Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Gute. Es wird gesagt, man wolle beim Thema Museen von Großbritannien lernen, das insbesondere in London exzellent und an der Weltspitze ist. Dann wird berichtet, es habe Fortbildung gegeben. Aber es steht nicht einmal ein Ergebnis oder ein Ziel darin. Es steht nicht darin, was man jetzt damit gemacht hat und was man sich politisch vorgenommen hat. Dann wird gesagt, man brauche mehr wissenschaftliche Stellen. Das sind doch genau die Stellen, die die Museen abgebaut haben, als Sie jahrelang nur den halben Lohnausgleich draufgelegt haben, das heißt, Sie selbst haben doch dieses Ausbluten der Wissenschaftlerstellen an den Museen erzeugt, unter dem diese heute leiden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und wenn wir beim Guten sind: Ich glaube, Sie haben schon vor anderthalb Jahren geschrieben, der Museumsdienst solle reformiert werden. Jetzt steht darin, der Museumsdienst müsse einmal reformiert werden, Sie erarbeiten gerade ein Konzept. Also richtig gut ist das nicht.

Dann kommen wir zum Thema Wahrheit. Über diesen leicht betrügerischen Ansatz der vollen Kompensation des freien Eintritts am Reformationstag

haben wir schon oft gesprochen. Es stimmt einfach nicht. Es stimmt einfach nicht, wenn Sie sagen, Sie erstatteten den Museen einen durchschnittlichen Eintritt, der an einem solchen Tag erzielt worden wäre. Denn wir wissen aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen, dass es Mitnahmeeffekte gibt, dass viel mehr Menschen an den Tagen des freien Museumseintritts ins Museum gehen, die an anderen Tagen nicht ins Museum gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das schlimmste Beispiel ist die Kunsthalle, die damit am Ende ein Defizit in Höhe von 2 Millionen Euro hat. Deshalb heißt volle Kompensation nicht, nur die durchschnittlichen Einnahmen zu erstatten.

Beim Wahren bin ich heute fast vom Stuhl gefallen. Der Bürgermeister, in der Welt unterwegs, gibt heute zu Protokoll, Hamburg sei keine Museumsstadt. Das ist der wahrste Satz, den ich von der Spitze dieses Senats gehört habe, und das ändert sich auch nicht durch die heutigen Wortbeiträge der Koalitionsredner. Nein, wenn man das mit den Museen ernst meint, dann brauchen die Museen einen sehr viel stärkeren Rückhalt, auch politischen Rückhalt, in der Stadt,

(Gabi Dobusch SPD: So wie sie ihn bei Ih- nen haben!)

dann brauchen sie die Ressourcen, um international wettbewerbsfähig Museumsarbeit auf allerhöchstem Niveau zu machen, und dann brauchen sie an der Spitze des Senats jemanden, der sich dazu bekennt, dass Hamburg auch eine Museumsstadt ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Gögge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt nicht an ihrem Platz sind, sich tatsächlich nicht im Museum befinden, aber ich hoffe gleichermaßen auch, dass wir alle im Saal doch hin und wieder den Weg dorthin finden. Ich muss allerdings der Wahrheit halber auch sagen, dass manch andere sich fragen, warum sie ihre freie Zeit dort verbringen sollen, weil eventuell der Fußballplatz, das Kino, der PC attraktiver erscheinen. Ich finde, diejenigen lassen sich einiges entgehen, denn natürlich sind und bleiben unsere Museen Lern- und Bildungsorte. Ich behaupte aber, dass auch Interaktion und Unterhaltung im Programm sind und dass die Kreativität dort durchaus angeregt wird.

Ich will aber keineswegs die Herausforderungen, vor denen wir stehen, kleinreden, denn das wäre unangemessen. Museen, das wissen wir, brauchen gesellschaftliche Relevanz, und das heißt

(Dietrich Wersich)

häufig, dass sie ihr verstaubtes Image ablegen, Hemmschwellen abbauen und neue Besucherinnen und Besucher gewinnen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass sie das auch wollen. Gerade weil die Herausforderung so groß ist, hat Rot-Grün mit dem laufenden Haushalt dafür gesorgt, dass die Hamburger Museumsstiftungen gut gerüstet sind für den Modernisierungsprozess und die Qualitätsoffensive, die jetzt ansteht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben bereits gehört, dass neben dem deutlich angestiegenen Zuwendungsvolumen inklusive Extratopf für innovative Ideen und Programme im aktuellen Doppelhaushalt, auch wenn Herr Wersich das gern anders rechnen möchte, bis zum Jahr 2023 insgesamt 10 Millionen Euro zusätzliche Mittel vorgesehen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zusätzlich stehen erhöhte Mittel für die Modernisierung der Häuser zur Verfügung, denn zu einem guten Angebot gehören barrierefreie und attraktive Gebäude.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Eines wird aus der Drucksache, die hier vorgelegt wurde, auch wenn Herr Wersich die Kürze kritisiert – manchmal ist es angenehm, wenn nicht alles, was hier vorgelegt wird, 25 Seiten umfasst –,

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

deutlich: Die Museumsstiftungen sind bereits mit großem Elan dabei, sich für neue Besucherinnen und Besucher attraktiv zu machen. Dabei sind die Herausforderungen vollkommen unterschiedlich, weil Kunstmuseen und historische Museen unterschiedliche Ansätze wählen müssen und entsprechend kreativ werden müssen. Für umso sinnvoller halte ich es, dass dieser Innovationsfonds und seine Mittel im Wettbewerbsverfahren vergeben werden, denn offensichtlich sind bereits überzeugende Konzepte vorgelegt worden. Für alle besonders wichtig sind dabei spannende Vermittlungsangebote, die Museumsneulinge mit interessanten Veranstaltungen und speziellen Programmen anlocken und idealerweise dann auch binden. Denn wer erkannt hat, wie unterhaltsam und gleichzeitig lehrreich ein Museumsbesuch sein kann, erzählt das weiter und kommt wieder. Ein weiterer wirksamer Ansatz sind offensichtlich Kooperationen und besonders publikumswirksame Aktionen. Hervorheben möchte ich die meines Erachtens besonders wichtige Besucherforschung, denn auf deren Grundlage kann ein zielgerichtetes Angebot attraktiv gestaltet und über innovative Preismodelle, die heute in der Debatte schon Thema gewesen sind, nachgedacht werden.

Natürlich ist es richtig, die Museumspreise unter dem Aspekt "Hemmschwellen abbauen" unter die Lupe zu nehmen. In der Realität sieht es tatsäch

lich so aus, dass Hamburg eine von sehr wenigen Städten ist, in denen alle unter 18-Jährigen die Museen kostenfrei besuchen können und Studierende, Azubis, Seniorinnen und Senioren Eintritt zum nahezu halben Preis erhalten. Falls es Sie interessiert: Man kann auch jetzt schon das Museum am Rothenbaum freitagnachmittags, egal welchen Alters, egal welchen Status, kostenfrei besuchen.

Aber allen bisherigen Erkenntnissen zufolge lockt freier Eintritt allein nicht mehr Menschen ins Museum. Wirklich relevant ist doch, dass jede/jeder auf die Frage, was sie/er im Museum solle, eine gute Antwort findet. Das passiert nicht von allein, und daher wird die Modernisierung der Museen uns in den kommenden Jahren sicherlich weiterhin beschäftigen. Insofern ist es absolut angebracht, dass wir dieses Thema hier nicht mit einer kurzen Debatte abhaken, sondern die Details dieser Fragestellung im Kulturausschuss eruieren werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte hat man ein bisschen das Gefühl, als habe man sie schon häufig geführt. Einiges davon langweilt, diese Vorstellung von Herrn Gögge habe ich schon einige Male gehört. Herrn Wersichs deutliche Kritik an vielen konkreten Punkten finde ich durchaus richtig. Schwarz-Grün hat aber einiges in der Museumspolitik nachzuholen. Da müssen Sie einiges liefern, denn Sie hatten gemeinsam vor, das Altonaer Museum zu schließen und die Museumslandschaft kräftig einzuschneiden. Dementsprechend müssen Sie sich noch ein bisschen mehr anstrengen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die schönen Worte, die Frau Vértes-Schütter hier gesagt hat, kann ich fast alle unterstützen, nur die Fragestellung ist doch: Wieso kommt das jetzt, was ist in den letzten 20 Jahren geschehen? Ich habe mir angeguckt, was vor 20 Jahren bei der Verselbstständigung der Hamburger Museen erklärt und überlegt worden ist. Das Zitat von damals:

"Die Besucherzahlen sollen kräftig erhöht werden […] durch attraktive Dauerausstellungen, Sonderausstellungen und zielgruppenspezifische museumspädagogische Arbeit möglichst vielen Besuchern aus allen gesellschaftlichen Schichten einen Zugang zur bildenden Kunst und ein Verständnis historischer und gesellschaftlicher Zusammenhänge ermöglichen."

(René Gögge)

Das wurde vor 20 Jahren gesagt, das haben Sie jetzt noch einmal wiederholt. Was ist in den letzten 20 Jahren geschehen? Bezüglich der Besucherzahlen stellen wir fest, dass seitdem die Zahlen kräftig gesunken sind. Im Jahre 2000 hatte die Hamburger Kunsthalle 360 000 Besucherinnen und Besucher, jetzt durchschnittlich 340 000, die Stiftung Historische Museen 450 000, jetzt 330 000, das Museum für Kunst und Gewerbe 270 000, jetzt 190 000. Das heißt, Ihre Bilanz ist eine schlechte Bilanz, und das sollten Sie zumindest einmal sagen, statt immer wieder die gleichen beschönigenden Worte zu finden. Sie müssen sich selbstkritisch an die Nase fassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will keinen Wettlauf nach dem Motto: Wer hat als Erster freien Eintritt? Wir haben das seit zehn Jahren hier diskutiert. Wir finden, das ist eine wichtige Möglichkeit. Ich freue mich, dass Sie das jetzt aufnehmen. Ich finde es auch richtig, dass es zusätzliches Geld geben muss, denn die Museen sind ein wichtiger öffentlich zugänglicher Ort. Ich will Ihnen einmal das wesentliche Argument nennen.

Die Eintrittspreise in den Museen decken 5 bis 10 Prozent der Kosten. Was bedeutet das denn? Jemand geht für 14 Euro Eintritt in die Kunsthalle, und sie bekommt dazu einen Zuschuss von 140 Euro oder, genauer gerechnet, 120 Euro. Das ist die Realität. Das bedeutet doch, wenn wir wirklich diesen kleinen Schritt machen zu sagen, es gibt viel mehr freien Eintritt oder meinetwegen einen symbolischen Eintritt von 1 Euro oder ähnlich, dass wir dann in der Lage sind, das, was wir gesellschaftlich für die Museen aufbringen, vielen zur Verfügung zu stellen. Alle Erfahrungen mit freien Eintritten, ob Zoologisches Museum oder viele andere Museen oder die Erfahrungen in Großbritannien, zeigen, dass das stärker angenommen wird. Die Museen werden dadurch auch ein lebendigerer Ort, und ich denke, es wäre wichtig, einen gemeinsamen, lebendigeren Ort hinzubekommen. Ich hoffe, dass der SPD-Antrag ein bisschen weiter in diese Richtung der Realität führt. Ich will einmal optimistisch sein. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir mehr Menschen in Kultureinrichtungen, insbesondere in Museen, bringen möchten, ist nicht neu. Es ist auch nicht neu, dass Kultureinrichtungen, insbesondere Museen, einen großen Bildungsbeitrag leisten können, wenn man sie dazu in die Lage versetzt. Dass wir Freie Demokraten schon seit Langem fordern, die Hindernisse und Hemmnisse

von Museumsbesuchen abzubauen, ist nicht neu. Denn wir haben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, bereits vor zwei Jahren aufgefordert, zum Beispiel im Museum für Hamburgische Geschichte ein Pilotprojekt zu starten, um den kostenlosen Museumsbesuch nach britischem Vorbild zu erproben, um daraus grundsätzliche Erkenntnisse für alle städtischen Museen zu ziehen. Sie haben diesen Antrag damals abgelehnt, auch das ist uns nicht neu. Sie lehnen gute Anträge leider immer ab, um sich dann später damit zu schmücken. Ist aber egal, wir freuen uns über kleine Schritte in die richtige Richtung und werden Ihnen Beine machen, damit die Schritte größer werden.

Es ist allerdings zu kurz gesprungen, mit Geld lediglich einen Museumstag im Monat zu subventionieren. Es bedarf grundsätzlicher und konzeptioneller Innovationen, um das Interesse an Museen mittel- und langfristig in der Breite der Gesellschaft zu erhöhen und für eine nachhaltig höhere Besucherfrequenz in städtischen Museen zu sorgen. Im vorliegenden Bericht wird der Erfolg des eintrittsfreien Reformationstages aus dem letzten Jahr erwähnt, den Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, dann zur allgemeinen Erheiterung zum Tag der Reformation gemacht haben. Wir haben Ihnen schon damals vorgerechnet, dass unter Beibehaltung des 31. Oktober als Arbeitstag die Kosten für einen ganzjährig freien Museumsbesuch hätten vollständig gedeckt werden können. Aber diese Chance haben Sie verpasst.

Wir sind nun gespannt, welche Wohltaten Ihnen auf der Zielgeraden der 21. Legislaturperiode noch einfallen werden und wie vor allen Dingen Ihre Finanzierungsvorschläge dafür aussehen werden. Grundsätzlich aber unterstützen wir die im Bericht genannten Maßnahmen, auch wenn viele davon noch sehr vage sind. Den weiteren Prozess der Stärkung der Hamburger Museumslandschaft werden wir aufmerksam und wie immer konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Museen sind ein Aushängeschild der Stadt, ihrer reichen Geschichte und auch ihrer Bürger. Um dieser Mammutaufgabe gerecht zu werden, ist es eine Selbstverständlichkeit, die Hamburger Museenlandschaft zu fördern. Natürlich unterstützen wir als Hamburger AfD-Fraktion eine von Vernunft geleitete Kulturpolitik. Was wir allerdings sehr kritisch sehen – das wurde hier bislang noch nicht angesprochen –, ist eine Gefahr der Politisierung, der Ideologisierung der Museen. Was ich damit meine, will ich gern an ein paar Beispielen erläutern.

(Norbert Hackbusch)

Dass zum Beispiel die Hamburger Museumsstiftungen unterstützt und gefördert werden, steht für mich außer Frage. Vernünftig und unbedingt unterstützenswert ist es auch, neue Kreise zum Besuch der Museen anzuregen, sei es durch freie Eintritte, aber auch das im April von der Behörde für Kultur und Medien durchgeführte Symposium ist ein guter Schritt in diese Richtung. Das waren positive Beispiele.

Kritisch sehe ich das, was Herr Senator Brosda in seinem Schreiben an die Bürgerschaft als Erweiterung des Spektrums um aktuelle Themen bezeichnet. Da werden zum einen das MARKK, das ehemalige Völkerkundemuseum, und zum anderen die Aufarbeitung des postkolonialen oder kolonialen Erbes angesprochen. Fangen wir an mit dem MARKK. Sicher war es kein guter Schritt in die richtige Richtung, das Museum für Völkerkunde politisch motiviert in MARKK umzubenennen, bloß weil der Begriff Volk oder Völker in der linken Denke unerwünscht ist und angeblich überholt sei.