Protokoll der Sitzung vom 27.08.2014

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Das gleiche Bild wiederholt sich im Übrigen im Jahr 2016. Wir wissen schon etwas länger – es stand im Koalitionsvertrag der Bundesregierung –, dass der Bund die Länder ab 2016 zusätzlich bei der Finanzierung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen entlastet. Auch das nehmen Sie gerne entgegen, aber das Geld bleibt nicht in der Kasse des Wissenschaftsressorts, sondern wird gleich abgeliefert. Das ist doch ein Skandal, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Man muss sich auch vor Augen führen, dass diese Senatorin die letzten drei Jahre immer wieder gesagt hat, sie würde gerne mehr machen, bräuchte dafür aber zusätzliche Bundesmittel. Sie hat um zusätzliche Bundesmittel gebettelt, und jetzt ist das Geld da und es bleibt nicht im Wissenschaftsressort, sondern wird durchgereicht. Das zeigt, wie schwach diese Senatorin auf dem Posten ist.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Aber das ist nicht nur eine Schwäche der Senatorin. Es kann nicht sein, dass die SPD, die in Hamburg allein regiert, und der Bürgermeister sich bei einem so zentralen Politikfeld hinter einer Senatorin zu verstecken versuchen. Das sollte Ihnen als Ausrede nicht genügen.

Erinnern wir uns an die Diskussion, die in den letzten Monaten in dieser Stadt über den Wissenschaftsstandort Hamburg geführt wurde – auch von Ihnen, Herr Kühn, gab es an dieser Stelle Bei

(Philipp-Sebastian Kühn)

träge zu dem Papier der Herren von Dohnanyi, Peiner und Maier –, in der es darum ging, dass wir nur zukunftsfähig sind, wenn wir den Hochschulstandort stärken. Dass der Senat als Antwort auf so eine Diskussion sagt, die BAföG-Mittel, die andere Bundesländer durchaus in Wissenschaft investieren – Sie haben andere Bundesländer angesprochen, ich komme gleich auf ein, zwei Beispiele –, werde man in Hamburg dem Wissenschaftsressort vorenthalten, kann nicht sein. Das ist vernichtend. Das ist eine ganz schlechte Antwort auf die Diskussion, die wir in den letzten Wochen und insbesondere vor der Sommerpause geführt haben.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Wenn man sich andere Bundesländer anschaut, zum Beispiel Sachsen und Hessen, dann geht dort ein großer Teil der BAföG-Mittel in den Bereich Hochschulen. Das wird den Standort Hamburg nicht unbedingt voranbringen. Auch Baden-Württemberg, das im Moment unverdächtig ist, von der CDU regiert zu werden, hat zumindest gesagt, es werde in Bezug auf die Anregungen des Wissenschaftsrats zur Grundfinanzierung der Hochschulen versuchen, ein wenig aufzuholen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist denn mit den Mietmitteln für die Gebäude? 30 Millio- nen Euro!)

Da hat das Land das eine oder andere gemacht. Insofern müssen wir aufpassen, dass Hamburg nicht weiter zurückfällt.

Ich finde es sehr interessant, dass Sie dann den Campus Bundesstraße anführen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und Bahrenfeld!)

Für das Objekt Bahrenfeld, Herr Dressel, haben Sie eigenständig Bundesmittel eingeworben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die Mietmittel! – Finn-Ole Ritter FDP: Ach, das ist ja interes- sant, Herr Dr. Dressel!)

Sie haben Bundesmittel für ein wichtiges Objekt und sagen jetzt, dass Sie den Rest aus BAföG-Mitteln finanzieren wollen.

Man muss sich im Übrigen auch anschauen – ich weiß nicht, ob das schon alle wissen –, dass Ihre Senatorin im letzten Wissenschaftsausschuss den Zeitplan schlank um ein halbes Jahr nach hinten geschoben hat. Wenn der Zeitplan nun noch etwas ins Wanken gerät, dann müssen Sie sogar die anderen Bundesmittel in Teilen zurückzahlen. Dass Sie das mit den BAföG-Mitteln kompensieren können, weil Sie selber nichts auf der Zeitschiene abarbeiten, ist schlichtweg peinlich, Herr Dressel.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Der Campus Bundesstraße war schlecht geplant. Dass es bei Ihnen länger dauert und teurer wird, kann man nicht den Hochschulen anlasten. Die 0,88 Prozent, wir haben es oft genug gehört, führen zu einem Abbaukurs. Auch das ist in den Haushaltsplänen ersichtlich. Professorenstellen werden abgebaut, Studienplätze werden abgebaut. Diese Diskussion, Herr Kühn, haben wir in Hamburg durchaus auch, und sie wird sich zuspitzen angesichts der Rahmenbedingungen, die Sie bis 2020 festgelegt haben, und angesichts der Studienplätze, die Sie zum Beispiel im Bereich Betriebswirtschaft, im Bereich Medizin und auch im Bereich der naturwissenschaftlichen Fakultät abbauen wollen.

Meine Damen und Herren! Der Bund setzt klare Schwerpunkte. Der Bund stellt Mittel zur Verfügung. Lassen Sie uns dafür Sorge tragen, dass diese Mittel auch den Hamburger Hochschulen zugutekommen.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Das Wort bekommt Frau Dr. Gümbel von der GRÜNEN Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was für eine Fehlentscheidung. Es ist, Herr Kleibauer hat es eben angesprochen, geradezu paradox, vor dem Hintergrund der Diskussion, die wir in dieser Stadt infolge des Papiers "In Sorge um Hamburg" von Dohnanyi, Maier und Peiner hatten, die frei werdenden BAföG-Mittel nicht in die Hochschulen fließen zu lassen. Der Hamburger Senat nimmt der Stadt Entwicklungsmöglichkeiten im Hochschulbereich, die andere ihr geben wollen. Wer sind denn diese anderen? Das ist Wissenschaftsministerin Wanka und das gesamte Kabinett der Großen Koalition auf Bundesebene – da sitzt die SPD, glaube ich, mit dabei. Ministerin Wanka hat nämlich zu Recht erkannt, dass sich die aufwachsenden Probleme an den Hochschulen, etwa das Missverhältnis zwischen Drittmittelfinanzierung und Grundfinanzierung, nur lösen lassen, wenn es zu einer Anhebung der Grundfinanzierung kommt. Genau dafür sollten diese BAföG-Mittel genutzt werden. Andere Länder – Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und das Saarland – tun das. Die Hamburger Hochschulen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die zusätzlichen Mittel auch in Hamburg in die Hochschulen fließen werden. Mit der Vorlage des Haushaltsplan-Entwurfs in der letzten Woche wissen wir alle, dass das nicht der Fall ist. Kein einziger Euro fließt in die Hochschulen – was für eine Fehlentscheidung.

(Beifall bei den Grünen und bei Anna-Elisa- beth von Treuenfels FDP)

(Thilo Kleibauer)

Stellvertretend für die Hamburger Hochschulen hat Präsident Lenzen das Verhalten des SPD-Senats so beschrieben – ich zitiere –:

"Die Entscheidung des Senats, die durch die Übernahme der BAföG-Kosten durch den Bund frei gewordenen Mittel nicht den Hochschulen zur Verfügung zu stellen, ist eine Ohrfeige für sämtliche Hochschulen in der Stadt, denn genau das wäre die Chance gewesen, die Unterfinanzierung der Hochschulen ein Stück weit auszugleichen."

Und weiter:

"Hier ist eine Entscheidung gegen den Wissenschaftsstandort getroffen worden. Das Geld wird schlicht zur Sanierung des Haushalts verwendet."

Diese Ohrfeige reiht sich nahtlos in eine Kette von Fehlentscheidungen ein, die die SPD in den vergangenen Jahren getroffen hat, angefangen mit den Hochschulverträgen und der kümmerlichen Steigerung um 0,88 Prozent. Sie wissen, zu was das führt. Bis 2018, das ist aus dem Haushaltsplan-Entwurf ersichtlich, werden 700 grundfinanzierte Studienanfängerplätze abgebaut und 8 Prozent der Stellen des wissenschaftlichen Personals. Das bedeutet weniger Forschung, weniger Lehre an der Hamburger Universität. Die SPD hat die Wissenschaftsstiftung abgeschafft,

(Dirk Kienscherf SPD: Und die Studienge- bühren haben wir auch abgeschafft!)

und sie hat darüber hinaus auch die Mittel der Landesforschungsförderung deutlich abgesenkt. Das bedeutet noch einmal weniger Forschung aus Hamburg.

Als Botschafter dieser wirklich wissenschaftsfeindlichen Politik trat der Finanzsenator in Erscheinung. Er hat im vergangenen Jahr massiv und erfolgreich interveniert, als der Wissenschaftsrat, immerhin eine Einrichtung der Länder und des Bundes, die Ausgaben für Bildung und Forschung von 10 auf 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben wollte. Das wurde gestrichen – Herrn Tschentscher ist es geschuldet.

Auch bei dem Strategiepapier, zu dem die Hochschulen heute eine gesalzene Stellungnahme abgegeben haben, wurde die Kooperationsbereitschaft des Senats deutlich. Das Papier ist in keiner Weise mit den Hochschulen gemeinsam erarbeitet worden, es ist nicht einmal mit ihnen abgestimmt worden.

All diesen Beispielen ist eines gemeinsam: Die Geringschätzung dieses SPD-Senats für die Wissenschaft und damit für die Zukunft unserer Stadt. Da fragt man sich doch, was eigentlich die Wissenschaftssenatorin in einer solchen Situation macht. Tritt sie auf als streitbare Kämpferin für die Hochschulen, erhebt sie laut und vernehmlich das

Wort? Nein, das tut sie nicht. Sie taucht ab und nimmt es klaglos hin, dass die Hochschulen sparen müssen. Sie nimmt es klaglos hin, dass die Lösung, die der Bund für die Probleme auch in Hamburg angeboten hat, nicht greift. Sie nimmt hin, dass all das Geld nicht an die Hochschulen weitergeleitet wird, sondern in den Hamburger Haushalt fließt. Das ist wirklich eine Bankrotterklärung der Wissenschaftspolitik in dieser Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Deshalb fordern wir GRÜNE den Senat auf: Frau Stapelfeldt, Herr Bürgermeister, revidieren Sie diese Entscheidung. Sie ist falsch und sie führt die Stadt in die ganz falsche Richtung.

(Glocke)

Nutzen Sie die BAföG-Millionen, um den Hochschulen Entwicklungsperspektiven zu bieten, und kehren Sie ab von der Kürzungspolitik in diesem wichtigen Zukunftsfeld der Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Von der Fraktion DIE LINKE bekommt jetzt Frau Heyenn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Juni haben wir schon einmal über die Folgen der BAföG-Reform diskutiert. Finanzsenator Tschentscher erklärte in der Debatte, dass die BAföG-Millionen der Bildung zugutekämen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Tun sie auch, je- der Cent!)

Frau Gümbel hat sich voll hinter den Antrag der Grünen gestellt – ich zitiere aus dem Plenarprotokoll –, der lautete:

"Der Senat wird ersucht, die ab 2015 im Etat der Behörde für Wissenschaft und Forschung freiwerdenden Mittel für das BAföG in voller Höhe und ausschließlich für die Grundfinanzierung der Hochschulen (insbe- sondere zur Verhinderung von Studienplatz- abbau) sowie zur Forschungsförderung zu verwenden."

Von Mietzahlungen war da überhaupt keine Rede.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Jetzt stellt sich heraus, dass die frei werdenden Mittel ausschließlich an die Schulen gehen sollen. Unsere Befürchtungen, die wir in der Debatte im Juni vorgetragen haben, sind leider eingetreten. Dieser Senat setzt die frei werdenden BAföG-Mittel nach Kassenlage ein.