Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

Was macht der Senat in dieser Situation? Anstatt die vorhandenen Förderinstrumente zu optimieren oder die bestehenden Einrichtungen besser zu verzahnen, wird erst einmal eine neue Einrichtung geschaffen. Das mag zwar sozialdemokratischer Institutionengläubigkeit entsprechen, aber einer Verbesserung der Wirtschafts- und Innovationsförderung dient das nicht, denn wenn Sie sich in der Drucksache die konkreten Förderprogramme der vier Geschäftsbereiche anschauen, dann finden Sie da, was Förderinstrumente und –mittel betrifft, im Grunde sehr wenig Neues. Mit anderen Worten: alter Wein in einem neuen Schlauch.

(Beifall bei der FDP)

Es stellt sich auch die Frage, warum die Wirtschafts- und Innovationsförderung dadurch besser werden soll, dass man dieselben Fördermaßnahmen und Fördermittel einfach bei einer anderen Institution andockt, und dann noch bei der Wohnungsbaukreditanstalt, einer Institution, die mit

(Dr. Anjes Tjarks)

Wirtschaftsund Innovationsförderung bislang nichts, aber auch gar nichts zu tun hatte und bei der vor allem – das ist wichtig – die Wirtschaftsund Innovationsförderung, gemessen an dem zukünftigen Geschäftsvolumen, nämlich Wohnungsbau und Klimaschutz einerseits, Wirtschafts- und Innovationsförderung andererseits, auch zukünftig nicht das Hauptgeschäft der Investitions- und Förderbank darstellen wird, sondern nur ein Nebengeschäft sein wird. Allein diese Strukturänderung – und mit dieser Strukturänderung an sich ist noch nichts für die Wirtschafts- und Innovationsförderung erreicht – kostet den Steuerzahler bereits 39 Millionen Euro, nachzulesen auf Seite 23 der Drucksache. Das ist Geld, das für direkte Maßnahmen der Mittelstands- und Innovationsförderung besser hätte verwendet werden können.

Das sind nicht die einzigen zusätzlichen Kosten. Wir haben von Anfang an befürchtet, dass die Investitions- und Förderbank das Risiko einer Dopplung von Zuständigkeiten und eines weiteren Aufwuchses von Personal mit sich bringen wird. Genau das ist nun eingetreten, nachzulesen auf Seite 5 der Drucksache, linke Spalte. Durch die Schaffung der Investitions- und Förderbank werden zusätzliche Personalressourcen notwendig. Auch das kostet Geld, welches für direkte Maßnahmen der Wirtschafts- und Innovationsforschung besser angelegt wäre.

Wirklich neu an Ihrem Konzept ist einzig und allein, dass Sie bei der Wirtschaftsförderung nun selbst in das Kreditgeschäft einsteigen wollen, mit Anstaltslast und voller Gewährträgerhaftung – Herr Tjarks hat darauf hingewiesen – und das in einer Situation, wo wir noch 26 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung aus dem Kreditgeschäft der HSH Nordbank auf der Uhr haben und überhaupt kein Bedarf für einen solchen Einstieg in ein neues staatliches Kreditgeschäft besteht oder ersichtlich ist. Warum? Weil die Kreditversorgung in Hamburg funktioniert – das haben uns jedenfalls alle Experten in der Expertenanhörung gesagt – und weil sich die Kreditzinsen auf einem historischen Tiefstand befinden. Das Hausbankprinzip wollen Sie durchlöchern und stattdessen Risiken für Geschäftsmodelle übernehmen, die von den Hausbanken abgelehnt wurden – ebenfalls nachzulesen in der Drucksache auf Seite 10 –, also Kredite mit besonders hohem Risiko und das mit dem Geld des Steuerzahlers. Offensichtlich haben Sie Ihre Lektion aus der HSH Nordbank nicht gelernt.

(Beifall bei der FDP – Andrea Rugbarth SPD: Sie haben nichts verstanden, aber auch gar nichts!)

Wo tatsächlich Handlungsbedarf besteht – ich nenne zwei Stichworte: Konsortialfinanzierung und Mikrofinanzierung –, können wir die vorhandenen Schwächen in der bestehenden Struktur lösen. Eine HSH Nordbank light brauchen wir jedenfalls da

für nicht. Die FDP-Fraktion lehnt daher den Einstieg in eine neue Staatsbank ab.

(Beifall bei der FDP)

Wir schlagen Ihnen stattdessen mit unserem Änderungsantrag konkrete Maßnahmen der Wirtschaftsförderung vor. Wir unterstützen die Einrichtung einer One-Stop-Shop-Agentur, also einer Institution, die Gründer und Menschen mit Geschäftsideen oder mit Bedarf an einer Nachfolgeregelung an die Hand nimmt und sie bei der richtigen Förder- oder Beratungsstelle abgibt. Diese Agentur – Herr Tjarks, da sind wir relativ leidenschaftslos – kann man meinetwegen gerne auch Landesförderinstitut nennen, damit auch Hamburg dann über eine solche Institution verfügt.

Wir wollen für alle Gesetze eine Mittelstandsklausel einführen, also die Prüfung der Frage, welche Lasten und Kosten mit dem Gesetz oder der Verordnung für mittelständische Unternehmen verbunden sind. Wir wollen eine Debatte und dann auch eine gesetzliche Festlegung der Förderziele und der Fördergrundsätze für die Mittelstandsförderung, und wir fordern eine kontinuierliche Evaluierung und Optimierung der bestehenden Förderprogramme. Was wir dort als Anhang zur vorliegenden Drucksache finden, reicht nicht aus. All das sind konkrete Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, und sie sind allemal besser als die Schaffung einer neuen Institution.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

Offensichtlich hält auch die SPD-Mehrheitsfraktion die Bedenken gegen die Investitions- und Förderbank für begründet, denn sonst wäre es nicht verständlich, dass die Beratung über die Neustrukturierung der Wirtschaftsförderung nicht da geführt werden soll, wo sie hingehört und bislang auch geführt worden ist – Beispiel Expertenanhörung und Senatsanhörung –, nämlich im Wirtschaftsausschuss und nicht im Haushaltsausschuss. Das ist ein für eine parlamentarische Beratung höchst ungewöhnlicher und merkwürdiger Vorgang. Wir beantragen daher, die Drucksache 20/6335 und auch unseren Zusatzantrag an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen, und wir fordern die SPDFraktion auf, diesem Überweisungsantrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Banken sind in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft unverzichtbar. DIE LINKE steht für stabile Banken.

(Zuruf von der CDU: Staatliche Banken!)

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Was dachten Sie denn?

Und wir stehen dafür, dass die Banken den Zweck erfüllen, für den sie geschaffen wurden: Kreditvergabe und Verwaltung von Spareinnahmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Andrea Rug- barth SPD)

Die Fraktion DIE LINKE hat bereits deutlich gemacht, dass sie der Investitions- und Förderbank positiv gegenübersteht,

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich!)

denn sie bietet viele Chancen für kleine und mittelständische Unternehmen, für den sozialen Wohnungsbau und das Gesundheitswesen, aber auch für die Bereiche Jugend, Bildung und Sport. An der Kapitalausstattung für die Bank gibt es nichts auszusetzen. Die Bank besteht bereits als Wohnungsbaukreditanstalt, deswegen verstehe ich auch nicht, warum sie hier als neue oder weitere Bank bezeichnet wird. Das Eigenkapital wird überführt, und zusätzliche Positionen aus integrierten Netzwerken bestehen bereits. Weitere Eigenkapitalreserven sind für den Kernhaushalt lediglich ein Aktivtausch und daher nicht liquiditätsbelastend. Die Investitions- und Förderbank kann eine Bereicherung für die Stadt und ihre Bevölkerung werden.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Voraussetzung für eine Akzeptanz der Investitionsund Förderbank ist jedoch, dass sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung auch bewusst sind. Insbesondere auf den zu bildenden Verwaltungsrat kommt ein Höchstmaß an Verantwortung zu. Wir wissen es doch alle: Banken und Banker haben einen denkbar schlechten Ruf und das wohl auch zu Recht. Banken gelten als reine Zockerbuden. Vor allem auf Kosten von Kleinsparerinnen und Kleinsparern wurde doch das große Geld gemacht, und auch die ehemaligen Manager der HSH Nordbank haben zu diesem Ruf beigetragen. Die Verschleierungen für misslungene Risikogeschäfte sind nach wie vor ein Skandal, der nachwirkt und auch niemals vergessen werden darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Nie wieder dürfen persönliche Gier und Verantwortungslosigkeit von Vorstandsmitgliedern die Freie und Hansestadt Hamburg in Mithaft nehmen; das gilt natürlich auch für alle anderen Bundesländer. Die Kreditvergabe an die Realwirtschaft muss daher zwingend in die öffentliche Hand gelegt werden, sie gehört unter öffentliche Kontrolle.

(Dietrich Wersich CDU: Und die Bäckereien auch!)

Dieses erfordert eine umfassende Kontrolle der Geschäftstätigkeit durch die neu ins Leben zu rufenden Gremien wie Verwaltungsrat und Beirat. Zudem ist auch eine regelmäßige Information an die Bürgerschaft unumgänglich.

Was wir schon kritisieren, und ich wundere mich über das Ergebnis, ist, dass die Drucksache nicht an den Wirtschaftsausschuss überwiesen wird. Hier haben die Beratungen in den letzten Monaten stattgefunden, und wir haben uns noch in der letzten Ausschusssitzung dafür ausgesprochen, dass die Beratungen dort auch weiterhin stattfinden. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Gerade weil für diese Bank um Vertrauen geworben werden muss – selbstverständlich auch bei Hausbanken, bei der Bevölkerung und bei der Industrieund Handelskammer –, wäre es doch sinnvoll, wenn hier die Beratungen fortgeführt würden. Ich möchte wirklich an die SPD-Fraktion appellieren, die Ablehnung noch einmal umzukehren und eben doch an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was uns irritiert hat, war die Pressemitteilung der CDU. Vielleicht wird daraus aber noch einmal deutlich, warum es wichtig sein kann, eine weitere intensive Beratung vorzunehmen und vielleicht zu einer weiteren Expertinnen- und Expertenberatung zu kommen, denn ich kann Ihnen da nicht folgen, Frau Prien. Natürlich kann man gewisse Vergleiche zur HSH Nordbank ziehen, aber die HSH Nordbank macht keine Mittelstandsförderung. Ich weiß nicht, wie Sie in Ihrer Pressemitteilung darauf kommen, das zu erwähnen. Es ist auch keine weitere Bank, sondern die Wohnungsbaukreditanstalt wird erweitert, und von daher ist das doch eine ganz andere Grundlage. Da habe ich mich wirklich extrem gewundert. Wir dürfen nicht vergessen, dass die HSH Nordbank eine Aktiengesellschaft ist und diese Bank unter öffentliche Kontrolle gestellt werden soll. Das ist auch gut so.

Liebe SPD-Fraktion, überweisen Sie das bitte an den Wirtschaftsausschuss, dann sind wir auch damit einverstanden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat Herr Senator Dr. Tschentscher das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Gründung einer Hamburgischen Investitionsund Förderbank verfolgen wir drei Ziele:

Erstens sollen die an vielen unterschiedlichen Stellen durchgeführten Maßnahmen der Wirtschaftsförderung in eine Hand zusammengeführt werden. Daraus ergibt sich eine wirtschaftlichere Aufgabenwahrnehmung für die Stadt, und die Fördermittel können in höherem Umfang denjenigen zugutekommen, die gefördert werden sollen. Zugleich entsteht ein zentraler und dann bekannter Ansprechpartner für alle Fragen, die sich in der Wirtschaftsförderung ergeben.

(Kersten Artus)

Zweitens sollen bewährte Organisations- und Arbeitsformen wie zum Beispiel die Innovationsstiftung unter dem Dach des neuen Instituts fortgeführt werden und durch eine Vernetzung mit anderen Förderinstituten und Fördergebieten noch besser zur Geltung kommen.

(Beifall bei der SPD)

Und drittens versprechen wir uns von einem neuen Kompetenzzentrum Wirtschafts- und Innovationsförderung eine bessere Inanspruchnahme von bundes- und europaweiten Förderprogrammen. Mit anderen Worten: Wir wollen mehr Mittel des Bundes und der EU nach Hamburg lenken, damit wir nicht weiter auf dem letzten oder vorletzten Platz liegen. Die gute Entwicklung der Hamburger Wirtschaft ist mindestens so wichtig wie die der anderen Bundesländer.

Sie lesen in der Drucksache, aufgrund welcher Fakten und Problemanalyse wir diese Ziele verfolgen und wie wir sie erreichen wollen. Hamburg ist das einzige Bundesland, das in der Wirtschaftsund Innovationsförderung bisher ausschließlich Zuschüsse und Bürgschaften einsetzt und auf darlehensbezogene Maßnahmen schon deshalb verzichten muss, weil wir hierfür kein geeignetes Förderinstitut haben. Genaugenommen haben wir mit der Wohnungsbaukreditanstalt zwar ein geeignetes Institut, das aber durch die bestehenden Regelungen auf die Wohnraumförderung eingeengt wird. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die WK ihre in den letzten Jahrzehnten ausgesprochen vorzeigbare Wohnraumförderung fortsetzen und im Interesse unserer Wohnungsbauziele noch verstärken. Unter dem Namen Hamburgische Investitions- und Förderbank soll aber die Geschäftstätigkeit um die Bereiche Klimaschutz und Wirtschafts- und Innovationsförderung erweitert werden.

Wir haben Ihnen im Wirtschaftsausschuss, der zu diesem Thema getagt hat, bevor die Entscheidungsvorbereitung des Senats abgeschlossen war, bereits vorab berichtet, worauf wir bei diesem Projekt besonders achten. Herkunft und Verwendung der öffentlichen Mittel sollen in Geschäftsfeldrechnungen für die Bereiche Wohnungsbau, Innovation sowie Wirtschaft und Umwelt getrennt ausgewiesen werden. Die Gremienstruktur der neuen IFB ermöglicht die Mitwirkung externer Fachleute. Die Innovationsstiftung wird in ihrer bisherigen Arbeitsweise als Innovationsagentur unter dem Dach der IFB fortgeführt.

Nun kann man darüber hinaus viele Fragen stellen – die meisten werden übrigens beantwortet, wenn man die Drucksache so sorgfältig liest, wie sie geschrieben wurde –, und man kann auch Befürchtungen zum Ausdruck bringen, zum Beispiel mit dem Hinweis darauf, welche falschen Strategien und Forderungen in früheren Jahren an Landesbanken gerichtet wurden. Da steckt in manch ei

nem Hinweis, Frau Prien und Herr Kluth, auch ein bisschen Selbstkritik. Aber man sollte eben auch zur Kenntnis nehmen, dass wir keine neue Landesbank gründen, sondern ein bestehendes Förderinstitut mit einem vernünftigen Auftrag ergänzen. Eine Gewinnausschüttung, die aus falschen Beweggründen zu unangemessenen Renditeerwartungen verleiten könnte, wollen wir gesetzlich ausschließen. Die IFB wird daher ebenso wie die bisherige WK keine normale Geschäftsbank sein, sondern ein Institut unter der sogenannten Verständigung II. Das ist ein verbindliches Regelwerk, das die Geschäftstätigkeit auf Förderaufgaben in öffentlichem Interesse beschränkt. Die IFB wird danach nicht in Konkurrenz zu anderen Finanzinstituten treten, sondern nach dem Hausbankenprinzip mit ihnen kooperieren und deren Kreditversorgung dort ergänzen, wo es sinnvoll und erforderlich ist. Das sind vor allem Existenzgründungen, Kleinstkredite, aber zum Beispiel auch Konsortialdarlehen, bei denen Hamburger Unternehmen einen zusätzlichen Partner suchen, um eine wirtschaftlich gute Entwicklung zu nehmen.

Hamburg ist ein starker Wirtschafts- und Finanzplatz,

(Olaf Ohlsen CDU: Sehr schön!)

aber wir dürfen nicht auf einem hohen Ross sitzen und uns darauf verlassen, dass schon von alleine alles gut wird. Eine Hamburgische Investitions- und Förderbank wird uns helfen, neben dem Wohnungsbau auch die Zukunftsthemen Klimaschutz und Innovation so zu unterstützen, wie es die Hamburger Wirtschaft, die Arbeitsplätze, die Umwelt und unsere gesamte Stadt verdienen. – Vielen Dank.