Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Drucksache zur Unterrichtung des Senats über die Kapazitätsvereinbarungen mit den Hochschulen – Sie haben den vollen Titel vorgelesen, der war etwas länger – mag auf den ersten Blick etwas bürokratisch klingen, aber in Wahrheit ist sie ein zentrales Dokument, das den Abbaukurs dokumentiert, auf den dieser Senat die Hochschulen geschickt hat.
Wenn man sich die Zahlen über Lehrkapazitäten und Studienanfängerplätze, die darin enthalten sind, genau anschaut, dann ist alleine für den kurzen Zeitraum von 2013 bis 2016 an der Universität Hamburg ein massiver Abbau von Studienplatzkapazitäten und entsprechenden Lehrkapazitäten, also Professorenstellen, vorgesehen. Dieser trifft insbesondere die MIN-Fakultät und den Bereich Betriebswirtschaftslehre. Bei beiden wird die Kapazität in diesem kurzen Zeitraum um über 10 Prozent reduziert. Frau Senatorin, Sie setzen damit die Leitlinien um, die Sie vor einiger Zeit vorgelegt haben, die aber in der ganzen Stadt auf Widerstand gestoßen sind und die bislang überhaupt nicht öffentlich oder parlamentarisch diskutiert und debattiert worden sind.
Deshalb sagen wir ganz deutlich: Hamburg braucht keinen planlosen Abbau von Studienplätzen, Hamburg braucht einen Neuanfang in der Wissenschaftspolitik.
Wir sind uns alle immer schnell darin einig, wie bedeutend Hochschulen und Forschung für die Zukunftsfähigkeit der Stadt und auch für die Weiterentwicklung der Stadt sind, aber Tatsache ist doch, und das belegen diese Zahlen, dass Sie diesen Bereich schwächen. Sie haben keine Strategie zur Weiterentwicklung des Hochschulstandorts. Sie haben drei Jahre lang Leitlinien zur Strategie angekündigt und nicht geliefert, und dann haben Sie ein ganz schwaches Behördenpapier vorgelegt,
das in der Stadt auf einhellige Ablehnung gestoßen ist und wo die Hochschulen zu Recht sagen, da fänden sie sich mit ihren Profilen und Forschungsschwerpunkten überhaupt nicht wieder. Das zeigt doch deutlich, dass Sie keinen Plan für die Hochschulen haben. Sie haben keinen Plan für die Weiterentwicklung des Hochschulstandorts, und das wird erst recht deutlich, wenn man sich das Gipfeltreffen mit den Hochschulpräsidenten ansieht, die erst eingeladen werden, um sie dann wieder hektisch auszuladen. So geht man mit denen nun auch nicht um, Frau Senatorin.
Wir haben häufiger auch an dieser Stelle wissenschaftspolitische Themen debattiert. Sie haben viel falsch gemacht in diesem Bereich, aber wenn man die letzten drei Jahre einmal Revue passieren lässt, dann war der zentrale Fehler die Hochschulvereinbarung, die Sie den Hochschulen ganz am Anfang aufoktroyiert haben, und damit gleichzeitig die Aufkündigung der Übernahme von Tarifsteigerungen im Hochschulbereich, denn genau das führt doch zu dem, was wir in der Senatsdrucksache sehen können, dass für einen langen Zeitraum das Personal an den Hochschulen und damit auch die Studienangebote abgebaut werden. Die Mehrbelastung allein im Personalbereich bewegt sich im zweistelligen Millionenbereich, wenn man sich anschaut, welche Tarifabschlüsse alleine schon abgeschlossen sind, und den leichten Budgetaufwuchs von 0,88 Prozent gegenrechnet. Das führt zu massiven Einschnitten bei Lehre und Forschung, die wirklich die Breite des Angebots gefährden. Sie schicken die Hochschulen damit auf einen Abbaukurs, und genau das hat mit den Hochschulvereinbarungen begonnen.
Wenn man die Hochschulvereinbarungen aber ernst nimmt und genau durchliest, dann steht da auch Folgendes drin, und genau das haben Sie im Endeffekt zugesagt: Wenn es Mehrkosten gibt, die Kostenanstiege ein gewisses Niveau übersteigen oder die Tarifabschlüsse oberhalb von 2 Prozent liegen, dann gibt es entsprechende Nachverhandlungen mit den Hochschulen. Da sind Sie im Wort, und deshalb fordert unser Antrag auch eindeutig, das zu nutzen und diese Hochschulvereinbarung endlich nachzuverhandeln und kurzfristig nachzubessern.
Es steht nicht nur darin, dass Sie das mit den Hochschulen vereinbart haben, sondern es hat sich doch auch etwas getan. Wir haben in der letzten Sitzung an der einen oder anderen Stelle dar
über diskutiert, dass der Bund mit der Klarheit über die BAföG-Mittel den Ländern zusätzliche Spielräume verschafft und im Wissenschaftsressort Mittel frei werden dadurch, dass der Bund weiterhin einen Schwerpunkt bei Bildung und auch bei Hochschulen setzt. Diesen Handlungsspielraum müssen wir in Hamburg doch auch nutzen, genauso wie ihn andere Bundesländer nutzen. Wir wollen doch nicht, dass unsere Hochschulen im Wettbewerb mit Süddeutschland oder Berlin weiter zurückfallen. Hier müssen wir doch mitgehen als Stadt, um unsere Hochschulen zu unterstützen.
Wenn Sie diese Möglichkeit der Nachverhandlung der Hochschulvereinbarung nicht nutzen, was wirklich das Mindeste ist, was man in dieser Situation tun kann, dann haben die Hochschulvertreter recht, wenn sie sagen, sie empfänden es als Wortbruch und als Ohrfeige, wenn dieser Senat überhaupt nicht auf die Belange der Hochschulen und auf die geänderten Rahmenbedingungen mit den Bundesmitteln reagiere.
Wenn Hochschulpolitik an den Hochschulen nur als Sparpolitik ankommt – diesen Vergleich hat dieser Tage einer der Hochschulpräsidenten in einem Gastbeitrag sehr treffend gezogen –, dann hat man doch etwas falsch gemacht. Dann sieht man doch, dass dies keine Strategie ist, denn es kommt nichts an außer dem massiven Kürzungsdruck, der sich von Jahr zu Jahr durch den Effekt der Tarifsteigerung kumuliert. Das darf es nicht sein, und deshalb haben wir hier und heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir fordern, dass Sie zum einen diese Hochschulvereinbarung zügig nachverhandeln und zum anderen bitte Ihr Papier zur Weiterentwicklung des Hochschulstandorts, das von keinem in dieser Stadt richtig ernst genommen wird, endlich zurücknehmen, weil es keine Basis liefert für eine strategische Weiterentwicklung des Hochschulstandorts.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kleibauer, ich habe immer noch die Rede von Herrn Heintze im Ohr. Insofern war Ihre Rede etwas verwirrend. Sie fordern diametral das Gegenteil von dem, was Herr Heintze gerade in seiner Haushaltsrede gefordert hat.
(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist schizophren! – Dietrich Wer- sich CDU: Es hat niemand gefordert, 30 Mil- lionen einzusparen!)
Mit der vorliegenden Senatsdrucksache – ich rede zum Senatsantrag, nicht zum Zusatzantrag der CDU – legen wir Zeugnis davon ab, was wir Anfang des Jahres im Ausschuss beschlossen haben. Wir hatten auch eine öffentliche Expertenanhörung zu diesem Thema, nämlich zum neuen Hamburger Kapazitätsrecht. Mit diesem neuen Kapazitätsbemessungsrecht geht Hamburg als erstes Bundesland einen neuen Weg, der sich von dem anderer Bundesländer unterscheidet. Das will ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich hervorheben und loben.
Basis dieser Vereinbarung ist, dass die Behörde für Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit den Hochschulen die Kapazitätsberechnung vornimmt und sich in einem Verfahren darauf einigt. Dies ist mit Vorlage dieser Drucksache bereits mit fünf Hochschulen gelungen. Dafür will ich mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich beim Senat bedanken. Mit der Universität Hamburg steht dies noch aus. Da wir die Drucksache an den Ausschuss überweisen, wird es für uns alle noch möglich sein, das dort genauer zu besprechen, und dazu möchte ich die anderen Fraktionen herzlich einladen. Wichtig ist aber – auf den Punkt, Herr Kleibauer sind Sie gar nicht eingegangen, das war aber ein sehr wesentlicher Punkt bei unseren Beratungen im Ausschuss –, dass mit dem neuen Kapazitätsrecht unsere Hochschulen die Möglichkeit erhalten, Schwerpunkte zu setzen. Bislang hatten die Hochschulen nach der Umstellung auf das Bachelor-Master-System überhaupt keine Spielräume, in ihrer hausinternen Steuerung Schwerpunkte zu setzen. Schwerpunkte setzen, Herr Kleibauer, heißt in diesem Kontext eben auch, Bereiche zu definieren, in denen man keinen Schwerpunkt setzen will. Hamburg ist das erste Bundesland, das, längst überfällig, die Bachelor-Master-Reform in diesem Punkt endlich umsetzt. Ich finde das vorbildlich, meine Damen und Herren.
Ohne Frage ist eines sehr deutlich – und diese Diskussion erleben wir doch eigentlich in allen Bundesländern –, nämlich dass wir in Deutschland einen weiteren Hochschulpakt brauchen. Deswegen finden bereits die Verhandlungen zwischen Ländern und Bund statt, und ich glaube, man kann auch an dieser Stelle nur eindringlich appellieren – und das will ich als Wissenschaftspolitiker auch gern tun –, den Hochschulpakt fortzusetzen, weil die Bundesländer selbst diese Studienkapazitäten aus ihren Landeshaushalten gerade auch unter Berücksichtigung der Schuldenbremse nicht darstellen können. Deswegen brauchen wir die Beteili
Ich will aber auch auf einen weiteren Punkt eingehen. Sie haben auf die aktuelle Diskussion verwiesen. Ich fand einen Satz, den Herr Lenzen in den Zeitungen formuliert hat, recht interessant. Er hat vor allem an meine Fraktion die Frage gestellt: Wann werden die Ruinen, die sich Universität nennen, endlich saniert?
Die Frage lasse ich mir als Sozialdemokrat gern gefallen, weil wir dazu erst vor wenigen Wochen eine Reihe von Drucksachen auf den Weg gebracht haben. Ich will gern noch einmal darauf eingehen, aber auch daran erinnern, welche Diskussion wir in der vergangenen Legislaturperiode geführt haben. Damals wollten Sie für ein paar Milliarden Euro, die im Haushalt der Hansestadt überhaupt nicht vorhanden sind, eine neue Universität im Hafen bauen. Hätten Sie damals Ihre Verantwortung wahrgenommen und stattdessen die Hochschulgebäude endlich saniert, dann hätten wir heute auch mehr Spielraum bei den Studienplatzkapazitäten.
Der Finanzsenator hat vorhin die Zahlen genannt, und ich will sie gern noch einmal aufgreifen. Wir geben 250 Millionen Euro allein für Hochschulbauten aus, 90 Millionen für die außeruniversitäre Forschungsförderung und mehr als 600 Millionen für die Grundfinanzierung der Hochschulen. Wenn Sie sagen, in der Freien und Hansestadt Hamburg würden Hochschulen und Wissenschaft und Forschung keinen Schwerpunkt bilden, dann ist das einfach nicht wahr.
Ich will noch auf einen Punkt hinweisen, den Sie immer gefordert haben, nämlich die norddeutsche Kooperation. Vor anderthalb Wochen haben wir auf dem Forschungscampus in Bahrenfeld die Grundsteinlegung für das CSSB erlebt, ein wichtiges Projekt, das zu drei Vierteln vom Bund finanziert wird. Das kritisieren Sie immer. Ich finde es gut, dass Hamburg es geschafft hat, so viel Geld vom Bund zur Verfügung gestellt zu bekommen. Vor allem haben wir hier die Querfinanzierung zwischen Niedersachsen und Hamburg. Zum ersten
Mal wird das, was Sie immer gefordert haben, nämlich eine stärkere norddeutsche Kooperation im Forschungsbereich, gemacht; das gestalten wir. Dazu habe ich von Ihnen, Herr Kleibauer, nichts gehört. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Wir werden das dort noch umfänglich beraten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Senatorin, ich finde es wunderbar, dass Sie mit Ihrer Drucksache endlich zur Ehrlichkeit finden. In der Drucksache, die wir heute im Parlament zur Kenntnis nehmen, bekennen Sie sich zum ersten Mal auch nach außen zu dem, was wir als Opposition kritisieren, seitdem Sie in dieser Stadt regieren. Die SPD betreibt Studienplatzabbau. Sie schreiben, der Studienanfängerplatzabbau erfolge – ich zitiere –:
Wir haben von Anfang an gesagt, dass Ihre Hochschulverträge mit dieser Steigerung von 0,88 Prozent dazu führen, dass Studienplätze abgebaut werden müssen und dass Studienangebote abgebaut werden müssen. Wir halten das für den absolut falschen Weg, und ich finde es sehr traurig, dass wir hier in eine Debatte geraten – lieber Herr Kühn, Sie wissen, ich schätze Sie sehr –, die Beton und Köpfe gegeneinander abwägt. Wenn Sie nun dem Studienplatzabbau gegenüberstellen, dass die Hansestadt mit dem vom Bund zu drei Vierteln geförderten Exzellenzcluster ihrer Pflicht nachkommt, ihren Anteil zu bezahlen, dann sage ich: Mein Gott, wie tief sind wir gesunken. Das kann doch in dieser Sache nicht Ihr Argument sein.
Sie wissen das selbst, daher lasse ich es dabei bewenden. Lassen Sie es sich noch einmal auf der Zunge zergehen. Allein die Universität muss in den Jahren 2013 bis 2016 – wir haben jetzt 2014 – 379 Studienplätze abbauen, davon 215 in der MIN-Fakultät. Die MIN-Fakultät ist diejenige, die zwei Exzellenzcluster hat, die beiden einzigen dieser Universität im Übrigen. So viel dazu, dass wir Exzellenz fördern und auch in der Lehre junge Menschen an dieses wunderbare, fortschrittliche Forschen heranführen. Frau Senatorin, ich finde, Sie sollten Ihren Bürgermeister nicht nur salbungsvolle Worte bei der Verleihung des Körber-Preises halten lassen. Wenn Bundesministerin Wanka sich in die Grundfinanzierung einmischt und hilft, dann sollten Sie ihn auch daran erinnern, dass Sie kämpfen und dafür sorgen sollten, dass von den
30 Millionen Euro wenigstens ein paar bei den Hochschulen ankommen. Sonst ist das ein solches Armutszeugnis. Indem Sie diese Politik des ständigen In-den-Rücken-Fallens betreiben, führen Sie als Wissenschaftssenatorin diesen Hochschulstandort dazu, dass die Hochschulpräsidenten nicht mehr mit Ihnen reden wollen. Frau Senatorin, Sie sagen in einem Interview, das Frau Gall mit Ihnen geführt hat, dass Sie sich als Rechts- und Fachaufsicht verstehen. Ist das wirklich Ihre Ansicht, dass das die Rolle einer Senatorin für Wissenschaft ist?