Protokoll der Sitzung vom 27.03.2013

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir doch eine Menge Pathos in der Debatte. Vielleicht können wir uns auf ein paar Dinge verständigen: Einmal wollen wir doch, jedenfalls zu großen Teilen, die Bundesregierung abwählen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Dann gibt es doch etwas Neues, und dann gibt es vielleicht auch nicht mehr diese so sehr bemühten Erklärungsversuche. Sie haben sogar die Worte von Herrn Brüderle, zu dem man an anderer Stelle noch etwas sagen kann, von der widerlichen Partei benutzt. Es hilft doch nichts: Was Herr Rösler gesagt hat, hat er gesagt, und er hat sich inhaltlich nicht weiter erklärt.

(Gerhard Lein SPD: So ist es!)

Herr Senator Neumann, Sie haben nichts gesagt, wofür Sie sich entschuldigen müssen, aber ich finde nicht, dass das eine politische Rede war. Sie haben akribisch versucht darstellen, wie sich der Bericht aufbauen wird, den Sie und wir Kolleginnen und Kollegen aus dem PKA kennen, der Rest der Öffentlichkeit und dieses Plenums aber nicht. Deswegen nur ein Satz dazu: Es gibt unterschiedliche

(Katja Suding)

Einstufungen in den Details des Berichts, und diese unterschiedlichen Einstufungen, nämlich ob sie tatsächlich V-Leute-frei sind oder nicht, halte ich für hochstrittig. Da muss nachgesteuert werden, das wiederhole ich an dieser Stelle noch einmal.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Der andere Punkt, den wir auch schon zu fassen hatten: Für oder gegen ein NPD-Verbotsverfahren zu sein, ist kein Symbol dafür, wie heroisch man in den Kampf gegen die Nazis und den Rechtsextremismus in dieser Gesellschaft zieht, und taugt auch nicht als Wiedergutmachung für all die Versäumnisse der verschiedenen Sicherheitsorgane in dieser Republik in Bezug auf die NSU-Morde. Bei beidem halte ich es auch nicht für angebracht, es in der Debatte unterzumischen, die hier von der SPD angemeldet wurde. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es eine gesellschaftliche Mehrheit für ein Verbotsverfahren gibt und dass wir damit äußerst sorgfältig umgehen müssen. Und das geschieht aus meiner Sicht und aus der Sicht von politikexternen Kritikern noch nicht in ausreichendem Maße. Da muss nachgesteuert und nachgebessert werden, und das ist eine ernsthafte Debatte.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin schon etwas verwundert über das, was von CDU und FDP hier in Richtung des Senators gekommen ist, denn wenn einer seine Worte in dieser Debatte überdenken müsste, dann ist das Herr Rösler mit seiner Äußerung zur Frage von Dummheit. Das wäre angebracht gewesen, und es hätte genug Argumente gegeben, dass die FDP hier kritisch zu dieser Äußerung ihres Parteivorsitzenden Stellung bezieht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Schneider hat sehr genau ausgeführt, dass die Bezeichnung Dummheit eine Art von Verharmlosung ist für das, was von der NPD auf den verschiedensten Ebenen, auf der Straße und in den Parlamenten, dargeboten wird, und dass sich das Wort Dummheit in diesem Zusammenhang absolut verbietet. Ich hätte erwartet, dass sich CDU und FDP hier sehr deutlich in diese Richtung äußern würden.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt kommt von Frau Suding, wir bräuchten gebündelte Kräfte und sollten uns nicht auseinanderdividieren lassen – richtig, genau das war der An

satz. Der Ansatz war nämlich, das ganz sorgfältig vorzubereiten, erst in der Innenministerkonferenz mit einer Materialsammlung und dann in der Ministerpräsidentenkonferenz und im Bundesrat, und Schritt für Schritt alle Verfassungsorgane an Bord zu holen. Da war man schon sehr weit gekommen, denn wie Herr Neumann ausgeführt hat, machen auch Regierungen wie etwa die CSU-geführte mit, die eine parteipolitisch ganz andere Richtung vertritt. Die ganze Bandbreite ist in der Innenministerkonferenz und der Ministerpräsidentenkonferenz vertreten.

Insofern war hier die Blaupause für ein ganz breites Bündnis auch der Verfassungsorgane geliefert worden, und da war man weit gekommen, bis Herr Rösler sagte, was ich eben zitiert habe.

(Robert Bläsing FDP: Das ist aber eine sehr spezielle Wahrnehmung!)

Deswegen finde ich es schon ein bisschen scheinheilig, uns jetzt vorzuwerfen, wir würden das auseinanderdividieren. Sie haben den Konsensweg verlassen, der für ein Verbotsverfahren notwendig gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE – Glocke)

Herr Dr. Dressel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Suding?

Halten Sie es für richtig, bei einer politischen Niederlage dem Gegner die Abkehr vom Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu unterstellen?

Wie bitte?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Vielleicht können Sie die Frage noch einmal so stellen, dass ich sie verstehe, da bin ich vielleicht schuld.

Sie haben gerade ausgeführt, dass der Senator versucht hat, die anderen Verfassungsorgane zu überzeugen, ein eigenes Verbotsverfahren anzustreben. Das ist nicht gelungen. Er hat also einen politischen Verlust erlitten und damit reagiert, dem politischen Gegner eine Abkehr von der Rechtsstaatlichkeit zu unterstellen. Halten Sie das für ein probates Mittel?

Ich habe es leider immer noch nicht ganz verstanden,

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

(Antje Möller)

ich glaube aber, dass es ein Weg war, auf den sich alle Verfassungsorgane begeben hatten. Es gab auch von der Bundesregierung ganz klare Signale, dass man das gemeinsam weiter betreiben wolle, bis – ich muss es noch einmal sagen, Frau Suding, ich kann es Ihnen nicht ersparen – Ihr Parteivorsitzender aus parteipolitischen Motiven ausgeschert ist.

(Robert Bläsing FDP: Das ist eine Unterstel- lung, Herr Dr. Dressel!)

Das muss man einfach noch einmal festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Hinsichtlich der Fragen zu den Risiken und Nebenwirkungen ist alles klar, und dazu hat der Senator ganz dezidiert Stellung genommen. Er hat nämlich gesagt, die Materialsammlung sei, Stand heute, VMann-frei und sie werde ergänzt. Wenn man eine Klage einreicht, wird man logischerweise, bevor man sie in Karlsruhe in den Briefkasten wirft, am Vorabend noch einmal hineinschauen, ob alles Chico ist und die Materialien in Ordnung sind.

(Robert Bläsing FDP: Lächerlich! – Zurufe von der FDP)

Das Wort Chico nehme ich zurück.

Das wird der Herr Senator bestätigen, alle anderen Innenminister werden es bestätigen, und dann ist das Material richtig und eine aussichtsreiche Klage gegeben. So ist die Reihenfolge.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist die Frage, ob wir denn etwas aus dem Verfahren von 2003 gelernt hätten, überflüssig. Hätten Sie zugehört, was der Senator gesagt hat, dann hätten Sie mitbekommen, dass alle Innenminister sehr wohl daraus gelernt haben, damit sich so etwas wie 2003 nicht wiederholt.

(Beifall bei der SPD)

Wer darauf setzt, dass sich das mit der NPD irgendwie alles von selbst erledigt – die hätten keine Gelder mehr, würden sich zerstreiten und das trete sich alles selber irgendwie weg –, der hätte gestern einmal im Verfassungsausschuss sein müssen. Was haben wir da gehört? Wir haben jetzt keine Dreiprozenthürde mehr in den Bezirksversammlungen, und der Landeswahlleiter hat uns gesagt, gäbe es zum heutigen Stand keine Dreiprozenthürde, dann hätten wir in vier von sieben Bezirksversammlungen einen NPD-Abgeordneten sitzen – so weit, so schlecht.

Deswegen ist es geboten, das Verfahren sauber weiter voranzutreiben, die Materialien zusammenzustellen, sicherzustellen, dass es am Schluss auch V-Mann-frei ist, und damit nach Karlsruhe zu gehen, um dieser Partei endlich ein Ende zu bereiten. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und bei Do- ra Heyenn DIE LINKE – Olaf Ohlsen CDU: Das war nicht Chico!)

Ich schaue noch einmal zur Fraktion der LINKEN. Sie sind die Einzigen, die noch einen Redebeitrag offen haben. Wird von Ihnen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann sind wir am Ende der Aktuellen Stunde angekommen.

Wir kommen zu den Punkten 2 und 4 der Tagesordnung, Drucksachen 20/6938 und 20/7114, den monatlichen Wahlen: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung sowie Ersatzwahl eines Delegierten zur 37. ordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung – Drs 20/6938 –]

[ Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Ersatzwahl eines Delegierten zur 37. ordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages – Drs 20/7114 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, beide Wahlen in einem Wahlgang durchzuführen.