Protokoll der Sitzung vom 15.08.2013

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

So ist es angeblich ein Geschäftsgeheimnis, wie viele Notfallpatientinnen und –patienten Asklepios aufnimmt. Und auch wie sie sich auf die zentralen Notaufnahmen verteilen und wann die Spitzenzeiten der Einweisungen stattfinden, ist geheim. Warum darf die Öffentlichkeit nicht wissen, wann Patientinnen und Patienten bei Asklepios medizinische Hilfe suchen? Ich verstehe das nicht, und ich weiß, was Geschäftsgeheimnisse sind. Einen Versorgungsauftrag zu erfüllen, darf nicht geheim bleiben. Es ist eine Frechheit, dass wir hierzu keine Antworten bekommen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Informationen wären für Senat und Bürgerschaft sehr wichtig, weil durch sie festgestellt werden könnte, ob die Kapazitäten für die Notaufnahmen ausreichen und wann gegebenenfalls investiert werden muss. So bekam die Asklepios Klinik Wandsbek vor wenigen Jahren 8 Millionen Euro für eine zentrale Notaufnahme aus Steuergeldern finanziert. Heute schreibt Asklepios Wandsbek übrigens auf seiner Website, dass pro Jahr 30 000 Patientinnen und Patienten in der Notaufnahme behandelt werden. Entweder ist die Zahl reine PR oder der Senat wird an der Nase herumgeführt.

Deswegen fordern wir den Senat auf, seinen Einfluss über den Aufsichtsrat geltend zu machen und der Bürgerschaft endlich umfassend Bericht zu erstatten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Artus, Sie haben im ersten Teil Ihrer Rede ein sehr großes Thema aufgemacht, indem Sie das DRG-System grundlegend angegriffen haben, wenn ich es richtig verstanden habe. Das von Hamburg aus so verändern zu wollen, wie Sie es angemahnt haben, halte ich für zu hoch gegriffen. Damit würden wir uns kräftig übernehmen.

(Beifall bei Dietrich Wersich CDU)

Außerdem entspricht das nicht dem, was in Ihrem Antrag gefordert wird. Sie möchten konkrete Informationen darüber, welche Pflegeleistung wie in welchem Krankenhaus erbracht wird. Wir stehen da vor einem Systemproblem mit den DRG, den Abrechnungspauschalen, und außerdem vor dem Problem, dass nach der Privatisierung von Kran

(Kersten Artus)

kenhäusern auch Freigemeinnützige ihr Recht in Anspruch nehmen, bei solchen Angaben auf das Betriebsgeheimnis zu pochen. Ich weiß nicht, wie wir dieser Falle entgehen können. Wir müssen uns an Gesetze halten. Das passt mir auch nicht, und ich habe selbst diverse Anfragen in den zurückliegenden Jahren so beantwortet bekommen, aber wir müssen davon ausgehen, dass das so ist. Deswegen würde Ihr Antrag, wenn wir ihn einfach verabschieden würden, zu denselben Nicht-Ergebnissen führen, die Sie gerade beklagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir möchten das deshalb in Ruhe im Ausschuss besprechen. Ich gehe davon aus, dass wir dort doch mehr Informationen erhalten können, auf welchem Weg auch immer, zum Beispiel mit Anhörungen. Das halte ich für sinnvoller, als einfach eine Forderung an den Senat zu stellen, diese Informationen zu liefern.

Die Krankenhausinvestitionen befinden sich auf einem hohen Niveau. Das ist in Ordnung und führt dazu, dass die Versorgung in den Hamburger Krankenhäusern grundsätzlich gut ist.

(Beifall bei der SPD)

Das werden wir auch weiterhin so aufrechterhalten, und wenn es in Einzelfällen zu Problemen kommt, dann wird dem nachgegangen. Das alles können wir im Ausschuss besprechen ohne den Riesenkatalog an Fragen, den Sie aufgeworfen haben und der in sich stellenweise widersprüchlich ist, so abarbeiten zu müssen, wie er hier steht.

Mein Vorschlag und meine Bitte wären, dass wir das im Ausschuss grundlegend und ausführlich mit zusätzlichen Informationen, die wir bekommen werden, bereden. Alles andere würde übers Ziel hinausschießen und wäre eher kontraproduktiv.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Das Wort bekommt Frau Stöver.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN beschäftigt sich mit dem Personalmangel im Pflegebereich speziell in Hamburger Kliniken. Die Diskussion müsste darüber hinausgehen, denn im ambulanten Bereich und in der Altenpflege herrscht ebenfalls eine angespannte Situation. Jedoch ist zumindest der erste Schritt, dass wir uns über den Pflegekräfteeinsatz in Krankenhäusern unterhalten. Ich gebe Herrn Dr. Schäfer recht, dass wir das im Ausschuss tun sollten. Der zweite Teil des Antrags der LINKEN stellt viele Fragen, und auch darüber hinaus gibt es weitere Fragen, die wir im Ausschuss besprechen können.

Der Mangel an Pflegekräften ist kein neues Thema, es wird schon lange davor gewarnt. Und obwohl Maßnahmen ergriffen wurden, ist der Mangel an Pflegekräften bisher nicht wirksam eingedämmt worden. Auf der einen Seite stehen steigende Bedarfe an Pflegekräften – die Prognose bis 2030 geht von einer Verdoppelung der Zahl der Pflegebedürftigen aus – und auf der anderen Seite unbesetzte Stellen. Wir laufen zwangsläufig in einen Pflegenotstand hinein, und das sollten wir, wie die Frage, was bisher getan worden ist, um Abhilfe zu schaffen, generell noch einmal besprechen. Das Förderprogramm des Krankenhausentgeltgesetzes nach Paragraf 4 wurde 2009 aufgesetzt, und es sollten bundesweit 17 000 Stellen geschaffen werden. Für uns ist interessant zu erfahren, wie das in Hamburg umgesetzt wurde und ob Hamburg ausreichend berücksichtigt wurde.

Frau Artus, eine Bemerkung zu den Geburten, die Sie angesprochen haben: Wir sollten die ärztliche Kompetenz nicht so sehr infrage stellen, wie Sie es getan haben.

(Beifall bei Karin Timmermann SPD)

Ein Drittel der Geburten sind Kaiserschnitte, aber ich glaube nicht, dass man die ärztliche Kompetenz allgemein infrage stellen sollte, denn es gibt hierzu medizinisch notwendige Indikationen. Mittlerweile werden die Kinder immer schwerer geboren, und eine natürliche Geburt ist einer Frau zum Teil nicht mehr zuzumuten. Hier muss man die ärztliche Kompetenz also in den Vordergrund stellen.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Satz zur Vergütung von qualifizierten Pflegekräften; hier hat sich eine Weiterentwicklung ergeben. Es wird immer davon gesprochen, dass Pflegekräfte deutlich unterbezahlt seien. Es ist aber – und das sollten wir uns vielleicht noch einmal darstellen lassen – eine positive Entwicklung eingetreten, nämlich dass die Bezahlung von Pflegekräften mittlerweile an vergleichbare Berufe angepasst ist. Hier ist der Klinikbereich tatsächlich etwas im Hintertreffen, denn im ambulanten Bereich werden höhere Vergütungen gezahlt.

Meine Damen und Herren! Hamburg geht neue Wege. In der Presse wurden Pflegekräfte aus China gemeldet. Scheinbar ist die Rekrutierung aus Osteuropa nicht mehr ausreichend, und die Rekrutierung aus Korea und den Philippinen hat wohl auch nicht den gewünschten Effekt gebracht beziehungsweise wirft Schwierigkeiten sprachlicher Natur auf. Die vermeintlich gut ausgebildeten Kräfte müssen mit den deutschen Patienten auch kommunizieren können. Um wirksame Maßnahmen zur Abhilfe des Pflegemangels zu finden, lohnt es sich, jeden Strohhalm zu ergreifen, diesen zu prüfen und zu untersuchen.

(Dr. Martin Schäfer)

Unabhängig von der Ausschussüberweisung, die schon angekündigt worden ist, möchte ich für unsere Fraktion sagen, dass die unter Punkt 1 erhobene Forderung nach einer Bundesratsinitiative von uns nicht mitgetragen wird, weil wir davon ausgehen, dass die Krankenhauspolitik richtigerweise Ländersache ist. Außerdem variieren die Personalanforderungen in den Ländern und sogar innerhalb der Länder in Abhängigkeit von Behandlungsangebot und Patientenspektrum extrem. Ein vom Bund verordnetes Universalmodell kann bei dieser Unterschiedlichkeit nicht die Lösung sein. Dieser Punkt ist reines Wahlkampfgeplänkel, und hier werden wir weder vor noch nach der Wahl mitgehen. Über die anderen Punkte können wir gern im Ausschuss sprechen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Schmitt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der verstärkte Wettbewerb in den Krankenhäusern in den letzten Jahren, das ist schon häufig genannt worden, hat sich in vielen Fällen einseitig zulasten der Pflege ausgewirkt. Obwohl die Krankenpflege eine zentrale Säule der Versorgung in den Krankenhäusern bildet, haben die Einsparungen überwiegend das Pflegepersonal betroffen. Dadurch ist die Situation in der Krankenpflege sehr angespannt. Die Arbeitsverdichtung hat zugenommen, die Patientenzahlen werden höher und die Auswirkungen sind inzwischen deutlich spürbar. Viele Kräfte sind oft überlastet und fürchten selber, dass es aufgrund dieser Situation häufiger zu Fehlern in der Pflege kommt. Die Arbeitsbelastung führt auch dazu, dass viele Fachkräfte nach nur wenigen Jahren den Beruf wechseln und der Personalmangel immer weiter verstärkt wird. Dieser Entwicklung entgegenzutreten ist dringend notwendig. Daher unterstützen wir im Grundsatz die Initiative der LINKEN.

Eine gesetzliche Regelung für eine bedarfsgerechte Personalausstattung zu schaffen, kann ein guter Weg sein, und wir sollten im Ausschuss darüber sprechen, welcher Weg passend ist. Allerdings sind auch noch einige Fragen offen. Es wurde schon angesprochen, dass wir über die notwendige Flexibilität angesichts der unterschiedlichen Situationen und Bedürfnisse vor Ort in den Häusern sprechen sollten. Wir sollten auch diskutieren, welche Kriterien für die Personalbemessung im Einzelnen angelegt werden und welche Sanktionen gegebenenfalls notwendig sind, um die Vorgaben durchzusetzen.

Meine Damen und Herren! So sinnvoll eine gesetzliche Regelung für die Personalbemessung sein mag, so klar ist auch, dass weitere Maßnahmen notwendig sein werden. Hierzu gehören die institu

tionelle Stärkung der Pflegeberufe, wie wir sie mit unserem Vorschlag für eine Hamburger Pflegekammer vorantreiben wollen, die Weiterentwicklung der Pflegeausbildung und mehr Möglichkeiten der akademischen Aus- und Weiterbildung, um den steigenden Ansprüchen an die Pflegekräfte gerecht zu werden. Und hierzu gehört, dass Pflegekräfte künftig stärker eigenverantwortlich Patientinnen und Patienten versorgen können.

Der Antrag der LINKEN greift viele Punkte auf. Es wurde schon erwähnt, dass das ein großer Katalog an Fragen und Forderungen ist. Ich möchte noch einen Punkt herausgreifen, und zwar die Beteiligung Hamburgs an den Asklepios-Kliniken mit 25,1 Prozent. Der SPD-Senat hat in seinem Regierungsprogramm suggeriert, dass er damit ein Instrument in der Hand habe, um auf die Konzernpolitik Einfluss zu nehmen. Ich habe schon vor einiger Zeit mittels einer Schriftlichen Kleinen Anfrage herauszufinden versucht, welche Schritte unternommen wurden, um die Konzernpolitik zu beeinflussen. Das Ergebnis war zu erwarten und lässt sich schlicht damit zusammenfassen, dass keine konkreten Maßnahmen ergriffen wurden. Welche sollten es auch sein? Es überrascht nicht, dass eine 25-Prozent-Beteiligung an einem Unternehmen keinen Einfluss auf die Konzernpolitik sichert.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Nur wer die Erfahrung mit Asklepios völlig ausblendet, kann noch ernsthaft behaupten, dass mit 25 Prozent irgendetwas zu holen sei.

Meine Damen und Herren! Die Pflege im Krankenhaus braucht verstärkte Aufmerksamkeit. Der vorliegende Antrag bietet eine gute Gelegenheit, darüber zu sprechen, und diese würden wir gern nutzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP freut sich auf die Diskussion im Gesundheitsausschuss. Wir sind für neue Informationen zur Versorgungsstruktur in Hamburg immer sehr dankbar, und deswegen wird auch die FDP einer Überweisung zustimmen. Die Aspekte unter Punkt 2 sind als Fragestellungen sicher interessant. Erlauben Sie mir aber noch drei grundsätzliche Bemerkungen.

Frau Artus, zunächst zu den Geschäftsgeheimnissen. Mich ärgert es auch, wenn der Senat Antworten mit der Berufung auf Geschäftsgeheimnisse verweigert. Sie wollen jedoch einen völlig falschen Eindruck erwecken, nämlich dass die bösen privaten Gesundheitsanbieter – Ihr persönliches Feind

(Birgit Stöver)

bild – diejenigen sind, die die Antworten verweigern. Ich darf Ihnen sagen, dass es dem Senat bei staatlichen Einrichtungen genauso geht. So verweigert das UKE zu Ihrer Großen Anfrage, Drucksache 20/4949, Seite 23, Angaben, und das verschweigen Sie. In der Drucksache 20/2054 hält der Senat die Wartungskosten bei Bussen des HVV für ein Geschäftsgeheimnis. Die Details zum Personalbestand des UKE in der Drucksache 20/3507 hält der Senat für ein Geschäftsgeheimnis. Und in der Drucksache 20/3685 hält der Senat die Einzelheiten des Vertrags der DB Rent bezüglich StadtRAD für ein Betriebsgeheimnis. Mit anderen Worten: Der Fehler "mangelnde Auskunft bei Geschäftsgeheimnissen" tritt nicht nur bei den bösen privaten Gesundheitsanbietern auf, sondern so verfährt der Senat regelmäßig. Es harrt noch einer verfassungsrechtlichen Klärung, wie weit der Senat sich hierauf berufen kann. Aber Sie, Frau Artus, wollen den Eindruck erwecken, dass es nur die bösen privaten Gesundheitsanbieter seien, und das ist nicht so.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze CDU)

Der zweite Punkt. Sie fordern eine Bundesratsinitiative für eine gesetzliche Regelung der Personalausstattung oder Mindestpersonalausstattung in Kliniken. Wollen Sie ernsthaft eine pauschale Ausstattungsregelung für alle Kliniken und Fachbereiche, ob Gynäkologie, Innere oder Chirurgie? Das wollen Sie nicht im Ernst, denn dann müssten Sie eine sehr differenzierte Ausstattungsregelung haben, und zwar nach Stadt und Land, nach Schwerpunkt und einfacher Grundversorgung und nach verschiedenen Arten der medizinischen Versorgung. Wir hätten einen langen Katalog von hundert, zweihundert oder dreihundert Positionen. Sie wollen ein bürokratisches Monster, und so etwas lehnt die FDP ab.

(Beifall bei der FDP)

Beim dritten Punkt ist Ihr Begehren geradezu kontraproduktiv. Wenn Sie mit Menschen aus dem Krankenhaus sprechen, ob es Ärzte sind, Pflegepersonal oder sonstiges Personal, dann gibt es eine Sache, die sie sehr ärgert und die zumindest teilweise vermeidbar ist, die immer mehr steigende Bürokratie. Davon lese ich in Ihrem Antrag nichts. Immer mehr Energie und Zeit der Ärzte und des Pflegepersonals gehen nicht für die Behandlung drauf, sondern für Bürokratie. Das verursacht nebenbei auch Kosten. So geben die Krankenkassen immer mehr Geld für ihre eigene Verwaltung statt für die Behandlung aus.

Schauen Sie sich einmal folgende Zahlen in den alten Bundesländern von 1981 bis 2011 an. Einnahmen der Krankenkassen: plus 73 Prozent, Ausgaben für Ärzte – gemeint sind die niedergelassenen –: plus 50 Prozent, Ausgaben für Krankenkassen: plus 82 Prozent, aber Ausgaben für die eige