Protocol of the Session on October 23, 2019

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Das ist kein Führerprinzip, das ist die demokratische Wahl einer Behördenleitung,

(Beifall bei der CDU – Dirk Nockemann AfD: Sie können auch vom Wetter reden!)

die gegenüber der Bezirksamtsversammlung politisch verantwortlich ist. Und noch einmal wieder ein kleiner Paragraf – die lesen Sie ja auch manchmal gern –, Paragraf 35 Absatz 2 Bezirksverwaltungsgesetz. Da heißt es nämlich:

"Die Bezirksamtsleitung nimmt die in diesem Gesetz begründeten Pflichten des Bezirksamtes …"

jetzt kommt es –

"… gegenüber der Bezirksversammlung wahr."

Das unterscheidet die Bezirksamtsleitung von anderen Beamten dieser Stadt. Es war und ist immer die Position der CDU gewesen, dass die Bezirksversammlungen keine reinen Verwaltungsausschüsse sind, sondern Gremien der politischen Vertretung des Volkes, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sind, so wie es letztlich der Artikel 28 des Grundgesetzes für die Vertretung des Volkes in den Gemeinden verlangt. Wenn die Mehrheit dieser frei gewählten Bezirksversammlung einer Bezirksamtsleitung das Misstrauen aus

(Frank Schmitt)

spricht, dann muss eine neue Bezirksamtsleiterin oder ein neuer Bezirksamtsleiter gewählt werden. So ist das Demokratieprinzip.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Verfahren kennen wir doch, es entspricht dem Verfahren in diesem Hause. Wenn wir einen Ersten Bürgermeister wählen, dann geschieht das auch, indem dem alten das Vertrauen dadurch entzogen wird, dass die Bürgerschaft mit einfacher Mehrheit der Mitglieder eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger wählt. So steht es in Artikel 35 der Hamburgischen Verfassung, und so wird es nach den nächsten Wahlen geschehen. Sie werden es sehen.

(Beifall bei der CDU – Arno Münster SPD: Ein bisschen anders gelagert!)

Wir sehen, dass auch im Deutschen Bundestag die sogenannte Kanzlermehrheit einen neuen Bundeskanzler wählen kann. Auch das ist nur eine einfache Mehrheit. Das war 1982, für die Älteren unter uns, beim Wechsel von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl sogar in einer laufenden Legislaturperiode der Fall. Ein Wechsel der politischen Mehrheiten führt nun einmal zum Wechsel auch an der Spitze der Exekutive. Das ist Demokratie. Aber da braucht die AfD noch die eine oder andere Lehrstunde.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ein Wort noch zur SPD. Sie haben noch gut die Kurve gekriegt mit Ihrer Kritik an dem, was in Eimsbüttel geplant ist. Aber ich rufe in Erinnerung: Die SPD hat nach den Wahlen 2011 nichts Besseres zu tun gehabt, als zwei der CDU angehörende Bezirksamtsleiter abzuwählen und gegen Parteifreunde zu ersetzen.

(Jörg Hamann CDU: Das heißt, Genossen für die SPD! – Zuruf: Wo?)

In Wandsbek Cornelia Schroeder-Piller, in Harburg Torsten Meinberg, der von 2005 bis 2011 Bezirksamtsleiter war und erst 2011, im gleichen Jahr, für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden war.

Deswegen: Passen Sie auf, dass Sie nicht mit Steinen werfen. Sie sitzen in dieser Frage im Glashaus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Dirk Nockemann AfD: Sie alle sitzen im Glashaus!)

Vielen Dank, Herr Wolf. – Dann erhält das Wort Anna Gallina für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Dass die AfD die Demokratie gern einmal dazu benutzen will, um sie

einzuschränken, zeigt sich einmal wieder an diesem Antrag. Denn dieser Antrag sagt nichts anderes, als dass der Wählerinnen- und Wählerwille bei Bezirksversammlungswahlen im Zweifel nicht gelten soll. Die derzeitige Regelung im Bezirksverwaltungsgesetz soll allerdings sicherstellen, dass die Bezirksamtsleitung auch von den politischen Mehrheiten der Bezirksversammlung getragen wird. Logisch wäre es meiner Meinung und der Meinung meiner Partei nach, auch die Amtszeit an die Legislaturperiode anzupassen. Dann bräuchten wir nämlich nicht darüber zu reden, dass die Antragsteller hintenrum in aktuelle bezirkliche Vorgänge eingreifen wollen, weil ihnen womöglich das sich abzeichnende Ergebnis nicht gefällt.

Der Vorschlag, das Quorum für die Wahl einer Bezirksamtsleitung von einer einfachen Mehrheit auf eine Dreiviertelmehrheit heraufzuschrauben, ist in mehrfacher Hinsicht hanebüchen – das ist schon angesprochen worden. Wenn man für eine Wahl eine bestimmte Mehrheit braucht, dann sollte auch eine Neuwahl mit der gleichen Mehrheit möglich sein, vor allen Dingen nicht mit so einem Fantasiequorum von 75 Prozent. Ein solches Quorum gibt es meines Wissens nirgendwo in Hamburg, und auch die deutlich üblichere Zweidrittelmehrheit gilt schon als extrem hohe Hürde. Deswegen ist sie beispielsweise die Hürde für Verfassungsänderungen.

Man merkt also, dass Ihnen als Antragsteller die Verhältnisse ein bisschen ins Rutschen geraten, und insofern wird es Sie nicht überraschen, dass wir diesen Antrag ablehnen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Gallina. – Als Nächster erhält das Wort Deniz Celik für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Hamburgerinnen und Hamburger! Wieder einmal erleben wir, wie die AfD ein Aufregerthema aufgreift und versucht, daraus politisches Kapital zu ziehen.

(Zurufe von der CDU)

Der Antrag suggeriert, die Demokratie zu stärken, hat aber genau das Gegenteil als Zielsetzung, nämlich die Demokratie zu schwächen. Das möchte ich begründen. Eine qualifizierte Mehrheit von 75 Prozent würde zu einer weiteren Schwächung der demokratisch gewählten Bezirksversammlung führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre nahezu unmöglich, eine Bezirksamtsleitung abzusetzen, auch wenn die Mehrheit einer Bezirksversammlung keine Grundlage mehr für ei

(Dr. Jens Wolf)

ne vertrauensvolle Zusammenarbeit sähe. Solch eine Machtfülle wollen wir einer Bezirksamtsleitung nicht verleihen, und deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Zudem erscheint uns die Absicht, hier die Hürde einer Dreiviertelmehrheit einzuführen, vollkommen willkürlich. Selbst eine qualifizierte Mehrheit für eine Verfassungsänderung – das wurde auch vorhin gesagt – erfordert eine Zweidrittelmehrheit. Und Sie kommen jetzt mit einer Dreiviertelmehrheit; das ist doch vollkommen absurd und willkürlich.

(Jörg Hamann CDU: In der DDR gab es im- mer 99 Prozent!)

Ihr Antrag ist unausgegoren, nicht durchdacht und dient lediglich der Stimmungsmache.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den GRÜNEN möchte ich sagen, dass die Absetzung der Bezirksamtsleitung in Eimsbüttel einzig und allein machtpolitisch motiviert ist, und das ist sehr durchsichtig. Einen Bezirksamtsleiter zu stürzen, den Sie jahrelang unterstützt und ihm das Vertrauen ausgesprochen haben, macht deutlich, dass es Ihnen nur darum geht, Ihre eigenen Leute mit Posten zu versorgen. Das beschädigt die politische Kultur in unserer Stadt und führt zu Politikverdrossenheit. Und was noch schlimmer ist, finde ich: Sie liefern die Steilvorlage für die AfD, die das politisch auszuschlachten versucht. Das halten wir für falsch und gefährlich.

(Zuruf von Thilo Kleibauer CDU)

Die Vorkommnisse zeigen aber auch, dass wir grundsätzlich darüber sprechen müssen, wie die Bezirksamtsleitung besetzt werden muss. Aber statt Schnellschüssen brauchen wir eine breite Debatte in der Stadt. Wir als DIE LINKE finden wichtig, dass die demokratisch legitimierten Bezirksversammlungen aufgewertet werden und ihnen mehr Kompetenzen verliehen werden. Warum die Bezirksamtsleitung, ähnlich wie in Berlin, nicht direkt vom Wahlvolk wählen lassen? Dann würden wir diese unsäglichen Debatten nicht mehr haben, und es hätte den Vorteil, dass wir die Demokratie in unserer Stadt stärken würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Celik. – Als Nächster erhält das Wort Ewald Aukes für die FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Die Bezirksamtsleitung hat eine wichtige Rolle im Bezirk. Die Bezirksamtsleiterinnen und Bezirksamtsleiter in unseren Bezirken sind deutlich mehr als das, was der Name Leiter

eines Bezirksamtes aussagt. Durch Bürgersprechstunden, öffentliche Veranstaltungen und repräsentative Auftritte pflegen sie einen durchaus engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern und arbeiten nicht nur von ihrem Amtszimmer aus. Sie werden durch die Bezirksversammlung ins Amt gewählt und sind dementsprechend abhängig von den jeweils dort herrschenden Mehrheiten. Ihre Arbeit ist auch daran geknüpft, mit den Fraktionen vor Ort Kompromisse zu erarbeiten und Hand in Hand zu wirken. Jeder Wechsel der Mehrheitsverhältnisse birgt Risiken für die Umsetzung von langfristigen Zielen.

Die Positionen der Bezirksämter und Bezirksversammlungen wollen wir als Freie Demokraten stärken, aber der vorliegende Antrag ist dazu nicht das richtige Mittel. Es ist wenig demokratisch, schlicht nicht schlüssig, wie auch meine Vorredner schon gesagt haben, warum für die Wahl einer Bezirksamtsleitung eine einfache Mehrheit, für die Abberufung aber eine qualifizierte Mehrheit, in diesem Fall eine Dreiviertelmehrheit, notwendig sein soll. Unsere Bezirksversammlungen haben mehr verdient als einen aus der Hüfte geschossenen Antrag, wie ihn die AfD vorgelegt hat, der offensichtlich als schnelle Reaktion auf die Bezirksamtsleiterwahl in Hamburg-Eimsbüttel zu verstehen ist.

Die von der AfD angestrebte Gesetzesänderung führt nicht zu mehr Unabhängigkeit des Amtes, sondern im Grunde genommen zu mehr Chaos und schwierigeren Mehrheitsfindungen, die auch nicht durch die demokratischen Entscheidungsprozesse der jeweiligen Wahlen gedeckt sind. Veränderungen des Bezirksverwaltungsgesetzes müssen mit Bedacht vorgenommen werden, damit die Bezirke ausnahmslos durch die Änderung gestärkt und nicht geschwächt werden. Wir werden daher den Antrag der AfD ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Aukes. – Das Wort erhält jetzt Frau Oelschläger für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank! Ich würde jetzt gern einmal von Personen weggehen. Wir sind uns doch einig, dass so eine Abwahl für den Haushalt tatsächlich auch mit vielen Kosten verbunden ist und dass so eine Abwahl nach Möglichkeit nicht regelmäßig passieren sollte,