Meine Damen und Herren! Das ist natürlich richtig, aber mit der Begründung könnten Sie die ganze Universität Hamburg abschaffen.
Dann könnten wir von überall her unsere Leute nehmen. Das ist nun wirklich eine sehr dürftige Begründung.
Obwohl das alles richtig ist, müssen wir auch Folgendes feststellen: Auf die geringe Zahl der Interessenten wurde schon hingewiesen und auch auf das geringe Durchschnittsalter. Bei einem Durchschnittsalter von 39 Jahren gibt es voraussichtlich auf Jahre hinaus genügend Türkischlehrer in Hamburg. Der dritte Punkt ist, das wird Sie nicht überraschen, die Hochschulautonomie. Ich bin schon überrascht, wenn die SPD hier mit der Hochschulautonomie ankommt – dieselbe Partei, deren Senatorin die Hochschulautonomie mit Füßen tritt und zum Beispiel den Hochschulen vorschreiben will, wie viele Vizepräsidenten sie haben sollen.
Hier kommen Sie damit an, aber in diesem Punkt haben Sie recht. Ich halte es nicht für richtig, wenn der Senat oder auch das Parlament den Hochschulen vorschreibt, welche Studiengänge sie anbieten oder nicht anbieten. Die FDP würde es begrüßen, wenn sie es täten, aber es ist die völlig freie Entscheidung der Hochschulen, ob sie Türkischlehrer ausbilden oder es aus welchen Gründen auch immer nicht tun. Hochschulautonomie ist nichts für Sonntagsreden, auch im konkreten Fall, und deshalb bleibt die FDP dabei, dass die Hochschulen entscheiden sollen, ob sie Türkischlehrer ausbilden oder nicht. Ich persönlich fände es gut, aber es ist keine Sache von Parlament und Regierung, es den Hochschulen vorzuschreiben. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das von der LINKEN angemeldete Thema dieser Aktuellen Stunde ist doch eigentlich kein hochschulrechtliches. Herr Schinnenburg hat völlig zu Recht gesagt, die Hochschulen sollten im Rahmen ihrer Autonomie selbst darüber entscheiden, welche Studienfächer sie anbieten.
Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: Türkischlehrkräfte sind in Schulen unverzichtbar, so formuliert von der LINKEN. Mit Blick auf die Schulen frage ich mich nun, wofür diese Türkischlehrkräfte eingesetzt werden sollen. Es gibt doch
verschiedene Möglichkeiten, zum einen die Frage, ob die Schulbehörde es ermöglicht, im Rahmen der Stundentafeln an den Schulen Türkisch als Fremdsprache anzubieten. Kein Problem, für Fremdsprachenfächer braucht man natürlich die entsprechenden Lehrkräfte. Wenn das Fach als zweite Fremdsprache angewählt wird, dann muss es diese Lehrkräfte geben. Was ich aber auch heraushöre und in den vergangenen Tagen in anderen Medien vonseiten der GRÜNEN und LINKEN gehört habe, ist eher eine Argumentation, die dahin geht, dass in den Schulen – korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch wiedergebe – generell bilingual unterrichtet werden soll, jedenfalls in den Schulen, in denen es viele Schüler mit einem türkischen Familienhintergrund gibt. Das wird dann als interkulturelle Kompetenz bezeichnet. Hier sollten wir uns aber doch bitte auch klar machen, was Integration bedeutet. Aus meiner eigenen Elternratszeit weiß ich, dass Schüler zum Beispiel bei Lernentwicklungsgesprächen oder bei Elternabenden oft als Dolmetscher neben den Eltern sitzen. Schülern aus Familien, die zu Hause türkisch sprechen, in denen vielleicht ein Elternteil ausschließlich türkisch spricht und gar kein Deutsch kann, ist mitnichten damit gedient, wenn ihnen nun auch noch Unterricht, den sie in Deutsch, der hiesigen Landes- und Amtssprache, haben könnten und der dazu beitragen würde, ihnen weitere Sprachkenntnisse in Deutsch zu vermitteln, in ihrer Heimatsprache Türkisch erteilt wird, weil sie damit automatisch entsprechend weniger Deutschunterricht haben würden.
Die Zahlen finde ich besonders interessant. Nach Erhebung des Statistikamts Nord beträgt der Anteil der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund an der gesamten Bevölkerung unter 18 Jahren 44,8 Prozent. Das ist sehr hoch, aber wenn Sie sich dann anschauen, wie sich diese knappe Hälfte der Hamburger Schülerschaft auf verschiedene Nationalitäten verteilt, dann wird es interessant. Von diesen 44,8 Prozent sind zwar 18 Prozent türkischer Herkunft oder mit türkischem Migrationshintergrund, wie auch immer man das nun politisch korrekt bezeichnen kann, aber 14 Prozent, also fast genauso viele, kommen aus Russland oder anderen ehemaligen Staaten der Sowjetunion und 13,1 Prozent aus Polen; die restlichen 54 Prozent aus anderen Ländern. Wenn Sie also, liebe LINKE und liebe GRÜNE, dieses Thema der Türkischlehrkräfte in den Schulen forcieren wollen, dann müssen Sie sich fragen, warum denn bitte das, was Sie türkischen Schülern angedeihen lassen wollen, nämlich Zwangsunterricht in ihrer Heimatsprache,
(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der LIN- KEN – Kazim Abaci SPD: Zwangsunterricht! Wo leben Sie eigentlich?)
nicht auch für polnische, russische oder für Schülerinnen und Schüler aus Asien und anderen Herkunftsländern gelten soll. Bilingualer Unterricht an
den Schulen macht Sinn, aber wir sollten uns dann auf die Fächer konzentrieren, die für alle wichtig sind, und das sind nach unseren Lehrplänen nun einmal vor allem Englisch, Französisch und Spanisch. Wie gesagt, wenn dann zweite Fremdsprachen angeboten werden, dann kann das gern auch türkisch, polnisch, russisch, chinesisch sein. Wir haben doch an den Hamburger Schulen ein vielfältiges Angebot an zweiten und dritten Fremdsprachen. Dafür brauchen wir auch die entsprechenden Lehrkräfte, das ist überhaupt keine Frage. Nur dies konkret beim Türkischunterricht zu forcieren und nicht in Bezug auf die zweite oder dritte Fremdsprache, das ist schlicht der falsche Ansatz. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt in dieser Stadt eine Diskussion über die Frage, ob das Studienfach Türkisch im Lehramt für Primar- und Sekundarstufe I weiterhin angeboten werden soll oder nicht. Dazu haben Sie sicherlich Zuschriften und Briefe erreicht, und auch die Diskussion, die in der Türkischen Gemeinde und weit darüber hinaus stattfindet, wird Ihnen nicht entgangen sein. Insofern finde ich es absolut richtig, dass an dieser Stelle über diese Frage diskutiert wird, die für einen Teil der Bevölkerung dieser Stadt eine hohe Bedeutung hat. Bei der heutigen Debatte muss man meiner Ansicht nach mehrere Dinge, nämlich drei, unterscheiden.
Erstens: Welchen Bedarf an Lehrkräften gibt es, um Türkisch in den Hamburger Schulen in den verschiedenen Facetten anzubieten?
Zweitens: Wie kann dieser Bedarf befriedigt werden, und braucht es dazu auch das Studienangebot Türkisch im Lehramt an der Universität Hamburg?
Und drittens natürlich die von einigen schon aufgenommene Frage, ob auf die Universität Hamburg eingewirkt werden kann oder sollte, damit dieser Studiengang wie bisher fortgeführt wird.
Um auf diesen dritten Aspekt als allererstes einzugehen, möchte ich betonen, dass die Universität im Rahmen der Hochschulautonomie eigenverantwortlich über die Lehramtsausbildung, Unterrichtsfach Türkisch, entscheidet und auch in den Gesprächen, die ich geführt habe, sehr wohl darauf bestanden hat, dieses zu tun, genauso wie sie eigenverantwortlich beispielsweise über die Frage, wie es mit den Lateinamerikastudien weitergeht, entscheidet. Die Universität Hamburg hat die Entscheidung, zum Wintersemester 2014/15 keine
Studienanfänger aufzunehmen, vor dem Hintergrund einer sehr geringen Nachfrage nach Studienanfängerplätzen und entsprechend geringen Studierendenzahlen getroffen. Keine Studienanfänger aufzunehmen, heißt nicht, das Studienangebot einzustellen. Diese Diskussion läuft an der Universität; dazu gibt es auch unterschiedliche Positionen.
Die Zahlen sind Ihnen schon vorgetragen worden, und es ist auch bereits mehrfach auf die Zahlen, die wir Ihnen im Rahmen von Schriftlichen Kleinen Anfragen im Hinblick auf die Anfängerplätze aus den Angaben der Universität dargestellt haben, hingewiesen worden. Das heißt, es gibt eine sehr geringe Nachfrage nach diesen Anfängerplätzen. Insofern sind die Studienplatzkapazitäten in diesem Fach an der Universität bei Weitem nicht ausgelastet.
Daraus ergeben sich nun aber trotzdem zwei Fragen, die Sie aufgeworfen haben und auf die ich gern eingehen will. Die erste Frage lautet: Ist eine Weiterführung dieses Studienfachs verbunden mit der Frage nach der Finanzierung der Universität Hamburg? Sie ist es nicht, unter gar keinen Umständen. Es geht hier um eine W2-Professur und eine weitere Stelle im Bereich der Fachdidaktik. Man muss wirklich sagen, mit ihren nicht nur 289 Millionen Euro in diesem Jahr, sondern auch erheblichen Rücklagen, die gerade im Haushaltsausschuss diskutiert worden sind, ist die Universität in der Lage, sich für die eine oder andere Alternative zu entscheiden.
Zweiter Punkt, der dazu angesprochen worden ist: Der hohe Numerus clausus. Hier ist argumentiert worden, dass insbesondere für Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund dieser NC eine zu hohe Hürde sei. Weiter ausgeführt würde das doch bedeuten, dass besondere Privilegien bei der Zulassung zu diesem Fach geschaffen werden müssten, also Privilegien gegenüber anderen Lehramtsstudiengängen, anderen Fächern und auch anderen Bewerbergruppen. Das ist eine Frage, die in der Universität diskutiert wird und die sie auch entscheiden muss; im zweiten Schritt dann im Hinblick auf die Zulassungszahlen zusammen mit der Behörde. In allererster Linie aber ist es eine Diskussion, die an der Universität geführt wird und auch inhaltlich, sachlich und fachlich genau dorthin gehört.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon eingangs darauf hingewiesen, dass die hier behandelte Thematik eine sehr sensible ist. Ich erwähnte beispielsweise die Türkische Gemeinde, die dieser Entscheidung der Universität sehr kri
tisch gegenübersteht. Eine endgültige Entscheidung der Universität wird erst in der kommenden Woche fallen. Ich kann deren Befürchtungen insoweit nachvollziehen, als es wichtig ist und gewährleistet werden muss, an Hamburger Schulen bilingualen und herkunftssprachlichen Unterricht zu halten sowie Türkisch im Wahlpflichtbereich als zweite oder dritte Fremdsprache anzubieten. Seitens der Schulbehörde – ich kann nicht unmittelbar für diese sprechen – wird betont, dass durch die Entscheidung der Universität Hamburg kein Mangel an ausgebildeten Lehrkräften zu erwarten ist. So ergibt sich demzufolge der Bedarf an Türkischlehrkräften in Hamburg selbstverständlich aus dem Nachfrageverhalten der Schülerinnen und Schüler zu diesen Unterrichtsangeboten. Das zurzeit feststellbare Angebot an Türkischunterricht in den selbstverantworteten Schulen hat sich nach Aussage der Schulbehörde aufgrund dieser Nachfrage entwickelt. Es ist bedarfsdeckend und zurzeit stabil. Der Bedarf an Lehrkräften könne auch zukünftig gedeckt werden, wie die Schulbehörde deutlich macht, auch durch die Möglichkeiten, die es an anderer Stelle in Deutschland gibt. Insofern ist gewährleistet – und ich glaube, das ist wichtig festzuhalten, sowohl für die Diskussion als auch hinsichtlich der Befürchtungen, die es möglicherweise mehr in den türkischsprachigen Elternhäusern gibt –, dass dieser Türkischunterricht an Hamburger Schulen in den verschiedenen Facetten stattfinden kann. Ich glaube, das ist die wichtigste Botschaft, die von der heutigen Debatte ausgehen sollte. – Vielen Dank.
Die Argumentationen sind manchmal schon ein bisschen merkwürdig. Sie sagen, Frau Senatorin, wenn keine neuen Studienanfänger aufgenommen werden, dann hieße das nicht, dass der Studiengang ausläuft.
Ich weiß nicht, ob Sie das gelesen haben, was auf die Anfrage von Frau von Berg von der Behörde gekommen ist. Ich lese es einmal vor. Offiziell hat die Universität Folgendes erklärt:
"Die Fakultäten Turkologie und Erziehungswissenschaften werden gebeten, das Verfahren zur Einstellung des Unterrichtsfaches Türkisch einzuleiten."
Das heißt nichts anderes, als dass dies langfristig oder sogar kurzfristig geschlossen werden soll, und das geht überhaupt nicht.
Wenn Sie davon sprechen, dass es nicht sein kann, dass bestimmte Fächer ein Privileg bekommen, dann ist es jedoch so, dass schon zwei Fächer bei der Lehrerausbildung Privilegien haben, nämlich die Fächer Musik und Kunst. Angehende Kunstlehrer und Musiklehrer müssen nicht diesem NC-Wahnsinn gehorchen und einen Notendurchschnitt von 1,5 haben. Es gibt bereits Ausnahmen, und die könnte man auch für Türkisch und andere Fächer machen. Ich halte diese 1,5-Regelung sowieso für ein Problem. Wir sehen das an den Schulen. Wir haben eine Bestenauslese. Die jungen Lehrer kommen mit einem Schnitt von 1,0, und sie haben durchaus manchmal Schwierigkeiten zu verstehen, warum sie vor jungen Menschen stehen, die nicht lernen können, denn das kennen sie selbst gar nicht.
Ich kann mir auch überhaupt nicht vorstellen, dass jemand, der ein Abitur mit einem Schnitt von 2,0 hat, ungeeignet ist, Lehrer zu werden.
Es ist richtig, manchmal empfinden einige Schülerinnen und Schüler Unterricht als Zwang; das ist wohl so. Aber Mehrsprachigkeit und muttersprachlichen Unterricht als Zwang zu bezeichnen, das geht nun doch entschieden zu weit.
Herr Tode, Sie haben darauf hingewiesen haben, dass ich Englisch und Türkisch vergleiche; das ist falsch. Ich taste Englisch als erste Fremdsprache überhaupt nicht an. Und wenn wir von bilingualem Unterricht in dieser Stadt reden, wie zum Beispiel am Helene-Lange-Gymnasium, wo auch Sachfächer bilingual in Englisch und Deutsch unterrichtet werden, dann ist das völlig in Ordnung und unantastbar. Aber warum muss die zweite Fremdsprache immer Spanisch, Französisch und Latein sein?