Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es stimmt, Hamburg hat kein Fraunhofer-Institut, und jetzt soll es eines geben mit drei Schwerpunkten, dem Center für Maritime Logistik, dem CML, dem European Screening Port GmbH, dem ESP, und dem Anwendungszentrum Leistungselektronik für Regenerative Energiesysteme, dem ALR.

Mit dem ALR haben wir eigentlich schon angefangen, dem haben wir auch vom Grundsatz her zugestimmt. Das ist ein gemeinsames Projekt von Hamburg und Schleswig-Holstein zum Thema Windenergie, und es soll ein erstes, länderübergreifendes Energie-Großprojekt sein. Dieses ge

meinsame Modellprojekt würde aufzeigen, wie es in Norddeutschland gelingen kann, das wachsende Stromangebot, insbesondere aus Windenergie, mit den in der Metropolregion Hamburg vorhandenen Verbrauchsschwerpunkten zu verknüpfen. Das ist durchaus sinnvoll. Und es soll im praktischen Großversuch die Machbarkeit der Versorgungsund Systemsicherheit auf der Basis von bis zu 100 Prozent erneuerbarer Energien untersucht und umgesetzt werden. Das Fraunhofer-Anwendungszentrum Leistungselektronik für Regenerative Energiesysteme an der HAW stärkt eindeutig den Aufbau des Technologiezentrums Energie-Campus Hamburg in Hamburg-Bergedorf. Der Punkt ist, dass Hamburg mit der Finanzierung dieses Großprojekts gar nicht befasst ist. Das geht über ISIT Itzehoe über Schleswig-Holstein. Die Finanzierung liegt also gar nicht beim Haushalt der Hansestadt Hamburg. Wir unterstützen dieses Projekt erstens, weil die Ergebnisse der Öffentlichkeit insgesamt zugutekommen und nicht nur einem einzelnen Unternehmen; wir erinnern uns, die Netze sind inzwischen rekommunalisiert und auf dem Weg dahin. Und wir unterstützen es zweitens, weil die Finanzierung nicht bei Hamburg liegt. Das ist durchaus zu begrüßen.

Das zweite Projekt, das Fraunhofer CML, leitet unter anderem ein Projekt, das Möglichkeiten, Voraussetzungen und Potenziale der unbemannten Schifffahrt aufdecken soll. Schwerpunkt ist die Übergabe navigatorischer Aufgaben an landgestützte Basen, wodurch vor allem Sicherheit und Effizienz der Schifffahrt in vielbefahrenen und navigatorisch anspruchsvollen Gewässern erhöht werden sollen. Der wichtigste Nebeneffekt dieses Projekts ist die Einsparung von Arbeitsplätzen an Bord.

(Hansjörg Schmidt SPD: Das sagen Sie!)

Damit aber nicht genug, ich denke, einige werden schon aufgehorcht haben. Wenn wir in die Drucksache schauen, dann finden wir unter Punkt 6.3 die Überschrift "Die Finanzierung der FhG und der künftige Beitrag Hamburgs". Dann finden wir für das CML, dass es die beiden Leistungsbereiche Vertragsforschung und Verteidigungsforschung umfasst. Letztes Jahr im November haben wir dank des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" erfahren, dass es an den Hochschulen in Deutschland Forschungsprojekte vom Verteidigungsministerium der USA gibt, und das Fraunhofer-Institut war immer dabei. Aus diesem Grunde habe ich im Ausschuss nachgefragt, wie es aussieht, wenn Hamburg Mittel zum Fraunhofer-Institut, auch zum CML, beisteuert, ob dann das, was die Senatorin jetzt geschrieben hat – weil wir zum Beispiel die Zivilklausel fordern –, weiterhin bestehen bleibt. In der neuen Novelle des Hochschulgesetzes steht, dass es eine Transparenzklausel geben solle. Für uns ist es selbstverständlich, dass, wenn ein Forschungsinstitut öffentliche Mittel erhält, es dann

(Dr. Wieland Schinnenburg)

auch seine Forschungsprojekte veröffentlichen muss. Die Senatorin hat auf meine Frage, wie es damit aussieht, gesagt, das würden sie nicht tun. Das Problem ist, dass die Auftragsforschung sowohl am CML als auch am ESP auf Geheimhaltung abzielt und Schutz für die Einzelinteressen vor Transparenz und demokratische Kontrolle setzt. Wie gesagt, bei der Rüstungsforschung sind die Fraunhofer-Institute immer dabei. Deshalb lehnen wir das auf jeden Fall ab.

(Beifall bei Norbert Hackbusch und Christia- ne Schneider, beide DIE LINKE)

Jetzt zum ESP. Ziel des ESP ist es, als Bindeglied zwischen akademischer Forschung und der pharmazeutischen Industrie in Europa zu wirken. ESP bietet Zugang zu neuester Screening-Technologie, vielfältigen chemischen Substanzen und Proben und Datenhandling. Dabei werden die an den Hochschulen gewonnenen Erkenntnisse über die Ursachen von Erkrankungen in chemische Werkzeuge und hochqualitative Ausgangsprodukte für die Medikamentenentwicklung umgesetzt, welche für die pharmazeutische Industrie von großem Interesse sind. Eben sagte auch Frau Martin, es wäre doch super, wenn wir in Zukunft sehr viele Patente hätten, auf denen "Made in Hamburg" stehe. Ich sage Ihnen, davon hat Hamburg überhaupt nichts. Ich habe im Ausschuss nachgefragt, wie es denn aussehe, wenn ein Unternehmen dem ESP einen Auftrag für Grundlagenforschung für Medikamente gäbe, und wenn sie dann ein besonders wichtiges Medikament finden, wer dann das Patent bekomme. Es wurde eindeutig gesagt, das Patent bekomme die Auftragsfirma. Davon hat also dieses Institut gar nichts.

Wir brauchen nur einmal in die USA zu schauen: Sieben von zehn großen Fortschritten für die medizinische Behandlung in den USA stammen aus öffentlichen Labors, in denen sich öffentliche Mittel befinden. So wurden zum Beispiel auch die ersten Aids-Medikamente in staatlichen Labors der USA entwickelt, und diese Medikamente sind heute noch ein wichtiger Baustein der Aids-Bekämpfung, aber – und das lesen wir auch – sie sind patentiert und deswegen extrem teuer. Das heißt, sie sind nicht für alle zugänglich.

Aus dem Grunde halten wir auch die Konstruktion des ESP für ausgesprochen fragwürdig. Dass die forschende Pharmaindustrie zunehmend mit Aufträgen an solche Institute geht, hat natürlich einen ganz klaren Grund. Auf der einen Seite spart sie Geld, und auf der anderen Seite kann sie dann die Patente besonders gewinnbringend verkaufen. Das hat mit Forschung nichts zu tun und schon gar nicht mit öffentlichen Mitteln. Deswegen lehnen wir das ab.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Drucksache finden wir den schönen Satz, dass die Ansiedlung der Fraunhofer-Gesellschaft in Hamburg von besonderem wissens- und wirtschaftspolitischem Interesse sei. Es ist von besonderem wirtschaftspolitischem Interesse für die entsprechenden Firmen, aber nicht für die Wissenschaft, das glauben wir keinen Moment. Bisher profitieren nämlich zu 80 Prozent Großunternehmen von öffentlicher Innovationsforschung und nicht die mittleren und kleinen Unternehmen.

(Hansjörg Schmidt SPD: Aber geforscht wird doch trotzdem, oder?)

Wir haben einen immer stärkeren Trend zu Drittmittelaufkommen in der Forschungsfinanzierung, und das führt dazu, dass die Wissenschaft zunehmend abhängig wird. Wir fordern – da bin ich mit Herrn Schinnenburg einmal einig – eine abgesicherte Grundfinanzierung der Forschung. Wir sind der Auffassung, dass Förderung mit öffentlichen Geldern an Hochschulen und außeruniversitären Instituten allen zur Verfügung stehen muss. Das darf nicht privatisiert werden und es darf auch nicht dazu dienen, dass einige große Firmen damit großes Geld verdienen.

Warum die Eile mit dieser Drucksache? Darüber habe ich mich auch gewundert. Warum geht es gleich an mehrere Ausschüsse, warum wird es heute schon alles so durchgezogen? Es kann sein, dass von der Wissenschaftspolitik abgelenkt werden soll, ich glaube aber auch, es soll davon abgelenkt werden, worum es bei der Fraunhofer-Gesellschaft eigentlich geht. Wir lehnen das ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Da der Senatsantrag bereits im Vorwege an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen wurde, bedarf es hierüber heute keiner weiteren Abstimmung.

Wir kommen zum Punkt 47, Drucksache 20/11742, Antrag der CDU-Fraktion: Park-and-ride-Anlagen für HVV-Kunden weiterhin kostenfrei belassen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Park-and-ride-Anlagen für HVV-Kunden weiterhin kostenfrei belassen – Drs 20/11742 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/11875 in der Neufassung ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Stellplätze sichern – Park-and-ride-Anlagen zukunftsfähig ausbauen – Drs 20/11875 (Neufassung) –]

(Dora Heyenn)

Beide Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Verkehrsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Hesse von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Horch, es wäre gut, wenn Sie jetzt zuhören würden.

(Sören Schumacher SPD: Dann müsste Ihr Kollege da mal wegkommen!)

Ich glaube nämlich durchaus, dass wir heute einen Punkt haben, den wir diskutieren sollten, weil er ein sehr, sehr wichtiges Mosaiksteinchen Ihrer gescheiterten Verkehrspolitik in Hamburg ist.

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie sich gern wegducken, ist heute in der Aktuellen Stunde schon wieder deutlich geworden, ebenso gestern. Da musste sich die SPD-Fraktion schützend vor Sie stellen und in der Aktuellen Stunde möglichst lange diskutieren, damit wir da nicht schon über die Stau-Politik und Stau-Situation in unserer Stadt diskutieren konnten.

(Dirk Kienscherf SPD: Für uns ist Europa wichtig!)

Lieber Herr Kienscherf, das sind die Tricks, mit denen die SPD arbeitet.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schlimm, schlimm, schlimm!)

Aber die Menschen und die Wirtschaft in dieser Stadt sind so sauer, sodass Sie sich damit nicht dauerhaft durchsetzen werden. Wir werden das Thema immer wieder auf die Tagesordnung bringen und Ihre verfehlte Verkehrspolitik angreifen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Menschen in unserer Stadt haben Ihre ignorante Politik satt, es reicht nicht, immer nur die Probleme wegzulächeln. Das heutige Thema Park and ride, das wir in dieser Debatte diskutieren, ist ein Teil davon. Wir werden nachher noch über das Busbeschleunigungsprogramm sprechen.

Liebe Frau Koeppen, es reicht auch nicht, immer nur zu sagen, dass es das alles schon früher gegeben habe, da sei doch die CDU schon an der Regierung gewesen. Busbeschleunigungsprogramm, P+R, Staukoordination, die nicht stattfindet, das ist alles Made by SPD in Hamburg, daran haben die Vorgängersenate keine Schuld, diesen Schuh müssen Sie sich anziehen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Beim Thema P+R hat man immer noch den Struck'schen Ansatz, dass kein Gesetz und kein Thema ins Parlament durch den Senat komme, oh

ne dass es geändert werde. Lieber Kollege Buschhüter, wir haben uns im Ausschuss wirklich Mühe gegeben, uns mit dem Thema P+R ausführlich zu beschäftigen. Wir haben eine Expertenanhörung gemacht, wir haben eine Senatsbefragung gemacht, wir haben das Thema P+R wirklich von hinten bis vorne beleuchtet.

(Arno Münster SPD: Und?)

Aber was ist das Ergebnis, lieber Arno? Die SPD – ich darf das Wort wahrscheinlich nicht sagen – sagt, egal, was dort besprochen wurde, wir gehen mit einer vorgefestigten Meinung in den Ausschuss, wir gehen so auch wieder hinaus, lass das Parlament und die Abgeordneten noch ein bisschen mit den Experten diskutieren, das interessiert uns einfach nicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir sind so flexibel!)

Wir drücken das wieder durch, was der Senat als Vorlage eingebracht hat. Das ist Ignoranz gegenüber Experten, das ist Ignoranz gegenüber der Öffentlichkeit, und das ist auch Ignoranz gegenüber den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU)

2 Euro pro Tag zusätzlich als Anreiz dafür, Menschen zu gewinnen, vom Auto in den öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen, ist Ihr Ziel, das Sie ab Juli an 15 Standorten umsetzen wollen. Hören Sie endlich auf, mit dieser Gebührenpolitik Ihre Bürgerinnen und Bürger zu schikanieren.

Ich könnte auch noch viel über das Abzetteln in der Innenstadt sagen, wo Sie die Bezirklichen Ordnungsdienste abgeschafft haben, um in der Innenstadt Geld zu verdienen. Alle anderen lassen Sie im Stich, zum Beispiel in Langenhorn oder Fuhlsbüttel, wo der Einzelhandel unterstützt werden müsste.

(Arno Münster SPD: Das ist doch Quatsch!)

Da findet gar keine Überwachung des Parkraums statt. Es geht Ihnen nur um Gebühren, ob es nun bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs ist oder bei P+R. Sie wollen die Leute abzocken. Auch das ist SPD-Politik.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)