Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 25, Drucksache 20/12846 Neufassung, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Es lebe die Basiskultur in Hamburg.
Diese Drucksache möchten die Fraktionen der FDP und der LINKEN an den Kulturausschuss überweisen. – Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE hat das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie alle wissen, dass DIE LINKE eine große Freundin der Basiskultur ist, und dementsprechend haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir das genau darlegen und berichten, wie die Basiskultur in dieser Stadt gestärkt werden könnte und sollte.
Ich will Ihnen das nicht alles im Einzelnen vorstellen. Ich könnte das natürlich, weil ich noch genug Redezeit habe, aber ich will Ihnen sagen, was die Grundgedanken sind und warum das für uns wichtig ist.
Herr Ritter, das Entscheidende daran ist, dass das, was in dieser Stadt häufig unter Kultur verstanden wird, wo man mit internationaler Strahlkraft arbeitet, umschrieben mit Worten wie Leuchtturm und Ähnliches, nicht unsere Vorstellung von bedeutender Kultur in dieser Stadt ist. Wichtig hingegen ist, dass die Kultur dafür da ist, dass wir als Menschen in dieser Stadt gut miteinander leben und kommunizieren können. Und dafür existieren meiner Meinung nach in unserer Stadt zu wenige Möglichkeiten, und das sollten wir kräftig stärken.
Wir brauchen das als gemeinsames Verständnis in dieser Stadt, und wir wissen alle, dass es zu wenig und zu schwach entwickelt ist in etlichen Bereichen. Im inneren Bereich der Stadt ist es schon ganz gut, aber am Stadtrand und außerhalb immer noch äußerst schwach.
Wir haben gegenwärtig unter den Bedingungen der Schuldenbremse große Schwierigkeiten, das in den anderen Bezirken auch zu entwickeln, und das müssen wir vermehrt machen. Es gibt mehr Bedarf, und das sollte diese Bürgerschaft unterstützen.
Was macht uns im Moment Schwierigkeiten und wo sind die Krisenmomente? Der Senat, der einmal angetreten ist mit einer kulturpolitischen Offensive, die uns auskömmliche Finanzierung versprochen hat, ist nicht weitergekommen, wie wir gemeinsam feststellen. Das eine ist das, was Sie wahrscheinlich alle im Bezirkswahlkampf mitbekommen haben, nämlich die Situation der verschiedenen Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten, Bürgerzentren, Community Center und so weiter. Alle diese Strukturen haben momentan große Probleme mit ihren Finanzen. Bei ihnen wird gekürzt, und zwar faktisch gekürzt, auch wenn ihre Beiträge nicht steigen, weil sie nicht in der Lage sind, die großen Aufwendungen für Tarifsteigerungen, steigende Mieten und steigende Energiekosten aufzubringen. Das Ergebnis ist, dass unheimlich viel Energie in diesen Basisbereichen dafür aufgewendet werden muss, um Geld zu sammeln. Man muss überlegen, wo es noch einen Sponsor gibt. Unheimlich viel Energie fließt also nicht in die Kultur, sondern ins Geldsammeln. Wir finden, das ist eine Verschwendung von Energie, die wir so nicht haben wollen.
An die SPD gewandt: Es gibt immer noch die Peinlichkeit, dass die kräftigen Kürzungen vom damaligen Schill-Senat bei den Geschichtswerkstätten immer noch nicht ausgeglichen sind. Gerade die Geschichtswerkstätten, die sich als ein wichtiges Moment der gemeinsamen Diskussionen in den Bezirken oder in den Stadtteilen erwiesen haben, sind immer noch von diesen Kürzungen betroffen, das ist noch nicht ausgeglichen worden. Ich halte es gerade angesichts der Peinlichkeiten einiger dieser Figuren des Schill-Senats für besonders schlimm, dass dies noch nicht ausgeglichen worden ist.
Wir stellen fest, dass es immer dann, wenn es eine Zusammenarbeit geben muss zwischen Kulturbehörde und anderen Behörden, hakt. Das liegt weniger an der Kulturbehörde, das muss man deutlich sagen, sondern es geschieht immer in dem Augenblick, in dem andere Gelder akquiriert werden müssen.
Wir hatten einen etwas peinlichen Auftritt des Schulsenators im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendkultur, als wir die gemeinsame Sitzung des Kulturausschusses und des Schulausschusses hatten. Man merkte dort, er hatte noch gar nicht
verstanden, was außerschulische Kinder- und Jugendkultur eigentlich darstellt und wie bedeutend und wichtig sie ist.
Wir haben das Problem beim Fundus Theater, wo es große Schwierigkeiten gibt, einmal abseits der Kulturbehörde Gelder zu bekommen. Da geht es nur um kleine Beträge, und so etwas macht gegenwärtig diese Strukturen kaputt. Das ist eines der großen Probleme.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass Herr Sobirey zurückgetreten ist mit großem Protest, der wichtige Vertreter populärer Musik in dieser Stadt, ein Vertreter auch von Musik, die sich gerade auf Laienebene abspielt. Dieser Rücktritt ist doch ein Zeichen dafür, dass in diesem Bereich Etliches schiefläuft. Es gibt noch einiges mehr zu erzählen, aber das will ich jetzt gar nicht alles aufzählen.
Alle, die sich um diese Sachen kümmern, wissen, dass gegenwärtig die Gefahr besteht, dass es gerade in diesen Bereichen resignative Tendenzen gibt. Das ist etwas, was ich vorher kaum dort entdeckt habe. Es gab da Kampfgeist, es gab Versuche, noch einigermaßen etwas zu erreichen. Wenn ich jetzt mit diesen Leuten rede, dann sagen sie teilweise, was sie denn nun machen sollten, unter Schwarz-Grün sei es ihnen schlechtgegangen, und die SPD habe groß etwas versprochen und nicht eingehalten. Es gibt dort eine resignative Tendenz. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, gegen diese Resignation aufzustehen für mehr Kultur und Basiskultur in dieser Stadt. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hackbusch, ich teile den Impetus Ihres Antrags, Wertschätzung für die sozio-kulturelle Basis in unserer Stadt. Nicht einig werden wir uns bei der Frage, ob mehr Forderungen, mögen sie an mancher Stelle auch sehr gut nachvollziehbar sein, mit dauerhaft tragbaren Vorschlägen einer Gegenfinanzierung unterfüttert sein müssen. Wir meinen ja, Ihr Antrag offenbar nicht. Aus unserer Sicht ist das ein wichtiges Kriterium, gerade weil wir uns der Bedeutung der Stadtteil-Kulturzentren, Geschichtswerkstätten, Bürgerhäuser und Initiativen vor Ort bewusst sind, gerade weil wir auf die Bereitschaft der Menschen setzen, ihr Lebensumfeld aktiv mitzugestalten und sie dabei unterstützen wollen. Uns liegt deshalb eine seriöse, verlässliche und damit langfristig tragfähige Finanzierung unserer Kultureinrichtungen am Herzen.
In Ihrem Antrag findet sich dazu kein Wort. Senat und SPD-Fraktion haben dagegen eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht, die zu spürbaren Fortschritten auf den von Ihnen benannten Feldern geführt haben. Dazu zähle ich selbstverständlich den Quartiersfonds, der verstetigt wurde und auf 4 Millionen Euro aufgestockt werden wird.
(Dietrich Wersich CDU: Warum wurde der denn eingeführt, wissen Sie das noch? Weil vorher ein Vielfaches gestrichen wurde!)
Dazu zähle ich Investitionen in unsere Stadtteilkultureinrichtungen und Planungssicherheit sowie Entlastung der Akteure von Verwaltungsaufgaben im Zuge der neuen Globalrichtlinie. Ich halte es auch für keine Kleinigkeit, dass dieser Senat die Verstetigung vieler Schlüsselprojekte der Kinderund Jugendkulturarbeit erreicht hat.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass gleichbleibende Rahmenzuweisungen den Stadtteilkulturzentren und Geschichtswerkstätten viel abverlangt haben. Wir stehen hierzu kontinuierlich im Austausch mit den Einrichtungen und den bezirklichen Vertretern. Unabhängig von den weiteren Ergebnissen der Haushaltsberatungen sollten wir uns, so wie wir es verabredet haben, im Kulturausschuss regelmäßig mit den aktuellen Entwicklungen befassen. Ich halte nichts davon, die Haushaltsberatungen anhand eines Antrags vorzuziehen.
Damit bin ich schon an einem Punkt, der mir auch mit Blick auf die anstehenden Beratungen sehr am Herzen liegt. Unsere bisherigen Diskussionen waren nach meinem Eindruck immer davon geprägt, dass wir die Kulturangebote in ihrer ganzen Breite und in ihren verschiedenen Funktionen im Blick hatten. So habe ich auch Ihre Vorstöße immer begriffen, Herr Hackbusch. Auch wenn es in Ihrem Antrag noch verhalten anklingt, ich halte es gar nicht für zielführend, sehr verschieden strukturierte Einrichtungen und Tätigkeitsbereiche von Kulturschaffenden unter dem Begriff der Basiskultur zusammenzufassen und als Gegenpol zu großen tarifgebundenen Häusern, deren Angebote der Hochkultur zugerechnet werden, in Stellung zu bringen.
Rütteln Sie bitte nicht für ein wenig mehr an kurzfristiger Aufmerksamkeit an unserem grundlegenden Konsens, für die ganze Kulturmetropole einzutreten. – Herzlichen Dank.
Das glaube ich, Herr Rose. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Norbert Hackbusch, wenn man Ihren Antrag liest, bekommt man den Eindruck, dass ein an sich sehr wichtiges Thema von Ihnen nur dazu genutzt wird – denn Sie wissen doch auch, wie die Abstimmung wahrscheinlich ausgeht –, um bei Ihrer Kernklientel Punkte zu sammeln.
In Ihrem Antrag hat das, was eigentlich gefördert werden müsste, einen viel zu geringen Raum. Aber, liebe Frau Vértes-Schütter, auf der anderen Seite ist natürlich die Frage, was Basiskultur ist. Was Herr Hackbusch offensichtlich darunter versteht, habe ich gerade geschildert. Das ist viel zu kurz gesprungen. Es ist die Breite all dessen, was die breite Mehrheit der Menschen anspricht. Dies im Kulturausschuss zu diskutieren wäre schon wichtig. Ich verstehe deswegen nicht, warum Sie sich dagegen wehren, diesen Antrag an den Kulturausschuss zu überweisen, wo wir ihn diskutieren und deutlich verbessern könnten.
Liebe Frau Dobusch, Sie haben auf diesem Gebiet letztes Mal starken Wahlkampf gemacht. Es ist mir sehr wohl in Erinnerung, dass Sie uns, als Sie dann plötzlich Verantwortung trugen, zugerufen haben: Der Wahlkampf ist zu Ende.
Wir sind aber nun wieder kurz vor Beginn des Wahlkampfs, und die Menschen werden Ihre Partei an dem messen, was Sie vor vier Jahren versprochen haben, und dem vielen, was Sie davon nicht gehalten haben.