Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

Kritisch sehe ich das, was Herr Senator Brosda in seinem Schreiben an die Bürgerschaft als Erweiterung des Spektrums um aktuelle Themen bezeichnet. Da werden zum einen das MARKK, das ehemalige Völkerkundemuseum, und zum anderen die Aufarbeitung des postkolonialen oder kolonialen Erbes angesprochen. Fangen wir an mit dem MARKK. Sicher war es kein guter Schritt in die richtige Richtung, das Museum für Völkerkunde politisch motiviert in MARKK umzubenennen, bloß weil der Begriff Volk oder Völker in der linken Denke unerwünscht ist und angeblich überholt sei.

(René Gögge GRÜNE: Langweilig!)

Dafür wurden Gelder der Steuerzahler verschwendet, die an anderer Stelle fehlen und besser eingesetzt wären. Jetzt soll im MARKK, so formuliert es Senator Brosda in seinem Schreiben, eine neue Stelle für den Bereich Afrika geschaffen werden,

"… die den Blick auf den Kontinent der Zukunft wirft und diesen damit auch für einen neuen gesellschaftlichen Diskurs öffnet."

Zitatende.

Wir befürchten, dass sich hinter dem neuen gesellschaftlichen Diskurs letztlich Umerziehung verbirgt,

(Zurufe von der SPD)

in einer Linie mit der ideologisch motivierten Umbenennung des Museums. Denn kein Wunder war es schließlich auch, dass das MARKK eine Lesung veranstaltete, in der der Chef der Roten Flora, Andreas Blechschmidt, genauso auf dem Podium saß wie der verurteilte RAF-Mörder Karl-Heinz Dellwo. Dass dieses Museum dann auch noch zu den Erstunterzeichnern der Kampagne "Erklärung der Vielen" gehört, belegt einmal mehr die politische Einseitigkeit, wenn man nicht sogar von einem ungeklärten Verhältnis zum Extremismus sprechen muss.

(René Gögge GRÜNE: Dafür sind Sie doch zuständig!)

Natürlich darf bei Senator Brosda auch das Thema postkoloniales Erbe nicht fehlen. Wir alle wissen, dass auch hier Ideologie im Vordergrund steht, man denke nur an die Besetzung der Forschungsstelle "Hamburgs (post-)koloniales Erbe" mit dem höchst einseitigen und umstrittenen Professor Zimmerer oder an die sehr eckige Zusammensetzung des sogenannten runden Tisches.

(Jan Quast SPD: Sonst geht es Ihnen aber gut?)

Der Ansatz sollte und muss sein, die Attraktivität der Museen mit Vernunft und nicht mit Ideologie, zum Beispiel mithilfe von Digitalisierungskonzepten zu steigern. Mit dem von mir an mehreren Beispielen belegten Politisieren, dem Ideologisieren der Museen, auch wenn man sie gern verharmlost als Kontextualisierung bezeichnet, steigern Sie nicht die Attraktivität, sondern unterminieren sie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senator Brosda.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Debatte freue ich mich schon richtig darauf, das im Ausschuss noch einmal in aller Ruhe vertiefen zu können. Dann muss ich jetzt auch keine Rede über Mathematikfähigkeiten in Hamburg halten, zumal der Schulsenator da oben sitzt. Aber zwei, drei Hinweise will ich schon geben.

Erstens: Es sind 2,5 Millionen Euro pro Jahr, die für Innovationen zur Verfügung stehen, nicht 2 Millionen Euro pro Jahr, Herr Wersich, weil sich die 10 Millionen Euro nur aus vier zusammengezogenen und nicht aus fünf zusammengezogenen Jahren errechnet haben.

Zweitens haben wir bei allen Museen mit dem aktuellen Haushalt die Zuwendungsentwicklung der mittelfristigen Finanzplanung der Häuser angenähert und sind weg von den 1,5 Prozent und 0,88 Prozent Steigerung, die wir in der Vergangenheit dort hatten.

Drittens bewegen wir dreistellige Millionensummen für die bauliche Ertüchtigung sämtlicher Museen. Das ist schon ein Paket, von dem man sagen kann, hier wird in eine Struktur investiert, die eine lebendige Stadtgesellschaft braucht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich bin auch sehr froh, dass wir keine Diskussionen in der Stadt mehr darüber führen müssen, ob die Kunsthalle Kunstwerke verkaufen muss, um ihre Betriebskosten zu decken. Das hatten wir in dieser Stadt unter anderen Senatszusammensetzungen. Es gab auch Pläne, Museen zu schließen. Mittlerweile ist das durch das Museumsstiftungsgesetz ausgeschlossen. Das sind zwei klare Bekenntnisse dafür, dass wir an dieser Stelle zu dieser Struktur der Museen stehen.

Dass es keine Afrika-Kuratorin oder keinen AfrikaKurator am MARKK gibt, was jetzt in mehreren Redebeiträgen vorkam, ist etwas, das schon lange, lange Zeit zurückreicht und ehrlicherweise ein Versündigen an der konzeptionellen Qualität dieses

(Dr. Alexander Wolf)

Hauses ist. Wir haben dort eine der größten Sammlungen afrikanischer Kunst nicht nur in Deutschland, sondern in Europa. Dass die Stadt über Jahrzehnte mit diesem Schatz so umgegangen ist, dass sie gesagt hat, darum müsse sich niemand wissenschaftlich kümmern, halte ich ehrlicherweise für ein ziemliches Hasardeurstück und bin sehr froh, dass das geändert wird. Das hat nichts mit Ideologie, sondern mit ordentlicher wissenschaftlicher und kuratorischer Arbeit zu tun.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dann steht es einem Senator nicht zu, seinen Ersten Bürgermeister zu korrigieren, und erst recht nicht von diesem Pult aus. Ich will aber schon darauf hinweisen, dass man, wenn man das Zitat genau liest, durch das Kontextualisieren feststellen kann, dass er über die Science City in Bahrenfeld und nicht über die Museumsstrukturen geredet hat. Ich glaube, was er sagen wollte, war, dass wir keine Stadt sind, die sich selbst in ihrem Inventar musealisiert, aber dass wir sehr wohl eine Stadt sind, die sehr viel mit ihren Museen anstellen wird und im Moment auch schon anstellt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt noch einmal kurz: Was machen wir? Das Erste, was wir machen, ist, dass wir massiv in die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit der Häuser investieren, weil das der entscheidende erste Schritt ist. Bürgerinnen und Bürger müssen das Gefühl und die berechtigte Erwartung haben, dass dort Dinge passieren, die sie interessieren und die sie etwas angehen, und das nicht nur im Sinne des "Guten, Wahren und Schönen" einer muckeligen homogenen Vorstellung von Vergangenheit, sondern auch mit all den Problemen, die unsere Gesellschaft heute aufwirft. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Wenn wir solche Angebote machen, müssen wir uns darum kümmern, dass die Museen alle erreichen, auch diejenigen, die momentan vielleicht das Gefühl haben, dass nicht sie mit den Angeboten der Museen gemeint sein könnten. Das ist der zweite wichtige Schritt, und da passiert sehr viel. Da passiert der Workshop. Ein solcher Workshop endet naturgemäß nicht mit einem Katalog, den der Senat den Häusern vorgibt, weil die Häuser in ihrer Gestaltung frei sind. Aber es geht darum, es zum programmatischen Bestandteil der Arbeit der Museen zu machen, sich nicht darauf zu konzentrieren, dass die Leute doch schon kommen, weil es sich laut bürgerlicher Erziehung so gehört, sondern dass man sich heute darum kümmern muss, dass ein Museumspublikum durch gezielte Ansprache und durch gezielte Programme geschaffen werden muss. Und genau das passiert in den Häusern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dann gehört als dritter Schritt natürlich auch die Frage dazu, wie wir die Hürden für einen Museums

eintritt senken. Diese Hürden können baulich, konzeptionell und tatsächlich auch monetär sein. Insofern ist die Debatte, die wir führen, auch wichtig und richtig, aber als dritter Schritt und nicht als erster Schritt in dieser Kette. Denn einfach nur etwas aufzumachen, von dem Bürgerinnen und Bürger nicht glauben, dass es eine Bedeutung für ihren Alltag hat, führt nur dazu, dass es geöffnet ist, aber nicht dazu, dass mehr Leute kommen. Dazu müssen wir die Relevanz stärken. Da fängt die Diskussion an, und genau darüber berichtet der Senat an dieser Stelle.

Abschließend: Haben Sie keine Angst vor der "Erklärung der Vielen". Wenn Sie auf Basis einer Unterzeichnung der "Erklärung der Vielen" Ideologie vorwerfen wollen, dann müssten Sie, lieber Herr Wolf, diese Ideologie auch der Elbphilharmonie, der Kunsthalle, der Staatsoper und allen Theatern und Kultureinrichtungen dieser Stadt unterstellen. Ich glaube, Sie würden noch einmal überdenken wollen, ob Sie das tun. – Vielen Dank.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie …

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dann wird aus der Zwischenfrage eine Wortmeldung. – Das Wort bekommt Herr Wersich von der CDU-Fraktion.

Dass das alles jetzt so herrlich ist und die SPD schon seit acht Jahren oder so regiert, haben Sie nicht erläutert. Aber was ich Sie fragen wollte und wozu ich Sie bitte, Stellung zu nehmen, ist das, was Herr Hackbusch ausgegraben hat. Es geht doch nicht nur um die Attraktivitätssteigerung, sondern worauf führen Sie es zurück, dass heute sehr viel weniger Menschen in die Hamburger Museen gehen, wenn gleichzeitig die Anzahl der Besucher der Stadt, der Tourismus, geradezu explodiert und verdoppelt ist? Was hat das mit Ihrer Politik der letzten zehn Jahre zu tun? Diese Frage ist hier nicht beantwortet.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Nor- bert Hackbusch DIE LINKE und Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer nun die Drucksache 21/17848 an den Kulturausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist gegen diese Überweisung? – Wer enthält sich? – Damit ist das Überweisungsbegehren einstimmig angenommen worden.

(Senator Dr. Carsten Brosda)

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, will ich Ihnen ein paar Ergebnisse bekannt geben.

Bei der Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung sind 97 Stimmzettel abgegeben worden, davon waren zwei Stimmzettel ungültig, damit 95 gültige Stimmen. Herr Dr. Alexander Wolf erhielt 13 Ja-Stimmen, 79 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Damit ist Herr Dr. Wolf nicht gewählt worden, und wir werden die Wahl in einer unserer nächsten Sitzungen durchführen.

Bei der Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung sind 98 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren zwei Stimmzettel ungültig, somit 96 gültige Stimmen. Herr Peter Lorkowski erhielt 25 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen. Damit ist Herr Lorkowski nicht gewählt worden. Auch diese Wahl werden wir in unserer nächsten Sitzung durchführen.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien sind 97 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren zwei Stimmzettel ungültig, somit gab es 95 gültige Stimmen. Frau Ingeborg Glas erhielt 20 Ja-Stimmen, 56 NeinStimmen und 19 Enthaltungen. Damit ist auch Frau Glas nicht gewählt worden, und auch diese Wahl werden wir in unserer nächsten Tagesordnung durchführen.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Justiz und Datenschutz sind 96 Stimmzettel abgegeben worden, zwei waren davon ungültig, somit gab es 94 gültige Stimmen. Herr Gerhard Twesten erhielt 81 Ja-Stimmen, acht NeinStimmen und fünf Enthaltungen. Damit ist Herr Twesten gewählt worden.

Bei der Wahl von zwei weiteren stellvertretenden Mitgliedern des Richterwahlausschusses sind 101 Stimmzettel abgegeben worden. Herr Stephan Poley erhielt 85 Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme, zwölf Enthaltungen, und drei Stimmen waren ungültig. Damit ist Herr Poley gewählt worden.

Herr Dr. Martin Soppe erhielt 84 Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme, 13 Enthaltungen, auch hier gab es drei ungültige Stimmen. Damit ist Herr Dr. Soppe gewählt worden.

Wir kommen nun zum Punkt 18, Senatsantrag: Errichtung der Beruflichen Hochschule Hamburg und Haushaltsplan 2019/2020: Nachbewilligung nach Paragraf 35 Landeshaushaltsordnung.

[Senatsantrag:

Errichtung der Beruflichen Hochschule Hamburg und Haushaltsplan 2019/2020: Nachbewilligung nach § 35 Landeshaushaltsordnung – Drs 21/17964 –]