Protokoll der Sitzung vom 14.08.2013

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Vonseiten der CDU-Fraktion ist hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt worden.

Wer stimmt zunächst den Ziffern 1 und 2 des Antrags der GRÜNEN aus Drucksache 20/8446 zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das abgelehnt.

Wer möchte dann die Ziffer 3 annehmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte schließlich der Ziffer 4 zustimmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit sind auch diese Ziffer und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf, Drucksache 20/7643, Große Anfrage der FDP-Fraktion: Schafft Hamburg die Energiewende? Bisherige Bilanzen und zukünftige Planungen – Faktencheck.

[Große Anfrage der FDP-Fraktion: Schafft Hamburg die Energiewende? Bisherige Bilanzen und zukünftige Planungen – Faktencheck – Drs 20/7643 –]

Diese Drucksache möchte die FDP-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr Dr. Kluth, Sie haben es.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Diskussionen von Großen Anfragen, insbesondere über komplexere Themen wie jetzt die Energiewende, laufen immer Gefahr, in die Breite zu gehen und weniger in die Tiefe oder auf den Punkt zu kommen. Ich will mich daher bemühen, dieser Versuchung nicht zu erliegen und mich darauf konzentrieren, einige Punkte und Fragen, insbesondere zur Umsetzung der …

(Glocke)

(Christiane Blömeke)

Verzeihen Sie, Herr Dr. Kluth. Wer hinausgehen will, möge das bitte leise tun. Der Rest hört bitte dem Redner zu. Fahren Sie bitte fort.

Ich werde mich bemühen, einige Punkte konzentriert zu behandeln, die einerseits die Umsetzung der Energiewende in Hamburg betreffen, aber auch das Thema, das wir heute schon in der Aktuellen Stunde hatten, nämlich die aktuelle Diskussion über die Verstaatlichung der Netze.

Erster Aspekt: Energiemix. Was sagt uns die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zum Thema Energiemix? Die Feststellung lautet: Trotz intensiver öffentlicher Diskussion hat sich bislang sowohl bei der Produktion als auch beim Bezug von Energie, also beim Energiemix, insbesondere, was das Verhältnis von fossilen Energieträgern und erneuerbaren Energien betrifft, an diesem Verhältnis so gut wie nichts geändert. Ganz im Gegenteil, der Anteil der erneuerbaren Energien an Produktion und Bezug und damit natürlich auch am Verbrauch ist seit 2007 konstant geblieben, also sowohl unter dem schwarz-grünen als auch unter dem sozialdemokratischen Senat. Alle Bemühungen, hieran etwas zu ändern, sind bislang offensichtlich verpufft. Wir halten das für keine gute Bilanz.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Aspekt: Energienetze. Der Senat stellt in seiner Antwort sehr deutlich klar, dass ein Einfluss des Netzbetreibers auf die Erzeugungsmethoden oder die Herkunft des eingespeisten Stroms beziehungsweise Gases nicht bestehe. Wir haben heute Mittag schon sehr intensiv darüber diskutiert, dass diese Feststellung richtig ist. Wir begrüßen, dass der Senat dies noch einmal in völliger Klarheit deutlich macht und zugleich ergänzt, dass das natürlich genauso gegen eine 25,1-Prozent-Beteiligung der Stadt an den Netzgesellschaften sprechen würde wie gegen eine Vollverstaatlichung.

(Beifall bei der FDP)

Die Antwort des Senats ist aber auch in zwei anderen Punkten für die Netzdiskussion aufschlussreich.

Erster Punkt: Die öffentliche Diskussion kreist gegenwärtig fast ausschließlich um die Höhe der Entschädigungen, wie sie nach den Endschaftsklauseln von der Stadt an Vattenfall und E.ON zu zahlen wären. 2 Milliarden Euro, das ist die Hausnummer im Falle einer Vollverstaatlichung.

Aus der Antwort des Senats ergibt sich nun, dass daneben für den Erhalt, den Betrieb und die Erweiterung von Strom- und Gasnetzen durch die Netzbetreiber noch einmal 172 Millionen Euro hinzukommen, wohlgemerkt jährlich, und zwar – so ver

stehe ich jedenfalls die Antwort – vor Modernisierungsmaßnahmen. Das sind also die jährlichen Kosten für Instandhaltung und Betrieb. Hinzu kommen die Kosten für Modernisierung, etwa die Kosten für Smart Grids, neue Speichertechnologien, zum Beispiel Power to Gas, Batteriespeicher, modernes Lastmanagement oder den Umbau zu einer dezentralen Netzinfrastruktur. Diese Belastungen kommen auf den Netzbetreiber zusätzlich zu, und das bestätigt zugleich unsere Befürchtungen und Prognosen.

Der zweite interessante Punkt betrifft die Versorgungssicherheit. Hier lautet das Ergebnis: Schon heute haben wir eine seit 2006 konstant sehr hohe Versorgungssicherheit und unterdurchschnittliche Versorgungsunterbrechungen, mit anderen Worten Stromausfälle. Eine Erhöhung der Versorgungssicherheit ist also ebenfalls kein triftiger Grund, die Netze zu kommunalisieren.

(Jens Kerstan GRÜNE: Sind wir jetzt nicht gerade bei der Energiewende?)

Dritter Aspekt: Der Senat präsentiert uns Hamburg immer wieder als Hochburg der erneuerbaren Energien. Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse begründet diese Einschätzung jedoch nicht, da er nur leicht über dem bundesweiten Vergleichswert liegt. Zur Frage der Wertschöpfung im Bereich der erneuerbaren Energien, so sagt der Senat in der Antwort auf unsere Anfrage, liegen der zuständigen Behörde überhaupt keine Daten vor. Daher scheint uns die Behauptung, Hamburg sei die Hochburg der erneuerbaren Energien, eher ein voreiliges Selbstlob zu sein, als dass sie tatsächlich den nachgewiesenen Fakten entspricht. Es gibt, wie uns scheint, jedenfalls noch viel zu tun. Hier ist noch viel Luft nach oben.

(Beifall bei der FDP)

Die vierte Erkenntnis betrifft die Energieforschung. Wenn Sie die Große Anfrage lesen, dann beeindrucken in der Tat die vielfältigen Vorhaben und Projekte im Bereich Energie, zu denen an der Universität, der TU Harburg, der HAW, der HCU oder auch an der Helmut-Schmidt-Universität geforscht wird. Dabei erscheinen die ausgewiesenen Fördermittel eher gering. Sie stehen sozusagen im umgekehrten Verhältnis zur Vielfalt der Vorhaben und Projekte. Das nährt die Sorge, dass die Wissenschaftssenatorin auch auf diesem Feld offenbar die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt hat. Wir fordern daher eine Konzertierung der Anstrengungen, Hamburg zum Zentrum der Energieforschung weiterzuentwickeln, das heißt, eine entsprechende finanzielle Ausstattung und noch mehr Unterstützung – das muss nicht immer nur Geld sein – bei der Verzahnung von öffentlicher und privater Forschung, von Hochschulen und Unternehmen.

(Beifall bei der FDP)

Last but not least unterstützen wir die Haltung des Senats, dass eine grundlegende Reform des unter rot-grüner Regierungsverantwortung beschlossenen EEG notwendig ist. Die FDP hat in dieser Diskussion so etwas wie die Urheberrechte. Wenn jetzt auch der Senat zu gleichen Erkenntnissen kommt, dann ist das zunächst einmal grundsätzlich positiv, besser spät als nie. Man muss das aber konsequent und nicht nur halbherzig umsetzen: mehr Markt statt Überregulierung. Seien Sie sicher, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung dies nach der gewonnenen Bundestagswahl als eines der ersten Projekte energisch angehen wird.

(Beifall bei der FDP – Dr. Monika Schaal SPD: Na, hoffentlich nicht!)

Wir freuen uns auf eine Überweisung an den zuständigen Ausschuss und auf eine spannende Diskussion. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Frau Dr. Schaal, Sie haben das Wort.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ein bisschen runter- fahren!)

– Ja, das muss man wohl. Ich kann mir auch ein Brettchen unternageln.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg nutzt die Chancen der Energiewende hervorragend. Die Antworten des Senats auf die Große Anfrage belegen das, und wir können uns dafür nur bedanken, auch wenn, Herr Kluth, viele Lücken darin sind, genau wie bei Ihrer Energiepolitik in Berlin; dort finden wir auch viele Defizite. Ich möchte allerdings in der Besprechung der Großen Anfrage ein paar andere Akzente setzen als Sie. Die Energiewende, insbesondere die Entwicklung der erneuerbaren Energien, hat in Hamburg als Kraftzentrum der Metropolregion einen richtigen Wachstumsboom ausgelöst. In der Metropolregion arbeiten immerhin 25 000 Menschen in 1 500 Unternehmen allein für die erneuerbaren Energien. In Hamburg sind es 15 000 Menschen, das sind gut 50 Prozent mehr als noch im Jahr 2008. Wie es nun allerdings weitergeht, wagt kaum jemand vorherzusagen, denn die Bundesregierung hat mit ihrer verfehlten Energiepolitik, insbesondere mit dem anhaltenden Gezicke zwischen dem gelb geführten Bundeswirtschaftsministerium

(Beifall bei Finn-Ole Ritter FDP)

und dem schwarz geführten Umweltministerium, den Boom der erneuerbaren Energien und damit auch die Energiewende völlig zum Erliegen gebracht.

(Beifall bei der SPD)

Das ist aus meiner Sicht auch der Grund dafür, dass die FDP in ihrer Anfrage das eine oder andere Thema auf diesem Wachstumsfeld lieber nicht

berücksichtigt hat, vor allen Dingen, weil die erneuerbaren Energien dann wohl zu positiv davongekommen wären. In Hamburg hat vor allen Dingen das Cluster Erneuerbare Energien zur Erfolgsgeschichte beigetragen. Dazu kommt in Ihrer Anfrage keine Frage vor.

(Finn-Ole Ritter FDP: Schreiben Sie doch selber eine!)

Im Cluster, Herr Kluth, finden nämlich die Kontakte zwischen öffentlicher Forschung und privaten Unternehmen statt. Die Cluster-Politik ist dazu da, dass Universität und Unternehmen gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir sind nicht die Hauptstadt der Windenergie – hier gebe ich Ihnen recht, Herr Kluth –, weil sich in der Stadt viele Windräder drehen, sondern weil sich hier viele Unternehmen angesiedelt haben, vor allen Dingen die Großen der Windindustrie, aber auch technische Dienstleister, Produktentwickler, Projektentwickler, Banken, Versicherungen und weitere Spezialunternehmen, die sich mit Windenergie und anderen erneuerbaren Energien beschäftigen. Vor allen Dingen, darauf haben Sie dankenswerterweise hingewiesen, machen einschlägige Lehr- und Forschungsangebote an fünf Universitäten und weiteren Forschungseinrichtungen die Stadt für Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien, vor allen Dingen der Windenergie, attraktiv. Ich darf auch daran erinnern, dass in Bergedorf mit dem Energie-Campus ein neuer von der HAW, also der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, gegründeter Forschungsschwerpunkt entsteht, der von der Stadt finanziert und mit EU-Mitteln unterstützt wird. Es fließen 10 Millionen Euro hinein; ich denke, das ist eine ganze Menge. Dort sollen aber auch Windenergieanlagen gebaut werden. Das wollen wir, das wollen Sie offensichtlich nicht, und das ist bedauerlich.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Die Bevölkerung will das nicht!)

Meine Damen und Herren! Wenn die FDP in der Bundesregierung nicht die weitere Entwicklung der erneuerbaren Energien ausbremsen würde,

(Katja Suding FDP: Das tut sie doch gar nicht!)

dann hätte in Hamburg vielleicht auch die SietasWerft überlebt, denn in dieser hochspezialisierten Traditionswerft wurde ein Errichterschiff für die Offshore-Wind-Branche auf Halde gelegt, wo es nun wohl bleiben muss, denn der Offshore-Industrie geht es schlecht, die Entwicklung stagniert. Kein Mensch weiß, wie es mit der Energiewende und den erneuerbaren Energien weitergeht, weil diese Bundesregierung mit einer falschen und widersprüchlichen Politik die Energiewende und den damit verbundenen Aufschwung ausbremst.

(Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Darum – jetzt mache ich einmal Wahlkampf –

(Finn-Ole Ritter FDP: Jetzt erst?)

muss am 22. September Schwarz-Gelb raus und Rot-Grün rein, damit es mit der Energiewende weitergeht.

(Beifall bei der SPD – Finn-Ole Ritter FDP: Setzen, Sechs!)