, damit auch Kinder, deren Eltern wenig Geld zur Verfügung haben, daran teilnehmen können.
Die SPD veranstaltet Wahlkampf-Tamtam mit den Haushaltsanträgen. Das war nicht anders zu erwarten, aber in welchem Maße es geschieht, überrascht mich. Im Bereich Sport zum Beispiel legen Sie einen Antrag vor, in dem es um die Sanierung der Sportstätten geht. Das kann man nicht ablehnen, deshalb werden wir uns enthalten. Aber warum kann ein Senat, der von der allein regierenden SPD aufgestellt wird, keinen Haushaltsplan vorlegen, der die Sanierung der Sportstätten langfristig gewährleistet? In seiner Antwort auf die Fragen des DOSB sagt er doch selber, dass Sportstätten saniert werden müssten. Stattdessen wird die SPD-Fraktion kurz vor dem Wahlkampf wach, stellt Anträge und verteilt Wahlkampfgeschenke.
Einen zweiten Punkt hat meine Kollegin Frau Heyenn schon angesprochen, die 50 000 Euro für Inklusion. Natürlich sind die Menschen dankbar, wenn nach all den Jahren, in denen nur 30 000 Euro zur Verfügung standen, die Mittel nun auf 50 000 Euro erhöht werden. Aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und das wissen Sie auch.
Inklusion ist einer der wichtigsten Ansätze in unserer Gesellschaft, was auch auf EU-Ebene, auf Bundesebene und auf Landesebene so beschlossen worden ist. Das ist eine Luftnummer. Wir lehnen Ihren Antrag nicht ab – wir enthalten uns –, aber der Bereich Integration verdient mehr. Im gleichen
Atemzug diskutieren Sie darüber, dass Sie 50 Millionen Euro für die olympische Bewerbung ausgeben wollen. Im Vergleich dazu sind das, über was wir hier reden, Peanuts: 50 000 Euro zu 50 Millionen Euro.
Wir hatten eine Veranstaltung zum Thema Olympia, bei der auch einige Senatsvertreter anwesend waren – nicht Herr Neumann, aber Mitarbeiter –, auf der uns die Menschen berichtet haben, wie die Situation in ihren Vereinen ist. Ein Judo-Trainer erzählte, dass die Toilette kaputt sei. Der Verein habe sich an das Sportamt gewandt und zur Antwort bekommen, die Kinder könnten doch zu Hause aufs Klo gehen. Kindergärten berichten, dass sie über längere Zeit hinweg keine Schwimmzeiten in den Schwimmhallen bekämen, um die Kinder an das Schwimmen heranzuführen. Eltern berichten, dass ihre Mädels beim Fußball abgemeldet würden, weil kein Platz mehr für sie da sei. Wenn der SPD-Senat tatsächlich möchte, dass der Bereich Breitensport anders ausgestattet wird, dann muss der Senat sich einen Ruck geben. Außer einer minimalen Steigerung gibt es keine weiteren Steigerungen im Bereich Sport, Tariferhöhungen werden nicht finanziert und allgemeine Kostensteigerungen nicht aufgefangen. Weil sich alle auf die Olympischen Spiele konzentriert haben, möchte ich einmal hervorheben, warum der Breitensport wichtig ist und welchen Sinn oder Unsinn es macht, Millionen für Olympia in den Sand zu setzen anstatt in den Breitensport zu investieren.
Die olympische Bewerbung soll 50 Millionen Euro kosten. Wir haben erlebt, dass Olympia in London bis zu 30 Milliarden Euro, in Athen 15 Milliarden Euro gekostet hat. In Hamburg geht man davon aus – keiner spricht offen darüber –, dass Olympia uns zwischen 10 und 20 Milliarden Euro kosten würde. Ich lasse das so stehen, weil es keine konkreten Zahlen gibt.
Der Senat und alle Oppositionsfraktionen außer uns berufen sich bei ihrer Zustimmung zur Bewerbung Hamburgs auf die Reformen des IOC, als ob es einen Riesenfortschritt gemacht hätte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das IOC hat weder etwas zu seinen Knebelverträgen gesagt noch zum Thema finanzielle Unterstützung der austragenden Städte. Das IOC hat beschlossen, einen eigenen Fernsehsender zu gründen und gleichzeitig die Übertragungsrechte für die Spiele 2024 bis 2032 für 8 Milliarden Dollar an ein US-amerikanisches Fernsehunternehmen verkauft. Ich frage mich, wo da die Reformen sind. Das sind mehr Lippenbekenntnisse als Reformen. Wir können das Risiko nicht eingehen, mit diesem IOC-Monstrum, das immer noch weitermacht wie bisher, zusammenzuar
beiten. Das kann für Hamburg zu einer Riesenbelastung werden.
Bei diesem Vorhaben profitieren in erster Linie die internationalen Großkonzerne, die Wirtschaftsunternehmen und Werbeagenturen, und am Ende zahlen die Steuerzahler die Zeche. Daher sagen wir Nein.
Gleichzeitig fordern wir, dass es eine Olympiabewerbung nur dann geben sollte, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger sich in einem Volksentscheid dafür entscheiden. Nicht das Parlament sollte darüber entscheiden, sondern die Hamburgerinnen und Hamburger.
Unsere Kritik und Befürchtung bleibt immer noch, dass Sie für Prestigeprojekte Geld haben…
Herr Wersich, die wichtigste Zukunftsinvestition ist es, in Menschen oder die soziale Infrastruktur zu investieren. Aber das begreifen Sie nicht.
Sie können hierher kommen und reden; wir können uns auch gesondert darüber unterhalten.
Sie sind für die Schuldenbremse, und gleichwohl wollen Sie Milliarden für eine Olympiafinanzierung in den Sand setzen.
Herr Wersich, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann kommen Sie ans Mikrofon, Sie brauchen nicht immer dazwischenzureden.
Wenn Sie für die Schuldenbremse sind, dann frage ich mich, wo so viel Geld für Olympia herkommen soll. Das wird doch auch aus dem Hamburger Haushalt genommen. Für Prestigeobjekte gilt Ihre Schuldenbremse offensichtlich nicht; das wundert mich.
Am Ende werden es die Steuerzahler zahlen. Das machen wir nicht mit. Wir wollen Geld für den Breitensport und die soziale Infrastruktur statt für Prestigeprojekte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wundere mich, dass Senator Scheele heute nicht anwesend ist. Ich glaube, er hatte gestern eine anstrengende Familienausschusssitzung.
Okay, das wurde uns nicht gesagt.
Wenn er dort ist, dann ist es okay.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir von der LINKEN haben mehrfach deutlich gemacht, dass es in dieser Stadt eine Unterversorgung der sozialen Infrastruktur gibt. Deshalb legen wir nun noch einmal ein Sofortprogramm vor, das die schlimmsten Auswüchse der gescheiterten SPD-Politik beseitigen soll. DIE LINKE möchte eine gute Ausstattung der Stadtteile, um den Menschen unabhängig vom Geldbeutel eine ordentliche Lebensumgebung bieten zu können. In den vergangenen Jahren wurden die Stadtteile kaputtgespart, sodass viele Einrichtungen entweder ganz geschlossen werden müssen oder am Rande der Existenz stehen, und das auf Kosten der Kinder, Jugendlichen und Familien. Ich möchte nur einige Beispiele aus den Bezirken nennen, um die Kürzungspolitik des Senats allein in diesem Jahr deutlich zu machen.
Im Bezirk Eimsbüttel sind mindestens fünf Einrichtungen betroffen, die mit weniger Geld auskommen
müssen. Im Bezirk Hamburg-Nord sind es neun Anlaufstellen, die Sie an den Rand der Existenz bringen. In Wandsbek stehen sieben Einrichtungen vor dem Aus, die meisten davon sind Anlaufpunkte für Kinder- und Jugendliche. In Harburg sind mindestens fünf Einrichtungen betroffen, und das Kinderspielhaus musste sogar schließen. Dabei kürzen Sie nicht nur unmittelbar, zum Beispiel 3,5 Millionen Euro bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienförderung, sondern lassen die Einrichtungen auch substanziell ausbluten. Tarifsteigerungen oder die normalen Inflationsraten wurden erst gar nicht übernommen. Das bedeutet, bei mehr Arbeit gibt es immer weniger Geld.
Ich will in aller Deutlichkeit klar machen, was Ihre Politik für die Menschen bedeutet. Bei der Straßensozialarbeit – ich möchte einen Kollegen von der Straßensozialarbeit, der heute unter uns ist, begrüßen – haben Sie in den vergangenen Jahren acht Stellen gekürzt und das, obwohl Sie wissen, dass Probleme wie etwa die Jugendobdachlosigkeit zugenommen haben. Es kann nicht sein, dass Sie Lippenbekenntnisse von sich geben, wenn es um Salafisten oder IS-Anhänger in meinem Wahlkreis oder woanders geht, die Jugendliche werben. Dort sagen die Initiativen – ich habe mich vor etwa anderthalb Monaten mit Initiativen getroffen –, dass dringend Straßensozialarbeiter und –arbeiterinnen benötigt werden, die sich um die Jugendlichen kümmern. Die Realität sieht so aus: Es gibt keine Straßensozialarbeiter und –arbeiterinnen in Mümmelmannsberg, kein ausreichendes Personal im Haus der Jugend oder im Mädchentreff, und selbst der ASD wurde dort dichtgemacht und nach Billstedt verlegt.
Es gibt nicht einmal ein Stadtteilzentrum, wo sich Anwohnerinnen und Anwohner treffen können. Statt hier in die Infrastruktur zu investieren, war dieser Senat damit beschäftigt, unter dem Deckmantel der Konsolidierung die soziale Infrastruktur abzubauen. Was Ihre verfehlte Politik erreicht hat – die Kosten sind im Vergleich zu Ihren Prestigeprojekten wie Elbphilharmonie und Co. eigentlich Peanuts –, spüren die Menschen vor Ort. Dabei haben die meisten dieser Einrichtungen nicht einmal zwei Vollzeitstellen. Ist die Mitarbeiterin des Mädchentreffs in Mümmelmannsberg für mehrere Wochen krank, stehen die Mädels vor der Tür, weil dort nur eine Kollegin beschäftigt ist. Ist das Ihr Verständnis von sozialer Infrastruktur?
Gleiches gilt auch für die Beratungseinrichtungen. Bundesweit hat sich die Nachfrage nach Erziehungsberatungsstellen vervierfacht. Auch hier soll die erhöhte Nachfrage mit gleichen Geldern bewältigt werden. Wie stellen Sie sich das vor? Sollen die Einrichtungen junge Mütter rausschmeißen, die Beratung brauchen? Oder sollen betroffene Eltern Wochen und Monate vertröstet werden, bis die
Probleme zugenommen haben? Sie haben bei den Erziehungsberatungsstellen Kürzungen vorgenommen, die sich später bemerkbar machen werden. Diese Stellen machen präventive Arbeit, die unmittelbar bei den Menschen ankommt. Dazu haben wir auch eine sehr gute Anhörung im Familienausschuss gehabt.
Der Umstand von Yagmurs Tod hat uns allen gezeigt, unter welchen Bedingungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Allgemeinen Sozialen Dienste arbeiten müssen. 70 bis 80 Fälle pro Mitarbeiter, hohe Fluktuation und ein hoher Krankenstand sind nur einige Eindrücke. Mit unseren Forderungen wollen wir unter anderem den ASD so ausstatten, dass er seiner gesetzlichen Aufgabe nachkommen kann, unseren Kindern und Jugendlichen wirksam zu helfen.
Meine Damen und Herren! Ihre Politik im Bereich Kinder/Jugend/Familie ist gescheitert. DIE LINKE macht einen Vorschlag, der die schlimmsten Fehler der letzten Jahre etwas abmildern soll. Denken Sie darüber nach und zögern Sie nicht wieder so lange,
bis Ihnen die betroffenen Eltern, Jugendlichen und Mitarbeiter die Tür einrennen. Und wenn Ihnen die soziale Infrastruktur der Stadt nichts bedeutet, dann sehen Sie unsere bezahlbaren Vorschläge als eine gute Investition in die Zukunft.
Wir, DIE LINKE, sagen: Lieber in Menschen investieren als in Prestigeprojekte wie die Elbphilharmonie oder Olympia. Das sind echte Investitionen in die Zukunft. – Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Ich möchte einiges klarstellen. Frau Leonhard, man sollte SHA nicht mit Offener Kinder- und Jugendarbeit vergleichen. SHA und SAE sind verbindliche Projekte. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit hat der SPD-Senat mit seiner Kürzungspolitik kaputtgespart, das muss man deutlich sagen.
Zu unserem Antrag. Welchen Unterschied macht es, ob er heute oder in drei Wochen kommt?
Ich komme dazu.
Wir hatten gestern im Familienausschuss frühkindliche Bildung zum Thema, und ich habe Ihnen konkrete Vorschläge gemacht. Wir werden das in den Haushaltsberatungen noch konkretisieren. Wir hatten dieses Jahr Steuermehreinnahmen. Wenn das politische Interesse da wäre, ginge einiges. Auch die Frage von Frau Schneider ist eine berechtigte Frage. Wenn wir frühzeitig investieren, können wir langfristig sparen. Wenn wir nicht frühzeitig investieren, wird es Folgekosten geben, und wir werden im Endeffekt mehr ausgeben müssen. Die 16 Millionen Euro haben wir fast Cent auf Cent berechnet. Wir haben die Gehälter der einzustellenden Kolleginnen und Kollegen, wie wir es vorschlagen, zugrunde gelegt. Aber das passt Ihnen nicht.
Zu Ihrem Vorwurf, es sei kurz vor den Wahlen. Diese Vorschläge haben wir auch in der Vergangenheit gemacht. Wir haben häufig in der Bürgerschaft darüber diskutiert, aber der Senat hat nichts daraus gelernt, sondern macht mit seiner Kürzungspolitik weiter. Außer für die gesetzlichen Leistungen, zu denen der Senat verpflichtet ist, gibt es keinen Cent mehr in diesem Bereich, und das geht nicht. Wir machen uns dafür stark, dass diese Angebote weiterhin bestehen bleiben.
Zu Ihnen, Herr Ritter, mit Ihren ständigen inhaltslosen Vorwürfen: Immerhin haben Sie mich gelobt, dass ich an meiner Linie festhalte. Das gilt für den Bereich Kinder, Jugend und Familie,
es gilt aber auch für alle anderen Bereiche. Seit wir in der Bürgerschaft sind, setzen wir uns für das ein, was wir für richtig halten, wir stellen Anträge und machen uns stark dafür. Das gilt für den PUA, das gilt außerhalb des PUA, das gilt im Bereich der frühkindlichen Bildung und das wissen Sie auch. Der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist, dass Sie gerne Prestigeprojekte finanzieren wollen und dafür lieber in dem Bereich sparen, wo Menschen betroffen sind, aber das sprechen Sie nicht offen aus. Das sollten Sie machen. Die Opposition hat den Antrag gelobt. Sie brauchen nicht drei Wochen zu warten, aber in drei Wochen wird das Thema noch einmal kommen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema zwar schon häufig diskutiert, aber ich freue mich wiederum, dass die GRÜNEN das Thema angemeldet haben. Inhaltlich wurde einiges gesagt, aber ich möchte konkret zur jetzigen Entwicklung in Hamburg eines deutlich machen.
Ob der Hamburger Senat oder wir als Politiker das Thema ernst nehmen wollen oder nicht, auf uns wartet ein heißer Herbst, weil die Kita-Träger, die Kita-Beschäftigten, die Gewerkschaften, der Landeselternausschuss und das Kita-Bündnis schon dabei sind. Wir wurden häufig dort eingeladen, wir haben dort Gespräche geführt, und Senator Scheele saß gestern mit auf dem Podium und wurde vorgeführt. Sie haben konkrete Erwartungen und Forderungen an uns. Die Hamburger Kita-Träger und Kita-Beschäftigten machen eine sehr gute Arbeit, das möchte ich betonen, weil wir häufig darüber reden. Sie haben schlechte Bedingungen und schlechte Personalschlüssel, das sehe ich genauso wie Sie. Aber unter diesen schlechten Bedingungen machen sie eine sehr gute Arbeit, und dafür möchte ich mich einmal bedanken, denn das kommt sehr selten vor.
Der Senat beschließt tagtäglich zusätzliche Aufgaben: Kinderschutz, Bildungsempfehlungen – wobei ich die gut und richtig finde – und dass man im Vorfeld Präventionsarbeit machen solle für die gesamte frühkindliche Bildung und den Kinderschutz. Aber es fehlt in den letzten zehn Jahren – Frau Blömeke und auch Herr de Vries haben das angesprochen – an Steigerungen. Es gab keine Steigerungen, kein zusätzliches Geld für zusätzliche Arbeit. Das war unter Schwarz-Grün der Fall, und das ist auch unter der SPD der Fall. Die SPD hat nur umgesetzt, was man mit dem Landeselternausschuss durch eine Volksinitiative beschlossen hat. Das war auch richtig und gut.
Nein, da gab es eine Volksinitiative, Herr Dressel, und es gab Verhandlungen. Man hat sich auf einen grundsätzlichen Nenner geeinigt. Daraufhin wurde das umgesetzt.
Egal, ob wir es wollen oder nicht, Hamburg hat den schlechtesten Personalschlüssel bundesweit im Krippenbereich. Ich will nicht das eine mit dem anderen verwechseln. Daher erwarten die Beschäftigten der Hamburger Kita-Träger zusätzliches Geld, das man in diesen Bereich investieren soll. Studierende sagen das, Beschäftigte sagen das und die Träger sagen das. Das sagen nicht nur DIE LINKE oder die GRÜNEN oder die Opposition. Das sollten Sie ernst nehmen, und wenn Sie das nicht tun, wird das dazu führen, dass Sie es im Herbst mit einer riesigen Kampagne zu tun haben, wenn auch der Wahlkampf angefangen hat. Und irgendwann werden Sie wie bei der Volksinitiative "Frühkindliche Bildung ist ein Grundrecht" einen Monat vor der Bürgerschaftswahl wieder einen Vertrag abschließen müssen und den Trägern und Beschäftigten sagen, dass Sie auf ihre Forderungen eingingen, wenn Sie noch einmal regierten, dann würden Sie noch einmal Gelder einfließen lassen. Das Thema brauchen wir nicht als Wahlkampfthema, es wäre stattdessen schön, wenn wir die Qualität und die Beschäftigten in den Kitas gemeinsam unterstützen würden.
Der Senat weigert sich, in der Vertragskommission darüber zu sprechen, er weigert sich, überhaupt die Qualität zu thematisieren, aber unsere Kinder sind es wert. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass man, wenn man heute 1 Euro in die frühkindliche Bildung investiert, morgen 5 Euro spart. Daher sollten wir heute investieren, damit wir langfristig in den Bereichen der Kitas, Schule und Jugendhilfe auch zusätzliche Ersparnisse schaffen können. Kitas sind das Fundament für die Entwicklung eines Kindes, und dieses Fundament sollten wir stärken. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass Senator Scheele heute sagt, er überlege schon, wie man die Qualität verbessern könne, finde ich bereits einen Fortschritt. In den letzten Wochen und Monaten hat er gesagt, das stehe nicht zur Debatte, man habe kein Geld und man habe schon alles getan, was man für Kitas tun müsse. Aber man sieht, dass der Druck, der von Kita-Leitungen und -Beschäftigten, von Gewerkschaftskollegen, lieber Wolfgang Rose, und vom Landeselternausschuss ausgeht, schon Wirkung zeigt und der Senat jetzt sagt, wir müssten einmal überlegen, wie wir gemeinsam dazu kommen, dass die Qualität verbessert wird. Das finde ich einen Fortschritt. Aber der Senator stellt sich hier hin und sagt, wir sollten einmal mit den KitaTrägern sprechen, wo wir das Geld herbekommen könnten und ob sie Rücklagen hätten, an die man herangehen könne, um gemeinsam eine Initiative zu ergreifen und den Bereich der frühkindlichen Bildung zu verbessern. Sie wissen selbst, wofür die Rücklagen gebildet werden.
Und Sie wissen auch selbst, dass die 1100 KitaEinrichtungen nicht alle so sind wie die Vereinigung, die einen Verbund darstellt. Das sind sehr viele Elterneinrichtungen und so weiter, und das können Sie von denen doch nicht erwarten. Schauen Sie sich doch nur einmal an, dass es 2004 mit der Einführung des Kita-Gutschein-Systems fast 14 Prozent Kürzungen im Bereich des Personalschlüssel gab und die Kita-Leitungen diesbezüglich tagtäglich lauter werden und sagen, sie hätten einen schlechteren Personalschlüssel. Das hat doch Gründe. Wenn Sie, Herr Dressel und Herr Senator Scheele, den Brief von den Kita-Leitungen gelesen haben – und ich glaube schon, dass Sie ihn gelesen haben –, dann steht darin kein dummes Zeug, sondern darin stehen fachlich und inhaltlich richtige Sachen, wo sie von Ihnen erwarten, dass Sie da ins Gespräch kommen. Sie haben diese Gespräche in der Vertragskommissi
on abgebrochen, weil Sie als Senator nicht bereit waren, überhaupt Gespräche zur Frage der Qualität zu führen. Aber wenn Sie jetzt sagen, man könne einmal gemeinsam überlegen, wie man stundenweise etwas umsetzen könne, dann finde ich das schon einen Fortschritt und begrüße das.
1000 Kita-Leitungen haben im Audimax deutlich gemacht, dass in den nächsten Wochen und Monaten viel los sein wird. Es gibt Postkartenaktionen von der Gewerkschaft ver.di und Unterschriftenaktionen vom Kita-Netzwerk, und das alles führt dazu, dass wir – und auch der Senat – einmal überlegen sollten, nicht ständig mit Geld zu argumentieren, sondern wie wir unsere politischen Schwerpunkte setzen.
Mein lieber Herr Dressel, wenn es um 50 Millionen Euro für die Olympia-Bewerbung geht, wird nicht überlegt, woher wir das Geld bekommen sollen, aber wenn es um die Kinder geht, dann wird die Frage gestellt.
Wir haben Steuereinnahmen in Höhe von 592 Millionen Euro, und wir könnten doch überlegen, einen Teil der Steuereinnahmen in den sozialen Bereich zu investieren.
Da sind Gelder vorhanden, aber Sie müssen sich einmal einen Ruck in Bezug auf Ihre Schwerpunktsetzung geben. Ich finde, Sozialpolitik und Bildungspolitik sind mit die wichtigsten Bereiche, und frühkindliche Bildung gehört dazu. Faktisch gesehen ist das Geld vorhanden, aber Sie verteilen es falsch. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU scheint auf Fehlergebnisse der rechtspopulistischen AfD in anderen Bundesländern reagieren zu wollen.
Ich finde, dass hier Jugendschutz und Innenpolitik zum Wahlkampfthema gemacht werden.
Hören Sie jetzt einmal zu. Danach können Sie reden, aber lernen Sie einmal zuzuhören.
Dass Jugendschutzthemen und innenpolitische Themen auch für den Wahlkampf missbraucht werden, finde ich traurig. Ich will einigen Abgeordneten, hauptsächlich Herrn de Vries und der CDU, deutlich machen, was der Unterschied zwischen polizeilichen Aufgaben und dem präventiven sogenannten Jugendschutz ist. Sie betonen in Ihrem Antrag, dass die Polizei dafür da sei, Straftaten nachzugehen und zu ermitteln und nicht, angeblich gefährdeten Jugendlichen präventiv hinterherzuschlurfen. Straßensozialarbeit, offene Kinder- und Jugendarbeit, Stadtteilpädagogen und andere Formen der sozialen Infrastruktur sind dafür da, damit benachteiligte Kinder und Jugendliche Anlaufstellen haben, um bei ihren alltäglichen Problemen Hilfe zu bekommen. Das ist richtige Jugendschutzund Präventivarbeit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Es wird bei der sozialen Infrastruktur immer mehr gekürzt, die Stadtteilinitiativen haben immer weniger Geld, Straßensozialarbeit nimmt immer mehr ab. Und Sie versuchen das, was man eigentlich mit sozialpolitischen Mitteln unter Kontrolle bringen kann, nämlich Kinder und Jugendliche in dieser Stadt zu stärken, mit polizeilichen Maßnahmen wieder geradezubiegen.
Ich möchte das an drei Beispielen verdeutlichen. Das aktuellste Beispiel ist das Thema Isis und Salafisten. Ich habe vorletzte Woche in Mümmelmannsberg ein Gespräch mit Initiativen gehabt. Ich habe sie gefragt, was sie überhaupt brauchen zum präventiven Arbeiten. Ich habe auch gefragt, ob sie mehr Polizei vor Ort brauchen, vielleicht den Staatsschutz oder den Verfassungsschutz. Wissen Sie, was die Antwort war? Sie haben gesagt, sie bräuchten Sozialarbeit vor Ort. Sie brauchen mehr Unterstützung, sie haben keine soziale Straßenarbeit, sie brauchen in den Initiativen ausreichend Personal, das sich um die Jugendlichen kümmern kann. Wenn Sie sich vorstellen, dass ein Mädchen
treff nur eine Stelle hat, wie soll sich eine Kollegin um Probleme der Jugendlichen kümmern und gleichzeitig noch um andere Probleme? Da müssen wir investieren.
Am Wochenende habe ich mit einem Jugendlichen, der beim "Kiezläufer" in Wilhelmsburg mitmacht, ein Gespräch gehabt. Das sind junge Männer und Frauen, die sich tatsächlich in ihrem Stadtteil engagieren, die auf Jugendliche zugehen und sie fragen, was sie brauchen. Er erzählte mir, dass er, wenn er einen Jugendlichen anspricht und ihn zum Beispiel zu einem Kaffee einlädt, das aus eigener Tasche zahlt. Sie machen diese wertvolle Arbeit ehrenamtlich, und er muss das zusätzlich noch aus eigener Tasche für ein Kind oder einen Jugendlichen, den er unterstützen möchte, finanzieren. Wegen des CDU-Antrags habe ich auch gefragt, wie es denn mit der Polizei wäre. Sie haben geantwortet, die Kinder und Jugendlichen würden davon abgeschreckt, wenn dort Polizei käme. Sie seien dann nicht kooperativ, sie seien immer gegenüber der Polizei – weil das jahrelang für innenpolitische Zwecke missbraucht wurde – skeptisch und hätten Ängste.
Aber wenn die "Kiezläufer" oder Erzieherinnen oder Sozialpädagogen vor Ort auf Jugendliche zugehen, dann wirkt das ganz anders. Sie sind offener, sie kommen mit ihnen ins Gespräch. Die Lösung ist, dass wir nicht mehr Polizisten auf der Straße brauchen, sondern noch mehr Menschen vor Ort, die sich bei sozialen Problemen bei Kindern und Jugendlichen engagieren, statt im Bereich der Polizei wieder zu investieren.
Herr de Vries, an das dritte Beispiel können sich vielleicht Ihre Kollegen aus Bergedorf noch erinnern. Die Stadtteilkonferenz Neuallermöhe hat mehrmals gefordert, dass ein zusätzlicher Straßensozialarbeiter eingestellt wird, aber dafür gibt es kein Geld. Und sogar der Polizeibeamte sagt diesbezüglich, dass es den Bedarf gäbe. Aber Sie reagieren darauf nicht, die SPD reagiert darauf nicht. Die Folge ist, dass tagtäglich in sozialen Projekten, bei denen wir auch in unseren Stadtteilen unsere Kinder und Jugendlichen irgendwann unterstützen müssen, Stellen gekürzt werden. Und da muss investiert werden, wir brauchen nicht mehr Polizei auf der Straße, sondern wir brauchen soziale Projekte, die Kinder und Jugendliche unterstützen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Traum und die Entstehung der Olympischen Spiele beruhen auf Völkerverständigung, Begegnung der Jugend und Frieden. Diese Vorstellung haben wir nötiger als je zuvor. Aus dem Traum Olympia hat das IOC einen
Albtraum gemacht. Wo die Heuschrecke Olympia in den letzten 30 bis 40 Jahren unterwegs war, hat sie nur Chaos hinterlassen. Das IOC legt den Städten Knebelverträge vor, an deren Vorgaben sie sich strikt zu halten haben. Der Vertragspartner Stadt hat nichts mitzubestimmen. Die Folgen dieser Knebelverträge und der Austragung der Spiele sind steigende Miet-, Boden- und Immobilienpreise, Verdrängung der Armen und der Geringverdienerinnen und -verdiener, steigende Umwelt- und Verkehrsbelastung und Milliardenschulden für den Steuerzahler.
In keinem einzigen Land sind die Kosten im geplanten Rahmen geblieben. Ein Beispiel sind die vielgelobten Londoner Olympischen Spiele. Geplant waren alleine für die Durchführung 1,9 Milliarden Euro, am Ende kamen 3 Milliarden Euro dabei heraus. Für den Bau der Sportstätten waren 2,9 Milliarden Euro geplant, herausgekommen sind etwa 14 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten der Olympischen Spiele für die Londoner und Londonerinnen betrugen etwa 28 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis der Knebelverträge des IOC. Dabei hatte das britische Parlament nicht einmal etwas mitzureden. Eine Studie besagt, dass bei allen Olympischen Spielen in den letzten 50 Jahren die Endkosten im Durchschnitt fast 180 Prozent höher ausgefallen sind – ich zitiere die Autorinnen –:
"Eine Olympiade ist für eine Stadt […] eines der finanziell riskantesten Projekte überhaupt."
Zitatende.
Ein Blick nach Athen reicht, um zu sehen, welche irrsinnigen Vorgaben das IOC den Ausrichtern machte. Dort gammeln Stadien vor sich hin, weil sie niemand mehr braucht. Für den Rückbau fehlt das Geld, unter anderem, weil die Athenerinnen und Athener auf Gesamtkosten von 15 Milliarden Euro sitzen geblieben sind. Wenn Senat und Handelskammer also von 2 beziehungsweise 6,5 Milliarden Euro reden, dann können wir mindestens mit dem Doppelten rechnen. Sie alle haben deutlich gemacht, dass nur bei einer Änderung der Ausschreibungspraxis mit einer Hamburger Bewerbung zu rechnen sei. Das IOC wird allerdings erst frühestens im Dezember entscheiden, ob es überhaupt einen solchen Prozess geben wird. Dass der Senat jetzt schon mit einem großspurigen Bauund Standortkonzept an den Start geht und so tut, als sei alles in trockenen Tüchern, ist eine bewusste Täuschung der Bürgerinnen und Bürger.
Dabei wissen Sie genau, dass das IOC ein Ungetüm ist. Allein mit Thomas Bach die Hoffnung zu verbinden, es würden echte Reformen durchgesetzt, zeigt, dass der Senat keine Ahnung hat oder blauäugig ist.
Thomas Bach ist in der Vergangenheit eher Teil des Problems gewesen. Er hat sich als Geldbeschaffer und Marketingexperte hervorgetan statt als großer Reformer. Gerade erst hat Thomas Bach die Übertragungsrechte für die Olympischen Spiele für satte 8 Milliarden Dollar verkauft. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass Hamburg sich für eine der kommenden Olympiaden bewerben wird. Statt Steuergelder für sinnlose Bewerbungen zu verschleudern, sollten Sie sie lieber in Bildung und Breitensport investieren, damit alle von uns etwas davon haben.
Meine Damen und Herren! Sportvereine berichten uns, dass die Toiletten nicht funktionieren. Eltern beschweren sich bei mir, dass ihre Tochter wegen Platzmangel nicht im Sportverein aufgenommen wird. Der Hamburger Fußball-Verband hat uns gestern in der Sportausschusssitzung berichtet, dass die Preissteigerung nicht übernommen wird und die Flutlichtanlagen nicht funktionieren. Der Vereinsvorsitzende berichtet mir, dass die Sportlerinnen und Sportler sich draußen umziehen müssen, weil sie Angst haben, dass der Putz von der Decke fällt. Das ist ein Skandal.
Wenn wir uns anschauen, dass 90 Prozent der Grundschulkinder aus meinem Wahlkreis Billstedt nicht schwimmen können, dann macht es keinen Sinn, dass wir für 16 Tage Milliarden investieren und dafür 16 Jahre zahlen müssen. Daher sagen wir Nein zu 16 Tage feiern und 16 Jahre abzahlen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Timmermann, um auf Ihre Frage zu antworten, woher wir diese Behauptungen haben: Lesen Sie bitte unsere Studie. Das sagen alle. Alle Akteure, die sich in den letzten Jahren mit Olympia befasst haben,
zeigen auf, welche Folgen das für die Mieten, die Stadtteilentwicklung und die Immobilienpreise hat. Ich brauche daher nichts weiter dazu zu sagen.
Zweitens: Das, was der Senat uns vorgelegt hat, ist ein Wunschkonzert des Senats. Das Problem ist, dass das IOC nicht nach den Kriterien vorgeht, die der Senat in seinem Konzept betont, sondern eigene Kriterien hat. Wenn es tatsächlich so wäre, dass die austragende Stadt mitbestimmen dürfte, unter welchen Bedingungen Olympia stattfindet, warum sollte man dann dagegen sein? Dann würden wir über die Inhalte und die Form bestimmen und darüber, wie ein langfristiger Erfolg aussehen könnte und was Olympia für uns bedeutet. Aber darüber haben wir nicht zu bestimmen. Dass in Athen und anderen Ländern Monsterstadien gebaut worden sind, war nicht die Entscheidung der Regierungen vor Ort, sondern das war die Entscheidung des IOC. Man kann sich nicht einfach so hinstellen und sagen, wir haben eine Wunschvorstellung und das IOC übernimmt das. Wir können noch nicht einmal mit dem IOC darüber verhandeln. Wir können nicht über die Kriterien verhandeln, unter denen Olympia in Hamburg stattfindet. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier steht nicht zur Diskussion, ob die Lehrerinnen und Lehrer, die Erzieherinnen und Erzieher schlechte Arbeit machen. Sie machen eine gute Arbeit, aber unter schlechten Bedingungen; das steht zur Diskussion.
Herr Schmitt, ich kann Ihnen recht geben, dass in Hamburg viele Kita-Plätze vorhanden sind. Das hat damit zu tun, dass die Ganztagsbetreuung sehr schnell in Anspruch genommen wurde und die
Hortbetreuung in der Kita weggefallen ist. Dadurch haben wir in Hamburg viele Kita-Plätze, und das ist auch schön. Wir reden aber darüber, dass die Erzieherinnen und Erzieher unter besseren Bedingungen arbeiten sollen. Wenn wir uns anschauen, dass in manchen Einrichtungen bis zu 24 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher aufgrund der Arbeitsbedingungen und der zu hohen Belastung krank sind, dann sollten wir uns überlegen, ob man da nicht etwas verbessern kann.
Hier steht auch nicht zur Diskussion, was der Senat von der Volksinitiative "Frühkindliche Bildung ist ein Grundrecht", die wir unter anderem mit den Gewerkschaften initiiert haben und die vom Landeselternausschuss unterstützt wurde, übernommen hat. Das steht nicht zur Diskussion; das haben wir unterstützt und das begrüßen wir. Im Elementarbereich kann der Personalschlüssel zumindest in sogenannten benachteiligten Stadtteilen um 25 Prozent verbessert werden. Damit sollte man auch im Bereich der Krippen anfangen.
Herr Dressel, Sie sind mit in der Bundesregierung. Sie hätten sich dafür stark machen können, dass das Betreuungsgeld abgeschafft wird.
Dann hätten Sie dafür noch mehr werben sollen. Unsere Unterstützung hätten Sie gehabt.
Noch ein paar Worte zur Inklusion in der Ganztägigen Bildung und Betreuung. Inklusion gibt es nur am Vormittag. Während der Nachmittagsbetreuung findet Inklusion nicht statt. Dafür ist kein Geld da. Das steht zur Diskussion. Für die Inklusion am Vormittag bekommen die Klassen Geld. Warum wird das nicht auch für die Betreuung dieser Kinder am Nachmittag zur Verfügung gestellt? Am Vormittag sind in einer Klasse 23 Schülerinnen und Schüler, in den sogenannten benachteiligten Stadtteilen 19. Wissen Sie, wie das in der Nachmittagsbetreuung ist? Da sind es bis zu 25 oder 30 Schülerinnen und Schüler. Das muss sich ändern, das steht hier zur Diskussion.
Sie stellen die Opposition einfach so dar, als ob wir alles schlechtreden wollten. Das sagen aber auch die Eltern, das sagen die Erzieher, das sagen auch die Schulen.
Nein, aber es sagen viele Schulen.
Der Betreuungsschlüssel war in der Vergangenheit ganz anders, und auch die Arbeitsbedingungen
waren besser. Da kann man nachsteuern, aber da wollen Sie nicht verhandeln.
Vor fünf Jahren gab es Gespräche in der Vertragskommission. Es gibt ein Protokoll, in dem steht, dass über die Qualität diskutiert werden solle. Der Senat hat einfach gesagt: Wir reden nicht über die Qualität, damit ist die Sache für uns gegessen. Es gibt auch Berechnungen, dass, wenn man heute 1 Euro in die frühkindliche Bildung investiert, es sich später mit 5 Euro auszahlt. Das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens: Herr Fock, ich finde, was Sie zu der außerbetrieblichen Ausbildung gesagt haben, gehört sich nicht, das ist unverschämt. Ich habe selber eine außerbetriebliche Ausbildung gemacht, weil ich als Flüchtling in keinem Betrieb einen Ausbildungsplatz bekommen habe, und alle Auszubildenden, die dort ausgelernt haben, haben einen Arbeitsplatz auf dem freien Markt bekommen, und alle arbeiten heute immer noch.
Dass die außerbetriebliche Ausbildung so dermaßen schlecht ausgestattet ist, daran sind auch Sie schuld, genauso wie CDU und GRÜNE. Es wurde über Jahre hinweg gekürzt. Wo früher zwölf Auszubildende gelernt haben, müssen jetzt mit dem gleichen Personal 24 Jugendliche ausgebildet werden. Unter diesen Bedingungen geht das nicht. Wir sind für Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt. Weil aber in dem Bereich nicht ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, muss man sich auch über den Bereich der außerbetrieblichen Ausbildung Gedanken machen, ihn ausbauen und unterstützen.
Zweitens: Wir reden immer über die Jugendlichen und ob sie ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind. Warum reden wir nicht darüber, ob die Betriebe ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind?
Ich habe mit einem Großunternehmer gesprochen, der einen Verlag hat. Der sagt: Ich gebe jedem Jugendlichen, ob mit oder ohne Abschluss, die Möglichkeit, innerhalb von sechs Monaten nachzuweisen, ob er etwas kann. Und er sagt Folgendes: Die Jugendlichen, die mit Hauptschulabschluss oder ganz ohne Abschluss kommen, sind so motiviert, dass sie am Ende erfolgreich sind. Er hat im Durchschnitt ein oder zwei Personen pro Jahr, die er nach der Probezeit nicht übernimmt und die ihre Ausbildung nicht zu Ende machen. Das gilt aber nicht nur für die Hauptschulabgänger, sondern allgemein. Daher sollte man fragen, ob die Betriebe selber ausbildungswillig und ausbildungsfähig sind.
Drittens: Herr Rabe, Sie haben also schön alle Jugendlichen aufgesucht und gefunden.
Dann frage ich mich, wo denn diese Jugendlichen geblieben sind. Was ist mit denen passiert? Haben sie einen Ausbildungsplatz? Gestern habe ich ein Gespräch mit der Lehrerin einer Abschlussklasse geführt. Sie sagte: Ich habe 37 Schülerinnen und Schüler, zehn davon gehen auf weiterführende Schulen, einer hat einen Ausbildungsplatz und 16 haben keinen. Fast alle haben 30, 40 Bewerbungen geschrieben. Sind diese Jugendlichen doof? Sie müssen sich doch selber einmal fragen, was am Ende mit diesen Jugendlichen passiert. Die landen in Warteschleifen. Daher haben wir gesagt – lieber Wolfgang, du kennst mich als Gewerkschafter, das war unsere Forderung als DGB-Jugend –, wir wollen eine Umlagefinanzierung. Die Kollegen im Bereich Bau machen es vor. Man kann das auch in anderen Bereichen regeln, nur muss man handeln. Es reicht nicht, in den Gewerkschaften vollmundig zu reden, sich aber dann, wenn man in der Bürgerschaft ist, nicht hinter diese Forderungen zu stellen.
Das ist keine Forderung der typisch Linken, das ist eine Forderung der Gewerkschaften, die wir übernommen haben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich versuche zu schreien. Ob die Argumente dadurch besser werden, will ich einmal testen. Ich glaube, wir sind alle der Auffassung, je früher die Kinder anfangen, desto erfolgreicher sind sie im weiterführenden Bildungssystem, und frühkindliche Bildung ist auch ein Teil der Bildung. Daher finde ich es richtig und sinnvoll, dass frühkindliche Bildung kostenfrei für alle bereitgestellt wird, auch wenn es nur fünf Stunden sind. Wir werden diesen Antrag unterstützen.
Die SPD hat, seit sie die Regierung übernommen hat, zwei, drei Lieblingsthemen. Das waren auch die Wahlversprechen: Kita, Wohnungsbau und Studiengebühren. Die Studiengebühren hat man zurückgenommen.
Seitdem ist Ruhe, da sagt die Wissenschaftssenatorin gar nichts. Der Wohnungsbau läuft,
das wird monatlich thematisiert, und Kita läuft auch und ist wieder Thema. Bei allen drei Themen muss man eines feststellen: Es ist nicht dadurch entstanden, dass die SPD das wollte, sondern in der Stadt gab es eine Bewegung,
es gab einen Druck und eine Initiative. In allen drei Bereichen hat die SPD gesagt: Leute, wenn wir regieren, machen wir das. Mit Druck tut die SPD also etwas. Liebe Hamburger und Hamburgerinnen, erhöht diesen Druck, damit ihr auch das bekommt, was ihr euch wünscht.
Aber ich möchte auch ein paar kritische Punkte erwähnen. Wie bereits meine Vorredner gesagt haben, müssen wir im Bereich der frühkindlichen Bildung überlegen, wie wir mit der Qualität umgehen, wie wir mit dem Personalschlüssel umgehen und wie wir die Rahmenbedingungen so verbessern, dass die Kolleginnen und Kollegen, die eine wertvolle Arbeit leisten, unsere Kinder noch mehr unterstützen können, damit diese Kinder im weiterführenden Schulsystem erfolgreicher werden. Wir haben alle festgestellt, wenn Kinder früher in die Kita kommen, dann haben sie in der Schule wenig Sprachprobleme und wenig soziale Probleme, und dann sind sie in den Schulen erfolgreicher. Eine erfolgreiche frühkindliche Bildung in der Kita führt zu einem erfolgreichen Schulabschluss, und es wird auch die Folge haben, dass der Schüler Erfolg auf dem Ausbildungsmarkt hat, und wenn er ausgelernt hat, wird er dadurch Erfolg auf dem Arbeitsmarkt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir früh investieren, werden wir langfristig dadurch weniger ausgeben müssen. Daher sagen wir als LINKE, dass frühkindliche Bildung zur Kita gehört und steuerfinanziert werden muss. Das Recht auf ganztägige Betreuung sollte für alle möglich sein, nicht nur, wenn die Eltern arbeiten, sondern unabhängig vom Elternstatus sollten alle das Recht haben, ganztägig in der Kita diese frühkindliche Bildung zu genießen. Das fordern wir und darauf bestehen wir.
Ich bin selbst viel unterwegs und spreche auch mit Kita-Trägern. Wir reden von fünf Stunden, und fünf Stunden sind gut und schön, aber die Kita-Träger sagen alle: Erstens können sie mit fünf Stunden ihre Kosten schwer abdecken, und zweitens – daran kann sich Herr Wersich sicher gut erinnern, damals war er Sozialsenator – haben auf einer Tagung in der HEW die Erzieherinnen deutlich gemacht, dass sie in fünf Stunden den Kindern wenig Bildung vermitteln können. Sie brauchen mindestens sechs oder acht Stunden, damit sie mit den Kindern auch etwas Pädagogisches gestalten können und die Kinder auch etwas in der Kita lernen. Daher macht es Sinn, dass wir uns als nächsten Schritt überlegen, wie wir die ganztägige Betreuung organisieren können, damit alle Kinder davon profitieren. Alle haben gesagt, man müsse die Eltern fragen, wofür sie mehr ausgeben würden. Wenn man die Eltern in den Elbvororten fragt, die keine Geldprobleme haben, dann sagen die natürlich, sie geben
100 Euro mehr aus und haben dann bessere Qualität, aber wenn Sie die Eltern in Wilhelmsburg, Billstedt, Mümmelmannsberg oder Steilshoop fragen, dann sagen diese, dass sie froh sind, wenn sie diese 27 Euro nicht mehr zahlen müssen, weil das nicht im Hartz-IV-Regelsatz vorgesehen ist.
Ich komme dazu, denen ist die Qualität nicht egal. Hören Sie mir erst einmal zu.
Aber sie sagen, dass sie entlastet werden.
Sie können sich die 27 Euro sowieso nicht leisten. Warum kann der Steuerzahler diese Gesamtverantwortung nicht übernehmen, dass die in den Elbvororten mehr Steuern bezahlen und man als Schlussfolgerung dann eine vernünftige Kita für alle in der Stadt zur Verfügung stellt, nicht nur für die Kinder in den Elbvororten, in Blankenese oder Altona, wo ich auch einmal gewohnt habe, sondern auch die Kinder in Mümmelmannsberg und Wilhelmsburg brauchen einen besseren Kinder-Erzieher-Schlüssel und bessere Rahmenbedingungen, damit sie mehr Ausflüge machen können und so weiter. Da muss man ansetzen. Man kann nicht sagen, einer möchte mehr zahlen, aber der andere hat kein Geld mehr zu zahlen; wir können deswegen nicht mehr Gebühren nehmen. Das hat Schwarz-Grün versucht, damit sind sie auf die Schnauze gefallen, und das war auch gut so.
Die Frage nach dem Essen: Ich habe das Gefühl, dass Essen häufig so gesehen wird, dass die Kinder den Bauch vollkriegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kinder lernen durch Essen sehr viel. Sie kommunizieren miteinander, sie unterhalten sich, sie machen sehr viel, und sie essen nicht nur, um den Bauch vollzukriegen, sondern sie entwickeln sich sozial und menschlich. Daher ist Essen nicht nur Essen, und es ist wichtig, dass wir in allen Facetten unsere Kinder unterstützen.
Herr Ritter hat gesagt, dass wir viel Geld ausgeben. Wir haben einen Software-Zombie geschaffen: JUS-IT kostet fast 130 Millionen Euro. Das wird die zweite Elbphilharmonie sein, wo hunderte Millionen Euro verschluckt werden, wenn der Senat die Notbremse nicht zieht. Wir haben eine Elbphilharmonie, die 800 Millionen Euro gekostet hat, und ich weiß nicht, was noch auf uns zukommt. Wir werden demnächst eine Olympia-Debatte haben, die auch Milliarden Euro frisst. Wir müssen Prioritäten setzen. Wollen wir eine erfolgreiche Gesellschaft haben, wo unsere Kinder und Jugendlichen erfolgreicher werden, oder wollen wir Prestigeprojekte, die am Ende diese Kinder und Jugendlichen ausbaden müssen? – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, wissen Sie, was ich bedauere? Ich bin nie den Christdemokraten nahe gewesen, aber was Herr von Beust im Bereich der Migranten an Sympathie für die Christdemokraten geschaffen hat, ich bedauere, dass Herr Haufler das mit seinem menschenverachtenden Verhalten tagtäglich abbaut.
Ich nehme das zurück.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe, das, was ich vorhin gesagt habe, auch zurückgenommen in der Debatte. Bei dieser Debatte geht es nicht darum, dass irgendjemand gegen das Erlernen der deutschen Sprache ist, sondern es geht um ein Grundrecht der Menschen zu einer Entscheidung für ein gemeinsames Leben. Das wird von vornherein verwehrt mit der Begründung, dass sie in ihren Herkunftsländern die deutsche Sprache lernen müssen.
Die Praxis hat eines gezeigt, nämlich dass diese Entscheidung häufig auch negativ ausfällt, weil viele Menschen in ihren Herkunftsländern die deutsche Sprache lernen müssen, hauptsächlich in den Ländern, die von der Regelung betroffen sind. Die Menschen aus ländlichen Gegenden müssen aus 100 Kilometern Entfernung in die Hauptstädte fahren, um die Goethe-Institute zu besuchen. Sie sind in der Regel finanziell dazu nicht in der Lage, denn sie müssen meistens Unterkünfte mieten und das alles bezahlen. In der Regel müssen sie auch ihre Arbeit für diese Zeit aussetzen. Die Liebe und das
Zusammenleben von Menschen können doch nicht davon abhängen, welchen Geldbeutel sie haben, welche Herkunft sie haben oder welchen Bildungsstatus, sondern das Recht auf ein gemeinsames Leben ist im Grundgesetz, in der Europäischen Charta und in jedem Gesetz, das wir als Demokraten achten, verankert. Und es kann nicht sein, dass diese Ausgrenzung für bestimmte Länder gilt.
Daher muss diese Regelung abgeschafft werden. Wir unterstützen den Antrag der GRÜNEN. Ich freue mich, dass wir auch im Ausschuss darüber diskutieren werden.
Wir hatten vor Jahren in einer Sitzung des Eingabenausschusses ein Beispiel, wo ein Mann aus der afrikanischen Community hier lebte und arbeitete und seine Frau aus einem Land kam, in dem sie, um Deutsch zu lernen, fast 500 bis 600 Kilometer fahren musste. Sie hatte nicht die finanziellen Möglichkeiten, den Deutschkurs zu besuchen, der zusätzliches Geld erforderte. Ich weiß nicht, was im Nachhinein passierte, ich bin aus dem Eingabenausschuss ausgeschieden. Der Mann tat mir leid, weil er über Monate und Jahre dafür kämpfen musste, dass seine Frau überhaupt kommen konnte. Das muss nicht sein.
Das gleiche Recht, das für die europäischen Mitbürger gilt oder für Bürger aus Israel oder Japan, sollte auch für die anderen gelten. Wenn unter dem Motto gehandelt wird, dass jemand seine Bildung und seinen Abschluss hat als Akademiker und wir ihn für unsere Wirtschaft nach Deutschland holen können und von ihm Nutzen haben, den anderen können wir aber nicht nehmen, weil er vielleicht dem Bildungsniveau – in Anführungszeichen – nicht entspricht, so kann es doch nicht sein, dass wir so eine Selektierung betreiben, von der Hunderttausende von Menschen betroffen sind. Wenn wir sagen, dass wir alle das Grundgesetz schätzen, dann sollten wir uns auch an das Grundgesetz halten. Es kann nicht sein, dass es neben dem Grundgesetz immer mehr Gesetze gibt, die Menschen, die hier mit ihrem Lebenspartner leben wollen und diese Gesellschaft bereichern wollen, ausgrenzen. Und wer sagt denn, dass Deutsch Basis der Integration ist? Dann frage ich mich, was Sie unter Integration verstehen. Versteht ihr unter Integration das Zusammenleben, also Assimilation, dann muss man fragen, ob die Deutschen oder die Menschen, die in Wilhelmsburg oder Billstedt leben, nach der Definition, die ständig geäußert wird, nicht integriert sind. Integration kann man nicht mit der Sprache gleichsetzen
und darauf beschränken, sondern Integration und Zusammenleben sind ein Prozess. Und eine Spra
che zu erlernen, sollte man unterstützen, aber man sollte nicht ständig Menschen zu etwas zwingen.
Zwang sind nämlich der Einbürgerungstest oder der Integrationstest. Alles, was die Migranten betrifft, wenn sie hier einen Aufenthalt wollen, sind Zwangsmaßnahmen, beispielsweise, dass man ein ausreichendes Einkommen oder ausreichenden Wohnraum hat und so weiter. Das kann nicht sein. Wenn Menschen zu uns kommen und hier leben, dann sollen sie auch gleichberechtigt leben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen an und möchte nur noch einen Punkt erwähnen. Ein Gesetz sollte nicht kostenneutral sein. Das ist der Aspekt dieses Gesetzes. Wir unterstützen diesen Entwurf, und ich freue mich, dass wir im Ausschuss darüber reden werden. Ich werde meine restliche Redezeit dem Olympiabereich widmen, deswegen viel Spaß. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte von vornherein eines deutlich machen, weil die Debatte jetzt für oder gegen Olympia geht. Wir sind nicht gegen den Gedanken Olympia, sondern wir sind für die Völkerverständigung und für die Treffen der Weltjugend. In einer Zeit, in der wir jetzt leben, ist es ganz wichtig, dass das geschieht.
Herr Wersich, ich komme noch dazu. Wenn Sie zuhören, dann werden Sie vielleicht ein bisschen dazulernen.
Aber unter den Kriterien und Bedingungen, die in den letzten 40 Jahren stattgefunden haben, sagen wir, das geht nicht mit uns, weil in der Regel Folgendes geschehen ist: Die Stadtteile wurden aufgewertet, es hat Verdrängung stattgefunden, Mietensteigerungen, die Armen wurden aus den Städten an die Stadtränder verdrängt und so weiter. Die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen haben die Hauptkosten übernommen, und die Profite wurden hauptsächlich durch das IOC, durch Riesenkonzerne plus der Werbeagenturen kassiert. Unter solchen Kriterien sollte man das nicht machen, und deswegen sind wir nicht dafür.
Ich war auch an dem Gespräch über eine Studie beteiligt. Wir haben das alles von vornherein kritisch begleitet, und vieles unserer Kritik an dieser Studie hat sich bestätigt. Einige von Ihnen nennen sie Machbarkeitsstudie, andere sagen, es sei keine Studie, wieder andere das Gegenteil. Da gibt es auch Widersprüche unter den Fraktionen, und Sie müssen sich erst einmal darüber einig werden, was am Ende dabei herauskommt. Sogar in dem Antrag wird eines deutlich, wenn ich das benennen darf. Das heißt, nicht alle Fragestellungen werden sich bis zum Herbst 2014 klären. Und diese Studie wird nicht von externem Fachwissen, sondern direkt von den SPD-geführten Behörden gemacht. Dass man sagt, diese sogenannte Studie sei unabhängig, ist fragwürdig. Wenn man sich überlegt, dass man jetzt eine Studie in Auftrag gibt unter den jetzigen Kriterien des IOC, dann muss man überlegen, ob am Ende etwas dabei herauskommt.
In dem Antrag heißt es, es gäbe nachhaltige und tiefgreifende Reformen des IOC. Und wie Sie alle wissen, so wird das, was das IOC angekündigt hat, keine Reform, sondern ein Reförmchen sein. Reformen werden, wie auch Insider sagen, beim IOC frühestens 2028, spätestens 2032, greifen. Und wenn man jetzt eine Studie in Auftrag gibt unter
den Knebelverträgen und Knebelkonzepten des IOC, wird das am Ende so ausgehen, wie der Studienbetreiber es formuliert.
Ein weiterer Punkt. Ich finde, das ist eigentlich ein Lippenbekenntnis. Wenn man sich tatsächlich mit diesem Thema befasst, so liegt in der Eile, in drei Monaten eine Studie in Auftrag zu geben und sich gleichzeitig für 2024 zu bewerben, ein Widerspruch. Ich möchte aus einem Artikel des "Hamburger Abendblatts" den lieben Kollegen Kerstan und Frau Fegebank zitieren:
"Wenn das IOC Anfang Dezember wie angekündigt […] Reformen für die Austragung Olympischer Spiele beschließen will, ergibt es keinen Sinn, schon jetzt eine Machbarkeitsstudie aufzulegen."
Die GRÜNEN haben mit dieser Kritik voll ins Schwarze getroffen. Warum bestehen Sie dann mit diesem Antrag auf einer Machbarkeitsstudie?
Dieses doppelte Spiel, dass die GRÜNEN dies auf der einen Seite zu Recht kritisieren, auf der anderen Seite aber mitmachen, ist ein Widerspruch in sich.
Es wird deutlich, dass die Wirtschaftslobby einen extremen Druck auf Regierung und Opposition ausübt. Ich möchte Herrn Ploß vom Hamburger Sportbund, der auch unter uns ist, zitieren. Vor etwa zwei Monaten hat er Folgendes gesagt:
"Wir lassen uns nicht treiben von der Handelskammer, die andere Interessen hat. Der Sport hat Interesse, hier wirklich eine Sportveranstaltung durchzuführen und kein Investitionsprogramm für die Wirtschaft!"
Ich erinnere mich an die erste Debatte zu Olympia im Februar. Frau Timmermann von der SPD hat selbst deutlich gemacht, dass eine Bewerbung für 2024 früh ist. Dann haben die Ereignisse sich überschlagen, Senator Neumann hat sich mit dem DOSB getroffen, und zuletzt waren Sie, Herr Neumann, im goldenen Saal des Kempinski-Hotels beim Tourismusverband eingeladen. Hamburg 1 zitiert einen Wirtschaftsvertreter des Großevents, von dem Olympia als Goldgrube bezeichnet wird. Das ist genau der springende Punkt. Olympische Spiele sind eine Goldgrube für Konzerne, Wirtschaftslobby und nicht zuletzt für das IOC. Die Rechnung dafür zahlen hingegen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Es hätte genügt, einen Blick auf Brasilien zu werfen. Dort protestieren Hunderttausende Menschen wegen der Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele in zwei Jahren. Die Menschen haben es
satt, dass ihnen gesagt wird, für soziale Infrastruktur fehle das Geld, während Milliarden für Events und Großprojekte verbrannt werden. Überall dort, wo die Heuschrecke Olympia durchgezogen ist, hat sie für die Städte ein Chaos hinterlassen, Chaos für die öffentlichen Finanzen, Chaos für die Umwelt und Chaos für das soziale Miteinander.
Ich nenne Ihnen ein Kostenargument als Beispiel. Ich will das hier deutlich erwähnen, da es auch die Kosten mit beziffert, die olympiabedingt investiert wurden. Athen hat für 2004 Kosten in Höhe von 1,6 Milliarden Euro kalkuliert. Am Ende gab es eine Rechnung über 40,8 Milliarden Euro. Peking hatte 14,3 Milliarden Euro kalkuliert, am Ende kamen 44 Milliarden Euro heraus. London hatte 11 Milliarden Euro kalkuliert, am Ende waren es über 30 Milliarden Euro.
Ähnliches wird Hamburg erwarten, wenn es den Zuschlag bekommen würde. Im Vergleich dazu sind die Kosten für die Elbphilharmonie Peanuts. Aber nicht nur die Austragung geht in die Milliarden-Höhe. Das IOC selbst gibt an, dass eine Bewerbung durchschnittlich – das ist keine Angabe der LINKEN, liebe Kolleginnen und Kollegen – 70 bis 100 Milliarden Dollar kosten wird. Unter dieser Voraussetzung Olympische Spiele nach Hamburg zu holen, grenzt an Fahrlässigkeit.
Es grenzt an Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar an Veruntreuung von Steuergeldern. Während wir weiterhin einen Sanierungsstau bei den Sportstätten haben, während es faktisch kaum Kapazitäten bei den Turnhallen gibt, und während jeder zweite Schüler und jede zweite Schülerin in den Hamburger Grundschulen nicht schwimmen kann, will die Mehrheit dieses Hauses sich für Großereignisse bewerben, die Hamburg mehr schaden als nützen. Erst gestern mussten wir alle lesen, dass Hamburger Sportverbände aus den Sparten Basketball, Volleyball und Handball Trainer entlassen müssen, weil ihnen das Geld fehlt.
Auf der einen Seite stimmen Sie der Schuldenbremse zu, auf der anderen Seite sind Sie dafür, dass man Milliarden von Euro für Olympia investiert. Hamburg braucht keine neue Investition in Milliardenhöhe, bei der am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür aufkommen müssen. Wir brauchen Investitionen im Bereich des Breitensports und bei der Sportförderung, damit alle Hamburgerinnen und Hamburger langfristig etwas davon haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Spiele dauern 16 Tage, aber die Länder zahlen noch 16 Jah
re dafür. Wir brauchen kein Event für 16 Tage, wofür wir noch 16 Jahre büßen müssen.
Deswegen machen wir bei einer Studie nicht mit, denn das ist keine Studie, sondern ein Alibi-Antrag, der am Ende mit einem positiven Signal an die Bürgerschaft gehen wird, wir sollten uns bewerben. Stattdessen sollten wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich freue mich, dass wir darüber debattieren, aber eines will ich deutlich sagen, das gilt auch für Herrn Wersich, denn den Fehler haben Sie beim LBK gemacht: Wenn das Volk entscheidet, egal ob für oder gegen Olympia, dann hat das Volk darüber entschieden.
Das muss dann umgesetzt werden, nicht wie beim LBK, Herr Wersich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab will ich sagen, dass wir den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unterstützen werden. Ich will aber noch einmal deutlich hervorheben, warum wir die EnqueteKommission bevorzugt hätten und warum wir mit unserem Zusatzantrag die Erweiterung des Untersuchungsauftrags erreichen wollen.
Ich fürchte, es wird wieder so sein, dass wir Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft in unserem eigenen Saft schmoren werden. Wieder wurde eine Möglichkeit verpasst, sich organisiert – ich betone organisiert, denn natürlich werden wir auch im PUA Experten einladen – wissenschaftlichen Sachverstand von außen zu holen. Wieder wurde eine Möglichkeit verpasst, über den Wahlkampf hinaus das System der Kinder- und Jugendhilfe als Ganzes zu untersuchen, anstatt an Einzelteilen herumzureparieren oder sich im Einzelfall zu verlieren. Nach dem Tod von sechs Mädchen wäre es an der Zeit gewesen, damit aufzuhören und das gesamte System von unabhängiger Seite durchleuchten zu lassen.
Nicht der Parteienproporz entscheidet in der Enquete-Kommission, sondern die fachliche Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft; im Untersuchungsausschuss wird das nicht der Fall sein. Dazu waren die anderen Parteien aber leider nicht bereit, nach unserer Auffassung auch die SPD nicht. Sie sehen an unserem Erweiterungsantrag, dass wir trotzdem, wie schon im Sonderausschuss zum Tod des Mädchens Chantal, konstruktiv mitarbeiten wollen und Vorschläge machen. Mit unseren Vorschlägen wollen wir die inhaltlichen Anliegen des Kinderschutzes stärken und bisher fehlende
Bereiche des Untersuchungsauftrags sachlich und fachgerecht ergänzen. Aber ich fürchte nach den bisherigen Debattenbeiträgen, dass das keine Zustimmung finden wird.
Neben der Sachaufklärung, die auch wir wollen, sollten wir uns vor allem mit den Fragen beschäftigen, die hinter den tragischen Todesfällen stehen. Ohne Ihre Unterstützung werden wir die Möglichkeit verpassen, den Untersuchungsauftrag des PUA zu erweitern und so am Fall Yagmur orientiert diese Fragen sachlich aufarbeiten zu können. Daher will ich unsere Vorschläge noch einmal deutlich machen.
Erstens: Wir wollen die Wirkung der Ökonomisierung der sozialen Arbeit untersuchen.
Zweitens: Wir wollen die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen in den Blick nehmen.
Drittens: Wir wollen die Begleitung der auf Hilfe Angewiesenen untersuchen und verbessern.
Viertens: Wir wollen das Verhältnis zwischen Jugendämtern und den auf Hilfe Angewiesenen untersuchen und verbessern.
Zu Punkt 1: Ein wichtiger Bereich, der unbedingt untersucht werden muss, ist die Ökonomisierung der sozialen Arbeit. Wir haben in den letzten Jahrzehnten erlebt, wie der Bereich der Jugendhilfe nach marktwirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet wurde. Nach meiner Auffassung ist die Fachlichkeit dabei verloren gegangen.
Eines der besten Beispiele dafür ist Jus-IT, für das wir 112 Millionen Euro ausgegeben haben und das, wenn ein Hilfesuchender kommt und die Fakten eingegeben werden, am Ende die billigste Hilfe ausspuckt und nicht die passende. Das kann und darf nicht sein.
Wenn es in Hamburg 250 Träger mit dem Arbeitsschwerpunkt Jugendhilfe gibt und viele davon nicht einmal gemeinnützig sind, dann läuft in unserer Stadt einiges falsch. Vor diesem Hintergrund hatte unsere Fraktion schon im Sonderausschuss Chantal eine Expertenanhörung zu diesem Thema vorgeschlagen. Eine solche hat es aber nicht gegeben, obwohl wir sie damals auch im Familienausschuss durchführen wollten. Jetzt sollte es wieder auf der Tagesordnung stehen, dass wir dieses Thema aufnehmen.
Zu Punkt 2: Vielleicht noch wichtiger ist es, sich die Lebenslage der Kinder und ihrer Familien anzuschauen. Die Politik hat mit dafür gesorgt, dass die Schere zwischen Arm und Reich in dieser Stadt weiter auseinandergegangen ist. Wenn wir uns anschauen, dass ausnahmslos alle verstorbenen Kinder aus benachteiligten Stadtteilen kamen, dann besteht da ein dringender Handlungsbedarf. Wir
müssen erkennen, dass sich die Lebenslagen von vielen Menschen in unserer Stadt erheblich verschärft haben, während die herrschende Politik mit dem Bau von Opernhäusern und der Rettung von Banken beschäftigt war. Armut, Perspektivlosigkeit, fehlende Bindung an das Umfeld, all diese Faktoren spielen in ausnahmslos allen Fällen, in denen Kinder in dieser Stadt gestorben sind, eine Rolle. Wenn in manchen Stadtteilen nicht einmal ein Kinderarzt da ist, dann stimmt etwas in dieser Stadt nicht, meine Kolleginnen und Kollegen.
Und wenn Träger oder ASD keine Mutter-Kind-Einrichtung verfügen, weil die Wartezeit zu lang erscheint, wie es im Bericht der Jugendhilfeinspektion beschrieben ist, dann stimmt etwas nicht in dieser Stadt.
In den letzten Wochen habe ich mit vielen Eltern und Mitarbeitern des ASD gesprochen. Vor genau einer Woche habe ich eine Veranstaltung mit 130 Menschen gehabt. Ich war in Mümmelmannsberg und habe mit vielen Menschen gesprochen. Viele Eltern haben Angst vor den staatlichen Strukturen. Wenn Eltern berichten, dass sie Angst haben, zum Jugendamt zu gehen, wenn sie ein Problem haben, weil sie fürchten, dass ihnen vielleicht ihr Kind weggenommen wird, dann müssen wir da etwas Grundsätzliches ändern.
Die Politik ist mit daran schuld, dass der ASD nicht als Unterstützungsmechanismus gesehen wird, sondern als Angstfaktor. Dafür sind nicht die Kolleginnen und Kollegen im ASD verantwortlich. Ich glaube schon, dass diese eine tolle Arbeit machen und tagtäglich versuchen, das Beste aus minimalen Möglichkeiten zu machen. Darum will ich mich auch ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre Arbeit bedanken.
Der Todesfall eines Kindes hat häufig dazu geführt, dass wir in der Bürgerschaft mehr Dokumentation und mehr Kontrolle beschlossen haben, statt dass wir Instrumente geschaffen haben, die den Menschen bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme helfen. Wir müssen den ASD endlich wieder so ausrichten, dass die Menschen sich mit ihren Problemen gern an ihn wenden, weil sie wissen, dass ihnen geholfen wird. Dazu braucht es ein Konzept für die Begleitung von Kindern, Eltern und Pflegeeltern, das wirklich greift. Darum wollen wir diesen Bereich untersuchen, und wir wollen, dass eine unabhängige Beschwerdestelle für die Betroffenen in dieser Stadt eingerichtet wird.
Auch wir wollen Sachaufklärung, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ich bin immer noch der Auffassung, dass wir uns mit dem Untersuchungsausschuss im Einzelfall verlieren werden. Wir brau
chen endlich wirksame Lösungen, die echte Verbesserungen für Kinder und Jugendliche, für Kinderschutz und Jugendhilfe liefern.
Daher appelliere ich an die Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Untersuchungsausschuss teilnehmen werden, den Fall Yagmur nicht zum Wahlkampfthema zu machen, sondern die Fachlichkeit in den Vordergrund zu stellen.
Ich möchte auch in Richtung der SPD ein Wort sagen. Ich bedauere, dass es nicht zu einer EnqueteKommission gekommen ist, und ich bedauere, dass die SPD mit ihrer Enthaltung zu unserem Zusatzantrag einen Schritt zurück macht. Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet, und ich finde es schon – ich weiß nicht, ob das dem parlamentarischen Sprachgebrauch entspricht – heuchlerisch,
wenn Sie zwar politisch-inhaltlich einer Meinung sind, aber der Erweiterung des Untersuchungsauftrags nicht zustimmen. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Untersuchungsausschuss. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Anlass für diese Debatte ist traurig, denn ein Mädchen ist gestorben. Es ist das sechste Kind innerhalb von zehn Jahren in Hamburg, das vor den Augen der Jugendhilfe stirbt. Auch DIE LINKE unterstützt den Wunsch nach umfassender Aufklärung; das ist selbstverständlich.