Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Sie ha- ben es wirklich nicht verstanden!)

Regen Sie sich mal ab.

Zur Zukunftsfeindlichkeit: Die SPD hat die Not und die Missstände in der Kinder- und Jugendkultur nicht behoben, im Gegenteil, sie hat den TeflonModus eingeschaltet und alle Bemühungen der Akteure und auch der engagierten Einrichtungen und Experten an sich abperlen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU – Glocke)

(unterbre- chend) : Frau Goetsch, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel zu?

Selbstverständlich.

Wie wurden denn früher Investitionen im Bücherhallenbereich finanziert, Frau Goetsch?

Wir sprechen von den Betriebsmitteln. Was soll denn die Bücherhalle mit einer neu gestrichenen Wand, wenn Sie für die Bücherausgabe kein Personal hat?

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

(Gabi Dobusch)

Das ist schön, aber es ist ein Trostpflaster, das hat nichts mit der Betriebsmittelsituation zu tun.

Jetzt noch ein paar Worte zur Kinder- und Jugendkultur, die uns allen in den Oppositionsparteien ein Anliegen ist. Wenn Kinder und Jugendliche nicht in ihrer kulturellen Aktivität gestärkt werden, wenn sie keinen Zugang zu Kunst- und Kultureinrichtungen bekommen, haben wir in Zukunft nicht nur leere Museen und leere Konzertsäle, sondern auch eine Generation konsumorientierter Mitläufer und Mitläuferinnen ohne eigenes Reflexionsvermögen.

(Juliane Timmermann SPD: Sie sind ja Leh- rerin!)

Ideenlos und zukunftsfeindlich ist auch dieses wunderbare Thema der SPD-Klüngelpolitik, mit der sie stadthistorische Museen in die Provinzialisierung geschickt hat. Das Konzept, Hamburgs Geschichte in den verschiedenen Häusern zielgerecht aus einem Guss zu erzählen, haben sie ad acta gelegt. Das Hafenmuseum ist im Papierkorb gelandet und der Kulturspeicher in noch viel entfernteren Schubladen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Wo sind denn die 60 Millionen Euro dafür?)

Meine Damen und Herren! Wir haben in unserem Haushaltsantrag gezeigt, wie zukunftsfähige Kulturpolitik aussehen kann. Seit einem Jahr fordern wir gebetsmühlenartig, dass die Kulturtaxe zu 100 Prozent in die Kultur fließen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Letzthin war im "Hamburger Abendblatt" zu lesen, dass der Tourist es kaum merke, die Kultur aber sehr. Wir können das nur unterstreichen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das sagen Sie mal den Hotels!)

Wir fordern einerseits, künstlerisches Weltniveau zu erhalten und weiterzuentwickeln wie zum Beispiel Festivals oder Ausstellungen, die internationale Strahlkraft haben. Ich denke aber auch an das Ensemble Resonanz, das international reüssiert hat. Wir fordern andererseits auch, alle kulturellen Möglichkeiten Hamburgs auszuschöpfen, zur Entfaltung kommen zu lassen, und das heißt Kultur in den Stadtteilen, das heißt Teilhabe für alle, das heißt, Integrationsprojekte, inklusive und interkulturelle Projekte wie das Festival "eigenarten" oder das "Elbinsel-Gipsy-Festival". Der Kulturschlüssel braucht endlich die Wertschätzung, die er haben müsste. Kunst- und Kultureinrichtungen müssen sich auf allen Ebenen der Gesellschaft öffnen. Wir wollen mehr kulturelle Bildung, die Modellregion Kinder- und Jugendkultur muss weiterentwickelt werden und braucht vor allen Dingen Planungssicherheit. Denken Sie an das Kinderbuchhaus, denken Sie an das Projekt Buchstart, beide sind gefährdet. Wir können uns auch vorstellen, einen Kul

turring in einem zeitgemäßen Format wieder einzuführen. Wir fordern einen Alsterkulturfonds,

(Gabi Dobusch SPD: Ach, nehmen Sie doch die Elbe! – Dr. Andreas Dressel SPD: Warum geht Alster und nicht Elbe?)

der mit Mitteln zwischen 5 und 7 Millionen Euro ausgestattet ist. Ihre 300 000 Euro sind Pipifax, damit kann man doch überhaupt nicht alle Kunstsparten fördern.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Unsere Forderung lautet: 100 Prozent der Kulturtaxe für die Kultur und nicht für das Stadtmarketing oder den Sport. Ich kann zum Schluss nur an die Worte von Frau Deuflhard erinnern. Sie sagte im vergangenen Jahr, Hamburg brauche nicht nur den Austausch von Gütern im Hafen, sondern ebenso dringend den Austausch von Künstlern. Hier zu sparen wäre fahrlässig und zum Schaden unserer Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Frau Suding, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Senatorin Kisseler, mit nicht wenigen Vorschusslorbeeren sind Sie vor fast zwei Jahren ins Amt gestartet mit dem Ziel, die Kulturlandlandschaft insgesamt auf solide und verlässliche Füße zu stellen. Zugegeben, einfach war und ist Ihre Aufgabe nicht. Es gibt massive Schwierigkeiten bei den Museumsstiftungen, große Theater, die über zu wenig Geld klagen, eine freie und Off-Theater-Szene, die aufgrund steigender Kosten zu zerbröseln droht, und natürlich die schier unendliche Geschichte um die Elbphilharmonie. Gestern hat der Bürgermeister an dieser Stelle die Bescherung verweigert und uns nicht sagen können, wie es weitergehen soll. Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass wir von der Senatorin heute mehr hören werden, Frau Kisseler, denn Sie waren schon in der letzten Sitzung des Kulturausschusses überfragt und hatten auf unsere Nachfragen nach einem Zeitplan keinerlei Antworten, während zeitgleich der Erste Bürgermeister beim Abendessen des Freundeskreises der Elbphilharmonie eine Entscheidung vor Weihnachten ankündigte. Würde man diesen Vorfall kleinreden wollen, dann müsste man sagen, das war unglücklich, will man aber ehrlich sein, müsste man sagen, Sie wurden brüskiert.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann und Dietrich Wersich, beide CDU)

Frau Senatorin Kisseler, schaut man nun nach fast zwei Jahren auf die Ergebnisse Ihrer Arbeit, kann

(Christa Goetsch)

man sicherlich sagen, dass die Situation nicht schlimmer geworden ist, nur leider auch nicht besser. Schaut man auf den Haushalt, muss man leider konstatieren, dass Sie keine Kultursenatorin der ganzen Stadt sind. Sie sind eine Kultursenatorin der Hochkultur. Dann kommt erst einmal lange nichts, dann kommt noch etwas für die Museen und der Rest muss sehen, wo er bleibt. Weil Sie sich nicht zu helfen wissen, versuchen Sie, die Planlosigkeit schnell durch Aktionismus zu überlagern mit der Einführung einer überflüssigen, bürokratischen und tourismusfeindlichen Kulturtaxe.

(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GRÜNE: Das ist eine Kulturdebatte, keine Tourismus- debatte!)

Dass diese dann aber nicht einmal den Namen verdient hat, so wenig Durchsetzungsfähigkeit hätten wir Ihnen dann doch nicht zugetraut. Weite Teile der geplanten Einnahmen fließen gerade nicht in die Kulturfinanzierung.

(Jens Kerstan GRÜNE: Ja, genau! Wenn schon, denn schon, oder was ist Ihre Bot- schaft, Frau Suding!)

Darüber hinaus, und das wissen Sie auch ganz genau, ist nach wie vor nicht klar, ob die Kulturtaxe in Hamburg rechtlich Bestand haben wird. Ein Blick auf die wenige Tage alte Entscheidung in Dortmund genügt nämlich, Herr Kerstan. Einzelne Hotelbetriebe haben mit der Unterstützung des Steuerzahlerbundes auch in Hamburg bereits Klagen angekündigt. Heute Einnahmen aus der Kulturtaxe als Ausgaben fest zu verplanen, kann sehr schnell zum Bumerang für die Kulturbehörde werden.

(Beifall bei der FDP)

Fairerweise gehört zur Wahrheit aber auch, liebe Frau Senatorin, dass Sie es mit der SPD-Mehrheitsfraktion wirklich nicht leicht haben.

(Jan Quast SPD: Na! – Dietrich Wersich CDU: Die interessiert sich nämlich nicht für Kultur!)

Aktuell beschäftigen wir uns mit einer Strukturreform der Stiftung Historische Museen, wobei das Wort Reform hier nicht wirklich passt. Es ist eine Reform, die Sie nicht wollen, die Ihr Haus nicht will und die, weil die SPD es sich nun einmal in den Kopf gesetzt hat, jetzt auch umgesetzt werden muss. Sie können einem dabei schon fast ein bisschen leidtun. Faktisch bringt diese Reform nichts außer Mehrkosten und Risiken. Aber auch nach der wirklich erschlagenden Kritik bei der Anhörung im Kulturausschuss – ich habe selten so ein einhelliges und vernichtendes Urteil gehört – bleibt die SPD stur. Die Realitätsverweigerung der SPD ist dabei schon fast erschreckend, das hat Frau Dobusch heute in Ihrem Beitrag noch einmal eindrucksvoll unterstrichen, übrigens nicht nur angesichts der Museen.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann und Dietrich Wersich, beide CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Fragen Sie doch mal den Museumsleiter aus Harburg! Der kann Ihnen dazu etwas erzählen!)

Abgesehen von den Betroffenen in Bergedorf und Harburg kann niemand in der Kulturszene nachvollziehen, welche Vorteile diese Herauslösung überhaupt haben soll.

Dass aber das Museumscontrolling künftig auch auf das dann herausgelöste Helms-Museum anzuwenden ist, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

(Jan Quast SPD: Ist es ja auch!)

Da wir uns bei der SPD aber besser nicht auf Selbstverständlichkeiten verlassen wollen, beantragt die FDP-Fraktion heute genau diese Ausweitung des Museumscontrollings.

(Beifall bei der FDP – Jan Quast SPD: Das hatten wir ja schon beschlossen!)

Die Ausweitung des Museumscontrollings beantragen wir auch für die Deichtorhallen, eine städtische GmbH. Erst vor wenigen Wochen mussten wir erneut Liquiditätshilfen gewähren. Ich denke, dass bauliche Sanierungsmaßnahmen allein nicht ausreichen werden. In Zukunft müssen wir alle gemeinsam dort besser hinschauen, und deshalb sollten Sie unserem Antrag zustimmen.

Meine Damen und Herren! Hamburg ist national wie international für seine Theaterlandschaft bekannt. Schauspielhaus, Thalia Theater, Opernhaus, aber auch das Ohnsorg-Theater, das Schmidt Theater und die Musicals strahlen weit über die Stadtgrenzen hinaus und ziehen viele Touristen an. Aber sie stehen längst nicht allein da. Die Off-Szene, die Tanztheater, das Varieté und nicht zu vergessen die Stadtteilkultur, die gerade in den Bezirken eine wichtige und teilweise notwendige Integrationsaufgabe wahrnimmt – auch sie gehören zur Stadt und ohne sie wäre Hamburg nur halb so bunt. Leider findet sich das aber im aktuellen Haushalt nicht wieder. Während die Ausgaben für die großen Häuser dauerhaft und signifikant steigen, im Falle des Schauspielhauses immerhin um fast 30 Prozent, stagnieren die Ausgaben in den anderen Bereichen. Bezeichnenderweise sollen die Einnahmen aus der Kulturtaxe daran überhaupt nichts ändern.

Mit unserem Antrag zum Einzelplan der Kulturbehörde beantragen wir deshalb, die Mittel für das Thalia Theater, das Schauspielhaus und das Opernhaus abzusenken, gemessen am Gesamtetat allerdings nur sehr moderat. Wir haben nämlich in den Wirtschaftsplänen dieser Häuser, die Grundlage für die Zuwendungen der Stadt sind, ungewöhnlich niedrige Einnahmeerwartungen gefunden, und das konnte uns auch auf unsere

Nachfrage die Kulturbehörde nicht erklären. Wir gehen daher davon aus, dass die Einnahmen in den nächsten beiden Jahren nicht niedriger sein werden als im schlechtesten Fall der vergangenen fünf Jahre, und legen diese Zahlen zugrunde. Damit tun wir den großen Häusern nicht weh, aber wir schaffen etwas Luft, beispielsweise, um die Mittel der Stadtteilkultur wenigstens um die Inflation zu bereinigen oder um der LAG die notwendigen Mittel für die Übernahme der Teilnehmer des FSJ Kultur zur Verfügung zu stellen, oder um der HipHop Academy die geplanten Mittel fest zuzusagen.

Meine Damen und Herren! Ich komme kurz zu den Anträgen der anderen Fraktionen. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir denjenigen Vorhaben, die aus Mitteln der Kulturtaxe finanziert werden sollen, nicht zustimmen werden. Zustimmen können wir den Anträgen der SPD zur konkreten Festschreibung von Ressourcen aus dem Sanierungsfonds 2020. Und auch bei der CDU-Fraktion finden sich durchaus interessante Ansätze. Wir werden auch hier die Vorschläge unterstützen, die solide gegenfinanziert sind – es sind nicht viele, aber es sind ein paar –, was man über die Vorschläge der GRÜNEN und der LINKEN leider nicht sagen kann. – Vielen Dank.