Ich sage es etwas überzogen. Es ist doch selbstverständlich, dass Hamburg Solidarität zeigt und dass wir den Helfern danken. Sie haben aber nichts daraus gelernt. Wenn Sie sich anschauen, dass nach der großen Flut 2002 keine ausreichenden Deichrückverlegungen stattgefunden haben,
wenn es keine ausreichend klaren Ansagen gibt, wie es jetzt wieder passiert ist, dass die Maisbauern nicht bereit sind, fluten zu lassen und deshalb andere Gebiete gefährdet sind, wenn weiter begradigt wird, wenn weiter Neubaugebiete ausgewiesen werden in Bereichen, die eigentlich nicht bebaut werden dürfen – von den Auen wurde eben schon von Frau Schneider berichtet –, dann hat man aus 2002 nichts gelernt. Insofern kann es nicht damit enden, dass wir in Hamburg versichern, weiter zu helfen und aufzuräumen. Das ist
alles schön und gut, richtig und selbstverständlich. Was aber müssen wir daraus lernen? Wir müssen lernen, dass wir nicht weiter begradigen, nicht weiter vertiefen dürfen, dass technischer Umweltschutz nicht reicht. Wir brauchen ökologischen Umweltschutz, sonst werden wir nicht mehr nur drei Jahrhundertfluten in zehn Jahren haben, sondern dann werden wir jedes Jahr denselben entsetzlichen Mist haben. Ich bin nicht existenzgefährdet, aber alle unsere Nachbarn im Dorf sind das zum dritten Mal in zehn Jahren. Deshalb kann es nur ergänzend zum technischen Umweltschutz um ökologischen Umweltschutz gehen und nicht zum Beispiel um Elbvertiefungen. Wenn das in der Mittelelbe passiert, dann ist das ein Wahnsinn. Das will ich an der Stelle sagen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Arno Münster SPD: Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun!)
Sie entziehen sich der Verantwortung. Es ist auch sehr galant, Herr Wersich, wie Sie es gemacht haben. Ich bin gespannt, was Ihre Kollegen von der CDU in den entsprechenden Bundesländern machen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es ein bisschen schade, Frau Goetsch, dass Sie diesen Tonfall noch in die Debatte gebracht haben. Ich glaube, Herr Neumann ist nicht mit dem Helikopter nach Dresden geflogen, sondern er ist gefahren; das vielleicht einmal dazu.
Ich glaube auch, dass es ein gutes Zeichen ist, wenn unser Innensenator zu den Einsatzkräften den Kontakt hält, sich persönlich ein Bild macht und den Dank der Stadt auch den Einsatzkräften direkt übermittelt.
Trotzdem muss man jetzt schrittweise vorgehen. Jetzt geht es natürlich erst einmal um Nothilfe, um das, was konkret sofort getan werden muss. Der Senator hat ausgeführt, dass es natürlich nachher bei der Schadensbegutachtung auch darum geht, die Konsequenzen zu ziehen,
und er hat eine wesentliche Konsequenz genannt. Die hatte ich vorhin auch angesprochen. Es hat nämlich nach 2002 ein Maßnahmenpaket gegeben, das sowohl technische Maßnahmen, höhere
Deiche, aber auch Deichrückverlegungen, um den Flüssen mehr Raum zu geben, vorgesehen hat. Es sind sehr viele Maßnahmen wegen Einsprüchen und so weiter nicht umgesetzt worden. Das stellt man jetzt bitter fest. Deshalb muss es in der Tat die Konsequenz geben, dass sich bei solchen existenziellen Fragestellungen Einzelinteressen nicht gegen das Allgemeinwohl durchsetzen können. Das wird ein wesentlicher Diskussionspunkt für die nächsten Wochen und Monate sein, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme selbst aus Breese, das ist ein kleines Dorf bei Wittenberge. Ich weiß noch sehr genau, wie es 2002 war, als es hieß "Die Flut kommt auf uns zu". Ich weiß, was für existenzielle Ängste das tatsächlich sind und was einem durch den Kopf geht, wenn man dann die Waschmaschine vom Keller in die oberen Stockwerke hievt. Insofern ist es nicht nur Eiapopeia, Frau Kollegin Goetsch, wenn wir aus Hamburger Sicht den Helferinnen und Helfern, den entsandten Feuerwehrleuten und den Kameradinnen und Kameraden der Bundeswehr auch einmal wirklich konkret danken.
(Beifall bei der FDP und der SPD – Christia- ne Schneider DIE LINKE: Da hat sie ja auch gar nicht gegen gesprochen!)
Ich finde, dazu hat Senator Neumann auch das Notwendige gesagt. An dieser Stelle reiht er sich zumindest einmal wohltuend in die Reihe der Vorgänger ein. Wenn ich die Meldungen seines Kollegen aus Nordrhein-Westfalen höre, wo angeblich, ich kann es nicht verifizieren, derartige Maßnahmen verhindert worden sind, dann muss man doch klar feststellen, dass sich die Freie und Hansestadt Hamburg hier nicht verwehrt und sich nicht von der Welle der Solidarität, die quer durch Deutschland rollt, ausnimmt.
Frau Goetsch, die GRÜNEN haben drei Jahre regiert und Sie waren Senatorin. Wenn es irgendwelche Maßnahmen gibt,
die vielleicht über das hinausgehend, was gemacht wurde, nicht gemacht worden sind, dann hätten Sie jetzt mehr als zwei Jahre Zeit gehabt, entsprechende Anträge zu stellen. Einer Debatte würde ich mich natürlich in keiner Weise verweigern. Allerdings sind wir nun einmal in erster Linie das Hamburger Parlament und können nicht darüber
(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GRÜNE: Na, wir wollen doch selber da ausbaggern im Hamburger Hafen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin schon etwas überrascht und erstaunt. Wenn man aufmerksam die Berichte hört und die beeindruckenden Bilder sieht, wird doch deutlich, dass durch Flutschutzmaßnahmen Städte vor der Verwüstung bewahrt worden sind, die bei gleich hohen oder sogar niedrigeren Pegelständen 2002 betroffen waren. Wie man sich nun in einer derart platten Weise hinstellen und sagen kann, es ist Bundestagswahl und Flutkatastrophe und ich wiederhole mal eben alle Vorwürfe, die ich immer schon einmal aussprechen wollte, das erstaunt mich.
(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP – Dora Heyenn DIE LINKE: Das hat doch kein Mensch gemacht!)
Wenn man dann noch mitbekommt, dass manche Gemeinden den Flutschutz nicht errichtet haben, weil es Bürgerproteste mit Unterstützung der GRÜNEN gab, dann frage ich mich erst recht: Wo bin ich hier heute eigentlich? Was soll diese Bundestagsdebatte an dieser Stelle?
Und dann kommt diese Sache mit dem Ausbau der Mittelelbe für eine bessere Schifffahrt. Sie erzählen den Leuten, wenn die Elbe im Jahresdurchschnitt an mehr Tagen die 10 Zentimeter garantieren kann, sodass wir mehr ökologisch verträglichen Verkehr auf die Wasserstraße bekommen, dann würde das bedeuten, dass bei einer Flut wie dieser die Höchststände genau 10 Zentimeter höher wären. Das ist doch, mit Verlaub gesagt, Volksverdummung.
Mit dieser Haltung helfen Sie weder den Menschen, noch sichern Sie damit die Lebensgrundlagen der Menschen an der Elbe. – Vielen Dank.
Damit ist die Aktuelle Stunde für heute beendet. Wir werden Sie morgen mit dem dritten Thema fortsetzen.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sofortpaket zum Ausbau der Ganztagsbetreuung im Rahmen von GBS – Drs 20/7994 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was gut gedacht war, ist schlecht gemacht. Der Ausbau der Ganztägigen Bildung und Betreuung ist kritikwürdig. Es muss nachgesteuert werden, damit Ganztagsschulen ein Erfolg werden. Zur konkreten Situation: Kinder müssen ihr Mittagessen teilweise auf Fluren, in Containern oder Klassenräumen einnehmen, weil keine geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Die Qualität des Essens ist schlecht. 3,50 Euro, die der Senat maximal pro Essen vorsieht, sind zu wenig, um gesundes Essen zur Verfügung zu stellen. Das ist ein Grund dafür, dass der größte Träger, die Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten, bis 2014 ihre eigene Essensversorgung einstellen wird, weil es sich wirtschaftlich nicht rechnet und für den Preis kein vernünftiges Essen herzustellen ist. Die Arbeitsbedingungen des Personals an den Schulen sind schlecht. Dass Fachkräfte ungern unter diesen Bedingungen für wenig Geld arbeiten wollen, beweisen Probleme bei der Besetzung von Stellen mit qualifiziertem Personal. Sie haben hier die Kritik der Gewerkschaften, Verbände, des Landeselternausschusses und der Elternkammer nicht ernst genommen. Inklusion darf nicht zu einer hohlen Floskel werden. Mit der Einführung von Pauschalen haben Sie im Bereich der Inklusion etwa um die Hälfte gekürzt. Die Standards im Landesrahmenvertrag bleiben weit hinter den Regelungen der Kindertagesbetreuung zurück. Diese Form der Inklusion führt zu größeren Problemen vor Ort. Mit der Einführung der Ganztägigen Bildung und Betreuung wurde den Eltern eine Verbesserung in der Nachmittagsbetreuung versprochen. Tatsächlich ist der Personalschlüssel für Kinder verschlechtert worden, besonders der Schlüssel für Vorschulkinder mit 1:23; in der Kita lag er vorher etwa bei 1:16. Mit frühkindlicher Bildung hat das gar nichts zu tun.
DIE LINKE hat bei der Einführung der Ganztägigen Bildung und Betreuung darauf hingewiesen, aber, Herr Senator Wersich, Sie scheinen beratungsresistent zu sein.
(Hildegard Jürgens SPD: Wersich? – Dr. An- dreas Dressel SPD: Herr Wersich ist nicht Senator! – Dietrich Wersich CDU: Das war ein Fehler! Ich hätte mal bleiben sollen, dann wäre es nicht so weit gekommen!)
Dann wiederhole ich. Herr Senator Rabe, Sie scheinen beratungsresistent zu sein. Ich will Ihnen in aller Deutlichkeit einmal sagen, wie der Senat vorgegangen ist, nämlich mit der Brechstange und ohne Rücksicht auf Verluste. Ich kann Ihnen versprechen: Die Eltern, Kinder und Beschäftigten werden sich das nicht mehr lange gefallen lassen.