Protokoll der Sitzung vom 18.06.2014

(Jens Kerstan GRÜNE: Sehr gut!)

Das tun wir auch weiterhin. Als ich dann hörte, dass Sie das zur Debatte anmelden, habe ich mich gefragt, was das denn soll, denn eigentlich wollen Sie doch nur eine Selbstverständlichkeit. Aber dann kam der SPD-Antrag und die Ausführungen von Herrn Holster, und seitdem weiß ich: Ihr Antrag ist wichtig, und die Debattenanmeldung ist noch viel wichtiger.

(Beifall bei der FDP, der CDU und den GRÜ- NEN)

Wer bei so einer grundsätzlichen Frage drei Seiten Bleiwüste abliefert wie die SPD, und wer, wie Herr Holster, uns irgendwelche alten Dinge erzählt, die mit der Zukunft des Hochschulstandorts nichts zu tun haben, mit der Zukunft des Schulstandorts übrigens auch nicht, der gibt klar zu erkennen, dass er dieses Geld nicht dafür nutzen wird, wofür es gebraucht wird, nämlich für die Schulen und Hochschulen, sondern für das Stopfen von Haushaltslöchern, die Sie woanders aufgerissen haben. Ge

(Thilo Kleibauer)

nau dem muss vorgebeugt werden, und deshalb ist die Debattenanmeldung richtig und auch der Antrag.

(Beifall bei der FDP, der CDU und den GRÜ- NEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Ein Bei- spiel dafür!)

Ich dachte, dass es eigentlich über die Parteigrenzen hinweg Einigkeit gäbe. Der Bund soll den Ländern bei Wissenschaft und Forschung helfen. Ein bisschen umstritten ist die Art und Weise, wie das passieren soll. Es gibt einmal die berühmte Aufhebung des Kooperationsverbots, über das hier diskutiert wird. Ich glaube, Frau Wanka will das nun tatsächlich ganz schnell machen, offenbar ohne die SPD; ich habe es nicht ganz verstanden. Dabei gibt es natürlich ein Problem. Wir produzieren erneut eine Mischfinanzierung, kurz gesagt mehr Bundesrat und weniger Selbstbestimmung der Länder. Es wird also nur komplizierter, und deswegen ist das Aufheben des Kooperationsverbots keineswegs das Allheilmittel, als das es manche gern bezeichnen.

Eine zweite Möglichkeit wäre ein größerer Umsatzsteueranteil oder ein anderer Steueranteil für die Länder. Das mag wohl eine gute Idee sein, nur ist da die Gefahr sehr groß, dass ein Missbrauch betrieben wird und das Geld nicht bei den Hochschulen ankommt, sondern wieder zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet wird.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Beispiel, das ist eine reine Behauptung!)

Der dritte Vorschlag, der auch immer wieder gemacht wird, sind bundesweite Elitehochschulen, dass der Bund also eigene Hochschulen gründet. Abgesehen davon, dass es ein Aufweichen des Föderalismus ist, würden damit die Länderhochschulen zu Hochschulen zweiter Klasse. Auch das scheint mir nicht richtig gut zu sein.

Vierte Möglichkeit: Der Bund übernimmt Nebenkosten wie zum Beispiel das BAföG. Das scheint mir ein sinnvoller Weg zu sein, das wurde jetzt auch gemacht, und deshalb ist der Antrag der GRÜNEN auch wichtig.

Ich persönlich würde noch etwas für diskussionswürdig halten. Ich habe eine Schriftliche Kleine Anfrage dazu gestellt, und dabei kam heraus, dass Hamburg bisher nicht nur 36 Millionen Euro an BAföG-Leistungen zahlen muss, sondern noch weitere 6 Millionen Euro für die Verwaltung der BAföG-Leistungen ausgibt. Ich glaube, mit dem Bund sollte darüber diskutiert werden, ob nicht auch noch diese 6 Millionen Euro der Stadt erstattet werden können. Das ist sicherlich noch ein weiteres Thema.

Zu den Zusatzanträgen kann ich es sehr kurz machen. Der Zusatzantrag der SPD ist ein Versuch, den künftigen Missbrauch dieser Gelder einzulei

ten, eine Verwässerung des Anliegens. Das werden wir selbstverständlich ablehnen. Den Antrag der LINKEN werden wir auch ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt nun Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE.

Die Große Koalition hat beschlossen, dass ab 2015 allein der Bund die Kosten des BAföG übernimmt. Das sind bundesweit 6 Milliarden Euro. Gleichzeitig ist gesagt worden, dass die frei werdenden Mittel in den Ländern für Bildung verwendet werden sollen, das heißt für Kitas, für Schulen und für Hochschulen. Daraufhin haben wir Anfang Juni eine Schriftliche Kleine Anfrage an den Senat gestellt. Wir wollten wissen, wie hoch die Summe ist, die auf Hamburg entfällt. Unsere Frage lautete:

"Der Bund übernimmt die Finanzierung des BAföG (für Schüler und Studierende) vollständig und auf Dauer ab 1. Januar 2015. Wie hoch ist die Entlastungswirkung für die Freie und Hansestadt Hamburg (brutto) pro Jahr?"

Die Antwort war:

"[…] circa 36-38 Millionen Euro jährlich."

Wir wollten wissen, wie denn diese 36 bis 38 Millionen Euro jährlich perspektivisch im Bildungsbereich verteilt werden sollen und haben gefragt:

"Wird der Senat sich dafür einsetzen, dass die […] frei werdenden Mittel ausschließlich zur Finanzierung von Bildungsausgaben im Bereich Hochschule und Schule verwendet werden?"

Die Antwort war:

"Der Senat wird frei werdende Mittel zur Finanzierung von Bildungsausgaben im Bereich Hochschule und Schule verwenden."

Er hat nicht gesagt, wie viele Mittel, und er hat auch nicht gesagt, wie die Mittel verteilt werden sollen. Das war nach unserer Auffassung ein klares Drücken vor der Antwort. Insofern haben wir den Antrag der GRÜNEN begrüßt, aber leider hat er genau den Fehler, der eben schon genannt wurde: Es ist einfach nur die Rede von Wissenschaft und Forschung, und es ist auch nicht festgelegt, welcher Betrag dort ab 2015 eingesetzt werden soll. Das finden wir sehr schade. Herr Kleibauer hat gefordert, man müsse eine klare Botschaft aussenden; das finden wir auch. Deswegen haben wir mit großem Interesse den SPD-Antrag gelesen. Nun mag ich ein bisschen dusselig sein, das kann angehen,

(Dr. Wieland Schinnenburg)

(Dr. Andreas Dressel SPD: Auf gar keinen Fall!)

aber ich hätte gerne gewusst, was das denn nun heißt:

"Der Senat wird ersucht, im Rahmen der Haushaltsberatungen des Senates, die Ende Juni 2014 stattfinden, die mit weiter steigenden Ausgabeansätzen verbundene Schwerpunktsetzung in den Bereichen Schule, Hochschule und Wissenschaft im Haushaltsplanentwurf 2015/2016 abzubilden und die durch die Entlastung durch den Bund frei gewordenen Mittel entsprechend zu nutzen."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Daraus kann ich nicht erkennen, dass Sie wirklich die ganzen 36 bis 38 Millionen Euro dafür einsetzen wollen, und ich weiß auch nicht, wie Sie das verteilen wollen. Vielleicht können Sie mich aufklären.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Eine Woche müssen Sie noch warten!)

Mein Eindruck ist, dass Sie sich vor der Antwort drücken. Deswegen haben wir einen ganz konkreten Antrag gestellt. Wir wollen, dass wirklich alle frei werdenden Mittel ausschließlich für Bildung im weitesten Sinne verwendet werden, und haben auch gleich zwei Vorschläge dazu gemacht. 29 Millionen Euro würden wir gern den Hochschulen zur Verfügung stellen, damit diese Masterplätze bereitstellen können. Wir haben heute schon darüber gesprochen, dass wir viel zu wenige Masterplätze haben, deswegen diese komische Experimentierklausel. Und 7 Millionen Euro würden wir gerne für eines der größten Probleme, das es zurzeit in Hamburg gibt, zur Verfügung stellen, nämlich die Ausstattung der Ressourcen für die Inklusion. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dem anschließen könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Senator Dr. Tschentscher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was derzeit in Berlin entschieden wird, sind konkrete Schritte einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, die federführend durch den Bundesfinanzminister auf der einen und unseren Bürgermeister auf der anderen Seite verhandelt wurden. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass die Länder auch unter den Vorgaben der Schuldenbremse in der Lage sein müssen, ihre Aufgaben in Bildung und Wissenschaft deutlich besser wahrzunehmen, von der frühen Bildung und Erziehung in der Kita über den Unterricht in den Schulen bis

zum Studium an den Hochschulen. Der Senat hat diese Schwerpunkte bereits 2011 gesetzt. Wir haben einen bundesweit vorbildlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung, ein Schulsanierungs- und Schulausbauprogramm, das seinesgleichen sucht, und Ganztagsschulen in einem Umfang, den es in Hamburg bisher nie gegeben hat.

(Beifall bei der SPD)

Den Hochschulen wurde das Aufkommen aus den Studiengebühren in voller Höhe zur Verfügung gestellt, ohne sie wie früher mit hohem bürokratischem Aufwand zu belasten, und mit den Hochschulverträgen haben wir eine verlässliche Finanzierung der Universitäten umgesetzt. Darüber hinaus beseitigen wir den Sanierungsstau bei den Hochschulgebäuden. Die Wissenschaftssenatorin hat kürzlich die Pläne für einen Neubau des Geomatikums und des sogenannten CHYN vorgestellt. Dies alles ist ein finanzpolitischer Kraftakt, weil zugleich die Schuldenbremse der Hamburger Verfassung einzuhalten ist. Mit der Regierungsbildung in Berlin wurde im Koalitionsvertrag deshalb zu Recht verankert, dass die Länder um 6 Milliarden Euro entlastet werden, damit sie die – Zitat –

"großen Herausforderungen bei der Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen"

bewältigen können. Der Bund hat angekündigt, diese Entlastung durchzuführen, indem er die Kosten des BAföG ab 2015 vollständig übernimmt, einen höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft für Langzeitarbeitslose zahlt und den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer erhöht. Die Entlastung des Hamburger Haushalts beläuft sich damit auf rund 50 Millionen Euro pro Jahr.

Ich will der Haushaltsberatung im Herbst nicht vorgreifen, aber gehen Sie davon aus, dass wir Ihnen im August einen Haushaltsplan-Entwurf vorlegen, in dem wir uns in den Bereichen Kita, Schule und Universitäten nicht auf zusätzliche Ausgaben im Umfang von 50 Millionen Euro beschränken, sondern insgesamt weit darüber hinausgehen werden.

(Beifall bei der SPD)

Die heute debattierte BAföG-Regelung steht im Übrigen in einem größeren Zusammenhang, und zwar in dem Zusammenhang einer sinnvollen Entflechtung der Bund-Länder-Finanzbeziehung, die aus folgenden Gründen von großer Bedeutung ist: Das verfassungsrechtliche Verbot der Neuverschuldung erzeugt fast unlösbare Konflikte überall dort, wo Bund und Länder Aufgaben gemeinsam finanzieren. Wenn sich eine Mehrheit der Länder zusätzliche Ausgaben nicht leisten kann, dann müssen sie vom Bund gewünschte Erhöhungen von Transferleistungen ablehnen, auch wenn sie die Notwendigkeit der Leistungsverbesserung verstehen. Deshalb entsteht bei der BAföG-Regelung der wichtigere Teil der Entlastung erst in der Zu

(Dora Heyenn)

kunft, nämlich genau dann, wenn für eine durchaus begründete Erhöhung des BAföG keine zusätzlichen Mittel der Länder mehr aufgebracht werden müssen. Auch neue Programme des Bundes, die auf einer Mischfinanzierung beruhen, werden immer problematischer, wenn die Länder, um daran teilzunehmen, an anderer Stelle Kürzungen vornehmen oder sich zusätzlich verschulden müssen. Mit anderen Worten: Eine Entflechtung von Mischfinanzierungen ist erforderlich, weil die Länder immer weniger mitgehen können und so die Bundespolitik an der Umsetzung ihrer Gestaltungsideen hindern würden. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung zur Entlastung der Länder durch eine vollständige Übernahme der BAföG-Zahlung durch den Bund eine kluge und weitsichtige Entscheidung, die wir sehr begrüßen, an der wir mitgewirkt haben und die wir genau so umsetzen werden, wie sie vereinbart wurde. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Frau Dr. Gümbel von der GRÜNEN Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der Finanzsenator hat noch einmal ausgeführt, dass Hamburg einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass den Ländern diese Mittel zur Verfügung gestellt werden. Frau Heyenn, Sie haben das Petitum der SPD vorgelesen; ich möchte noch einmal unser Petitum vorlesen und begründen, warum ich keine Summe hineingeschrieben habe. Ich beziehe mich in der Tat – Herr Kleibauer hat darauf hingewiesen – auf den Einzelhaushalt der Behörde für Wissenschaft und Forschung, und deshalb schreiben wir hier:

"Der Senat wird ersucht, die ab 2015 im Etat der Behörde für Wissenschaft und Forschung frei werdenden Mittel für das BAföG in voller Höhe"