Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Das Wort bekommt Herr Schmitt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Abermals dreht sich die AfD um die eigene Achse und macht sich selbst zum Thema.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Der Kollege Wolf von der CDU-Fraktion hat in seinem Beitrag am 5. Juni zu diesem Thema alles gesagt, was zu diesem Thema zu sagen ist. Neue Aspekte haben sich nicht ergeben.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Abermals drängt sich der Eindruck auf, dass Sie dieses Thema nutzen, um sich als Opfer zu inszenieren, um so den Mythos der AfD als Opfer zu nähren. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Herr Nockemann von der AfD-Fraktion bekommt das Wort.

Sehr geehrter … Wo ist er denn jetzt, der Kollege Schmitt? Ist er da? – Gut. Ich muss sagen, ich hätte von Ihnen wirklich das Eingehen auf Argumente erwartet,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Welche Argumente denn?)

statt einfach nur das zu wiederholen, was am 5. Juni hier gesagt worden ist. Sie setzen sich nicht einmal im Ansatz damit auseinander,

(Zuruf von Jens-Peter Schwieger SPD)

dass wir vortragen, der Bürgersaal sei uns kategorisch verweigert worden. Sie wissen, dass das rechtswidrig ist. Wir haben Ihnen die Formulierungen vorgelesen, und ich würde schon erwarten, dass Sie sich damit auseinandersetzen. Was heißt es denn, wenn uns ein Dienstleister, der mit dieser komplexen Problematik beauftragt worden ist, sagt, bitte hören Sie auf, sich weiterhin an uns zu wenden? Ist das eine Aufforderung, dass wir mehr Kosten anbieten oder mehr Gebühren bezahlen sollen? Ist das eine Aufforderung zu einem gegebenenfalls konstruktiven Dialog? Das bedeutet: Ihr könnt machen was ihr wollt, ihr bekommt diesen Saal nicht.

Gemeinsam mit anderen Aktivitäten in dieser Stadt wird uns nicht nur der Bürgersaal verweigert. Sie wissen, dass wir jetzt eine einstweilige Anordnung bezüglich des Bürgerhauses in Wilhelmsburg beantragt haben. Das wird für Sie krachend ausgehen. Wir geben Ihnen von SPD und GRÜNEN die Möglichkeit, diesen Niederlagen nicht nur entgegenzusehen, sondern sie vor Gericht überflüssig zu machen, indem Sie konstatieren, dass wir einen Anspruch haben und die Verwaltung auf uns zukommen wird. Sie kontrollieren doch die Verwaltung. Setzen Sie sich doch bitte damit auseinander, anstatt, was ich von Ihnen gar nicht gewohnt bin, in blanker Arroganz einfach über Argumente hinwegzugehen. Kommen Sie ans Pult und sagen Sie uns: Sie haben einen Rechtsanspruch. Machen Sie es doch, wenn das alles so einfach ist.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Was mich bei der AfD ein bisschen entsetzt, ist, dass überhaupt kein Bewusstsein besteht, dass diese Sache eine Vorgeschichte hat, und diese will ich kurz resümieren.

Im Oktober 2015 hat die AfD im Bürgerhaus Wilhelmsburg ihren Landesparteitag abgehalten. Im

(Dirk Nockemann)

darauffolgenden Monat, November 2015, hat ein rechtskräftig verurteilter Betrüger in der AfD-Fraktion eine E-Mail mit folgendem sinngemäßen Wortlaut herumgeschickt: Hier eine Schriftliche Kleine Anfrage in Endfassung – also keine Diskussion mehr darüber, in Endfassung. In dieser Anfrage ging es um die Anwesenheit der Marxistischen Arbeiterschule in der LOLA in Lohbrügge und im Bürgerhaus in Wilhelmsburg. Aus jeder Zeile dieser Anfrage sprach nur eine Idee, nämlich: verbieten. Da es auch noch hieß, dass diese Aufforderung sich besonders an mich richte, weil ich in der Nähe der LOLA in Lohbrügge wohne, habe ich natürlich gesagt, als freiheitlich denkender Mensch käme mir diese Idee gar nicht, umso weniger, als ich ein paar Jahre zuvor einmal wirklich aus reinstem Versehen, weil ich mich in der Tür geirrt hatte, in eine Veranstaltung dieser Marxistischen Arbeiterschule hineingeraten bin und absolut fasziniert war, dass dort Leute sitzen, die den Altachtundsechzigern zuzuordnen sind und nach 40 Jahren immer noch nicht verstanden haben, dass sich Arbeiter für Marx nicht interessieren.

So, weiter. Im Oktober 2016

(Glocke)

kam dann hier in …

Herr Dr. Flocken! Ich habe geklingelt, das heißt, Sie müssen einen Augenblick zuhören. Ich wollte Ihnen den vermutlich wohlmeinenden Hinweis geben, dass die Überschrift heißt: "Bürgersaal Wandsbek".

Genau.

Im Oktober 2016 kam dann tatsächlich ein Antrag in der Bürgerschaft zur Debatte, dass die Marxistische Arbeiterschule aus der LOLA und aus dem Bürgerhaus Wandsbek hinausgeworfen werden solle. Gleichzeitig wurde von der AfD-Fraktion das Loblied auf diese Bürgerhäuser gesungen und offensichtlich nicht verstanden, dass das beste Mittel gegen Machtmissbrauch natürlich ist, Leuten überhaupt keine Macht zu geben.

So, und jetzt überlegt euch doch einmal: Wenn ihr fordert, das Bürgerhaus Wilhelmsburg dürfe die Marxistische Arbeiterschule nicht mehr beherbergen, liegt dann der Gedanke so fern, dass deren Mitglieder dann sagen, wenn ihnen vorgeschrieben werde, wen sie hier zu Wort kommen lassen, dann sei ihre klare Reaktion, die nicht haben zu wollen? Das nur einmal, um das psychologisch zu erklären.

Darauf, dass das jetzt natürlich rechtswidrig ist, könnt ihr natürlich herumreiten. Das ist auch so, das ist rechtswidrig, soweit ich das einschätzen kann; da kennt ihr euch sicherlich besser aus. Aber ihr versteht offensichtlich gar nicht, dass da Leute

sind, die merken, dass ihr keine Alternative zu Machtpolitik seid, sondern dass ihr einfach eine andere Art von Macht auf die Menschen ausüben wollt. Das ist keine freiheitliche Politik. – Vielen Dank.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Deshalb können wir zur Abstimmung kommen.

Wer nun die Drucksache 21/17456 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist das mit großer Mehrheit abgelehnt.

Und wir kommen zur Abstimmung in der Sache über den AfD-Antrag aus der Drucksache 21/17456.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist gegen den Antrag? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Punkt 31 unserer heutigen Tagesordnung betrifft den Bericht des Schulausschusses: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 25. August 2011: "Für Transparenz auf dem Ausbildungsmarkt – Ausbildungsberichterstattung fortschreiben".

[Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 21/14571: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 25. August 2011: "Für Transparenz auf dem Ausbildungsmarkt – Ausbildungsberichterstattung fortschreiben" – Drs. 20/1219 Neufassung (Unter- richtung durch die Präsidentin der Bürger- schaft) – Drs 21/17409 –]

Hier sind die Fraktionen übereingekommen, nicht zu debattieren.

Dann stelle ich fest, dass die vom Schulausschuss empfohlene Kenntnisnahme der Drucksache 21/ 14571 erfolgt ist.

Punkt 55 unserer Tagesordnung ist der Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Schaffung eines Rechtsrahmens für neue Mobilitätsdienste und Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN:

(Dr. Ludwig Flocken)

Schaffung eines Rechtsrahmens für neue Mobilitätsdienste und Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen – Drs 21/17469 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Primat des öffentlichen Personennahverkehrs gegenüber MOIA, CleverShuttle & Co. stärken – Drs 21/17540 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/17540 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Die Fraktionen der FDP und der AfD möchten die Drucksache 21/17469 an den Verkehrsausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Martin von der SPD-Fraktion … Ich denke, das war nicht gleichzeitig gemeint? Okay, machen wir es der Reihe nach. – Dann bekommt Frau Martin das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein klares Bild von der Mobilität in Hamburg: Wir wollen eine umweltfreundliche Mobilität, wir wollen ÖPNV, Rad- und Fußverkehr stärken, somit das Klima schonen und auf den Straßen Platz auch für diejenigen machen, die wirklich auf das Auto angewiesen sind. Bezogen auf den ÖPNV bedeutet das: Wir wollen, dass bis 2029 alle Menschen in Hamburg innerhalb von fünf Minuten von jedem Ort der Stadt aus ein passendes Mobilitätsangebot erreichen können. Deswegen werden wir Takte von U- und S-Bahnen und Bussen weiter verdichten, neue Linien schaffen und bestehende erweitern. Das allein wird aber nicht reichen. Was wir brauchen, ist eine intelligente Kombination aller Mobilitätsdienste – ÖPNV, Taxi, Rad, Fähre – und auch ganz neue Mobilitätsformen. Hier kommen die Ridesharing-Dienste wie MOIA, CleverShuttle, ioki und sicher noch weitere ins Spiel. Wir begreifen diese als Chance, um Menschen künftig überall im Hamburger Stadtgebiet, gerade auch in den Randgebieten, in Ergänzung – ganz wichtig: in Ergänzung – zum ÖPNV ein schnelles und gutes Mobilitätsangebot unterbreiten zu können. Deswegen finden wir es gut und richtig, dass es diese Ridesharing-Dienste gibt.

Ein paar Worte zu MOIA; es wurde in den letzten Wochen viel darüber geschrieben.

(Dennis Gladiator CDU: Aus eurer Fraktion!)

Bei MOIA wurde von der Behörde durch zahlreiche Bedingungen und Auflagen sichergestellt, dass das Angebot grundsätzlich unter Einhaltung fairer Wettbewerbsbedingungen und guter Beschäftigungsbedingungen erprobt werden kann. Darüber hinaus haben wir uns mit einem Bürgerschaftsantrag dafür eingesetzt, dass es eine unabhängige

Evaluierung von MOIA gibt und die Auswirkungen auf Taxigewerbe und ÖPNV untersucht werden.

Erprobung und die Herausforderung, vor der wir generell bei der Zulassung dieser neuen Mobilitätsdienste stehen, sind die Stichworte, denn im aktuellen Personenbeförderungsgesetz des Bundes sind diese Dienste gar nicht geregelt. Hier trifft also ein noch sehr analoges Gesetz auf eine zunehmend digitale Mobilität. Ridesharing-Angebote wie MOIA sind derzeit nur zur Erprobung für maximal vier Jahre genehmigungsfähig. Allein schon deswegen muss das Personenbeförderungsgesetz novelliert werden, denn wir haben jetzt überall in den Metropolen diese neuen Dienste auf dem Markt und brauchen dafür klare und faire Regeln. Dafür setzen wir uns mit dem vorliegenden Antrag ein.