Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Dieser Senat hat darüber hinaus deutlich gemacht – und dies betrifft sowohl mich als auch den Ersten Bürgermeister –, dass er sich in der damit verbundenen öffentlichen Debatte nicht hinter der Verantwortlichkeit städtischer Gesellschaften oder Geschäftsführer beziehungsweise der Verantwortung von Aufsichtsräten verstecken wird. Wenn es zu dieser Neuordnung kommt, dann, weil es der Wille dieses Senats ist und weil diese in Wahrnehmung der diesem Senat obliegenden Verantwortung erfolgt ist.

(Beifall bei der SPD – Jörg Hamann CDU: Was soll denn das bedeuten?)

Ich hoffe sehr, dass es dann allerdings auch parteiübergreifend der Wille dieser Bürgerschaft sein wird, diese Neuordnung zu erreichen. – Ich danke Ihnen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Dann muss er aber das Ober- lehrerhafte sein lassen!)

(Senatorin Barbara Kisseler)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen Herren! Sehr geehrte Frau Senatorin Kisseler, Sie sind bekannt für das geschliffene Wort,

(Olaf Ohlsen CDU: Aber nicht heute!)

aber indem Sie vor dem Hintergrund eines Aktenvorlageersuchens der gesammelten Opposition diese in den Vergleich mit einer Bärenhorde setzen, haben Sie sich vollständig im Ton vergriffen, und ich glaube, das sollten Sie nicht wieder tun.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Ich möchte ausdrücklich begründen, warum ich das als ein extremes Sich-im-Ton-Vergreifen einer Senatorin empfinde.

(Philipp-Sebastian Kühn SPD: Sie teilen so viel aus, und jetzt müssen Sie was ein- stecken und heulen rum! Das ist doch lä- cherlich!)

Hören Sie doch einmal zu.

Wer hat denn das Ultimatum 15. Dezember 2012 für die Entscheidung des Senats gestellt? Wer hat denn die öffentliche Erwartung geweckt, in einer Senatssitzung würde eine Abwägung stattfinden? Und wer hat darüber die Öffentlichkeit in den entscheidenden Eckpunkten informiert? Das war der Bürgermeister dieser Stadt nach einer Senatssitzung. Sie haben dort nicht nur gesessen und gesagt, wir verhandeln weiter, bisher ist nichts passiert, sondern Sie haben die Öffentlichkeit über wesentliche Eckpunkte informiert. Oder habe ich das missverstanden?

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Robert Bläsing FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Wenn Sie jetzt vor dem Hintergrund dieses Faxes, was Sie ebenfalls der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt haben, sagen, es stimme nicht, dass die zusätzlichen 198 Millionen Euro – die haben wir uns doch nicht ausgedacht – als Eckpunkt in einen Vertrag überführt werden sollen, das stünde alles noch zur Verhandlung, dann haben Sie und der Bürgermeister vorneweg am 15. Dezember die Öffentlichkeit getäuscht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Robert Bläsing FDP)

Sie haben uns glauben gemacht, dass Sie sich dafür entschieden haben, ein Angebot von HOCHTIEF in einen Vertrag zu überführen, auch wenn es 198 Millionen Euro Mehrkosten beinhaltet. Das ist die Basis, auf der mein Kollege Dietrich Wersich argumentiert hat.

(Philipp-Sebastian Kühn SPD: Ah, schwarz- grün!)

Wir haben als Parlament mehr als einen, sondern sehr viele Gründe zu fragen, warum es eigentlich 198 Millionen Euro sind. Was steckt eigentlich hinter dieser Zahl? Die Pflicht, diese Frage zu stellen, hat auch die SPD-Fraktion.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Die SPD-Fraktion hat durch ihren Vorsitzenden Herrn Dr. Dressel schon pflichtschuldigst gesagt, das sei ein optimales Verhandlungsergebnis.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat der Bund der Steuerzahler gesagt!)

Sie haben dem aber ausdrücklich beigepflichtet.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, ich sag auch gleich was dazu!)

Ich möchte einmal wissen, auf welcher Informationsgrundlage Sie das eigentlich getan haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Wenn Sie solch ein Urteil auf der Informationsgrundlage fällen, die ich habe, dann sind Sie in dieser Frage ein unverantwortlicher Parlamentarier.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Frau Senatorin, wir beziehen unser Aktenvorlageersuchen ausdrücklich auf Akten zu jener Entscheidung, die Sie, wie Sie sagten, schon getroffen haben, das heißt auf die Abwägung, mit HOCHTIEF auf Basis dieses Papiers vom 12. Dezember weiter zu verhandeln. Sie als Senat haben monatelang auch die ausführliche Prüfung eines Ausstiegs in Erwägung gezogen.

(Philipp-Sebastian Kühn SPD: Unerträglich!)

Unsere Frage ist, warum Sie uns diese Abwägung nicht aktenmäßig darlegen. Wenn Sie diese Entscheidung getroffen haben, dann möchte ich einmal wissen, was an einer solchen Vorlage Sie jetzt in Ihrer Verhandlungsposition schädigt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Jörg Hamann CDU: Genau!)

Das, Herr Bürgermeister, müssen Sie erklären. Sie müssen einmal erklären, ob der 15. Dezember überhaupt ein Ultimatum war.

(Jörg Hamann CDU: Ein Angebot!)

Oder will Frau Kisseler das jetzt alles in Frage stellen? Insofern bitte ich die SPD-Fraktion, auch in dieser zugespitzten Situation noch einmal zu überlegen, ob es nicht wichtig ist, mehr Transparenz zu haben, um diese Abwägung auch nachvollziehen zu können. Wir haben dieses Aktenvorlageersu

chen bewusst heute ins Parlament gegeben, weil wir uns vorstellen können, dass die zeitlichen Abläufe eng sind.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, elf Tage!)

Wenn Sie uns Ende Februar nach abgeschlossenen Verhandlungen eine Drucksache vorlegen, dann brauchen wir eine gewisse Vorbereitung. Ich finde, es gehört zur Informationspflicht des Senats gegenüber dem Parlament, jetzt schon einmal die Akten zusammenzustellen, die bis zu seiner Abwägung wichtig waren.

(Dr. Andreas Dressel SPD: In elf Arbeitsta- gen! Sie waren doch mal Senatorin, Sie wis- sen doch, dass das unmöglich ist!)

Die Akten, die Sie jetzt in den Verhandlungen brauchen, wollen wir bewusst nicht einsehen, denn wir wissen, dass das Ihre Position schwächen könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Sie wissen, dass das in elf Tagen nicht geht! Das ist doch idiotisch!)

Sie müssen aber begründen, warum 198 Millionen Euro Mehrkosten eigentlich einen Verhandlungserfolg darstellen. Sie müssen das den Bürgerinnen und Bürgern erklären, weil Sie sich dazu schon verhalten haben. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir im Oktober – darauf hat Frau Gümbel hingewiesen – eine von den GRÜNEN angemeldete Debatte geführt haben, in der es um Mehrkosten von 175 Millionen Euro plus X ging. Nach unserer etwas weniger ausgereiften Kenntnis wussten wir, dass 190 Millionen Euro strittig sind, dass man davon Mehrkosten in Höhe von rund 20 Millionen Euro abziehen kann, die wir als Stadt verursacht haben, aber auch 40 Millionen, die wegen Terminverzug zulasten von HOCHTIEF gehen. Wenn Sie das saldieren, dann kommen Sie auf diese 175 Millionen Euro plus X. Ein paar Monate später muss ich dann zur Kenntnis nehmen, dass der Senat bei 198 Millionen Euro allein für die Stadt einschlagen will. Nun stellt sich doch die Frage, ob wir jetzt alles Strittige allein tragen oder ob es auch einen Verhandlungserfolg gibt, den ich in Zahlen greifen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Die GRÜNEN Fraktion ist ausdrücklich nicht darauf festgelegt, wie wir am Ende diesen Abwägungsprozess bewerten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das lässt ja hof- fen!)

Wir sind deswegen auch nicht auf Zustimmung, Enthaltung oder Ablehnung festgelegt.

(Sören Schumacher SPD: Da könnte ich heute schon eine Wette eingehen!)

Herr Bürgermeister, Sie hatten zusammen mit der Senatorin öffentlich verkündet, dass es zukünftig ein Schiedsverfahren geben soll, um strittige Dinge zu klären. Warum dieser wichtige Eckpunkt nicht mehr gilt, auch das müssen Sie erklären. Warum ist das für die Stadt gut? Bei diesen strittigen Dingen handelt es sich immerhin um einen Streitwert in dreistelliger Millionenhöhe. Ich glaube deswegen in der Tat, Herr Bürgermeister, dass Sie sich in den vergangenen anderthalb Jahren von einigen Fehleinschätzungen haben leiten lassen. Sie schütteln schon wieder den Kopf, ohne mir zu Ende zugehört zu haben, darauf komme ich noch zurück.