Protokoll der Sitzung vom 23.10.2019

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Das von Herrn Gauland, dass er der Meinung ist, dass Hitler und die Nazis nur ein Vogelschiss in über 1 000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte sind, haben wir auch alle gehört 2018. Auch von Ihnen dort kein Dementi, sondern im Gegenteil …

(Dirk Nockemann AfD: Das stimmt aber nicht, das kann ich beweisen!)

Ja, aber dieses Zitat hat es gegeben. Es gibt noch weitere, Sie können noch weitere Zitate haben.

(Zurufe: Unendlich, leider!)

Ja, unendlich.

Ich will nur noch eines nennen, damit das dann auch klar ist.

"Wir sollten eine SA gründen und aufräumen."

Andreas Geithe, Bürgerdeputierter in Berlin.

Hier wird klar, wie die AfD denkt. Dem wurde hier nicht widersprochen, in keinster Weise, insofern bin ich froh, dass wir Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Petersen. – Das Wort erhält nun Frau Schneider für die Fraktion DIE LINKE.

Eigentlich hat mir Herr Petersen alles abgenommen. Ich wollte nur noch anfügen, dass die AfD auf all diese Zitate und auf weitere, zum Beispiel von Herrn Brandner, nicht mit einem Wort eingegangen ist. Das zeigt,

(Dr. Alexander Wolf)

wie sehr Sie in der Frage des Antisemitismus heucheln.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Dann habe ich noch die Wortmeldung von Ekkehard Wysocki für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht müssen wir gar nicht weitere Zitate hören, die hier allseits bekannt sind, aber man sollte, glaube ich, sich noch einmal vor Augen führen, dass selbst Bundestagsabgeordnete der AfD nicht unterscheiden können, ob Textstellen aus Höckes neuestem Buch oder aus Hitlers "Mein Kampf" stammen.

(Phyliss Demirel GRÜNE: Ja, das stimmt!)

Und da sollte sich die AfD, glaube ich, Gedanken machen. Wenn das nicht einmal diejenigen, die im Bundestag sitzen und für die AfD sprechen, unterscheiden können, dann sollte das ein Alarmsignal sein, nicht für uns, die wir hier, glaube ich, eine sehr gute Debatte geführt haben, eine einvernehmliche Debatte, sondern als Signal an die AfD, darüber wirklich einmal nachzudenken, wie so etwas eigentlich passieren kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, dass wir hier viele Vorschläge auf den Tisch gelegt bekommen haben, auch über die Zeitung angekündigt.

Ich will mich zu einem Punkt noch einmal äußern, weil mich das damals persönlich sehr geprägt hat, das war der Vorschlag der CDU-Fraktion, es müsse vielleicht Besuche in KZ-Gedenkstätten verpflichtend geben. Auf welche Art und Weise das passieren kann, dazu hat Herr Tjarks schon etwas gesagt. Mich hat damals sehr geprägt ein Aufenthalt in Polen in der Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz, wohin die Aktion Sühnezeichen Veranstaltungen und Reisen organisiert und längere Aufenthalte über mehrere Wochen und wo man sehr langsam einen Eindruck bekommt von dem, wohin Verrohung von Sprache im Endeffekt führen kann. Ich glaube, wir haben einen hohen Anlass, darüber nachzudenken, welche Worte wir wählen, wie wir sie benutzen, wie wir sie gegen politische Gegner einsetzen und was aus diesen Worten dann letztendlich sich entwickeln kann, um dann genau erwägen zu können, wie man bestimmte Sachverhalte und politische Angriffe gegen den politischen Gegner gestaltet. Vernichtung begann im Dritten Reich mit Vorurteilen und der Verrohung von Sprache.

Ich glaube, wir sollten sehr sensibel sein in der Benutzung von Worten, im Erwägen von Worten, in Angriffen auf den politischen Gegner, was wir da

mit erzeugen, vielleicht unabsichtlich – vielleicht unabsichtlich, aber bei vielen bin ich mir dessen aufgrund der Dauer der Debatte, aufgrund der Vorkommnisse in letzter Zeit eben nicht mehr sicher. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir hier miteinander debattieren. Es war ein Anschlag auf die Prinzipien unserer Demokratie, es war ein Anschlag auf unsere Vielfalt, es war ein Anschlag auf unsere Art zu leben. Und unsere heutige Art zu leben ist eine Konsequenz aus dem, was vor über 70 Jahren stattgefunden hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und vereinzelt bei der LIN- KEN)

Dann sehe ich keine Wortmeldung mehr zu diesem Thema der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf das zweite, von der AfD angemeldete Thema:

Vorlesung von Professor Lucke – unwürdige Tumulte und das Versagen der Wissenschaftssenatorin

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Nockemann, Sie erhalten es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bürger dieser Stadt haben es allmählich satt, wie kleine militante und aggressive Minderheiten geltendes Recht in dieser Stadt außer Kraft setzen. Und nichts anderes ist passiert, als Professor Lucke kürzlich versucht hat, eine erste Vorlesung zu halten und damit seinen dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen.

(Zuruf)

Was ist denn jetzt schon wieder?

Er wurde dabei bepöbelt, er wurde angerempelt, selbstverständlich war auch wieder die halb staatlich finanzierte Antifa mit von der Partie.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Das alles waren keine friedlichen, keine zulässigen Demonstrationen, das alles waren keine friedlichen und zulässigen Kundgebungen mehr, nein, das waren alles Äußerungen, das waren Kundgebungen, das war im Prinzip Meinungsterror in seiner übelsten Form.

(Beifall bei der AfD)

Und, Herr Dolzer, wenn Sie dazu noch zu sagen haben, Professor Lucke habe provoziert, indem er nicht den Saal verlassen hat, ja, soll denn jeder, der bepöbelt wird, jeder, dessen Recht gebrochen wird, einfach nur nachgeben? Um diese Logik zu

(Christiane Schneider)

verstehen, müssen Sie mindestens zehn Jahre Ihrer Parteihochschule gemacht haben.

Eine aggressive militante Minderheit maßt sich, unwidersprochen durch die Hamburger Politik, an, ihre Meinung über das verbriefte Verfassungsrecht Einzelner zu stellen. Die Wissenschaftssenatorin hätte gewarnt sein müssen, sie hätte auf die massiven Störungen bereits im Vorfeld reagieren müssen. Sie hat es nicht getan. Mit dem Begriff Versäumnis oder Schlamperei kommt man hier nicht weiter, andererseits will ich auch nicht sagen, dass es hier vielleicht ein heimliches Einvernehmen mit den Studenten gegeben hat, so nach dem Motto, wer den Bereich der politischen Korrektheit verlässt, der hat es nun einmal nicht anders verdient.

Frau Fegebank hat jedenfalls in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Störungen und auch nachher wenig überzeugend reagiert. Jede Äußerung von Frau Fegebank klang so, als müsse sie sich für ihre eigenen Äußerungen geradezu entschuldigen, so nach dem Motto, na ja, er hat nun das Recht und irgendwo muss doch dieses Recht auch leider Gottes durchgesetzt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Fegebank, warum haben Sie denn eigentlich diese Kundgebung oder diese Bepöbelungen nicht als das verurteilt, was sie wirklich waren?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Freie Mei- nungsäußerung!)

Meinungsterror in seiner wirklich übelsten Form. Was darf man von Ihnen erst erwarten, wenn Sie das Amt der Ersten Bürgermeisterin, was Sie anstreben, innehaben? Was wird dann passieren bei den Maiprotesten? Entschuldigen Sie sich dann vorher vielleicht auch noch bei Ihrer rot-grünen Wählerklientel dafür, dass die Polizei leider einschreiten muss? Nein, manche GRÜNE haben ein gestörtes Verhältnis zu Recht und Ordnung, wenn es darum geht, dass ihre eigene rot-grüne Klientel zuweilen eben auch auf der Täterseite steht. Dann kommt es nicht zu entsprechenden Reaktionen, die eigentlich angemessen sein müssten. Das haben Sie mit Ihrem hilflosen Agieren deutlich gemacht. Und das hat der gesamte rot-grüne Senat auch deutlich gemacht, ohne dass ich jetzt Vergleiche ziehen möchte, mit den nicht erfolgten Sanktionen im Bereich des G20 – die Rote Flora gibt es heute noch.

Wenn Amtsträger dazu übergehen, nur noch formal geltendes Recht durchzusetzen, wenn sie aber nicht mehr in voller Überzeugung dahinterstehen, dann sägen sie wirklich an dem Rechtsstaat, an den Grundfesten unseres Staatswesens. Meinungsfreiheit – dieser Eindruck drängt sich angesichts dieser Geschehnisse wirklich auf – kommt zeitweise nur noch in Sonntagsreden von Politikern vor. Heute war die zweite …

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Sie dürfen auch jede Zwischenfrage stellen, wenn Sie möchten.

Heute war die zweite Vorlesung von Professor Lucke, und der Universitätspräsident hatte vorher versucht, Polizeischutz zu erreichen. Herr Grote, ich kann nicht verstehen, dass Sie das verweigert haben. Das müssen Sie vielleicht noch einmal ein bisschen erklären.

Das, was Herrn Professor Lucke passiert ist, ist aber auch ähnlich passiert in Göttingen, als der ehemalige Innenminister de Maizière aus einem Buch lesen wollte. Auch da gab es wieder aggressive Minderheiten, die meinten, sie müssten ihre eigene Auffassung von Meinungsfreiheit über das verfassungsrechtlich verbriefte Gesetz, das Recht anderer stellen. Und ich beklage einfach, dass in diesem Staat das Recht nicht mehr durchgesetzt wird, dass linke Demonstranten, linke Aktivisten machen können, was sie wollen. Unsere Aufgabe als AfD ist es, einen Meinungskorridor offenzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Diskurse und Debatten wieder in angemessenem Umfang möglich bleiben. – Danke schön.

(Beifall bei der AfD)