Unser Antrag beinhaltet, dass wir eine sinnvolle Formulierung finden wollen, wie man die Schullaufbahn gestalten soll. Es muss verdeutlicht werden,
dass nicht nur ein Kreuz gemacht wird bei Gymnasien, sondern die Stadtteilschule genauso die richtige Alternative für alle Kinder in dieser Stadt ist. Das wollen wir damit verdeutlichen und nichts anderes, Herr Scheuerl.
Ich will das noch einmal verdeutlichen. Die SPD ist ausdrücklich gegen eine Schulgesetzänderung. Das ist überhaupt nicht gewollt und die Empfehlung ganz herauszunehmen, Frau von Berg, wird mit der SPD so nicht funktionieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst noch einmal eine sachliche Klärung vornehmen. Es geht letztendlich um diesen Bogen hier. Diejenigen von Ihnen, die keine schulpflichtigen Kinder im Alter von zehn Jahren haben, haben den wahrscheinlich noch nicht gesehen. Darüber steht: "Einschätzung zur weiteren Schullaufbahn gemäß Paragraf 42 Absatz 4 Hamburgisches Schulgesetz". Das ist der Bogen, der dieses Jahr im Januar eingeführt wurde. Die Einschätzung zur weiteren Schullaufbahn wurde auch vereinbart, darunter steht aber tatsächlich eine Schulformempfehlung. Genau dagegen richtet sich unser Antrag und über diese Sache möchte ich hier reden. Herr Holster hat schon etwas zu dem SPD-Antrag gesagt, das brauche ich nicht mehr zu tun. Mir geht es um den GAL-Antrag, um das noch einmal klarzustellen.
Ich frage Sie: Wenn ein Kind so einen Bogen in die Hand bekommt und darauf steht: "Du bist zu doof für das Gymnasium",
wie fühlt sich dieses Kind? Die Kinder schauen nur und die Eltern tun es auch: Wo ist mein Kreuz? Ist es beim Gymnasium oder ist es bei der Stadtteilschule? Das wollen wir nicht mehr und darum haben wir diesen Antrag gestellt.
Nun könnte man sagen, in einem selektiven System muss man irgendwann selektieren. Wir haben ein zweigliedriges Schulsystem und man muss ein Instrument dafür finden. Das Problem ist nur, dass dieses Instrument völlig unzuverlässig ist. Das wissen alle Pädagoginnen und Pädagogen, das haben alle Studien belegt, das wissen alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die Kinder müssen es ausbaden. Studien haben belegt, dass diese Schulformempfehlung im Alter von neuneinhalb oder zehn Jahren so zuverlässig ist wie die Wetterprognose für die nächsten drei Jahre. Das
Zur Historie. Im September 2010 wurde diese alte Empfehlung abgeschafft. Ich lese noch einmal aus der Begründung vor – Zitat –:
"Auf eine Grundschulempfehlung alten Typs wird verzichtet, da für sie keine fachliche Fundierung existiert."
Das ist im September 2010 gewesen. Im Januar 2011 wurde unter großem Protest leider dieser Bogen wieder eingeführt. Elternkammer, Lehrerkammer und Grundschulverband sind dagegen auf Zinne gegangen. Es hat nichts genützt, an der Deputation vorbei ist es dann eingeführt worden und die Kinder sind mit diesen Bögen zu den Schulen gegangen. Bei der Frage nach dem Elternwahlrecht ist es so, dass viele Schulen die Kinder ablehnen, weil sie einfach keine Gymnasialempfehlung haben, und an der Stelle wird es wirklich absurd.
Der Schulfrieden hatte nichts mit dieser Schullaufbahnempfehlung zu tun. Der Schulfrieden – ich habe ihn mir noch einmal angesehen – hatte nur etwas mit der Schulstruktur zu tun und an der wird auch überhaupt nicht gerüttelt. Es ging um Primarschule, Gymnasium und Stadtteilschule, um nichts anderes. Es ist wirklich unlauter – und das verärgert mich wirklich –, den Schulfrieden heranzuziehen.
Ich appelliere einfach an meinen Kollegen, Lars Holster, dass er sich dafür einsetzt, dass tatsächlich dieser pädagogische Unsinn zurückgenommen wird. Die SPD ist heute vollzählig anwesend, niemand ist beim Essen, das heißt, dass unser Antrag abgelehnt und der SPD-Antrag angenommen wird. Ich baue einfach auf die Kompetenz meiner Kollegen und Kolleginnen aus der SPD, dass dieser pädagogische Unsinn beendet wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir Liberale haben von Anfang an gesagt, wir werden keine Schulpolitik mit Schaum vorm Mund ma
chen, und das machen wir auch nicht. Deshalb lassen Sie uns doch noch einmal ganz unaufgeregt und sachlich auf die Lage in Sachen Schullaufbahnempfehlung schauen.
Erstens: Die Wortwahl der Empfehlung ist in der Tat etwas unglücklich, das gebe ich zu, nämlich dass Kinder dem Gymnasium gewachsen sein sollen, während die Stadtteilschule schlicht nur empfohlen wird, hört sich etwas missverständlich an. Die Formulierung suggeriert so eine Wertigkeit bei der Gymnasialempfehlung und bleibt dagegen wertfrei bei der Stadtteilschulempfehlung. Dies ist aber nicht mehr und auch nicht weniger als eine Ungeschicklichkeit in der Sprache.
Zweitens gilt aus unserer Sicht: Das, was die GAL – lassen Sie mich bitte ausreden – und auch die SPD heute ansonsten beantragen, ist mehr als ungeschickt. Es steht in der unseligen Tradition einer ideologisierten Schulpolitik,
Sie von der GAL wollen tatsächlich die Schullaufbahnempfehlung abschaffen und die Einschätzung über den passenden Schullaufweg unserer Kinder künftig Kompetenzgesprächen überlassen? Sie machen zum x-ten Mal jenen typischen GAL-Fehler, der da heißt: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.
Es ist nämlich ein völliger Irrglaube aus dem Wolkenkuckucksheim grüner Bildungsträumereien, dass Sie bei der Abschaffung der Schullaufbahnempfehlung quasi durch das Alleinlassen der Eltern – und hier müssen Sie genau zuhören – Bildungsgerechtigkeit stärken. Das Gegenteil stimmt. Nicht mehr, sondern weniger Kinder aus bildungsfernen Schichten erreichen in Ländern ohne Schullaufbahnempfehlung das Abitur. So hat es schon der PISA-Papst Baumert festgestellt und so haben es auch Heike Solga und Johannes Uhlig vom Wissenschaftszentrum untermauert. Die beiden Bildungsforscher fanden heraus, dass vor allem Eltern aus sozial schwachen Schichten häufig die falschen Entscheidungen treffen, wenn es um die Schulkarriere ihrer Kinder geht. Weniger gebildete Eltern neigen offensichtlich dazu, die Fähigkeit ihrer Kinder zu unterschätzen. Das Risiko der Schüler aus sozial schwachen Familien, auf einer Schule zu landen, die unter ihrem Kompetenzniveau ist, ist in solchen Familien zweimal so groß. Um dieses Risiko abzumildern, was Ihnen von der GAL immer sehr am Herzen liegt, ist eine Schullaufbahnempfehlung gerade notwendig. Eine mündliche Einschätzung reicht hier genau nicht.
Das Votum der Beratung muss schriftlich und damit nachprüfbar sein. Das bildet nämlich genau die echte Entscheidungsgrundlage für die echte Wahrnehmung eines Elternwahlrechts, das wir alle wollen, ab. Ergo müssen wir das Gegenteil von dem tun, was Sie beantragen: nicht abschaffen, sondern fortentwickeln, besser und wertfrei formulieren. Die Eltern in unserer Stadt übrigens haben sich ohnehin zu einem ganz erheblichen Teil nicht von dieser Formulierung der Empfehlung beeinflussen lassen. Das zeigen die Anmeldezahlen, die sich praktisch je zur Hälfte auf Stadtteilschule und Gymnasium verteilen. Das ist die ganz unaufgeregte Realität in Hamburg.
Meine Damen und Herren von der SPD, in der Tat leistet Ihr Vorstoß eine Versachlichung der Laufbahnempfehlung aber auch nicht.
Sie fordern eine Überarbeitung, die Eltern verdeutlicht, dass die Stadtteilschule für jedes Kind die richtige Wahl ist. So einfach ist es aber nicht, auch wenn die Stadtteilschule sinnvollerweise jeden Bildungsabschluss bis zum Abitur bietet. Bei der Schullaufbahnempfehlung geht es nicht um die Bewertung von Schulen oder deren Propaganda so, wie Sie es vorschlagen, sondern um unsere Kinder und gar nichts anderes.
Deshalb fordert die FDP, und damit komme ich zu meinem dritten Punkt, Folgendes: Wir müssen in der Schullaufbahnempfehlung deutlich machen, dass der achtjährige Weg zum Abitur eine höhere Anstrengungsbereitschaft voraussetzt, während die Stadtteilschule den Kindern und Jugendlichen mehr Zeit und damit auch mehr Raum für eine noch längst nicht determinierte Ausbildungs- und Lebensplanung gibt. Darin steckt keine Bewertung, sondern die Fokussierung auf das Wesentliche, die völlig unterschiedliche Entwicklung, die unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen dieser Stadt. Darauf hat eine solche Schullaufbahnempfehlung sich zu konzentrieren und nicht auf die ideologisierten Vorfestlegungen der GAL in Richtung Einheitsschule oder die abgemilderte Wischiwaschi-Version der SPD.
Die FDP wird beide Anträge deshalb ablehnen, weil sie den Geist einer gestrigen, zu Recht gescheiterten Schulpolitik atmen. – Vielen Dank.