Meine Damen und Herren! So etwas haben wir bisher im Parlament selten oder noch nie erlebt, dass der Finanzsenator glaubt, er hätte dem Parlament – das war einer der Kernvorwürfe – die Auswirkungen auf alle Behörden dargestellt, und er sich dann nicht nur eines Besseren hat belehren lassen müssen, sondern – wir alle sind in den letzten Minuten Zeugen des Schauspiels geworden, wie die hektische Kommunikation auf der Senatsbank deutlich gemacht hat –, dass diese Transparenz gegenüber dem Parlament offenbar durch direkte Einflussnahme der Senatskanzlei verhindert worden ist.
Dass Sie, Herr Finanzsenator, das nicht wissen und es hier so offenbar wird, das erfordert, dass Sie noch einmal ans Rednerpult treten und dem Parlament sagen, wie es wirklich ist.
Dieses weist auch auf die Einflussnahme der Senatskanzlei in Bezug auf die Unterdrückung wichtiger Informationen in dieser Angelegenheit hin, und es ist heute ein bemerkenswerter Vorgang, der Sie viel von dem Image kostet, das Sie bisher haben.
(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Was Sie al- les gemacht haben!)
Der zweite Vorwurf war, dass das Chaos in den Behörden nur in unseren Köpfen existieren würde. Mir liegen eine ganze Reihe von Schreiben vor – aus der Bezirksverwaltung, der Finanzbehörde –, die genau dieses Chaos belegen. Sie sagen, dass die Stellen der Lebensmittelkontrolleure nicht nachbesetzt werden dürfen, dass die ASD-Stellen nicht nachbesetzt werden können, dass das Personal zur Vorbereitung des Volksentscheids und
der Bundestagswahl nicht eingestellt werden kann oder dass die Nachwuchskräfte nicht übernommen werden dürfen. Das haben wir schwarz auf weiß, und da können Sie nicht sagen, das Chaos bestehe nur in den Köpfen der Opposition. Nein, es besteht in Ihren Behörden und ist die Folge Ihrer Politik.
Als Letztes nenne ich Ihnen dafür einen weiteren Beleg. Mir liegt ein E-Mail-Schriftverkehr zwischen Staatsräten und Bezirksamtsleiter vor, in dem es heißt, wegen des Artikels in der "Hamburger Morgenpost": "Der Senat riskiert die Gesundheit der Kinder" wurde offen über die Frage diskutiert, wie die Steuerungsfähigkeit trotz der haushalterischen Vorgaben erhalten bleiben kann, sowohl für den Bereich der Hilfen zur Erziehung als auch für die Eingliederungshilfe. Man plant, dazu eine haushaltswirksame Drucksache in die Bürgerschaft einzubringen. Das sind die Sorgen und Nöte Ihrer Mitarbeiter. Diese Schönrednerei, die wir hier erlebt haben, hilft nicht. Sie müssen dazu Stellung nehmen.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Da vereinbarungsgemäß die Fortsetzung der Aktuellen Stunde am morgigen Donnerstag entfällt, ist somit die Aktuelle Stunde beendet.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16, Drucksache 20/7202, Senatsantrag: Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Einrichtung eines Registers zum Ausschluss unzuverlässiger Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge (Hamburgisches Korruptionsre- gistergesetz).
Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Einrichtung eines Registers zum Ausschluss unzuverlässiger Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge (Hamburgisches Korrupti- onsregistergesetz – HmbKorrRegG) – Drs 20/7202 –]
schließungsantrag der SPD-Bürgerschaftsfraktion zur Abgeordnetenbestechung und der Verabschiedung des Transparenzgesetzes im vergangenen Jahr debattieren wir heute über einen weiteren Meilenstein zur Korruptionsbekämpfung: die Wiedereinführung eines Korruptionsregisters. Wiedereinrichtung muss man sagen, denn Hamburg hatte bereits ein Korruptionsregister, das allerdings die CDU-Alleinregierung 2006 leider wieder abgeschafft hat. Zwar ist auch meiner Fraktion klar, dass es sich hierbei nicht um ein Allheilmittel handelt und dass es noch wünschenswerter wäre, ein bundesweites Korruptionsregister einzurichten, wie ich es heute ausgerechnet einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion entnommen habe. Allerdings habe ich mir bei dieser Lektüre etwas die Augen gerieben, denn man fragt sich, warum die aktuelle Bundesregierung von CDU/CSU und FDP nicht schon längst ein derartiges Register eingerichtet hat. Offenbar hat jedenfalls der Einfluss der Hamburger CDU im Bund dafür bislang nicht ausgereicht.
Weil Korruption nicht an Ländergrenzen halt macht, ermöglicht der heute debattierte Gesetzentwurf die Kooperation mit vergleichbaren Stellen in anderen Bundesländern. Insbesondere in unserem Nachbarland Schleswig-Holstein hat die Zusammenarbeit in Sachen Korruptionsregister bereits konkrete Gestalt angenommen und ist ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie sinnvolle Nord-Kooperation funktionieren kann.
In diesem Sinne würden wir uns natürlich freuen, wenn sich auch unser Nachbarland Niedersachsen demnächst an einem gemeinsamen Register beteiligen würde.
Worum geht es? Es geht in allererster Linie um den Schutz des ehrbaren Kaufmanns. Unser Ziel ist es, Korruption und unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber ehrlichen und ehrbaren Unternehmern effektiv zu bekämpfen. Dies erfordert eine transparente Auflistung eben jener Unternehmer, die sich nicht an Recht und Gesetz halten. Wer seine Geschäfte durch Korruption und anderes wirtschaftskriminelles Handeln tätigt, darf nicht belohnt, sondern muss konsequent von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Ich möchte auf einen ebenso pauschalen wie unrichtigen und mehrfach geäußerten Vorwurf eingehen, Frau Kollegin Prien.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Tabbert, einen kleinen Moment. Der Geräuschpegel ist einfach zu hoch. Herr Tabbert
Es dürften nicht alle Unternehmen unter Generalverdacht gestellt werden, sagten Sie, Frau Prien. Das geschieht aber auch gar nicht. Dafür empfehle ich einen Blick in den Gesetzentwurf, Paragraf 2 Absatz 3. Für eine Eintragung in das Register ist nämlich eine rechtskräftige Verurteilung oder ein bestandskräftiger Bußgeldbescheid erforderlich. Im Übrigen darf auch kein vernünftiger Zweifel am Vorliegen einer schweren Verfehlung verbleiben. Jeder Jurist weiß, dass dies auch die Anforderung an ein gerichtliches Urteil ist. Von Generalverdacht ist also keine Spur zu sehen, nicht mal von einem Verdacht, wie Sie es angedeutet haben.
Lesen Sie den Paragrafen 2 Absatz 3. Das können wir im Faktencheck einmal klären, Herr Kollege Kluth.
Es ist schon – ich spreche einmal für Westernfreunde – ein rauchender Colt erforderlich, damit ein Unternehmen in dem geplanten Register überhaupt Eingang findet. Wie gesagt, wir können das gern überprüfen. Wichtig ist uns aber auch, offenbar im Gegensatz zur CDU, dass es nicht bloß zur Verfolgung einzelner Straftäter kommt, sondern dass auch Aufsichts- und Organisationsverschulden sowie das Handeln von geschäftsführenden oder leitenden beziehungsweise das Unternehmen rechtlich vertretenden Personen dem gesamten Unternehmen zugerechnet wird. Wenn zum Beispiel ein Bauleiter korrupt im vermeintlichen Interesse eines Unternehmens handelt, dann ist das eben mehr als dessen persönliche Privatsache. Auch der Einwand, das Gesetz gefährde Arbeitsplätze, erweist sich bei näherer Betrachtung als Scheinargument.
Allein durch die Einführung eines Korruptionsregisters wird kein öffentlicher Auftrag weniger vergeben werden. Dies zeigen auch die positiven Erfahrungen in anderen Bundesländern wie zum Beispiel Berlin oder Nordrhein-Westfalen.
Der relativ geringe bürokratische Aufwand, der durch Einführung des Registers entsteht, ist aus unserer Sicht in jedem Fall durch den gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen gerechtfertigt, denn wer sein Unternehmen gewissenhaft führt, der muss honoriert und vor Wettbewerbsnachteilen durch schwarze Schafe geschützt werden. Wir wollen ausdrücklich schwarzen Schafen die Rote Karte zeigen.
Das Register ist zudem ein starkes präventives Signal, da ein Eintrag eine abschreckende Wirkung erzielen wird. Auch das ist uns ein wichtiges politisches Anliegen, meine Damen und Herren. Unlauterer Wettbewerb definiert sich aber nicht nur über Korruptionsdelikte. Deshalb ist es gut und richtig, dass das neue Register weit gefasst ist und zum Beispiel auch Verstöße gegen das Mindestarbeitsbedingungsgesetz, Geldwäsche und Straftaten gegen die Umwelt einbezieht. Insofern kann man durchaus überlegen, ob nicht eine Umbenennung des Gesetzes, da es eben um mehr als Korruption geht, vielleicht angezeigt wäre. Das können wir dann gegebenenfalls im Ausschuss diskutieren. Um schließlich keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, betone ich: Dies ist kein Gesetz gegen die Wirtschaft, dies ist ein Gesetz für die Wirtschaft. Wer dies anders sieht, der muss zum einen erklären, welches gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Interesse daran bestehen kann, dass einige schwarze Schafe von öffentlichen Vergaben und Aufträgen profitieren – dabei geht es meist um beträchtliche Summen aus Steuergeldern –, wohingegen die überwiegende Mehrheit der ordentlich und gewissenhaft wirtschaftenden Unternehmen faktisch von denselben Vergaben ausgeschlossen ist. Wir setzen deshalb ausdrücklich, auch im Verein mit der Wirtschaft, das heißt etwa der Handelskammer, auf Kooperation mit den potenziell betroffenen Akteuren, zum Beispiel durch sogenannte Compliance-Zertifikate. Diese sollen dazu führen, dass von einer Registeranfrage abgesehen werden kann, und ich betone – kann. Hieran wurde bereits von grüner Seite etwas voreilig, wie ich finde, Kritik geäußert, denn man muss sehen, dass ein derartiges ComplianceSystem unter dem Regime eines Korruptionsregisters natürlich etwas anderes ist als ohne ein solches Regime. Wenn das Register dazu führt, dass sich mehr Unternehmen um das Thema Compliance kümmern, etwa durch Ausdehnung des Vier-Augen-Prinzips auf kritische Unternehmensprozesse und Entscheidungen, dann kann uns das allen doch eigentlich nur recht sein, wobei eines klar bleibt: Kein Compliance-Zertifikat soll ein Unternehmen davor schützen können, dass wichtige, eintragungsrelevante Tatsachen in das Korruptionsregister bei einer Vergabeentscheidung maßgeblich berücksichtigt werden. Dies sieht das Gesetz im Übrigen auch nicht vor.
Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt noch eine Reihe von Punkten, die man vertiefter diskutieren kann. Meine Fraktion beantragt deshalb, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss zu überweisen, wobei uns wichtig ist, dass dann die thematisch mitbetroffenen Ausschüsse für Justiz, Wirtschaft und Stadtentwicklung dazu geladen werden. Ich hoffe auf ei
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es steht außer Frage, dass es auch für die CDU-geführten Senate in den vergangenen zehn Jahren ein außerordentlich wichtiges Anliegen war, gegen Wirtschaftskriminalität und Korruption in unserer Stadt vorzugehen. Das haben Sie freundlicherweise in der Begründung zu Ihrer Drucksache auch hervorgehoben. Insofern brauchen wir uns nicht gegenseitig vorzuwerfen, dass wir kein Interesse an der Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität hätten.
Ich will besonders hervorheben, dass es auch die Hamburger Wirtschaft ist, die sich in eigener Verantwortung um die Bekämpfung von schwarzen Schafen und Korruption kümmert. Das ist in Hamburg eine gute Tradition. Sie, Herr Tabbert, haben gesagt, es ginge letztlich um den Schutz des ehrbaren Kaufmanns. Darin sind wir uns einig, und darin sind wir uns, Gott sei Dank, auch mit der Hamburger Wirtschaft einig. Die allermeisten Unternehmen in unserer Stadt sind verantwortungsbewusst, sind gesetzestreu und haben es sicherlich nicht verdient, von Ihnen mit einem Generalverdacht überzogen zu werden. Ich will Ihnen gleich auch erklären, warum Sie das mit Ihrem neuen Gesetz tun.