Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Chance, gemeinsame Maßnahmen zur Regulierung von Finanzmärkten festzulegen. Nicht zuletzt kann eine internationale Wirtschaftsmetropole wie die Hansestadt Hamburg durch das TTIP profitieren. Vorteile für die Hamburger Betriebe ergäben sich neben den sinkenden Zöllen aus erleichterten Sicherheitsvorschriften und Zertifizierungen.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Na, das ist ja toll!)

Davon hätten vor allem kleine und mittlere Unternehmen Vorteile und somit auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der SPD)

Aber es gibt auch kritische Punkte, die wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr ernst nehmen. Auch von unserer Seite gab es im Vorfeld Kritik am geplanten Abkommen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Das lag in erster Linie daran, dass die Dokumente nicht offengelegt wurden. Mittlerweile sind aber viele Informationen zu den Verhandlungen und die verschiedenen Positionen auf der Homepage der Kommission und in zahlreichen Medien veröffentlicht worden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Nachdem sie von anderen veröffentlicht wurden!)

Vor Beginn der fünften Verhandlungsrunde zum Transatlantischen Freihandelsabkommen, die vorgestern begann und bis Freitag dauert, hat die EU

(Christiane Schneider)

Kommission ihre Positionspapiere für weitere fünf Industriesektoren, die Bereiche Chemie, Kosmetik, Fahrzeuge, Pharma und Textil, veröffentlicht. Zudem tragen öffentliche Konsultationen zu einem Mehr an Transparenz bei, und ein so wichtiges Abkommen muss transparent gemacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein zentraler Punkt, der für uns nicht verhandelbar ist.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso wichtig ist die Sicherung unserer europäischen Standards. Wir werden keine Umwelt-, Sozial- und Gesundheitsstandards über Bord werfen.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, war Ihre Aktion heute Vormittag sehr anschaulich. Sie sollten allerdings aufpassen, dass Sie sich, salopp formuliert, nicht selbst überholen. Ich zitiere Ihren geschätzten Parteikollegen Jürgen Trittin:

(Finn-Ole Ritter FDP: Der ist nicht ge- schätzt!)

"Es ist […] arrogant zu behaupten, dass europäische Standards in jedem Fall besser sind als amerikanische. […] Die Europäer verabreichen den Hühnern vorher Antibiotika, die Amerikaner tauchen sie hinterher in Chlor. Ich mag nicht entscheiden, was besser ist."

Zitatende.

(Beifall bei der SPD)

So weit Herr Trittin auf seiner Facebook-Seite.

Für die SPD kann ich sagen, dass mit uns Chlorhühnchen und Hormonrinder nicht auf europäische Teller kommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer zentraler Punkt ist das Investor-StaatStreitschlichtungsverfahren, kurz ISDS. Internationalen Schiedsgerichten, die außerhalb jeder demokratischen Kontrolle stehen, werden wir auf keinen Fall zustimmen.

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Habt ihr doch schon!)

Ein letzter, aber nichtsdestotrotz äußerst wichtiger Punkt betrifft den Datenschutz. Wir sind alle noch immer erschüttert über den NSA-Skandal. Dieser Skandal hat nicht nur das Vertrauen zum Handelspartner beeinträchtigt. Er hat die Notwendigkeit eines Rahmenabkommens zum Datenschutz deutlich gemacht. Ein solches Abkommen muss parallel zum TTIP verhandelt werden und den rechtlichen Schutz europäischer Bürgerinnen und Bürger vor Datenschutzspionage garantieren.

(Beifall bei der SPD)

Die europäische Datenschutzrichtlinie muss eingehalten werden. Die generelle brüske Ablehnung und die frühzeitige Position einer Antihaltung sind kein seriöser Ansatz und werden der Bedeutung dieses Abkommens nicht gerecht. Entscheidend wird letztlich der ausgehandelte Text sein, den wir sehr genau unter die Lupe nehmen und im Europaausschuss weiter beraten werden.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Heintze von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Derzeit gilt für alle Europawahlkämpfer ein Motto: keine Wahlkampfveranstaltung ohne TTIP – so nun auch hier. DIE LINKE hat den Wahlkampf eröffnet, sie tut es mit TTIP und folgt damit einer gewissen Logik dieses Gesamtwahlkampfes.

(Jens Kerstan GRÜNE: Jean-Claude macht das aber auch!)

Damit verdeutlichen Sie aber leider auch eine gewisse Art und Weise – und daher bin ich Ihnen dankbar, dass Sie das Thema angemeldet haben –, wie gerade mit dem Thema Freihandel mit den USA umgegangen wird. Wir haben landauf, landab viel zu erklären zu diesem Freihandelsabkommen, und ich gebe Ihnen recht, dass dies auch damit zusammenhängt, dass der Auftakt der Verhandlungen vonseiten der Europäischen Union höchst unglücklich gestaltet wurde, wenn auch nicht unüblich, denn die europäischen Regeln legen klar fest, dass die Kommission aufgrund eines Mandates des Rates verhandelt. Das tut sie auch hier. Das ist nichts Neues, das kann man diesmal skandalisieren, aber bei 136 Abkommen vorher haben Sie es nicht getan. Nun sollten Sie sich einmal fragen, warum Sie eigentlich skandalisieren.

(Beifall bei der CDU)

Hier stellt sich für mich auch die Frage der Verantwortung, und da geht es nicht nur um Wahlkampfgetöse für diese Stadt. Wenn wir uns einmal anschauen – Frau Steppat hat es schon ausgeführt und die Senatsantwort zu diesem Thema führt es auch aus –, welche immense Bedeutung der Freihandel und der Handel insgesamt für Hamburg haben und welche immense Bedeutung der Umschlag von Gütern aus aller Welt für Arbeitsplätze im Hafen, in der Industrie und der Logistik hat, dann ist es für eine Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft kein guter Stil, dieses durch Skandalisierung eines Themas aufs Spiel zu setzen. Das tun Sie und das werfen wir Ihnen vor.

(Beifall bei der CDU und bei Hansjörg Schmidt, Sören Schumacher, beide SPD, (Sabine Steppat)

Robert Bläsing, Dr. Thomas-Sönke Kluth, beide FDP, und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Wenn Sie jetzt sagen, das sei alles ganz schrecklich und Standardabsenkungen drohen, so ist das falsch. Übrigens befürchten auch die USA, dass Standards abgesenkt werden, weil sie deutlich höhere Standards im Bereich Pharma und Elektrogeräte haben. Wir haben aber ganz klare Regeln, die die Kommission binden. Dort steht – und da empfehle ich die Lektüre der Grundlagen für die Verhandlungen, die die Europäische Kommission für Europa führt –, dass eine Kommission nicht geltende Standards absenken darf und bei Verhandlungen auch nicht Dinge, die in der Europäischen Union bereits Konsens unter 28 Staaten sind, verändern darf, denn dann verstößt sie gegen geltendes Recht und gegen ihre eigenen Verhandlungsbedingungen. Ich würde empfehlen zu lesen, bevor Sie zu skandalisieren beginnen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Aber schauen wir speziell noch einmal auf dieses Abkommen. Hamburg hat traditionell starke Handelsbeziehungen zu Nordamerika. 1970 lag der Güterverkehr Übersee von Hamburg in die Staaten bei 3,9 Millionen Tonnen, 2012 waren es 5,5 Millionen Tonnen. Die Ausfuhren aus Hamburg in die USA entsprachen 1970 106 Millionen Euro und 2012 1,6 Milliarden Euro. Jeder, der hinschaut, sieht, dass Hamburg ein vehementes Interesse daran hat, die Handelsbeziehungen mit den USA zu regeln und Hürden, die im Moment insbesondere bei Ausfuhren im Lebensmittelbereich bestehen, abzubauen. Es geht der EU auch darum, dass höherwertige deutsche Lebensmittel, die heute zum Teil in den US-Märkten mit sehr hohen Zöllen belegt sind, in die USA ausgeführt werden können. Und dass dies möglichst über den Hamburger Hafen geschieht und dass diese Form der Sicherung von Arbeitsplätzen, der Ankurbelung des Handels und der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Hamburg vorangebracht wird, dafür lohnt es sich auch hier in der Hamburgischen Bürgerschaft zu arbeiten, anstatt aufgeregt durch die Gegend zu laufen und zu skandalisieren. Das halten wir nachdrücklich für falsch.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Sie haben das Schiedsgericht angesprochen. Es ist wohl so, dass Deutschland 131 dieser Abkommen hat. In vielen gelten Schiedsgerichtsklauseln. Es ist in der Tat in Mode gekommen durch Vattenfall, ein schwedisches Unternehmen, und durch Philip Morris, die auf diese Weise versucht haben, die Tabakgesetze in Australien auszuhebeln, über diese Schiedsgerichte Politik zu machen. Da gebe ich Ihnen ganz klar recht, und an dieser Stelle ist auch die Position der CDU, dass wir hinschauen

müssen, damit eine solche Klausel nicht hineinkommt, die dazu führt, Unternehmen an bestehenden Gerichtsbarkeiten vorbei Einflussmöglichkeiten auf Politik zu geben, die sie eigentlich nicht haben sollten. Da sind wir an Ihrer Seite.

(Beifall bei Karin Prien CDU und vereinzelt bei der SPD)

Zweiter Punkt: schwächerer Arbeitnehmerschutz. Wie bei den Umwelt- und Gesundheitsstandards dürfen natürlich auch die Arbeitnehmerstandards durch solche Abkommen nicht abgesenkt werden, wobei die Historie solcher Abkommen zeigt, wenn man einmal genau hinschaut, dass es bisher immer eine Verbesserung des Standards und keine Angleichung nach unten gegeben hat. Eine historische Betrachtung gehört bei der Bewertung eines TTIP-Handelsabkommens dazu, aber die haben Sie hier auch außer Acht gelassen, und da würde ich empfehlen, noch einmal nachzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Das Thema Lebensmittelsicherheit hat Frau Steppat schon angesprochen. Auch hier gibt es Standards, die nicht zu verhandeln sind; also ist auch das nichts, worüber es sich aufzuregen lohnt. Das Einzige, wo ich bei Ihnen bin und wo wir besser werden müssen, ist, dass wir das, was wir tun, erklären, die Menschen mitnehmen und es transparenter machen. Die EU hat damit begonnen, hier sind Fehler gemacht worden, und diese müssen wir nacharbeiten. Das ändert aber nichts daran, dass Freihandel gut für Hamburg ist und wir ihn unterstützen sollten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt nun Frau Fegebank von der GRÜNEN Fraktion.