Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

Herr Kühn, Sie haben nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da es schon relativ spät ist, will ich mich kurz halten. Wir haben dieses Thema in ähnlichen Formulierungen und Konstellationen schon häufiger behandelt. Es ist zwar diesmal etwas abgewandelt,

(Olaf Ohlsen CDU: Schulden machen!)

das will ich zugeben, aber der Grundtenor ist der gleiche. Wir sprechen, glaube ich, zum dritten oder vierten Mal in dieser Legislaturperiode darüber.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Nee, nee, stimmt nicht!)

Das neue Kapazitätsrecht haben wir schon vor knapp zwei Wochen besprochen; daher will ich die Ausführungen zum Kapazitätsgesetz nicht wiederholen. Sie haben aber, Frau Heyenn, zwei Punkte angesprochen, bei denen Sie Argumente nicht gelten lassen wollen. Es ist Ihr gutes Recht, Argumente nicht gelten zu lassen, trotzdem ist es Realität, dass Menschen in München oder Düsseldorf beispielsweise BWL im Bachelor studieren und eine

(Vizepräsidentin Kersten Artus)

Note X haben, die besser ist als die eines Bachelorabsolventen in Hamburg, und die bewerben sich um einen Masterplatz in Hamburg. Das war auch früher in der Bundesrepublik so, als wir noch Diplomstudiengänge hatten. An dieser Systematik hat sich überhaupt nichts geändert. Dass Menschen mit besseren Bachelornoten aus anderen Bundesländern nach Hamburg kommen und hier einen Studienplatz bekommen, damit aber eben auch Hamburger Bachelorabsolventen sozusagen herausdrängen, liegt in der Natur der Sache, das ist nichts Neues. Sie wollen aber nun, dass wir so viele Studienplätze aufbauen wie es Bewerber gibt. Ich muss Ihnen sagen, kein Bundesland, nicht einmal Bayern oder Baden-Württemberg könnten Ihren Vorschlag finanzieren. Und das, glaube ich, spricht schon Bände, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Dora Heyenn DIE LIN- KE: Das habe ich überhaupt nicht gesagt!)

Ansonsten will ich nur noch auf einen Punkt hinweisen. Wir haben im Moment in der Bundesrepublik so viele Studierende und Studienberechtigte wie noch nie zuvor in der Geschichte. Das ist eine gute Entwicklung, die will ich gar nicht schlechtreden, aber diese Entwicklung führt natürlich auch ein Stück weit dazu, dass wir zumindest in hochattraktiven Studienorten mehr Bewerber haben, als wir Angebote schaffen können. Das gilt nicht nur für Hamburg, das gilt auch für Berlin und andere Großstädte. Gerade für die Stadtstaaten gilt das im Besonderen. Und für die Stadtstaaten gilt auch eines, was immer vergessen wird. Wer sich ansieht, wie viele Studienplätze wir in Hamburg staatlich finanzieren und das einmal ins Verhältnis zu großen Flächenländern wie Bayern oder Baden-Württemberg setzt, wird feststellen, dass die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg seit Gründung der Bundesrepublik weit überproportional mehr Studienplätze anbieten als es andere Flächenbundesländer tun. Ich will gar nicht sagen, dass das falsch ist, aber die drei Stadtstaaten kommen seit Gründung der Bundesrepublik in einem besonderen Maße ihrer Verantwortung, genügend Studienplätze bereitzustellen, nach. Das erwähnen Sie nie mit irgendeinem Wort. Das aber tut Hamburg seit Jahrzehnten. Ich finde das auch richtig und will es gar nicht in ein falsches Licht rücken, aber mir fehlt, dass Sie diese Leistung der Stadt auch einmal anerkennen. Ich will das hier jedenfalls tun.

(Beifall bei der SPD)

Ansonsten will ich nur noch auf zwei Zahlen verweisen. Sie haben es eben angesprochen, die Hamburger Hochschulen bekommen im kommenden Jahr immerhin 642 Millionen Euro. Diese Zahl muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen; 642 Millionen Euro unter anderem für die Finanzierung von Studienplätzen. Im Jahr 2016 werden sie 647 Millionen Euro bekommen. Wer

noch die investiven Mittel dazurechnet – wir haben die geplanten Projekte vorhin schon angesprochen –, der sieht, dass Hamburg alle Kraftanstrengungen unternimmt, um die Grundfinanzierung der Hochschulen und Investitionen zu gewährleisten. Das muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden.

Wir werden den Antrag ablehnen, weil wir ihn inhaltlich falsch finden. Das habe ich schon mehrfach gesagt. Ich bin aber auch gespannt, wie die anderen Fraktionen reagieren. In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst vielleicht eine kurze Vorbemerkung. In der vorigen Sitzung haben wir auch über das Thema Kapazitätsplanung gesprochen. Wir hatten es zur Debatte angemeldet, und wir haben sehr deutlich unsere Kritik daran geübt, dass insbesondere in der MIN-Fakultät und in den wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen die Studienplätze auf Druck des Senats deutlich reduziert werden. Über das Thema Bachelor/Master kann man sich sehr differenziert sehr lange unterhalten. Es gibt zwischen den jeweiligen Fächern große Unterschiede beim Übergang vom Bachelor zum Master – das Thema Lehramt hatten wir durchaus –, und es gibt Unterschiede zwischen den Hochschultypen; das wird in Teilen durchaus berücksichtigt. Herr Kühn hat Bewerbungen von außen angesprochen. Davon lebt doch eine Universität, dass Leute ihr Studium an anderen Hochschulen fortsetzen und wieder andere mit einem Bachelorabschluss kommen.

Das alles muss man berücksichtigen und kann man erwägen. Ich habe aber den Eindruck, Frau Heyenn, dass Sie das Thema einfach als Aufhänger nehmen, um diesem Kapazitätsgesetz, gegen das Sie gestimmt haben und das Ihnen sowieso nicht passt, die Schuld zuzuweisen und es entsprechend aufzuweichen. Das ist Ihr gutes Recht, aber diesen Weg müssen wir nicht mitgehen, weil das gerade erst beschlossene Kapazitätsgesetz durchaus sinnvoll ist. Sie fordern Bedarfsanalysen; die gibt es durchaus. Es gibt auch offengelegte Berechnungsmodelle. Ich glaube, das müssen wir nicht noch extra beschließen. Wir sind sehr gern bereit, das Thema weiter im Ausschuss zu behandeln, und würden den Antrag überweisen. Zustimmen werden wir heute nicht. – Vielen Dank.

Frau Dr. Gümbel von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

(Philipp-Sebastian Kühn)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde Ihre Problembeschreibung, Frau Heyenn, richtig; wir teilen die. Das dahinterstehende Problem ist aber auf dem Weg, den Sie skizzieren, nicht zu lösen. Ich will noch einmal auf das zurückkommen, was wir vorhin diskutiert haben. Es geht um die Frage, welche Mittel die Hochschule hat und wie viele Studienplätze sie damit zur Verfügung stellen kann. Was die Deckelung bei 0,88 Prozent und die Kapazitätsvereinbarungen bedeuten, können wir an den Zahlen für die Universität ablesen. Dort werden 379 Studienplätze abwachsen, und wenn man die Grundfinanzierung bis 2018 anschaut, dann sind es 700 Studienplätze, die abwachsen. Wenn man nun vor diesem Hintergrund Ihrem Antrag zustimmen und jedem Studierenden in Hamburg, egal, welche Note er hat, einen Studienplatz zusichern würde, dann wissen wir beide, was passiert. Dann würde totales Chaos an den Hochschulen ausbrechen. Die Studienbedingungen wären katastrophal schlecht. Wir wollen das sicher nicht, und ich glaube, auch Sie wollen das nicht. Insofern teilen wir Ihre Problemanalyse, glauben aber, dass der Weg dorthin über eine bessere Grundausstattung führen muss. Damit bin ich bei Ihnen, Herr Kühn. Sie haben vorhin noch einmal angedeutet, dass Sie alle Kraftanstrengungen unternehmen. Tut mir leid, das finde ich nicht. Die BAföG-Millionen waren genau für die Grundfinanzierung gedacht,

(Jan Quast SPD: So haben Sie sich das ge- dacht, Frau Gümbel!)

um über die Anhebung der Grundfinanzierung die Kapazität der Hochschulen zu erhöhen. Damit hätte man dieses Problem vielleicht nicht völlig vom Tisch, aber man hätte es besser im Griff, weil man mehr Anfängerstudienplätze sowohl beim Bachelor als auch beim Master bieten könnte. Es gäbe dann nicht diese verschärfte Situation. Das ist das eine.

Zweitens hatten wir die Experimentierklausel in den besonders schwierigen Fächern in der Vorlage für die Deputation noch drin. Wir wissen, dass die Problemlage je nach Fach unterschiedlich schlimm ist. Schlimm ist sie dort, wo der Bachelor überhaupt nicht berufsqualifizierend ist, sondern im Prinzip dem gleicht, was man vorher Zwischenprüfung genannt hat. Insofern halten wir es für einen Fehler der Behörde, das aus dem Hochschulgesetz zu streichen. Weil wir finden, dass es eine sehr komplexe Materie ist, schlagen wir vor, Ihren Antrag an den Ausschuss zu überweisen.

(Olaf Ohlsen CDU: Genau!)

Wenn das aber nicht geschieht, Herr Ohlsen, was möglicherweise passieren könnte, dann würden wir Ihrem Antrag mit Ausnahme der Ziffer 3 nicht zustimmen können; die würden wir annehmen. – Vielen Dank.

Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kühn, zunächst zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede. Sie sagten wieder einmal, Sie würden eine große Kraftanstrengung machen, um die Grundfinanzierung zu stemmen. Herr Kühn, Sie und mehr noch Ihre Senatorin würden ins Zeugnis geschrieben bekommen: Der Mitarbeiter gab sich große Mühe, aber die Kraftanstrengung war vergeblich.

(Jan Quast SPD: Solche Zeugnisse sind gar nicht zulässig, Herr Schinnenburg!)

Sie haben bisher keine ausreichende Grundausstattung hinbekommen und Sie werden es wahrscheinlich auch nicht; das war schlecht.

In einem anderen Punkt hatten Sie recht. Sie sagten, das sei nur ein neuer Aufguss von bereits gestellten Anträgen der LINKEN – das stimmt. Zum Beispiel ist das mit Drucksache 20/9684 sehr ähnlich – sagen wir es einmal so – beantragt worden. Darum kann man im Grunde genommen auch kurz das wiederholen, was damals schon gesagt wurde. Es soll eine Veranstaltung in der Television geben, die alle Leute interessiert, deshalb mache ich das einmal im Telegrammstil.

Frau Heyenn, mit Ihrer Darstellung zum Rückgang der Lehrveranstaltungen und der Studienanfänger haben Sie recht. Sie haben auch recht mit der finanziellen Auszehrung durch die Nichtweiterleitung der BAföG-Millionen. Sie haben Unrecht mit der Behauptung, nach dem neuen Gesetz könnte man sich nun nicht mehr einklagen. Ich verspreche Ihnen – ich bin in dem Bereich nicht tätig, aber ich bin überzeugt –, die anwaltlichen Kollegen werden auch das neue Kapazitätsgesetz, gerade weil es an ein oder zwei Punkten nicht ganz so toll ist, knacken können. Es wird auch jetzt ein Studienplatz eingeklagt werden können.

Unrecht haben Sie auch mit Ihren ersten beiden Petita. Ich bin nicht der Meinung, dass Eignungstests und Praktika nicht sinnvoll sind, ganz im Gegenteil, sie sind sinnvoll. Es hat keinen Sinn, automatisch Bachelorplätze und Masterplätze zu vergeben; diese Meinung teile ich nicht. Und dann ist natürlich Ihre Forderung – Herr Kleibauer und Herr Kühn haben es schon gesagt –, dass es Masterplätze für alle Hamburger und für alle, die kommen wollen, geben soll, eine klassische Forderung aus dem Bereich Freibier für alle. Das mag bei einem Volksfest gut sein, aber bei seriöser Wissenschaftspolitik ist das nicht gut. Dem können wir uns auch nicht anschließen.

Wir stimmen jedoch zu, dass wir in der Tat eine weitere Bedarfsanalyse brauchen. Deshalb unterstützt die FDP-Fraktion die Überweisung des Antrags an den Wissenschaftsausschuss. Sollte das

abgelehnt werden, werden wir die ersten beiden Petita ablehnen, aber dem dritten Petitum zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort.

Ich habe aus der Kritik entnommen, dass offenkundig im Zeichen der Schuldenbremse die Hochschulen nicht mehr ausreichend finanziert werden können. Sie sind permanent unterfinanziert, das sagen sie auch selbst. Das ist natürlich ein Punkt, den wir nicht akzeptieren.

Das Zweite: Wenn Sie mit Freibier für alle kommen, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass es bis vor Kurzem noch das Vordiplom und das Diplom gab, das war ein einheitliches Studium. Es hat sich nie die Frage gestellt, ob jemand, der in Hamburg sein Vordiplom gemacht hat, hier auch ein Diplom machen kann. Das war selbstverständlich. Im Jahr 2010, als Herr Lenzen ins Amt kam und die Senatorin noch Oppositionspolitikerin war, hat sie gesagt, das Bachelor-Master-System müsse überarbeitet werden. Im Grunde genommen waren Ihre Redebeiträge der Beweis dafür, dass mit dem Bachelor-Master-System genau das Gegenteil einer Verbesserung des Studiums erreicht wurde. Wir fordern nach wie vor, das Bachelor und Master eine Einheit sein müssen. Dann stellt sich auch gar nicht die Frage, ob man seinen Master machen kann oder nicht. Ich glaube, an der Stelle

müssen wir noch viel tun, damit dieses BachelorMaster-System studierfähig wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/12982 an den Wissenschaftsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Mehrheit war gegen eine Überweisung.

Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/12982 in der Sache abstimmen. Die FDP-Fraktion möchte hierzu die Ziffer 3 separat abstimmen lassen.

Wer möchte also den Antrag der LINKEN mit Ausnahme der Ziffer 3 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit hat dieser Teil des Antrags keine Mehrheit gefunden.

Wer möchte nun Ziffer 3 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit hat auch Ziffer 3 keine Mehrheit bekommen. Der Antrag ist in Gänze abgelehnt.

Wir sind am Ende des Sitzungstags angekommen. Ich wünsche einen schönen Feierabend. Morgen sehen wir uns wieder.