Protokoll der Sitzung vom 14.08.2013

Jetzt hat Frau Stöver das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat das Bünd

nis mit der SPD und der FDP geschlossen, weil wir von der Unsinnigkeit des Netzkaufs überzeugt sind und Schaden von der Stadt abwenden wollen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Diese Einigkeit haben die GRÜNEN und die LINKEN nicht erwartet.

(Jens Kerstan GRÜNE: Och! – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Die SPD hat sich aufgegeben!)

Sie sind überrascht und nun werden Sie bissig. Oder werden Sie etwa nervös? Meine lieben Kollegen, Sie sind doch sonst immer für die breite Beteiligung, trotzdem gehen Sie jetzt gegen Informationen für Schüler an.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das waren keine Informationen, sondern Manipulationen!)

Sie gehen auch gegen die Informationsbroschüre der Bürgerschaft und gegen das breite gesellschaftliche Bündnis aus Gewerkschaften, Grundeigentümern, Kammern und Verbänden an.

(Jens Kerstan GRÜNE: Mehr habt ihr nicht? Das sind ja ganz starke Argumente!)

Alle diese vertreten ganz eindeutig die Interessen einer großen Anzahl von Bürgern, Herr Kerstan.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Bürgerbeteiligung heißt nicht zwangsläufig, dass hinterher die Meinung der GRÜNEN und der LINKEN dabei herauskommt.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Dass Sie langsam unruhig werden, merken wir auch daran, dass Sie von unfairen Aktionen sprechen. Sie bemühen das Wort Fairness so häufig, dass es schon unglaubwürdig wird, und es zeigt, wie sehr Sie mit Ihren Thesen ins Schwimmen kommen. Aber wer Fairness fordert, muss auch fair spielen, und davon sind GRÜNE und LINKE weit entfernt, denn es ging Ihnen nie um eigene Fairness.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Sie verfahren frei nach dem Motto: Mir passt etwas nicht, dann gehe ich dagegen an. Es ändern sich die Rahmenbedingungen oder die Meinungen, dann gehe ich halt dagegen an. Ich mag den anderen nicht, dann gehe ich halt gegen diesen an.

(Dora Heyenn DIE LINKE: So ein Quatsch!)

Da gilt selbstverständlich gleiches Recht für alle, egal welchem Bündnis, welcher Partei, welchem Unternehmen oder welcher Organisation man angehört. Für mich ist ganz deutlich, dass es Ihnen nicht mehr um sachliche Argumente geht. Sie schwimmen und Ihnen kommen Ihre eigenen Argumente abhanden.

(Dr. Andreas Dressel)

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Unsere Argumente hingegen werden mittlerweile aufgenommen und Ihre eigenen

(Dora Heyenn DIE LINKE: … werden immer besser!)

werden widerlegt. Ich nenne ein paar Beispiele.

Erstens: Eine klimaverträgliche Energieversorgung aus erneuerbaren Energien zu gestalten, ist nicht Aufgabe des Netzbetreibers. Sie kann es nach dem Energiewirtschaftsgesetz auch gar nicht sein. Energienetze sind Leitungen für den Transport von Energie, sie können und dürfen die Energieerzeugung nicht beeinflussen. Umwelt- und Klimaschutz geht also nicht über Transportnetze.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Zweitens: Die Energieversorgung sozial gerecht zu gestalten suggeriert, dass die Stadt Einfluss auf die Energiekosten haben könnte oder mit finanziellen Überschüssen sogar eine Senkung bewirken könnte. Das ist bewusst irreführend. Die Bundesnetzagentur – Herr Dressel hat es schon gesagt – setzt die Preise für Netzentgelte fest. Der Strompreis besteht nicht nur aus Netzentgelten, sondern eben auch aus Erzeugungskosten und aus Steuern und Abgaben. Hierbei ist die Entwicklung der Netzentgelte so, dass diese über die Jahre gleich geblieben sind im Gegensatz zu den Steuern, bei denen eine Verdopplung oder sogar eine Verdreifachung stattgefunden hat, und bei der EEG-Umlage hat sogar eine Verzehnfachung stattgefunden.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Und was bedeutet das?)

Drittens das von der Initiative angedachte Steuerungsziel: Die Steuerungsziele sind langfristig und ebenfalls kostenintensiv, denn im Kaufpreis ist der Umbau des Fernwärmenetzes nicht enthalten und auch nicht die Smart-Grid-Technologie. Sie erfordern weitere Investitionen, und die sind im Haushalt nicht drin und würden diesen zusätzlich belasten. Im Falle des Fernwärmenetzes würde eine Dezentralisierung eine weitere Milliardeninvestition bedeuten

(Jens Kerstan GRÜNE: Aus den Erlösen!)

und Hamburg über Jahre zu einer Baustelle machen, weil dafür alle Fernwärmeleitungen ausgetauscht werden müssten.

Viertens: Es ist nicht Aufgabe der Politik, ein rentables Unternehmen, das seinen Job gut macht und die Versorgungssicherheit mehr als erfüllt, aufzukaufen, weil man damit Geld verdienen kann. Das ist gegen jedes marktwirtschaftliche Prinzip. Studien belegen, dass eine Volkswirtschaft umso stärker ist, je weniger Eingriffe der Staat vornimmt.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der LIN- KEN)

Liebe Kollegen von den GRÜNEN und der LINKEN, wenn Sie noch Argumente benötigen, dann empfehle ich Ihnen die Broschüre der Bürgerschaft, und zwar die Seiten, die nicht Sie selbst verbrochen haben, sondern die Seiten, die Sie nicht geschrieben haben. Der Urheber steht klar und deutlich darüber: SPD, CDU und FDP. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Herr Kerstan hat nun das Wort.

(Finn-Ole Ritter FDP: Jetzt kommt die Wahr- heit!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Verkauf von HEW und Hein Gas war ein schwerer Fehler. In den Jahren danach haben die Hamburgerinnen und Hamburger im Hinblick auf die Schrottreaktoren in Krümmel und Brunsbüttel, die überdimensionierten Kohlekraftwerke mitten in der Stadt

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wer hat das noch mal genehmigt?)

und die Moorburgtrasse quer durch Altona viele schlechte Erfahrungen mit Vattenfall gemacht, dem Konzern, der als Preistreiber bei den Strompreisen agiert und gleichzeitig die zweithöchsten Netzentgelte aller deutschen Großstädte nimmt und der gerade die Bundesrepublik Deutschland vor einem dubiosen Schiedsgericht in Washington für den Atomausstieg auf Schadensersatz in Höhe von 3,7 Milliarden Euro verklagt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist ein inter- nationales Übereinkommen, Herr Kerstan!)

Die Hamburgerinnen und Hamburger haben genug von Vattenfall, sie wollen solche Privatisierungen nicht mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Nach all diesen schlechten Erfahrungen wollen die Hamburgerinnen und Hamburger endlich wieder ein öffentliches Unternehmen im Netzbereich, dem sie vertrauen können, so wie sie auch den Hamburger Wasserwerken vertrauen. Denn eines ist doch klar: Die Netze sind eine Infrastruktur der Daseinsvorsorge, ohne die diese Stadt nicht funktionieren kann. Deshalb gehören sie in öffentliche Hand, demokratisch kontrolliert und dem Gemeinwohl verpflichtet, so wie das Trinkwasser auch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Es geht bei diesem Volksentscheid aber auch um noch Weiteres. Viele wissen nicht, dass die SPD bei ihrer Beteiligung von 25 Prozent gleichzeitig die endgültige und unumkehrbare Privatisierung der Fernwärme beschlossen hat. Bei der Fernwärme handelt es sich um ein unreguliertes Monopol,

(Birgit Stöver)

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt nicht! Das ist einfach schlichtweg falsch!)

bei dem der Netzbetreiber jeden Preis nehmen kann, den er möchte, und enorme Gewinne einstreicht. Im Jahr 2009 hat Vattenfall in Hamburg bei einem Umsatzerlös von 417 Millionen Euro 120 Millionen Euro Gewinn mit der Fernwärme gemacht. Das ist eine Umsatzrendite von 34 Prozent, und an diesem Gewinn ist die SPD aufgrund ihrer Beteiligung auch beteiligt. Sie hat von Vattenfall eine Mindestdividende im Fernwärmebereich von sage und schreibe 4,5 Prozent bekommen. Vattenfall verdient 34 Prozent in dem Bereich, und die Stadt lässt sich mit 4,5 Prozent abspeisen. Das ist genau die Art von Privatisierung, die die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt nicht mehr wollen. Sie wollen einfach nicht hinnehmen, dass Privatisierungen stattfinden, bei denen der große Kuchen an die Privatwirtschaft geht und die Bürgerinnen und Bürger mit Brotkrumen abgespeist werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Deshalb brauchen wir in diesem Bereich auch wieder ein öffentliches Unternehmen, das dem Gemeinwohl und den Verbraucherinnen und Verbrauchern verpflichtet ist und nicht mehr der Konzernrendite. Nur so wird die Energiewende von unten gelingen: mit erneuerbaren Energien und Netzen in Bürgerinnen- und Bürgerhand. An all dem hat Vattenfall kein Interesse, und deshalb gehen sie mit aller Macht dagegen an.