Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Fünftens: Die Notfallrettung, da sind wir uns einig, Herr Münster, ist und bleibt eine Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge,

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

in die die Hilfsorganisationen vernünftig und auch besser als bisher eingebunden werden müssen. Nun wende ich mich an dem Punkt an die FDP. Wir werden Ihren Ansatz, die Notfallrettung in Hamburg zu privatisieren, heute und auch in Zukunft entschieden ablehnen. Das ist der falsche Weg für Hamburgs Notfallrettung.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Das alles macht deutlich: Die Feuerwehr Hamburg braucht unsere Hilfe. Es kommt nicht allzu oft vor, dass CDU und LINKE gemeinsam Anträge beschließen, und vielleicht verdeutlicht Ihnen das, dass es hier ein wirklich ernstes Problem gibt, das es zu lösen gilt.

(Dietrich Wersich CDU: Die Feuerwehr ist die einzige staatliche Institution, zu der die LINKEN stehen!)

Wir nehmen den Hilferuf der Feuerwehr sehr ernst und werden daher dem Antrag der LINKEN zustimmen und werden dieses Thema auch im Innenausschuss weiter bewegen. Da müssen Sie deutlich mehr liefern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Norbert Hack- busch und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Frau Möller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gladiator, nicht nur CDU und LINKE, sondern auch die GRÜNEN unterstützen diesen Antrag von Frau Schneider.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das macht es vielleicht noch schlimmer. In Wirklichkeit zeigt es natürlich, dass es nicht ausreichend ist, wie die SPD mit den schon längst öffentlich geäußerten Fragestellungen umgeht.

Sie sagen, Herr Koßel, die Feuerwehr werde angepasst, es gebe eine Ausbildungsoffensive, das sei ausreichend. Das ist tatsächlich die gleiche Argumentation, wie wir sie gestern beim Thema Polizei hatten. Die erste Selbstbefassung mit dem Strategiepapier 2010, die wir im Innenausschuss hatten, hat deutlich gemacht, dass das mitnichten ausreichend ist. Die Hauptforderung der Gutachter war erst einmal eine vierstellige Summe an zusätzlichen Stellen im Bereich der Feuerwehr. Natürlich gibt es die Möglichkeit, diese Zahl mit dem jetzt geplanten Rendezvous-System und anderen Varianten zu drücken, aber das ändert nichts daran, dass die Feuerwehr am Limit ist, wie die Kollegin Schneider eben gesagt hat.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso Sie diese Anträge nicht überweisen wollen. Wir haben nicht nur vereinbart, das Strategiepapier 2010 weiter im Innenausschuss zu diskutieren, wir haben nicht nur seit ein paar Tagen die Vorwegüberweisung der fünften Änderung des Feuerwehrgesetzes an den Ausschuss, wir erwarten auch das neue Rettungsdienstgesetz zusätzlich zum Antrag der LINKEN, der dort schon länger schmort, wie Frau Schneider sagte. Diesen Begriff finde ich ein bisschen zwiespältig bei diesem Thema, aber man kann ruhig einmal darauf hinweisen. Hinzu kommt natürlich, nicht ganz unwichtig, das aktuelle Großschadenereignis, der Brand auf der "Atlantic Cartier" im Hafen am Tag einer großen öffentlichen Veranstaltung, dem Kirchentag.

(Dennis Gladiator)

(Arno Münster SPD: Was war denn daran falsch? Das war eine glatte Eins der Feuer- wehr!)

Wenn man dann noch an die Jahresversammlung der Freiwilligen Feuerwehr erinnert, wo viele Kollegen der SPD anwesend waren …

(Arno Münster SPD: … gelobt worden sind!)

na, gelobt worden, Herr Münster, manchmal ist die Realität nicht ganz so, wie man sie sehen möchte –

(Beifall bei Phyliss Demirel, Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE und der CDU)

… und deutlich zur Kenntnis nehmen konnten, wie problematisch zum Beispiel die Themen Bekleidung und technische Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehr sind, dann spricht doch alles dafür, dass wir uns im Innenausschuss weiterhin mit demselben Schwerpunkt wie beim Thema Polizei mit dem Thema Feuerwehr befassen.

Bei der Befassung mit dem Strategiepapier 2010 ist deutlich geworden, dass das Thema Rettungsdienst überhaupt nicht betrachtet worden ist, das war nicht Teil der Aufgabe der Gutachter. Gleichzeitig hat Herr Maurer – das kann man im Wortprotokoll nachlesen – sehr deutlich gesagt, natürlich könnte man zum Beispiel Höhenretter an anderer Stelle in dieser Stadt finden, professionelle Fassadenreiniger und Ähnliches. Aber können die dann auch Patientinnen und Patienten reanimieren oder mit dem nötigen medizinischen Sachverstand versorgen? Das genau können sie nicht. Das ist das Besondere an der Kombination, wie wir sie in Hamburg haben. Feuerwehr heißt nicht nur Brände löschen, sondern auch Rettungsdienst durchführen. Wenn wir uns das erhalten wollen, dann muss man schnell und energisch dort etwas tun, denn sonst geht es in die Richtung, in die die FDP schon bei der Befassung im Innenausschuss gedrängt hat und jetzt mit ihrem Antrag gehen will. Wenn wir das verhindern wollen, geht es nur, wenn wir gemeinsam im Parlament – und nicht nur an dieser Stelle, sondern auch im Ausschuss – darüber diskutieren. Deswegen würde ich mich freuen, wenn Sie sich vielleicht doch noch zu einer Überweisung entscheiden könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Jarchow, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Schneider, es wird Sie vielleicht überraschen, aber vielen Punkten Ihres Antrags werden auch wir zustimmen. Wir werden auch einer Überweisung an den Innenausschuss zustimmen, um das schon einmal vorwegzunehmen.

Es hat mehr als ein Jahr gedauert, bevor der Senat in Sachen Gutachten zum Strategiepapier 2010 Anfang dieses Jahres im Rahmen einer Selbstbefassung des Innenausschusses einen Teil der Karten zur Lage und Zukunft der Feuerwehr auf den Tisch gelegt hat. Während viele der dort dargelegten Absichten und Überlegungen des Senats zur Veränderung des Schutzkonzepts angesichts begrenzter Mittel durchaus überzeugend oder zumindest nachvollziehbar waren, ist unserer Meinung nach das reale Handeln der letzten Zeit nicht wirklich stimmig. Mit Beginn dieses Monats werden bereits Funktionen im Einsatzdienst der Feuerwehr nicht weiter besetzt; meine Vorredner haben es angesprochen. Auch wenn dieses laut Antwort auf meine diesbezügliche Schriftliche Kleine Anfrage nur vorübergehend der Fall sein soll, lässt es doch einige Sorgen aufkommen. Zum einen weiß jeder von uns aus Erfahrung, was es in der Politik bedeuten kann, wenn man von vorübergehend redet. Zum anderen erscheint uns die geplante Umsteuerung zur Priorität der Rettung von Personen bei kritischen Bränden durchaus vernünftig. Wenn aber mit einer Umsteuerung faktisch bereits begonnen wird, bevor das Konzept wirklich durchgeplant ist, ist das besorgniserregend.

(Beifall bei der FDP)

Das gilt insbesondere dann, wenn eine Einsatzkomponente wie ein Feuerlöschboot praktisch stillgelegt wird.

(Arno Münster SPD: Wofür braucht man das denn? Es wird von Land gelöscht!)

Das bedeutet ja nicht, dass das Boot gegebenenfalls etwas später zum Einsatz kommt, sondern dass es bis auf Weiteres gar nicht mehr zum Einsatz kommt, was durchaus unangenehme Folgen haben kann, wie wir neulich merken konnten. Der kürzlich stattgefundene Schiffsgroßbrand im Hafen hat gezeigt, wie schnell so etwas kritisch werden kann. Dass der Senat in der Antwort auf meine Anfrage nach den Konsequenzen für solche Einsätze durch die Stilllegung des Feuerlöschbootes darauf hinweist, hypothetische Fragen nicht beantworten zu wollen, klingt dann wirklich gefährlich.

Für eine Regierung gehört es sich gerade in Sachen Brand- und Katastrophenschutz, sich vorher Gedanken über mögliche Fälle zu machen und sich darauf vorzubereiten. Vor allem sollte sich eine Regierung Gedanken machen, bevor sie Fakten schafft. Gerade im Fall der Innenbehörde ist eine solche Argumentation besonders seltsam. So kennen die Vertreter dieses Teils des Senats doch zum Beispiel bei Polizeirechtsnovellen keine Grenzen für ihre Fantasie, wenn es um die Erfindung hypothetischer Lagen geht,

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

für deren Abhilfe dann gesetzliche Regelungen auf Vorrat notwendig sind. Es wäre für alle Hamburger

(Antje Möller)

wünschenswert, wenn der Senat beim faktischen Schutz der Hamburger in der Realität auch nur ansatzweise so weitsichtig wäre.

(Beifall bei der FDP und bei Antje Möller GRÜNE)

Zum Antrag der LINKEN im Einzelnen, ich habe es bereits erwähnt: Den Punkten 1, 3 und 5 stimmen wir natürlich gerne zu. Dabei ist es schon erstaunlich, dass eine Frage wie die nach der Dienstkleidung offenbar erst eines Parlamentsbeschlusses bedarf.

Punkt 2 entbehrt in der vorliegenden Form leider jedweder Gegenfinanzierung, deshalb wird ihm von uns nicht zugestimmt.

Der Punkt 4 an sich findet auch unsere Zustimmung, springt aber in Sachen Rettungsdienst unserer Meinung nach etwas kurz. Bisher wurde das staatliche Rettungsdienstmonopol in Hamburg üblicherweise mit der Notwendigkeit eines leistungsfähigen Rettungsdienstes im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge begründet und demgemäß argumentiert, dass dieses nur durch das Monopol der Feuerwehr sicherzustellen wäre. Wenn man sich dann aber anschaut, dass der wichtige Indikator des Erfüllungsgrads der Hilfsfrist von bis zu acht Minuten bei den Rettungswagen in Hamburg in 2011 lediglich bei 72 Prozent liegt, während andere Großstädte Werte von 85 bis 90 Prozent erreichen, dann scheint das staatliche Rettungsdienstmonopol in Hamburg mitnichten zu einer besonders hervorragenden, sondern allenfalls zu einer durchschnittlichen Leistungsfähigkeit zu führen, und dies gilt es zu verbessern.

(Beifall bei der FDP)

Daher haben wir Ihren Antrag zum Anlass für eine entsprechende Initiative in unserem Änderungsantrag genommen; das wurde Ihnen schon dargestellt. Einer Überweisung an den Innenausschuss werden wir, wie ich bereits sagte, zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Senator Neumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wird die Wichtigkeit unserer Hamburger Feuerwehr für die Sicherheitsarchitektur der Stadt Hamburg betont, und damit hat der Antrag und haben die Antragstellerinnen außerordentlich recht. Die Anforderungen an die Beamtinnen und Beamten unserer Hamburger Feuerwehr sind sehr hoch und werden in Zukunft sicherlich nicht geringer werden; die Entwicklung hat Frau Schneider in ihrem Debattenbeitrag aufgezeigt. Deshalb gelten mein Dank und meine An

erkennung den Kolleginnen und Kollegen unserer Feuerwehr, die trotz der tagtäglich hohen und höchsten Belastungen im Einsatz- und Rettungsdienst mit Motivation und absoluter Professionalität ihren Dienst verrichten

(Dietrich Wersich CDU: Dafür können sie sich auch nichts kaufen!)

und das im Übrigen auch bei dem Einsatz auf dem brennenden Frachter gezeigt haben, wo wir uns Gott sei Dank auf unsere Hamburger Feuerwehr verlassen konnten.

(Beifall bei der SPD und bei Dennis Gladia- tor CDU)

Das ist nicht nur der Eindruck des Senats, sondern auch der Hamburgerinnen und Hamburger, und ich weiß, dass wir, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, uns in dieser Einschätzung einig sind.

Die Bedeutung unserer Feuerwehr in Hamburg, für Hamburg und für die Sicherheitsarchitektur unserer Stadt steht damit völlig außer Frage. Anders als im Antrag behauptet existiert jedoch kein Kürzungsprogramm für unsere Feuerwehr, im Gegenteil. Wie bei unserer Polizei wird auch bei unserer Hamburger Feuerwehr keine einzige Vollzugsstelle gestrichen. Das im Text des Fraktionsantrags unterstellte Einsparpotenzial von 28 Millionen Euro ist wahrscheinlich ähnlich zustande gekommen wie gestern in der Debatte über unsere Hamburger Polizei. Auch für die Feuerwehr gilt das, was ich gestern gesagt habe. Es gibt keine Kürzungen im Haushaltsplan, und der Beschluss der Bürgerschaft gilt.

(Beifall bei der SPD)