Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit einem halben Jahr liegt das Angebot von HOCHTIEF auf dem Tisch, das Grundlage der Neuordnung ist. Seit vier Monaten ist der konkrete Neuordnungsvertrag bekannt, und seit zwei Monaten diskutieren wir die Drucksache, die heute zur Abstimmung steht. Dieses Beratungsverfahren war umfangreicher als alle bisherigen Beratungen zur Elbphilharmonie.

(Beifall bei der SPD)

Aber den Erkenntnissen aus der parlamentarischen Beratung wollen Sie sich verschließen.

(Zuruf von Dr. Eva Gümbel GRÜNE – Dr. Till Steffen GRÜNE: Sie lernen es überhaupt nicht mehr!)

(Senatorin Barbara Kisseler)

Warum, hat sich mir zumindest bisher nicht erschlossen. Der Vorwurf, der Senat habe einen Zickzackkurs gefahren, deckt sich weder mit den Ihnen vorliegenden Akten, noch ist er inhaltlich zutreffend. Sie halten es anscheinend für ein erstrebenswertes Vorgehen, konsequent nicht aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und an dem Vertrag aus 2006 und dem Nachtrag 4 festzuhalten.

Herr Kerstan, wenn Sie, wie vorgestern im "Hamburg Journal", dem Bürgermeister einen langsamen Lernprozess vorwerfen,

(Beifall bei Dr. Eva Gümbel und Dr. Till Stef- fen, beide GRÜNE)

dann würde ich gern einmal wissen, wie Ihre Lernkurve seit 2006 aussieht.

(Beifall bei der SPD und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Warum haben Sie 2009 dem Nachtrag 4 zugestimmt? Und wann haben CDU und GRÜNE versucht, die Grundfehler dieses Projekts zu beseitigen?

(Dietrich Wersich CDU: Wir haben zwei Vor- schläge gemacht!)

Wir alle wissen, dass der Nachtrag 4 ein rein monetärer Nachtrag war, der die fehlerhaften vertraglichen Strukturen gerade nicht geändert hat.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Jetzt gibt's aber noch einen Nachtrag 5!)

Herr Kerstan, Ihren Ausführungen, dass Sie zur Elbphilharmonie stehen, entnehme ich, dass Sie gern an der Eröffnung dieses großartigen Projektes teilnehmen wollen, aber für den Weg bis dahin keine Verantwortung übernehmen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Die Neuordnung des Projektes hat die größtmögliche Sicherheit für die Stadt gebracht und grundlegende Fehler aus der Vergangenheit bereinigt. Bei sachlicher Betrachtung könnte man das parteiübergreifend als gemeinsame Erkenntnis festhalten. Eigentlich müsste es auch Auswirkungen auf Ihr Abstimmungsverhalten haben.

(Jörg Hamann CDU: Was ist denn mit den 250 Millionen Euro? – Zuruf von Hans-Detlef Roock CDU)

Ich habe im Laufe der Beratungen niemanden gehört, der eine Alternative auf den Tisch gelegt hätte, wie der monatelange Baustillstand anders aufgehoben und das Projekt endlich zu einem erfolgreichen Ende hätte geführt werden können. Wenn wir uns also nüchtern anschauen,

(Dietrich Wersich CDU: Waren Sie da ange- trunken im Sommer letzten Jahres? Sie ha- ben es doch selbst verhandelt!)

wo wir heute stehen, dann müssen wir feststellen, dass wir nach sechs Jahren Projektgeschichte voller Pannen, Streit und Nachträgen endlich erstmals eine wirkliche, realistische Neuordnung vorliegen haben, mit der wir die Ursprungsfehler bereinigen können. Erstmals sind die Aufgaben der Projektpartner genau definiert, die Planungen sind klar beschrieben, und die Risiken liegen nicht mehr bei der Stadt. Erstmals hat HOCHTIEF weitreichende Garantien für die Qualität und den Fertigstellungstermin gegeben, und all dies könnte unproblematisch in eine gemeinsame Haltung der dieses Projekt befürwortenden Parteien münden.

Das ist offensichtlich nicht von allen gewollt, und umso mehr begrüße ich die durchaus differenzierte Haltung der FDP und der LINKEN. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir Ihre Vorschläge intensiv prüfen werden. Allerdings möchte ich dabei für den von SPD und LINKEN aufgezeigten Weg einer Nachverhandlung mit ADAMANTA und HOCHTIEF werben und nicht den Vorschlag der FDP aufnehmen, den eigentlichen Vertragsabschluss einmal mehr zu verschieben – auf den 30. September – und die Kosten noch einmal zu erhöhen.

(Beifall bei der SPD – Katja Suding FDP: Das habe ich so nicht gesagt!)

Dass dies aus Sicht des Senats das falsche Vorgehen wäre, haben wir bereits in den Ausschusssitzungen dargelegt.

Meine Damen und Herren! Ich kann absolut verstehen, dass die Entscheidung insbesondere zu den Mehrkosten, das ist hier mehrfach deutlich geworden, nicht leicht fällt. Und Sie wissen – zumindest können Sie es wissen –, dass auch wir uns diese Entscheidung alles andere als leicht gemacht haben. Wir sollten das Ergebnis dieser intensiven Beratungen ernst nehmen und die Chance ergreifen, dieses großartige Projekt für die Stadt endlich wieder nicht nur in gute, sondern auch in abschließende Bahnen zu lenken. – Ich danke Ihnen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Senatorin Kisseler, ich möchte nach Ihrem Redebeitrag noch einmal deutlich unterstreichen, dass die Redner meiner Fraktion die Verfahrenskritik, die wir zwischendurch durchaus hatten, nicht in den Mittelpunkt ihrer Reden gestellt haben

(Jens Kerstan GRÜNE: Ich habe dazu gar nichts gesagt!)

und dass dieses auch nicht der Grund ist, warum wir uns heute so verhalten. Ich möchte Ihnen das

(Senatorin Barbara Kisseler)

noch einmal deutlich sagen, weil Sie das anscheinend missverstanden haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Vértes-Schütter, Sie haben recht, heute müssen sich alle Fraktionen, auch die Oppositionsfraktionen, für ihr Abstimmungsverhalten erklären. Wir GRÜNEN haben eine Tradition, auch aus der Oppositionsrolle zu dem Projekt Elbphilharmonie zu stehen. Das werden wir weiter tun, aber wir lassen uns nicht die Kritik an diesem Senatsverhandlungsergebnis nehmen. Damit werden Sie sich inhaltlich auseinandersetzen müssen, auch wenn es Ihnen schwerfällt, Frau Senatorin.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Sich erklären heißt, Frau Vértes-Schütter, zu erläutern, wie wir die Verträge beurteilen. Herr Kerstan hat in seinem Beitrag deutlich gemacht, dass wir sehr wohl gelernt haben, dass die Qualität der Verträge in den Anhörungen der Kritik der Experten standgehalten hat. Das sagen wir auch, und das gehört zu einer ehrlichen Stellungnahme heute dazu. Zur Abstimmung stehen aber nicht nur die Verträge, sondern auch die Summe und die Auswirkungen auf den Haushalt.

Damit es nicht nur aus der Erinnerung beschrieben wird, darf ich aus der Anhörung zitieren. Herr Lindenberg, der Aufsichtsratsvorsitzende der ReGe, hat auf die Nachfrage, inwiefern die 195 Millionen Euro durch zusätzliche Kosten belegt seien, Folgendes gesagt:

"Ich werde mich dann nur kurz dazu äußern, weil ich inhaltlich dazu nur Folgendes sagen kann: Das Ganze ist eine Einigungssumme, weil wir letztlich keine detaillierte Aufschlüsselung bekommen haben von HOCHTIEF dazu."

Wenn das der Fall ist, dann darf eine Oppositionsfraktion sagen, dass das keine ausreichende Begründung für den Nachweis von 195 Millionen Euro ist.

(Zuruf von Dr. Andreas Dressel SPD)

Sie hätten selber hier heute ehrlicher sein können, Herr Dr. Dressel, es ist schlicht ein Angebot von HOCHTIEF, das der Bürgermeister angenommen und schon öffentlich am 15. Dezember zugestanden hat, obwohl die Verträge damals noch nicht mit den Garantien durchverhandelt waren. Das ist Ihr Verhandlungsstil, und der hat uns bis heute nicht überzeugt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Dann möchte ich einen letzten Punkt nennen. Wir haben die inhaltliche Auseinandersetzung bis zum heutigen Tag gesucht. Ich finde es auffällig, wenn der Bürgermeister dieser Stadt, der ein kluger

Mann ist, der komplexe Dinge durchdringt und gut zuhören kann, auf die Kritik, die er zu seinem Verhandlungsstil gehört hat, an einem ganz auffälligen Punkt mit keiner Silbe darauf reagiert. Das heißt für mich, dass Sie darauf keine gute Antwort haben, Herr Bürgermeister. Die Frage ist nämlich, warum Sie im Sommer und im Herbst 2011 ein Angebot von HOCHTIEF nicht angenommen haben. Warum sind Sie nicht auf das Anschreiben von HOCHTIEF, eine Neuordnung über die strukturellen Defizite zu verhandeln und auch – ich zitiere aus dem entsprechenden Brief – "ein gemeinsames Verständnis wieder für das Projekt zu entwickeln", eingegangen, in dem HOCHTIEF die Planungsverantwortung übernimmt, dabei aber der Generalplaner eingebunden ist, und HOCHTIEF ab dem Zeitpunkt der Neuordnung für die Zukunft die Verantwortung für Kosten und Termin übernimmt? All diese Eckpunkte sind Ihnen im Sommer 2011 angeboten worden, und Sie haben heute nichts dazu gesagt, warum Sie damals die Verhandlungen nicht aufgenommen haben.

(Glocke)

Insofern haben Sie diesen Preis von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag allein zu verantworten. Und eine Opposition, die sich kritisch versteht, stimmt hier selbstverständlich nicht zu.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der FDP und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister und Frau Senatorin Kisseler, Sie sind auf die Argumente, die die Opposition vorgebracht hat, inhaltlich nicht eingegangen. Sie haben nicht zeigen können, dass Sie sich mit unseren Punkten auseinandersetzen.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP und bei Dennis Gla- diator CDU)

Ich bin das eigentlich in der Form von Ihnen nicht gewohnt. Stattdessen veranstalten Sie einen solchen Klamauk und sagen,