Protokoll der Sitzung vom 13.06.2013

(Beifall bei der SPD)

Worum geht es? Es geht um die Auszubildenden in Hamburg. Es sind vor allem jene jungen Fachkräfte, die im Gegensatz zu den Studierenden tatsächlich langfristig hier am Standort bleiben und nicht möglicherweise in andere Bundesländer oder ins Ausland abwandern. Insofern müssen wir uns

genau mit dieser Zielgruppe auseinandersetzen und auch attraktiven Wohnraum schaffen.

(Glocke)

Herr Balcke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stemmann?

Ja, gern.

Eine kurze Zwischenfrage: Warum wird die von Ihnen eben erwähnte Wirtschaftsbehörde dann in dieser Senatsdrucksache mit keinem Wort erwähnt?

Lieber Herr Stemmann, entscheidend ist genau das, was mein lieber Fraktionsgeschäftsführer sagt. Bei uns kommt es nicht immer darauf an, was schwarz auf weiß auf dem Papier steht,

(Heiterkeit bei der CDU, den GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

sondern bei uns kommt es darauf an, dass das Ergebnis stimmt.

(Heiterkeit bei der CDU, den GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Der Senat hat bereits in den Ausschusssitzungen, Sie werden sich daran erinnern, sehr dezidiert zu diesem Thema Stellung genommen. Weil gerade das Gejohle von der linken und von der rechten Seite kommt, will ich Folgendes sagen: Im Gegensatz zu diesem Senat haben sich damalige Senate,

(Zurufe von der CDU)

und das können Sie leider auch nicht widerlegen, noch nicht einmal im Ansatz mit dem Thema Wohnraum für Auszubildende auseinandergesetzt. Nicht eine Drucksache dazu haben wir in den vergangenen Legislaturperioden im Parlament debattiert.

(Beifall bei der SPD)

Worauf kommt es an? Es kommt darauf an, dass wir ausreichend und gut qualifizierte Fachkräfte am Standort halten und weiterqualifizieren. Dieser Fachkräftebedarf beschränkt sich nicht nur auf Unternehmen, sondern selbstverständlich auf alle Wirtschaftssektoren.

(Olaf Ohlsen CDU: Erzähl weiter!)

Gesundheit, Pflege, Erziehung, elektrotechnische und metallverarbeitende Berufe – überall dort brauchen wir die Fachkräfte von morgen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns morgen im Ausschuss, denn wir werden einer Überweisung zustimmen,

(Hjalmar Stemmann)

näher mit diesem Thema auseinandersetzen. Was tut der Senat?

(Olaf Ohlsen CDU: Nichts!)

Mit dieser Frage sollten wir uns auseinandersetzen. Er schafft Rahmenbedingungen, damit auch für Auszubildende guter und ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Gute ausbildungsbegleitende Institutionen sind hier anzuführen. Wir begrüßen und möchten besonders betonen, dass durch die Gründung der Jugendberufsagentur ein wichtiger Meilenstein gesetzt wurde, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie wir junge Menschen überhaupt in das Berufsleben begleiten. Eine solche Initiative wurde leider unter SchwarzGrün zu jeder Zeit vermisst.

Die Fachkräftestrategie wurde auch von Herrn Stemmann erwähnt. Genau mit dieser Frage setzen wir uns auseinander. Dieses Bündnis wird weiterentwickelt, jetzt auch im Hamburger Fachkräftenetz. Entscheidend ist, dass unterschiedliche Akteure dabei handeln. Es geht darum, Gewerkschaften, Unternehmen, Verbände an einen Tisch zu holen, um sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Dieser Senat hat das Thema angepackt, zugegebenermaßen mit einer gewissen Vorbereitungszeit; das will ich zugestehen.

(Birgit Stöver CDU: Lange, lange Vorberei- tung!)

Umso wichtiger ist es, dass wir uns jetzt mit diesem Thema auseinandersetzen. Es geht um insgesamt 40 000 Auszubildende. Davon kommen rund 40 Prozent nicht aus Hamburg. Wir haben allein 17 800 Berufsschulstarter, und wir müssen uns mit einer bestimmten Population auseinandersetzen. Der Anteil Minderjähriger liegt bei denen, die eine Ausbildung in Hamburg beginnen, ungefähr bei 30 Prozent. Für jene Zielgruppe steht unseres Erachtens nach – hier überschneiden sich wahrscheinlich unsere Einschätzungen – nicht der attraktive Wohnraum zur Verfügung, den wir in Hamburg brauchen. Dieser Frage hat sich der Senat angenommen mit ganz konkreten Projekten.

(Robert Heinemann CDU: Woher wissen Sie das?)

Der Fokus ist auf den Wohnungsbau gesetzt worden. Es geht darum, die Expansion in diesem Bereich voranzutreiben. Aus der Senatsdrucksache geht hervor – das ist positiv zu erwähnen –, dass bei den Berufsschulstartern 2013/2014 nun die konkreten Bedarfe abgefragt werden, damit wir in Zukunft eine solide Grundlage für die Berechnung zukünftiger Bedarfe und daraus folgender Angebote haben, also eine valide Bedarfseinschätzung erhalten. Das war in der Vergangenheit bisher nicht der Fall. Außerdem möchte ich auf einen Paradigmenwechsel hinweisen. In Zukunft wird der Fokus eben auch auf Auszubildende und nicht nur auf Studierende gerichtet. Das hat in gewisser Weise

etwas mit Augenhöhe zu tun. Das unterstützen wir ausdrücklich.

Das Wohnraumförderprogramm hatte ich bereits angesprochen. Es ist noch einmal auf 1 Million Euro ausgeweitet worden. Wir sind ziemlich sicher, auch das steht in der Senatsdrucksache, dass dieses Angebot weitere Rahmenbedingungen für zusätzliche 1 300 Wohnplätze für Auszubildende schafft. Es geht also darum, die Nachfrageseite der Auszubildenden als zukünftige Mieter zu stärken und andererseits der Anbieterseite attraktive und verlässliche Rahmenbedingungen zu geben. Wir wollen, dass Azubis in entsprechender Größenordnung Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommen. Darauf weist die Senatsdrucksache hin. Wir begrüßen besonders, dass jetzt diese konzertierte Aktion im Rahmen der Fachkräftestrategie begonnen wurde. Das ist der richtige Ansatz. Wir werden uns im Ausschuss mit der Frage weiterhin auseinandersetzen. Ich hatte im Vorwege zugesagt, dass wir uns gemeinsam mit der Frage nicht nur auseinandersetzen, sondern am Ende auch einen gemeinsamen Antrag verabschieden. Ich bin sicher, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen werden. Das ist meine Hoffnung, das werden wir hinbekommen. Ich sehe den weiteren Beratungen und vor allen Dingen der Berichterstattung über das schon angelaufene Ausschreibungsverfahren mit Zuversicht entgegen und freue mich auf die Debatte im Ausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Herr Duge das Wort.

(Olaf Ohlsen CDU: Der holt sich gar nicht ein vor Lachen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Balcke, der Begriff Komplexität schien mir bei Ihnen eher die Irrungen und Wirrungen, die Streitigkeiten innerhalb der SPD zu bezeichnen, aber nichts anderes.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU – Jan Quast SPD: Wir haben keine Streitigkeiten, wir diskutie- ren bloß!)

In einer Großen Anfrage, die wir schon Mitte 2011 zum Thema Obdachlosigkeit gestellt haben, kam folgende Frage vor:

"Gibt es analog zum Förderprogramm zum Bau von Studierendenwohnheimen ein Förderprogramm zur Errichtung von Wohnraum für Auszubildende?"

Die Antwort des Senats lautete, das kann man nachlesen:

"Nein. Zurzeit prüfen die zuständigen Behörden ein Konzept, das die Einrichtung von

(Jan Balcke)

sogenannten Lehrlingswohnheimen vorsieht."

So viel zur Zukunftsfähigkeit der SPD, was den Sprachgebrauch betrifft. Lehrlingswohnheime gehören in das vergangene Jahrhundert. Ich habe aber auch gelernt, dass man das, was schwarz auf weiß dort steht, nicht so ernst nehmen soll, Herr Balcke – das nur nebenbei.

Nun möchte ich aber auf die Anfrage zurückkommen. Das war vor zwei Jahren. Was ist seitdem passiert? In der Antwort steht, dass der Senat ein Konzept für sogenannte Lehrlingswohnheime prüfe. Herausgekommen sind, das können wir nun in der Senatsdrucksache sehen, drei zukunftsweisende – in Anführungsstrichen – Ergebnisse, nämlich erstens die Einrichtung einer Teilprojektgruppe; das ist eben schon entsprechend kommentiert worden. Zweitens die tiefschürfende Erkenntnis, dass eine Erhebung zum Wohnraumbedarf bei Auszubildenden notwendig sei. Die soll 2013/2014 stattfinden. Herr Balcke, das ist doch reine Zeitverzögerung. Die hätte doch schon längst stattfinden können. Wenn man sich die Zahlen ansieht, und das haben Sie doch selbst schon gesagt, dann sieht man, dass wir einen Bedarf von etwa 1 000 bis 1 200 Wohneinheiten haben und mit den von außerhalb kommenden Auszubildenden mehr als 2 000. Ich brauche doch jetzt nicht noch eine Erhebung zu machen, das ist Zeitschinderei.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Als Drittes kommt dann noch die Ermittlung von geeigneten Grundstücken und Verfahren der Grundstücksvergabe. Damit kommen Sie nach zwei Jahren. Meine Damen und Herren, das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und bei Hjalmar Stemmann CDU)

Es ist schlichtweg haarsträubend und verantwortungslos gegenüber den Auszubildenden, die Jahr für Jahr in die Stadt kommen und hoffen, gute Ausbildungsplätze zu bekommen. Viele werden wir in dieser Statistik gar nicht erfassen, weil sie gar nicht herkommen können, da nämlich die Voraussetzung, hier eine Unterkunft zu erhalten, fehlt. Die werden Sie in Ihrer Statistik auch nicht aufnehmen können.

Eigentlich ist dem Senat das Auszubildendenwerk doch auf einem Silbertablett serviert worden. Ich zitiere einmal aus der Unterstützungsliste des Auszubildendenwerks den Bürgermeister:

"Der angespannte Wohnungsmarkt in Hamburg macht es insbesondere für junge Leute schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden."

Richtig. Ich ergänze das einmal. Laut Erhebungen der Jugendzeitschrift "Spießer" vom Juni/Juli 2011

(Heiterkeit bei der SPD)

Spießer, die heißt so –