Protokoll der Sitzung vom 05.06.2019

Ich wollte jetzt eigentlich nicht in das Klein-Klein gehen. Ich wollte nur den zarten Hinweis geben, dass Sie selbst zu Recht immer wieder festgestellt haben, dass es Elektrokleinstfahrzeuge in anderen Ländern bereits gibt – nehmen wir das Beispiel Österreich und das Beispiel Israel –; das alles kennen Sie gut. Ich möchte nur den zarten Hinweis darauf geben, dass für die Zulassung dieser Elektrokleinstfahrzeuge zuvorderst die Bundesregierung verantwortlich ist. Wenn Sie jetzt über den rot-grünen Senat schimpfen, dann, würde ich sagen, geht es immer an einen selbst zurück. Über die Frage, welche Rolle die CSU und das Bundesverkehrsministerium bei der Beschleunigung der Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen gespielt haben, könnte man sich jetzt lange auslassen. Aber eigentlich möchte ich das gar nicht tun, sondern ich möchte vor allen Dingen sagen, dass

(Carsten Ovens)

auch wir begrüßen, dass es diese Zulassung demnächst geben wird. Darüber freuen wir uns sehr. Wir haben durchaus einige Hoffnungen, die städtische Mobilität in einem ökologischen und auch in einem Komfortsinne zu verbessern. Wir glauben, dass es sehr wichtig war, dass der Bundesrat Druck auf die Bundesregierung gemacht hat. Wenn sie dann gemeinsam zu der Übereinkunft gekommen sind zu sagen, man solle diese Fahrzeuge auf Radwegen und nicht auf Gehwegen fahren lassen – auch uns treibt das Thema in der Verkehrssicherheit um –, dann ist das eine relevante Fragestellung. Ich möchte allerdings Folgendes dazu bemerken: Wenn es dazu führt, dass die Elektrokleinstfahrzeuge ordentlich genutzt werden, was ich mir sehr wünsche – was auch Sie sich sehr wünschen –, dann freue ich mich über zwei Aspekte. Erstens, dass dann auch CDU und FDP uns darin unterstützen, gute, breite Radwege in dieser Stadt zu bauen. Das bedeutet darüber hinaus, dass die Radwege noch ein bisschen breiter werden müssen, weil dann mehr Nutzergruppen darauf fahren. Deswegen freue ich mich sehr, dass Sie das unterstützen, und ich würde mich auch sehr darüber freuen, wenn Sie konsequenterweise eine noch offensivere Radverkehrspolitik unterstützen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das zweite Thema ist die Frage, wie die Nutzung des öffentlichen Raumes aussieht. Auch dazu ist schon eine Menge gesagt worden. Wir alle haben das Beispiel San Francisco vor Augen, wo in bester Silicon-Valley-Manier erst einmal sieben Startup-Unternehmen ihre Roller auf die Straße geschmissen haben und geguckt haben, was passiert ist. Alle waren damit unzufrieden. Wir kennen das von den Stadtradsystemen wie beispielsweise oBike. Das System muss man nicht nennen, sondern Fahrräder, die wahllos im öffentlichen Raum abgestellt worden sind. Ich glaube, wir sind uns sehr darin einig, dass wir das vermeiden wollen.

Deswegen ist es zum einen sehr wichtig, dass die Verkehrsbehörde mit den betreffenden Unternehmen spricht und Kooperationsvereinbarungen abschließt. Zum anderen ist es aber auch wichtig, dass wir als Kommune eine ordentliche Regulierung an die Hand bekommen, damit wir das Thema wie beim StadtRAD entsprechend regulieren können. Wenn wir es dann noch schaffen, dass beispielsweise diese Roller bei Apps wie switchh durchgebucht werden können, wird das die Vernetzung der Mobilität deutlich erhöhen. Auch das finden wir richtig. Dann hätten wir, glaube ich, eine Situation, in der viele in diesem Haus in dieselbe Richtung gehen. Ich würde mich darüber freuen, wenn wir das in der Stadt breit kommunizieren, von dieser Entwicklung profitieren und versuchen würden, an den Wendungen, die nicht nur positiv sein

müssen, gemeinsam zu arbeiten, dass das nicht passiert. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Frau Sudmann das Wort.

Liebe Kolleginnen, liege Kollegen! Ob die Elektrokleinstfahrzeuge, ob die Elektrotretroller eine neue Form der Mobilität ermöglichen werden oder ob sie eine neue Plage sind, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Gut wäre es dann, wenn – das, was Sie alle sich gewünscht haben – die Elektrokleinstfahrzeuge dazu beitragen würden, dass auf den Gebrauch eines privaten Pkw verzichtet wird. Doch ist das realistisch? Überlegen Sie sich einmal, was Sie normalerweise, wenn Sie Auto fahren, im Pkw neben sich transportieren. Sie können auf dem kleinen Roller kein Gepäck mitnehmen, Sie können keinen Kindersitz mit draufbauen, Sie können kein Kind mitnehmen. Es ist also sehr unrealistisch, dass das irgendetwas wirklich ersetzt. Gut ist – das hat eben auch schon Herr Tjarks angesprochen –, wenn diese E-Roller kommen – und sie werden kommen, das lässt sich nicht verhindern –, dass wir dann wirklich gute, breite Radwege haben. Nur sind die E-Roller viel schneller da als große Radwege. Wie wollen Sie mit diesem Problem umgehen? Ich bin da sehr, sehr skeptisch. Bei Herrn Aukes und auch bei einigen anderen im Haus hatte ich das Gefühl, dass sie glauben, ein E-Roller sei wie ein normaler Tretroller, den man sich unter den Arm klemmen kann. Dann müssen Sie vorher alle noch einmal ins Fitnessstudio. Die Dinger wiegen zwischen 7 und 20 Kilogramm. Die kann man nicht einmal eben so herumschleppen, sondern die haben wirklich ein ordentliches Gewicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Unsere Frauen kön- nen das!)

Mein lieber Herr Kienscherf, ich kann das auch. Aber ist das bequem?

Ich erinnere mich an die Hochbahnwerbung für switchh-Fläche. Erinnern Sie es auch? Da haben wir einen wunderbaren Werbefilm gesehen: Ein stattlicher junger Mann, der einen Sixpack mit Bier hatte und deswegen in ein Auto umsteigen musste. Der ist wesentlicher leichter als so ein Roller. Insofern werden wir gucken müssen, ob das wirklich klappt.

Aber schlecht wird es – das Problem haben einige schon beschrieben –, wenn es in Hamburg so aussieht wie in Wien, Paris, San Francisco, wo die geliehenen Tretroller alles, auf gut Deutsch, vermüllt haben. Sie lagen nicht nur auf dem Weg herum, sie waren Unfallgefahren. Da, glaube ich, werden wir sehr viel tun müssen. Sie, Herr Aukes, haben unseren Antrag völlig falsch verstanden. Nicht die

(Dr. Anjes Tjarks)

Bezirke haben den Auftrag, diese Elektrotretroller abends einzusammeln, sondern die Bezirke werden leider die Aufgabe haben, die nicht eingesammelten Tretroller – weil das nicht alle Firmen machen – dann einzusammeln. Deswegen steht in unserem Antrag, dass wir wollen, dass der bezirkliche Dienst dafür verstärkt wird, und vor allen Dingen, dass die Kosten dafür von den Sharing-Anbietern getragen werden müssen. Das ist unser Antrag, nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe schon gesagt, dass wir neue, breite Radwege brauchen. Die werden wir so schnell nicht bekommen. Aber wir werden diese Elektrotretroller auf den Radwegen haben. Wir werden sie auf den Radstreifen, auf den Straßen haben. Deswegen wird es nur eine Möglichkeit geben, wenn auch Sie für Sicherheit im Verkehr für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer sind.

(Dirk Kienscherf SPD: Anschnallpflicht!)

Nein, nicht Anschnallpflicht, lieber Herr Kienscherf, sondern Nachdenkpflicht.

Die Nachdenkpflicht heißt: Wie wird der Verkehr insgesamt sicherer, wie können Sie die Tretrollerfahrerinnen und -fahrer, die vielleicht den Radstreifen nach links in Richtung Autostraße verlassen, schützen? Das können Sie nur, wenn Sie sich endlich dazu durchringen, flächendeckend Tempo 30 einzuführen. Das wäre eine schnelle Maßnahme.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Dann haben wir wieder mit der Feuer- wehr Probleme!)

Nein, das mit der Feuerwehr habe ich vorhin ziemlich genau gesagt, und das hat auch Herrn Grote erklärt. Mit der Feuerwehr haben Sie kein Problem. Sie haben ein Problem mit den Verkehrsunfällen, wenn Sie wirklich dafür sorgen wollen, dass es auf den Radstreifen sicherer wird.

Ich finde es sehr gut, dass Sie in Ihren rot-grünen Antrag geschrieben haben, dass die Verleihfirmen in die Pflicht genommen werden müssen und dass Sie überlegen, bestimmte Gebiete, wie Jungfernstieg und andere Gebiete, zu sperren. Das ist wunderbar.

Ich hoffe sehr, dass Sie unserem Antrag … Na ja, wahrscheinlich stimmen Sie dem jetzt nicht mehr zu, Sie werden sich wahrscheinlich anders entscheiden. Aber es wäre schön, wenn Sie ihm zugestimmt hätten. Ich wünsche mir wirklich, dass wir jetzt darüber reden, was wir machen, wenn diese Dinger kommen; und sie werden kommen. Was machen wir mit den Radstreifen, was machen wir mit der Gefährdung? Da sind Sie konkrete Antworten schuldig geblieben. Sie sagen, bei den neuen Planungen würden Sie mit unserer Unterstützung größere Radwege machen. Herr Tjarks, ich dach

te, Sie sind in der Regierung; da müssen Sie nicht uns um Unterstützung bitten.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Von Ihnen be- komme ich doch keine Unterstützung!)

Sie müssen jetzt überlegen, wie Sie den Straßenraum neu verteilen. Wir sind, wie Sie merken, skeptisch, ob es wirklich den Erfolg bringt, den Sie sich wünschen. Andere Städte haben uns leider gezeigt, dass es sehr viele Probleme geben wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die AfD-Fraktion erhält nun Herr Ehlebracht das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der TOP heute lautet unter anderem "Verkehrssicherheit und Sharing-Konzepte beim Betrieb von Elektrokleinstfahrzeugen". Die Diskussion der letzten Zeit verfolgend würde ich den TOP unter dem Titel anmelden: Löst ein Spaßmobil das Verkehrsdrama unserer Stadt? Ich möchte ein paar Anmerkungen machen, um auf bemerkenswerte Aspekte hinzuweisen.

Keine Angst, wir werden dem Antrag in Summe zustimmen. Wir finden es gut, dass der Senat sich dafür eingesetzt hat, dass die Teile auf dem Fahrradweg zu fahren haben, und auch die anderen Antragspunkte, finden wir, sind relevant. Also von dieser Stelle aus Lob dafür, auch wenn es zum Beispiel zur Helmpflicht nicht gereicht hat. Dies und die offengebliebenen Haftungsfragen, Schadensregulierungsfragen im Falle von Unfällen, die wir – der heutige Tag heute hat es gezeigt – leider wohl haben werden. Auch wenn es dazu nicht gereicht hat, trotzdem dieses Lob. Man muss kein großer Prophet sein, um zu wissen, dass wir uns mit diesem Thema noch einmal befassen müssen.

Wenn man die Diskussion und die Bemühungen der letzten Monate um diesen E-Flitzer verfolgt hat, möchte man meinen, dass so eine Art Revolution der Mobilität, wie damals die Einführung der Dampfmaschine, stattfindet. Diese Revolution, wenn sie denn stattfindet, findet vielleicht vom Frühlingsanfang den Sommer hindurch, vielleicht auch nur an den regenfreien Tagen statt. Der Bundesverkehrsminister, Herr Scheuer, spricht von einer echten Alternative zum Auto. Wir reden immer noch vom E-Roller. Ich bin gespannt, wann er seinen Dienstwagen gegen einen solchen E-Roller tauscht und die Strecke Berlin-München damit abfahren will. Sie sehen: Auch an dieser Stelle kann man den Herrn Scheuer wieder einmal nicht so ganz ernst nehmen.

Auch unsere Hamburger Regierung ist sehr euphorisch, dass ein weiteres E-Gerät dafür sorgen soll, dass weniger Autoverkehr stattfindet. Das wiederum erinnert mich an andere Aktionen aus dem Be

(Heike Sudmann)

reich Bildung, Kultur, Politik, die von den aktuell verantwortlichen politischen Akteuren und Verfechtern der Meinungsvielfalt unterstützt werden, Hauptsache, sie sind gegen rechts. So wird jetzt jede Maßnahme bejubelt, Hauptsache das Auto kommt darin zumindest nicht positiv vor. Zu blöd nur, dass die Zahlen das noch nicht begriffen haben. Anfang des Jahres 2019 wurde mit rund 795 000 gemeldeten Pkw wieder ein neues Allzeithoch im Pkw-Bestand in Hamburg erreicht, so, wie in all den Jahren davor auch immer wieder ein neues Allzeithoch erreicht wurde.

Aber egal, das sind nur Fakten – Entschuldigung, die GRÜNEN würden sagen, das seien Fake News –, die etwas über die Wünsche und Bedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft aussagen. Also weg damit, beschäftigen wir uns lieber mit E-Rollern. Dabei bloß nicht hinterfragen, ob das Leitbild, Hamburg werde Fahrradstadt, wirklich das richtige ist, ob "Hamburg fährt ÖPNV" vielleicht nicht viel sinnvoller gewesen wäre, um etwas für die neue Mobilität dieser Stadt zu tun.

ioki, E-Bike, MOIA, jetzt E-Roller, lauter Sachen für die letzte oder die vorletzte oder die vorvorletzte Meile, vielleicht auch eine Sache für die ersten zehn Kilometer. Weiter fahren will auch keiner, Hauptsache im Ergebnis weniger Autoverkehr und sich nicht mit dem Wirtschaftsverkehr und Berufsverkehr befassen, der sowieso total überbewertet wird. Hauptsache, ich drehe an einem Griff oder ich trete auf ein Pedal. Dass die Politik dieses Angebot hiped, ist klar, ist es doch ein weiteres E-Gerät, das die Welt retten wird. Auf den kinderfreundlichen Abbau von Kobalt im Kongo, die umweltfreundliche Gewinnung von Lithium in Südamerika oder den Strommix, der die Batterien mit einer gut 60-prozentigen Mischung aus Kernkraft und CO2Energie füllt, gehen an dieser Stelle nur Spielverderber ein. Dann ist es auch ganz schön anstrengend, den ganzen Tag am Gasgriff zu drehen. Da muss aber nun einmal jeder durch, denn der Titel "Active City" verpflichtet schon ein wenig. Da geht man nicht zu Fuß, sondern fährt auch noch den allerletzten Meter mit E-Unterstützung.

(Ekkehard Wysocki SPD: Fürs Kabarett ist es echt zu schlecht!)

Das ist auch anstrengend für unsere Jugend, bei der ein zunehmender Bewegungsmangel, einhergehend mit einem Übergewichtsproblem bei jedem siebten Kind, Tendenz eher steigend, festgestellt wird. Das ist ein Zeichen dafür, dass neben naturidentischer Nahrung naturidentische Bewegung mit E-Unterstützung schon eine tolle Sache ist.

(Hansjörg Schmidt SPD: Kabarett hier!)

Nein, ich habe das am Anfang bemerkt. Sie haben das vielleicht, wie so oft, überhört. Ich wollte ein paar Bemerkungen machen, die vielleicht nicht

in Ihr Meinungsbild passen. Dass das auf Widerstand stößt, ist bei Ihnen normal.

(Dirk Kienscherf SPD: Widerspruch ist kein Widerstand! Wir sind hier nicht im Kabarett!)

Um nicht falsch verstanden zu werden: E-Roller sollen kommen; die machen in der Tat Spaß. Wer sie kaufen will, soll sie kaufen. Wer sie leihen will, soll sie leihen. Die Firmen, die damit ein Geschäftsmodell aufziehen wollen, sollen dies tun. Dass der Umgang mit diesen Verkehrsträgern, wie am Anfang lobend erwähnt, geregelt wird, ist okay, aber bitte nicht die mobile Revolution damit ausrufen. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir nun zu den Abstimmungen kommen; das sind mehrere, Sie mögen das zu Beginn der Debatte bemerkt haben.

Wir beginnen mit der Drucksache 21/17297, dem Antrag der FDP-Fraktion.

Wer möchte diese Drucksache an den Verkehrsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wer dann die Drucksachen 21/17321 in der Neufassung und 21/17422 an den Verkehrsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch dieser Überweisungswunsch ist abgelehnt.

Wir kommen zu den Abstimmungen in der Sache.