Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

am Anfang mehr als am Ende. Und das hätte der Senat bedenken und in seinen Vereinbarungen mit Vattenfall und E.ON berücksichtigen müssen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Hat er doch!)

Das hat er offensichtlich nicht getan, und jetzt steht der Bürgermeister vor einem Scherbenhaufen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Und beim Beiseiteräumen der Scherben des Energiekonzepts stößt man dann auf eine weitere Sonderbarkeit.

(Jan Quast SPD: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Die Stadt zahlt Vattenfall bei der Stromnetz GmbH neben dem Kaufpreis auch ein Gesellschafterdarlehen von 243 Millionen Euro zurück. Wir haben uns einmal angeschaut, wie es zu diesem Darlehen gekommen ist, und das verlief so: Vattenfall hat noch vor dem Deal mit der Stadt 320 Millionen Euro aus der Kapitalrücklage der Vattenfall Stromnetz GmbH entnommen und der Gesellschaft dann im Gegenzug ein Darlehen von 243 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, also Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzt, man kann auch sagen, in Schulden umgewandelt. Das kann man so machen, das hat möglicherweise Auswirkungen auf den Kaufpreis gehabt. Das Fatale daran ist nur, dass die HGV jetzt ein 2,5-Prozent-Darlehen ablösen muss, aber selbst Refinanzierungskosten von etwa 4 Prozent hat. Das belastet die Stromnetzgesellschaft erheblich zusätzlich, und spätestens damit ist die schöne Garantiedividende, die der Senat uns und der Stadt immer versprochen hat, futsch.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Roland Heintze und Dr. Walter Scheuerl, beide CDU)

Also trauen Sie in Sachen Energiepolitik besser nicht dem Bürgermeister. Den Befürwortern des Volksentscheids kann man nur raten, dem Bürgermeister besser auch nicht bei der Umsetzung des Volksentscheids zu trauen, etwa im Bereich der Fernwärme.

Eine Option ist ein Recht, keine Pflicht, und wenn man von ihr keinen Gebrauch macht – darauf hat Frau Heyenn durchaus zu Recht hingewiesen –, dann bleibt alles beim Alten. Aber selbst wenn der Senat von seinem Optionsrecht tatsächlich Gebrauch machen sollte, dann kennen wir nur eines, nämlich den Mindestpreis: 1,15 Milliarden Euro mit GuD-Kraftwerk, 200 Millionen Euro weniger ohne Kraftwerk. Der endgültige Kaufpreis soll dann durch einen Gutachter ermittelt werden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist auch richtig so!)

Das Ergebnis ist unbekannt. Ich prophezeie Ihnen, dass das genau die Rechtsstreitereien produziert,

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

die Sie durch die Vereinbarung gerade vermeiden wollten.

(Beifall bei der FDP)

Für dieses Optionsrecht verzichtet die Stadt einseitig und endgültig auf die Rechte aus der Endschaftsklausel und das Sonderkündigungsrecht.

(Finn-Ole Ritter FDP: Tja, gut verhandelt!)

Das ist einseitig und endgültig, und da kann man nur sagen, herzlichen Glückwunsch, Vattenfall. Unter dem Zeitdruck der Stromnetzvergabe ist das Thema Fernwärme gut verhandelt, aber schlecht für die Stadt, für die Unternehmen und für die Verbraucher. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat nun Frau Dr. Schaal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An FDP und CDU gerichtet möchte ich jetzt sagen, dass wir es in der SPD-Fraktion ausgesprochen positiv finden, wie der Senat verhandelt hat.

(Beifall bei der SPD – Finn-Ole Ritter FDP: Überraschung!)

Wir freuen uns auch, dass das auch von der Initiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" so gesehen wird, denn nach jetzt erfolgtem Zuerwerb kann die Stadt sich mit einer betriebserfahrenen Gesellschaft bewerben und muss nicht erst mit einer neuen Gesellschaft deren Betriebsfähigkeit und Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen. Wir wollen eine perfekte Bewerbung abgeben, und darum können wir keine Zeit verlieren.

(Beifall bei der SPD)

Positiv ist auch, dass die Beschäftigten ohne Schlechterstellung übernommen werden und nicht etwa auf der Strecke bleiben, wie vielfach befürchtet wurde. Sie sind schließlich die Gewähr dafür, dass der Netzbetrieb auch in städtischer Hand kompetent und sicher fortgeführt werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Dass FDP und CDU das Verhandlungsergebnis kritisieren, ist auch nicht weiter verwunderlich. Ihnen passt die ganze Richtung nicht, das wurde sehr klar. Vor allen Dingen hatte die CDU schon immer, Herr Wersich, ein sehr gespaltenes Verhältnis zum Volkswille. Ich denke da nur an den LBK, dieses Beispiel wird manchem in der Stadt noch bitter aufstoßen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Und der FDP möchte ich mitgeben: Ein bisschen Volksentscheid, Frau Suding, geht nicht, entweder

ja oder nein. Der SPD-Senat steht jetzt in der Verantwortung, den Volksentscheid umzusetzen; das tut er, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin auch davon überzeugt, dass die neuen Gesellschaften, die die Netze betreiben, diese umweltfreundlich, wirtschaftlich und auch sehr erfolgreich betreiben werden.

Ich möchte noch auf etwas aufmerksam machen, das offensichtlich noch niemandem so richtig aufgefallen ist. Unabhängig von einer endgültigen Bewertung der Netze kann man jetzt schon feststellen, wenn man sich die Zahlen anschaut, dass die nun ausgehandelten Preise für Strom- und Fernwärmenetze noch unter dem vierfachen Preis der 25,1-Prozent-Anteile liegen. Bei Strom stehen jetzt 495 bis 550 Millionen Euro statt 552 Millionen Euro unter dem Strich. Und für die Fernwärme wurde zunächst ein Preis von 950 Millionen Euro ohne GuD beziehungsweise 1,15 Milliarden Euro mit GuD vereinbart statt 1,3 Milliarden Euro, wie es zuvor taxiert wurde. Das ist gut verhandelt.

(Beifall bei der SPD – Katja Suding FDP: Und was ist mit dem Darlehen?)

Das Darlehen, das haben Sie doch gehört, gab es auch schon vorher, das musste natürlich übernommen werden.

(Zuruf aus dem Plenum)

Wieso, was ist denn daran erstaunlich?

(Dr. Roland Heintze CDU: Das ist ein bisschen Lieschen Müller! – Finn-Ole Ritter FDP: Milchmädchenrechnung!)

Nein, das ist nicht Lieschen Müller, ich heiße immer noch Monika Schaal.

(Beifall bei der SPD)

Die jetzt angegebenen Kaufpreise stehen zwar noch unter dem Vorbehalt "nach gutachtlicher Überprüfung", aber das ist auch bei jedem Übernahmeverfahren nach erteilter Konzession so. Ob es eine Konzessionsabgabe an die Stadt gibt, was vorhin bezweifelt wurde, ist doch reine Spekulation. Bei Stadtwerken ist es durchaus üblich, dass auch Konzessionsabgaben an die Städte geleistet werden.

Völlig untergegangen in der Diskussion ist die Übernahme des Stromnetzes, dass zusätzlich auch die Straßenbeleuchtung, die Ampeln, das Metering, der Netzservice

(Zurufe von der FDP und Olaf Ohlsen CDU: Oh, oh!)

sowie Ladestationen für Elektrofahrzeuge übernommen werden. Das gibt uns dann weitere zusätzliche Möglichkeiten, Energie und CO2 einzu

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

sparen und damit Haushalt und Klimaschutz zu entlasten.

Meine Damen und Herren! Dass LINKE und GRÜNE das Verhandlungsergebnis grundsätzlich anerkennen, finde ich gut. Schade, Herr Kerstan, dass Sie noch einmal in die Kniekehlen treten mussten, es wäre schön, wenn es dabei geblieben wäre.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Schönes Schlusswort!)

Die GRÜNEN haben geraten, der Senat und die Bürgerschaft solle sich beim Rückkauf des Fernwärmenetzes Zeit nehmen, um die Neuausrichtung zu beraten. Das machen wir. Die Kaufoption – wir haben darüber gesprochen – ist auf 2019 datiert. Zwischenzeitlich wird die gemeinsame Fernwärmegesellschaft mit städtischer Minderheitsbeteiligung weiterarbeiten. Es gilt auch weiterhin, dass jede größere Investition nur von den Partnern gemeinsam entschieden werden kann.

Aber schon 2015 muss klar sein, ob und in welcher Größe das geplante Kraftwerk in Wedel gebaut wird oder ob vielleicht noch eine ganz andere Lösung zum Einsatz kommt. Ich glaube, dass wir auf die Moorburgtrasse verzichten können, vor allen Dingen auf die anschließenden Auseinandersetzungen darüber. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)