Protokoll der Sitzung vom 05.06.2019

Also, die Fraktion DIE LINKE möchte diese Drucksache federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien sowie mitberatend an den Ausschuss für Umwelt und Energie überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE bekommt es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das 1,5-Grad-Ziel gegen den Klimawandel … Hamburg holt den eigenen Rückstand nicht wirklich auf bei der Reduzierung der CO2-Emmissionen. Das alte 40-Grad-Ziel ist schon lange Geschichte. Stattdessen wurde für 2030 ein 50-Prozent-Ziel eingeführt, dessen Erreichen mehr oder weniger von Wundern abhängig war. Bis 2016 sind gerade einmal 20 Prozent eingespart worden. Das gebietet eigentlich Handeln, und zwar in allen Bereichen, und einer der Bereiche ist die Luftfahrt. 13,4 Prozent der Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs kommen aus der Luftfahrt, ein Plus von 16 Prozent gegenüber 2006. Laut EU wäre, wenn der Luftverkehr ein Staat wäre, dieser unter den Top Ten der TreibhausgasEmittenten. Das ist eine Situation, die Handeln gebietet.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber gibt es denn Hoffnung? Der Flughafen Hamburg hat von 2010 bis 2017 38 000 Tonnen CO2 eingespart, 60 Prozent. Nur, der Flugverkehr am Flughafen Hamburg hat gleichzeitig 85 000 Tonnen zugelegt, sprich, es ist ein Plus rausgekommen. Der Flughafen als reine Shopping Mall ohne Flugverkehr wäre klimapolitisch eine klasse Investition. Aber ab 2020 soll es klimaneutrales Wachstum beim Flugverkehr geben. Auch das ist seit spätestens letzter Woche gestorben, das heißt, das Mehr an Emissionen durch den steigenden Flugverkehr wird zum Teil dann doch nicht ausgeglichen. China ist gerade aus diesem freiwilligen Abkommen ausgestiegen, das heißt, auch hier können wir keine Besserung erwarten.

Dann gibt es die gemeinsame Flughafenstrategie der norddeutschen Länder, das Norddeutsche

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Luftverkehrskonzept, in dem Klima, wie aus der Zeit gefallen, genau ein einziges Mal vorkommt: Man müsse sich einmal um Untersuchungen kümmern, welche Auswirkungen der Flugverkehr auf das Klima hat. Die Bahn taucht nur an einer Stelle auf, wo es darum geht, welche Auswirkungen die Bahn als Zubringer für einen Großflughafen in Kaltenkirchen hätte. Ein solches Konzept bedarf dringend einer klimapolitischen Überarbeitung.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun wissen wir, dass, wenn man bei bestimmten Themen auf die Weide guckt, am Rande der Farmer von SPD und GRÜNEN steht und die Kuh, die dort auf der Weide grast, zur heiligen Kuh erklärt. Das ist der Luftverkehr in dieser Regierungskoalition mit Sicherheit. Umso interessanter ist es, dass es bei den GRÜNEN ein Papier der Kollegin Fegebank, des Kollegen Tjarks und des Senators Kerstan gibt, in dem festgestellt wird: Der drastische Anstieg der CO2-Emissionen im Flugverkehr binnen einer Dekade ist eine wesentliche Ursache, weshalb der CO2-Ausstoß insgesamt steigt statt zu sinken.

Sie, zumindest die GRÜNEN, wissen es besser. Lassen Sie uns das Norddeutsche Luftverkehrskonzept endlich von der reinen Wachstumsstrategie zu einer nachhaltigen klimapolitischen Strategie weiterentwickeln. Hören Sie auf, auf den Fortschritt zu warten, handeln Sie jetzt mit diesem Konzept.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Herr Jersch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Flocken?

In diesem Luftverkehrskonzept wird sogar für die einzige Maßnahme, die ein bisschen ökologische Auswirkungen hat, die Luftverkehrsabgabe, die Abschaffung gefordert. Es kann nun wirklich nicht sein, dass Sie an dieses Thema nicht ran wollen und es nicht überarbeiten. In diesem Konzept muss insbesondere auch eine Einschränkung oder eine generelle Strategie enthalten sein, um innerdeutsche Flüge und Kurzstrecken zu verhindern. Der Ausbau der Bahn muss in ein gesamtsystemisches Konzept für den Luftverkehr einbezogen werden. Denn die internationale Zivilluftverkehrsorganisation, ICAO, schafft es nicht wirklich. Lassen Sie uns ihr Beistand geben, Beistand dafür, um das Klima zu retten und zumindest einmal deutliche Zeichen zu setzen dafür, dass das Klima uns wichtiger ist als manch andere Annehmlichkeit. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Heyenn von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Jersch, ich teile Ihre Sorge. Auch für uns ist das Klima ein sehr wichtiger Punkt, und auch wir sind der Auffassung, man müsse auf Annehmlichkeiten verzichten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Flugverkehr verursacht weltweit 3 Prozent der CO2-Emissionen. Hinzu kommen noch Stickoxide und Feinstaub. Das ist, obwohl es sich erst einmal wenig anhört, so viel, dass man etwas tun muss. Es ist bereits einiges auf den Weg gebracht worden. So hat zum Beispiel die Bundesregierung zum 1. Januar 2011 die Luftverkehrssteuer auf den Weg gebracht.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Damit sind wir eines der wenigen Länder in Europa, die das überhaupt gemacht haben. Daran muss weitergearbeitet werden.

(Beifall bei der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Seit 2012 gibt es den europäischen Emissionshandel. Viele Staaten, darunter die USA, China, Russland und Indien, lehnen ihn allerdings ab. Doch er gilt in Europa, und vor allen Dingen wird er, was wichtig ist, auch umgesetzt. Weltweit geht man davon aus, dass immer mehr Menschen immer häufiger das Flugzeug als Reiseverkehrsmittel nutzen. Das hat heute auch noch einmal die Flughafen AG mitgeteilt. Das ist Realität. Ob es einem passt oder nicht, das ist so.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Die Passagiere verteilen sich auf alle sozialen Schichten. Das Gute daran ist, dass Fliegen keine Angelegenheit der Eliten ist.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Deshalb nimmt das Instrument Klimakompensation eine zentrale Rolle ein. Klar ist, dass es nur Sinn macht, die Klimaauswirkungen des Flugverkehrs auf internationaler Ebene in Angriff zu nehmen, wenn man die Klimaschäden durch Luftverkehr wirklich stoppen will.

Die Herausforderungen der Klimapolitik können nicht regional gelöst werden, wie es im Antrag der LINKEN gefordert wird. Der Rahmen der norddeutschen Kooperation für klimapolitische Erfolge ist wirklich zu eng, vor allen Dingen, wenn man sich einmal vorstellt, dass es sich nur um zwei größere Flughäfen handelt. Das wird weltweit nicht den großen Ausschlag geben.

(Stephan Jersch)

Um klimafreundliche Alternativen zu Flugreisen im Inland zu bieten, ist vor allem die Bundesregierung gefragt. Dies sei auch explizit zum Antrag der LINKEN mit Hinweis auf das Grundgesetz gesagt. In Artikel 73 Absatz 1 Punkt 6 steht – ich zitiere –:

"Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über den Luftverkehr."

Das heißt nicht, dass wir uns in Hamburg keinen Kopf machen müssen, im Gegenteil. Der Senat und die Flughafen GmbH sind bereits aktiv und haben sich das Ziel gesetzt, einen CO2-neutralen Betrieb im Flughafen zu schaffen. Darüber hinaus können einzelne Reisende im Rahmen ihrer Flugbuchung die Klimawirkung ihrer Flüge zumindest abfedern, indem sie auf freiwilliger Basis CO2-Zertifikate für Klimaschutzprojekte erwerben.

Bei Punkt 3 im Petitum des Antrags der LINKEN wird übersehen, dass in Paragraf 19b Luftverkehrsgesetz geregelt ist, welche Entgelte ein Flughafenbetreiber von den Airlines erheben kann, und zwar, dass dadurch nur die Kosten gedeckt werden dürfen, die – ich zitiere –

"für die Nutzung der Einrichtung und Dienstleistungen entstehen, die mit der Beleuchtung, dem Starten, Landen und Abstellen der Luftfahrzeuge sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht im Zusammenhang stehen."

DIE LINKE fordert in ihrem Antrag, die Förderung und Subventionsprogramme des Flughafens Hamburg für Flugverbindungen bis zu 600 Kilometern Entfernung einzustellen, und möchte das auf alle innerdeutschen Verbindungen ausdehnen, wahrscheinlich mit dem Ziel, dass sie eingestellt werden.

Was der Politik immer angekreidet wird, ist, dass wir die Dinge nicht zu Ende denken. Der vorliegende Antrag der LINKEN ist ein Beispiel dafür.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Meyer FDP)

Dazu einige Zahlen. Ziele unter 600 Kilometer sind Amsterdam, Brüssel, Düsseldorf, Frankfurt, Kopenhagen, Köln, Bonn, Luxemburg, Mannheim und Stuttgart. Damit sind circa 3 500 Starts und Landungen pro Woche in Fuhlsbüttel verbunden. Wenn jetzt noch alle innerdeutschen Flüge wie München, Nürnberg und andere hinzukommen, dann erhöht sich die Zahl auf 5 000, das heißt circa 20 000 Starts und Landungen pro Monat.

(Beifall bei Stephan Jersch DIE LINKE)

Am Flughafen arbeiten derzeit 15 700 Mitarbeiter. Viele von ihnen würden wohl ihren Job verlieren,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Oder bei der Deutschen Bahn arbeiten!)

wenn wir ad hoc viele Flugverbindungen einfach streichen würden, ohne ein alternatives Arbeitsplatzangebot zu haben. Klimapolitik ist auch immer Sozialpolitik. Das sollten wir uns vor Augen führen.

(Beifall bei der SPD)

Zuständig für den Straßenbau ist der Bund. Hamburg hat viele Vorschläge in den Bundesverkehrswegeplan eingebracht. Nur ein Beispiel: Nach Bremen, Hannover und Berlin gibt es kaum bis keine Flugverbindungen von Fuhlsbüttel und zurück. Das zeigt, dort, wo es gute Bahnverbindungen gibt, steigen die Menschen um und die Flugverbindungen werden eingestellt. Da ist unserer Meinung nach Luft nach oben. Den Antrag der LINKEN lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD und bei Stephan Jersch DIE LINKE – Stephan Jersch DIE LINKE: Bravo!)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Gamm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Luftverkehr bei der Klimarettung mit einbeziehen", so lautet der dramatische Titel Ihres Antrages und bewegt sich damit sprachlich voll und ganz in dem Panikmodus von BUND und ähnlichen Gruppen. Daher bietet es sich zunächst an, sich mit ein paar Zahlen und Fakten des Luftverkehrs als Quelle von Treibhausgasen zu befassen.

Der gesamte Verkehrssektor ist mit über 18 Prozent der drittgrößte Emittent von CO2 in Deutschland. Der nationale Luftverkehr hat daran einen Anteil von 1,4 Prozentpunkten. Nur einmal eine Relation: Der landwirtschaftliche Sektor hat einen Anteil von knapp 8 Prozent.

Richtig ist, dass der Luftverkehr ab deutschen Flughäfen seit 1990 sich mehr als verdreifacht hat. Aber der Kerosinbedarf ist im gleichen Zeitraum nur um 98 Prozent gestiegen. Die deutschen Fluggesellschaften haben ihren Treibstoffverbrauch pro Fluggast seit 1990 um 43 Prozent verringern können. Das heißt, hat ein Flugzeug 1990 noch durchschnittlich 6,3 Liter pro Fluggast auf 100 Kilometer benötigt, so verbraucht die Flotte der deutschen Fluggesellschaften 2017 durchschnittlich nur noch 3,58 Liter Kerosin auf der gleichen Strecke. Das verdeutlicht, welche Effizienzpotenziale hier mittlerweile gehoben werden konnten.

Weltweit betrachtet liegt der Anteil trotz hoher Wachstumsraten des Luftverkehrs an den weltweiten CO2-Emissionen im Jahre 2015 bei insgesamt 2,69 Prozent. Im Jahr 2000 waren es noch 2,9 Prozent. Das heißt, dass die absoluten CO2Emissionen des Luftverkehrs durch die eben erwähnten Effizienzeffekte weniger stark gewachsen sind als die Emissionen anderer Sektoren. Das zu