Schönen guten Abend allerseits! Wir sprechen heute über Stadtentwicklungspolitik, und mir fehlt ein Aspekt, der bisher von meinen Vorrednern noch nicht angesprochen wurde. Wir haben nämlich nicht nur eine besondere Herausforderung bei der Stadtentwicklung in Hamburg, wir haben auch Chancen. Wir haben die Chancen, genau auf diesem Politikfeld alle Felder miteinander zu vereinheitlichen. Wir haben die Chance, ganzheitlich hinzuschauen, und wir haben die Chance, das zu machen, was jahrzehntelang in Hamburg nicht so gut geklappt hat, nämlich behördenübergreifend eine Politik gegen eine soziale Spaltung zu organisieren.
Leider nutzt der Senat die Chance nicht, und das finde ich sehr ärgerlich. Ich werde Ihnen jetzt an drei Feldern aufzeigen, wo die Kritik der LINKEN liegt. Das sind die Wohnungspolitik, die soziale Stadtentwicklungspolitik und die Beteiligung. Der Erste Bürgermeister hat am Dienstag gesagt, dass endlich alle aufgewacht seien. Damit meinte er vor allen Dingen die Genossinnen und Genossen in der SPD. Ich habe das Gefühl, dass einige aufgewacht sind, aber richtig aufgeweckt und hellwach sind noch lange nicht alle. Deswegen müssen wir auch wesentlich mehr tun.
Ich glaube, niemand wird mir widersprechen, dass der Mietenwahnsinn in Hamburg weiter galoppiert. Wir konnten gerade in der Zeitung lesen, dass 40 Prozent der Einkommen der meisten Hamburger Haushalte mittlerweile für die Miete aufgewendet werden. Im "Hamburger Abendblatt" stand: Wer kann sich das noch leisten? Das ist doch ein eindeutiges Zeichen dafür, dass diese Wohnungswirtschaft, wie sie bisher kapitalistisch organisiert ist, so nicht funktionieren kann.
Nein, Herr Kienscherf, das ist jetzt zwar wunderbar billig, und auch der andere Einwurf mit Marzahn ist wunderbar billig. Mit diesen Einwürfen, liebe Kollegen – es waren nämlich zwei Männer –, erreichen Sie nichts. Sie werden feststellen müssen, dass die meisten Hamburgerinnen und Hamburger heute Angst davor haben, ihre Wohnung zu verlieren. Und das liegt daran, dass wir keine
preisgünstigen Wohnungen mehr haben. Da müssen wir etwas tun, und da brauchen wir und Sie vor allen Dingen mehr Mut.
Kurz zur CDU-Fraktion, das geht an die Männer: Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie in jeder Debatte zeigen, dass hier die Männer die Quasselstrippen sind. Das ist einmal ein Beweis dafür, dass es auch andersherum geht.
Der Senat hat als Ziel ausgegeben, jährlich ein Drittel geförderter Wohnungsbau zu schaffen. Das klingt erst einmal gut, und es klingt vor allen Dingen gut, wenn wir das vergleichen mit dem, was vorher in der Stadt passiert ist.
Ein Drittel klingt recht gut, wenn ich mir nicht die Realität in Hamburg ansehe, wenn ich nicht sehe, dass die Hälfte aller Hamburger Haushalte Anspruch auf eine geförderte Wohnung hat. Da brauchen Sie jetzt keinen Matheunterricht, sondern Sie werden sofort feststellen, dass ein Drittel und eine Hälfte nicht dasselbe sind. Deswegen brauchen wir wesentlich mehr Wohnungen.
Was wir nicht brauchen, ist Folgendes: Ich bin über die CDU wirklich erstaunt, dass sie jetzt sagt, sie wolle einen dritten Förderweg einführen. Wenn wir im ersten und zweiten Förderweg noch nicht einmal genügend Wohnungen haben, verstehen Sie das Problem wirklich nicht. Wir brauchen nämlich wesentlich mehr Wohnungen im ersten Förderweg. Deswegen sagt die Links-Fraktion: Es soll mehr Geld zur Verfügung gestellt werden für die Verdoppelung des sozialen Wohnungsbaus. Das Geld dafür ist da. Wir haben die Steuermehreinnahmen, wir finanzieren Ihnen das. Sie müssen erst einmal bauen und Sie müssen auch darauf achten, dass wir die Leute erreichen, die Wohnungen brauchen.
Herr Kienscherf hat schon ein bisschen weise Voraussicht bewiesen, denn Sie haben genau richtig erahnt, dass ich etwas zum Thema Belegungsbindungen sage. Sie haben aber nicht gesagt, warum das mein Thema wird. Wir haben im nächsten Jahr über 10 000 Bindungen, die auslaufen. Das heißt, 10 000 Wohnungen, die bisher als Sozialwohnungen preislich gebunden waren, sind zukünftig keine mehr. Sie nicken, es ist traurig genug.
Deswegen beantragen wir, wesentlich mehr Bindungen anzukaufen. Im ersten Schritt haben wir eine Finanzierung für 1000 Bindungsankäufe pro Jahr vorgelegt. Das ist dringend notwendig und das sollten Sie auch tun.
Vielleicht haben Sie mitbekommen, welch sonderbare Blüten mittlerweile der Hamburger Wohnungsmarkt treibt. Wir konnten dieser Tage in der Presse lesen, dass eine bekannte Hamburger Familie in Eppendorf eine 400-Quadratmeter-Wohnung beziehen wird. Diese Familie ist keine Großfamilie, es ist eine Kleinfamilie, bestehend aus drei Personen mit einem gutverdienenden Sportler. Wenn Sie das auf die Hartz-IV-Größen umrechnen, die bei einer Wohnungsbelegung zugestanden werden, dann würden 30 Personen diese Wohnung mieten können. Es ist doch ein Irrsinn, dass in Hamburg 400-Quadratmeter-Wohnungen überhaupt auf dem Markt sind. Das müssen wir gemeinsam angehen.
Sehr geehrte Abgeordnete, ich bitte um mehr Ruhe und auch um Rücksichtnahme, sodass Frau Sudmann ihre Rede fortsetzen kann. Vielleicht merken Sie, dass ihre Stimme etwas belegt ist, also nehmen Sie bitte Rücksicht.
Je höher der Wohnflächenverbrauch ist – diejenigen unter Ihnen, die sich mit Wohnungspolitik beschäftigen, wissen, dass der mittlerweile pro Nase bei über 40 Quadratmetern liegt –, desto mehr Wohnungen müssen gebaut werden und desto mehr Fläche wird verbraucht.
Wir haben aber alle gemeinsam ein Problem, das bisher, auch vom Senat, eher kleingeredet wird. Wie gehen wir nämlich damit um, wenn wir Flächen entdeckt haben, auf denen vielleicht Wohnungen gebaut werden könnten? Zurzeit ist die Haltung bei den meisten Fraktionen, immer weiter zu bauen, und wenn da ein Baum oder auch zehn Bäume stehen, dann gehen wir darüber hinweg. Wir werden aber gemeinsam schauen müssen, wie es in Zukunft aussehen wird, wenn wir in 10 oder 20 Jahren alles zugebaut haben, was zurzeit vielleicht als Baufläche geeignet erscheint.
Dann haben wir, Herr Ohlsen, keine Freiflächen mehr. Wir haben keine Flächen, auf denen Kinder spielen können. Wir haben keine Flächen, auf die Sie im Alter vielleicht mit Ihrem Rollator hinwollen, um sich ein bisschen Grün und Erholung zu gönnen.
Eine weitsichtige Stadtentwicklungspolitik muss sich auch überlegen, wie es in 10 oder 20 Jahren aussieht; das werden wir gemeinsam anpacken müssen.
Herr Kienscherf, provozieren Sie keinen bösen Kommentar von mir. Hochhäuser wollte Ihr Erster Bürgermeister bauen, und das gezielt.
Ich komme zu einem ganz besonderen Antrag der SPD, der auf den ersten Blick, wenn man die Überschrift liest, richtig toll klingt. Sie wollen einen Leerstandsbericht, das ist erst einmal begeisternd. Aber im Text stellt sich heraus, dass sich der Leerstandsbericht auf die städtischen Immobilien bezieht. Es ist doch ein Armutszeugnis, dass die Stadt nicht weiß, wo ihre Gebäude stehen, wie sie genutzt werden und warum sie leer stehen. Es kann doch nicht sein, dass Sie dafür extra einen Leerstandsbericht brauchen.